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Vollständige Version anzeigen : Link: Der Aspekt des Wuji in der stehenden Säule



Pansapiens
16-07-2022, 22:17
Hab ich gestern gefunden, vielleicht interessiert es hier jemanden:
Vier Lektionen von Bhikkhu Anālayo in Audiodateien, um sich Wuji in der Praxis der stehenden Säule anzunähern.

https://www.wctag.de/artikel-und-videos/videos/bhikkhu-analayo-taiji-meets-dharma-audios.html

Von mir so verstanden:

1.) Loslassen des materiellen Vorstellung => Betrachten des von Energie erfüllten Raums. (eventuell nicht geeignet für Leute, mit Identitätsstörungen etc.)
2.) Loslassen der Objekte => Erleben des Geistes als Quelle der Erfahrung
3.) Loslassen der Subjektivität
4.) Loslassen von allem, was im Geist entsteht, um den Geist vor dem Entstehen der Geistesobjekte zu erleben.

marasmusmeisterin
17-07-2022, 07:38
4.) Loslassen von allem, was im Geist entsteht, um den Geist vor dem Entstehen der Geistesobjekte zu erleben.

Entweder versteh ich das komplett falsch, oder es ist erkenntnistheoretisch unmöglich. Alles was im Geist entsteht ... das Bild vom eigenen Geist entsteht doch auch im Geist? Und wäre damit einer der geistigen Inhalte, die man "loslassen" soll.
:confused:

kanken
17-07-2022, 08:08
Die Stichworte, die dir da weiter helfen, sind Dharmadhatu und Dharmakaya.

Pansapiens
17-07-2022, 09:45
Entweder versteh ich das komplett falsch, oder es ist erkenntnistheoretisch unmöglich. Alles was im Geist entsteht ... das Bild vom eigenen Geist entsteht doch auch im Geist? Und wäre damit einer der geistigen Inhalte, die man "loslassen" soll.

Hast Du nur meinen Versuch der groben Zusammenfassung des Inhalts gelesen, oder Dir auch die entsprechende Lektion angehört?


Mentales Wuji ist der Geist bevor er aktiv wird. Es ist der Geist frei von jeglicher Art von Fabrikation, Konstruktion.
Dekonstruiert, unfabriziert, nicht gemacht. Es ist ein Geisteszustand der bewusst ist, aber bewusst, ohne Erfahrungen zu verarbeiten. Ohne Sinn zu geben, ohne versuchen zu verstehen, Sinn zu geben, ohne jede Anstrengung Dinge zu verstehen und damit den Boden, die Grundlage der geistigen Erfahrung selbst zu berühren.

Mir scheint, mit "Bild" ist hier etwas der Erfahrung Nachgelagertes gemeint.
Sobald in Deinem Geist, das Label "Wuji" für die momentane Erfahrung auftauchst, ist man eingeladen, auch dieses loszulassen.

Cam67
17-07-2022, 09:51
Entweder versteh ich das komplett falsch, oder es ist erkenntnistheoretisch unmöglich. Alles was im Geist entsteht ... das Bild vom eigenen Geist entsteht doch auch im Geist? Und wäre damit einer der geistigen Inhalte, die man "loslassen" soll.
:confused:

Stell dir ein Kind im Sandkasten vor das ständig viele kleine Figuren und Objekte formt. Die Meisten von uns betrachten , bestaunen aber nun die geschaffenen Objekte .Sie folgen mit ihren Wahrnehmungen diesen vielen , immer wieder neuen und doch sich wiederholenden Creationen . Sie Bleiben an ihnen hängen . (Ein Bischen wie mit TikTok oder Youtube) . Und sehen das Kind nicht .
Wenn sie es schaffen sich davon lösen zu können , die Creationen zwar wahr zu nehmen aber nicht an ihnen kleben zu bleiben , eröffnet es halt den Weg sich dem Kind zu zuwenden und es beim "Erschaffen" selbst (Beim Spiel) wahr zu nehmen.
Und ja , ein Schritt weiter , erkennt man das auch diese Kind noch eine Creation ist .......

auch gibt es halt Stufen oder nenne es Ebenen des Loslassen und damit des Erkennens .....
Und so nähert sich man mehr und mehr dem, was man zwar erfahren kann ,aber nicht meh mit Worten beschreiben . Höchstens noch umschreiben....(z.b. mit Gleichnissen)

kanken
17-07-2022, 10:12
Man kann es aber auch erfahren, dann sind wir wieder bei dem Ausgangspost von Pansapiens. Die Körperarbeit einiger CMA dient ja dazu Shunyata im Augenblick zu erfahren.
Der Verstand wird genutzt um das Bewusstsein zu erfahren. Der Körper wird zum Mantra.

Durch die Erkenntnis der Leere des Körper und der Leere der Welt kommt der Verstand, mit Hilfe der buddhistischen Schriften, zur Erkenntnis seiner eigenen Leere und somit zur Erkenntnis der Leere der Realität.

Um diese Leere zu fühlen gibt es ja eben diese ganzen Übungen und die Ideen/Bilder dazu, die der Verstand dann nutzen kann.
Der Verstand erforscht sich selber, indem er Ideen kreiert, die Gefühle erzeugen. Sie verändern die Körper-, visuelle, oder akustische Wahrnehmung. Dadurch erkennt der Verstand die „Leere“ in den Dingen und letztendlich in sich selber.
In der Form erkennt er die Leere (wie die Teetasse, die die Leere umschließt und erst so zur Tasse wird).
Der Kontakt zu der Leere ermöglicht es ihm seine eigene Leere wahrzunehmen.

surviver21
17-07-2022, 12:00
Entweder versteh ich das komplett falsch, oder es ist erkenntnistheoretisch unmöglich. Alles was im Geist entsteht ... das Bild vom eigenen Geist entsteht doch auch im Geist? Und wäre damit einer der geistigen Inhalte, die man "loslassen" soll.
:confused:

:)

kanken
17-07-2022, 12:26
„Geist“ ist halt ein zu schwammiger Begriff.

Man muss zwischen „Verstand“ und „Bewusstsein“ unterscheiden. Das tut man sowohl in der modernen Neurobiologie, als auch im Daoismus und Buddhismus.

Pansapiens
17-07-2022, 13:39
hier ein Video in dem sich Bhikkhu Anālayo mit Yongey Mingyur Rinpoche über Meditation mit Raum als Mediationsobjekt (siehe erste Lektion hinter dem Link im Eingangsbeitrag) austauscht:


https://www.youtube.com/watch?v=Xhf20qFU6kE

Gast
17-07-2022, 15:39
Wer da was tiefer in den buddhistischen Hintergrund speziell aus Sicht des Theravada einsteigen will, kann sich dieses Werk von ihm zu Gemüte führen:

https://www.buddhismuskunde.uni-hamburg.de/pdf/5-personen/analayo/direkte-weg.pdf

marasmusmeisterin
20-07-2022, 07:32
Man muss zwischen „Verstand“ und „Bewusstsein“ unterscheiden.

Das hilft mir weiter. Nur: ein Bewußtsein, das sich seiner selbst nicht bewußt ist, wäre ja keins. Wo fängt in dieser Sichtweise also der Verstand an? Übrigens: auch das beliebte "Bauchgefühl" entsteht aus verstandesmäßig zugänglich gewesenen Erfahrungen, die im einzelnen nicht mehr aufrufbar sind.

Gast
23-07-2022, 12:44
Das hilft mir weiter. Nur: ein Bewußtsein, das sich seiner selbst nicht bewußt ist, wäre ja keins. Wo fängt in dieser Sichtweise also der Verstand an? Übrigens: auch das beliebte "Bauchgefühl" entsteht aus verstandesmäßig zugänglich gewesenen Erfahrungen, die im einzelnen nicht mehr aufrufbar sind.

Wenn du das aus buddhistisch-analytischer Sichtweise angehen möchtest, empfehle ich dieses hier:

https://www.amazon.de/Geist-seine-Funktionen-erkenntnistheoretisches-psychologisches/dp/3905497476/ref=sr_1_2?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=TU6XW7NTVCEP&keywords=geshe+rabten&qid=1658576507&s=books&sprefix=geshe+rabten%2Cstripbooks%2C55&sr=1-2


Die entgegengesetzte Annäherung kannst du dann z. B. über die Dzogchen-Lehren versuchen, z. B. damit:

https://www.amazon.de/Hier-Jetzt-Sein-Dzogchen-Schatztext-Bedeutung«/dp/3942380250/ref=sr_1_17?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=2WCHDSE3BTDP4&keywords=dzogchen&qid=1658576588&s=books&sprefix=dzogchen%2Cstripbooks%2C80&sr=1-17

Pansapiens
23-07-2022, 14:11
Das hilft mir weiter. Nur: ein Bewußtsein, das sich seiner selbst nicht bewußt ist, wäre ja keins.

Hm...
Für mich beginnt Bewusstsein vor dem Ichbewusstsein oder dem Selbst-Bewusstsein.
Was ist mit all den Tieren und Kleinkindern, die ihr Spiegelbild für einen anderen Artgenossen halten?
Haben die kein Bewusstsein?


Hält man einem Säugling einen Spiegel vor, dann erkennt er nicht, dass das Gesicht dort sein eigenes ist. Erst ein paar Monate später gelingt es dem Kind, sich selbst zu erkennen. Fünf Hirn-​Areale helfen dabei.

https://www.dasgehirn.info/denken/im-kopf-der-anderen/erkenne-dich-selbst-im-spiegel

marasmusmeisterin
24-07-2022, 10:21
Hm...
Für mich beginnt Bewusstsein vor dem Ichbewusstsein oder dem Selbst-Bewusstsein.
Was ist mit all den Tieren und Kleinkindern, die ihr Spiegelbild für einen anderen Artgenossen halten?
Haben die kein Bewusstsein?


Guter Punkt. Nur: wir reden hier ja vom erwachsenen, sozusagen vollausgereiften Bewußtsein. Ein weniger entwickeltes würde die angebotenen komplizierten Operationen wohl auch kaum hinkriegen.

kanken
24-07-2022, 15:34
Bewusstsein “wächst” nicht. Bis heute ist größtenteils unklar was “Bewusstsein” ist. Bei jedem Lebewesen (mit einem Gehirn) ist “Licht an”, also ein Bewusstsein da. Wie es bei Bakterien oder anderen “einfachen” Lebewesen aussieht ist noch einmal eine andere Geschichte.
Verstand ist absolut nicht mit Bewusstsein gleichzusetzen!

Pansapiens
24-07-2022, 16:13
Guter Punkt. Nur: wir reden hier ja vom erwachsenen, sozusagen vollausgereiften Bewußtsein. Ein weniger entwickeltes würde die angebotenen komplizierten Operationen wohl auch kaum hinkriegen.

wenn Du mit "angebotenen komplizierten Operationen" die im Eingangsbeitrag verlinkten Anweisungen meinst:
Wahrscheinlich nicht, aber es geht nach meinem Verständnis darum, etwas zu lassen, nicht etwas zu tun.
Also z.B. das "Verstehen", dessen funktionale Grundlage Ihr eventuell mit "Verstand" meint, zu lassen.
Auch das Ich ist ja eine Konstruktion, die man erst mal hinkriegen muss.
Also ja: um den Anweisungen zu folgen braucht man ein entsprechend entwickelndes Gehirn mit entsprechenden Funktionen, allein die Sprache zu verstehen, sich auf etwas zu konzentrieren, den direkten Eindruck zu hinterfragen....
...aber das heißt IMO nicht, dass man nicht die Grundlage der geistigen Prozesse erleben oder erahnen könnte, wenn man die darauf aufgesetzten Fähigkeiten lässt oder zumindest als "gemacht" erkennt.

Chester
29-07-2022, 07:53
Verstand, ich-bewusstsein, Körper, Raum und Zeit können sich komplett verabschieden in der Meditation.

Wenn man sich bewusst ist, dass man sich nichts bewusst ist, ist man sich noch immer bewusst und nicht ganz da.

Was mich interessieren würde ist, ob die Meister des Fachs das regelmässig erleben oder ob diese ganzen theorien auf sporadiachen Einzelerlebnissen basieren.

kanken
29-07-2022, 13:29
Man kann es konstant aufrecht erhalten. Gerade die CMA machen sich das ja ab einem gewissen Stadium zu Nutze. Buddhistische und daoistische Ideen sind ja nicht ohne Grund in den fortgeschrittenen Visualisierungen der Kern.
Der Trick ist ja den Verstand und den Körper zu nutzen um sich dem universellen (Quell-)Bewusstsein zu nähern und darin einzutauchen.

Lustigerweise kann man die dann entstehenden Effekte sogar mit fMRI darstellen und diese „Körper- und Ichlosigkeit“ im Gehirn neurobiologisch darstellen. Was das dann bedeutet könnte (oder nicht) kann man jedoch auch mit der modernen Wissenschaft nicht sagen.

Ob man dazu jetzt die Atmung (und damit den Körper) nutzt, den Verstand mit Koans arbeiten lässt oder Körper und Verstand in den CMA nutzt ist letztlich nur eine Frage der Didaktik.

Die Effekte, die man mit einem solchen Zustand erzielen kann, kann man halt auch für kämpferische Ziele sehr gut nutzen. Das hat man ja auch schon in diversen anderen Kulturen festgestellt und sich zu Nutze gemacht (z.B. die Zulu, die ich mal bei ihren Tänzen live erleben durfte und mit denen ich mich hinterher unterhalten konnte). Das gibt es aber über alle Kulturen und Kontinente.

Andere Kulturen nutzen dazu auch psychoaktive Substanzen und kommen damit an die selben Hirnregionen.

Viskando
29-07-2022, 13:48
..
..

Ob man dazu jetzt die Atmung (und damit den Körper) nutzt, den Verstand mit Koans arbeiten lässt oder Körper und Verstand in den CMA nutzt ist letztlich nur eine Frage der Didaktik.


sehe ich etwas anders (seis mir gegoennt). nur geistig den prozess durchmachen ist nur die halbe arbeit. der koerper und der geist muessen das durchmachen und verstehen. sonst bleibt von all dem am ende nur wortreiches gequatsche und man wird nicht mal ansatzweise das volle potential dieser lehre ermessen, geschweige denn umsetzen koennen. eine nachhaltige transformation hoert nicht im geist auf. sonst bleibt alles fantasie ohne echte aha effekte. bewusstsein ist ein ganzheitliches erfahren. nicht nur ein geistiges.

Chester
29-07-2022, 15:31
Buddhistische und daoistische Ideen sind ja nicht ohne Grund in den fortgeschrittenen Visualisierungen der Kern.


Eine Visualisierung kann kein Wuji sein.

kanken
29-07-2022, 15:51
sehe ich etwas anders (seis mir gegoennt). nur geistig den prozess durchmachen ist nur die halbe arbeit. der koerper und der geist muessen das durchmachen und verstehen. sonst bleibt von all dem am ende nur wortreiches gequatsche und man wird nicht mal ansatzweise das volle potential dieser lehre ermessen, geschweige denn umsetzen koennen. eine nachhaltige transformation hoert nicht im geist auf. sonst bleibt alles fantasie ohne echte aha effekte. bewusstsein ist ein ganzheitliches erfahren. nicht nur ein geistiges.

Bin ich absolut bei Dir und meinte ich auch so. Der Geist (bzw. seine verschiedenen Anteile) ist halt auch mit involviert, aber natürlich nicht das Einzige. Xing und Ming gehören zusammen (um mal im Daoismus zu sein).

kanken
29-07-2022, 15:53
Eine Visualisierung kann kein Wuji sein.

Hat auch niemand behauptet. Visualisierungen sind Hilfsmittel, so wie ein Koan oder der Atem.

Um es mit dem Diamantsutra zu sagen:

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