Kann man einen Lamborghini nachts um 1 Uhr auf einem Imbiss-Parkplatz erwerben? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Kann man einen Lamborghini nachts um 1 Uhr auf einem Imbiss-Parkplatz erwerben?



jkdberlin
16-04-2023, 08:12
Wer um 1 Uhr nachts an einer Tankstelle und in einem Imbiss einen Lamborghini von einem Verkäufer erwirbt, der verschiedene Schreibweisen der Personalien des vermeintlichen Eigentümers vorlegt und zudem keine Vollmacht vorweisen kann, sollte laut OLG Oldenburg zumindest ein klein wenig Skepsis an Tag legen. Ein gutgläubiger Erwerb jedenfalls scheide aus.
https://www.wbs.legal/verkehrsrecht/kein-gutglaeubiger-erwerb-mann-kauft-lamborghini-nachts-an-tankstelle-65260

Ach, ich hätte da auch ein paar hochpreisige Dinge zu verkaufen ...

Pansapiens
16-04-2023, 09:35
Wer um 1 Uhr nachts an einer Tankstelle und in einem Imbiss einen Lamborghini von einem Verkäufer erwirbt, der verschiedene Schreibweisen der Personalien des vermeintlichen Eigentümers vorlegt und zudem keine Vollmacht vorweisen kann, sollte laut OLG Oldenburg zumindest ein klein wenig Skepsis an Tag legen. Ein gutgläubiger Erwerb jedenfalls scheide aus.
https://www.wbs.legal/verkehrsrecht/kein-gutglaeubiger-erwerb-mann-kauft-lamborghini-nachts-an-tankstelle-65260


Bezeichnenderweise hat erst das OLG so entschieden, während das LG meinte, ein solches Verhalten wäre nicht grob fahrlässig:


Der spanische Kläger verlangte nun als Eigentümer die Herausgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Osnabrück wies die Klage zunächst ab. Der Mann, so das LG, habe „gutgläubig“ Eigentum erworben (§ 932 BGB). Denn er habe nicht gewusst, dass der im Kaufvertrag benannte Veräußerer in Wahrheit nicht Eigentümer sei, und habe auch nicht grob fahrlässig gehandelt.

Kensei
16-04-2023, 11:04
Es ist manchmal mehr als seltsam, wie unterschiedlich Gerichte urteilen. :weirdface

Krass finde ich auch die Rechtslage;


...Zum rechtlichen Hintergrund: Normalerweise kauft man eine Sache vom Eigentümer dieser Sache. Manchmal scheint es aber auch nur so, als sei der Verkäufer der Eigentümer, etwa wenn er eine Sache tatsächlich nur geliehen oder gemietet hat und die Sache verkauft. Dann kann der Erwerber trotzdem Eigentum erwerben. Juristen nennen das „gutgläubigen Erwerb“. Voraussetzung ist immer, dass der Käufer in gutem Glauben an die Berechtigung des Verkäufers war. Dann kann es sein, dass der wahre Eigentümer sein Eigentum verliert, obwohl er von dem Verkauf gar nichts wusste...

Ist da nicht eigentlich der Tatbestand der Hehlerei erfüllt?


§ 259 StGB Hehlerei

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

https://dejure.org/gesetze/StGB/259.html

Björn Friedrich
16-04-2023, 11:15
Das OLG weiß wohl nicht, dass man die besten Geschäfte nachts um 1.00 Uhr auf einem Imbiss Parkplatz macht.;-) Der einzige Ort, wo man nachts um 1.00 Uhr noch besser Geschäfte machen kann, ist ein Raststättenparkplatz.-);-);-)

Pansapiens
16-04-2023, 12:00
Es ist manchmal mehr als seltsam, wie unterschiedlich Gerichte urteilen. :weirdface


Coram iudice et in alto mari sumus in manu dei



Ist da nicht eigentlich der Tatbestand der Hehlerei erfüllt?


Nein.
1. war das Auto nicht gestohlen (sonst wäre auch nach § 935 BGB gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen)
2. es fehlt der Vorsatz

Kensei
16-04-2023, 12:40
...Nein.
1. war das Auto nicht gestohlen (sonst wäre auch nach § 935 BGB gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen)
2. es fehlt der Vorsatz

Ich hatte den Artikel ja verlinkt.
Ich lese da, "gestohlen...


...oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern...

Wobei du wohl dahingehend recht hast, dass der Gegenstand nicht mit einer "rechtswidrigen Tat" beschafft wurde.

Hier lese ich z.B.:


...Der Strafgrund der Hehlerei liegt darin, dass durch die Tat ein Zustand aufrechterhalten und vertieft wird, so dass sich die Chancen des Opfers, die Sache wiederzuerlangen, erheblich verringern...

https://www.rechtsanwalt-in-hannover.de/strafrecht-im-ueberblick/hehlerei

Allerdings scheint der entscheidende Punkt wohl zu sein, das "Entwender" und "Verkäufer" (Hehler) zwei verschiedene Personen sind.


...Erforderlich ist aber, dass der durch die Vortat geschaffene rechtswidrige Zustand zum Zeitpunkt der Hehlerei noch fortbesteht. Außerdem müssen Hehler und Vortäter personenverschieden sein. Wer also gleich nach einem begangenen Diebstahl die Sache weiterveräußert, macht sich nicht zusätzlich noch wegen Hehlerei strafbar. Das impliziert, dass Hehler und Vortäter einvernehmlich zusammenwirken und dementsprechend die Übertragung des Sachbesitzes auf gegenseitigem Einverständnis beruht. Außerdem muss die Vortat nach dem Wortlaut des § 259 StGB durch einen anderen begangen werden. Nach der Rechtsprechung können daher Täter, Mittäter oder mittelbare Täter der Vortat niemals Hehler sein, wohingegen die Strafbarkeit für Anstifter und Gehilfen der Vortat möglich ist...

Scheidet wohl aufgrund der Personenverschiedenheit und fehlenden Rechtswidrigkeit der Beschaffung aus.

Pansapiens
16-04-2023, 12:55
Ich hatte den Artikel ja verlinkt.
Ich lese da, "gestohlen...

Wobei du wohl dahingehend recht hast, dass der Gegenstand nicht mit einer "rechtswidrigen Tat" beschafft wurde.


Also ist der objektive Tatbestand für § 259 StGB nicht erfüllt.
Und der subjektive Tatbestand des Vorsatzes ist auch nicht erfüllt, wenn der Käufer in gutem Glauben handelt.



Allerdings scheint der entscheidende Punkt wohl zu sein, das "Entwender" und "Verkäufer" (Hehler) zwei verschiedene Personen sind.


Ach, Du meintest der Verkäufer des Autos macht sich der Hehlerei schuldig und nicht der Käufer?

concrete jungle
16-04-2023, 13:14
Wohl bei Supercars recht beliebt sowas...

In Italien beliehene (mit Hypothek belastete) Ferrari gab es da öfter:


https://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/njw91_1415.htm

Oder gleich alles Fake:

https://www.dhk-law.com/internationales/gutglaeubiger-erwerb-von-kfz-in-deutschland-und-belgien/

Kensei
16-04-2023, 14:18
...Und der subjektive Tatbestand des Vorsatzes ist auch nicht erfüllt, wenn der Käufer in gutem Glauben handelt...

Ein "Hehler" kann, soweit ich weiß, auch unwissend Hehlerei begehen. Also ohne Vorsatz.




...Ach, Du meintest der Verkäufer des Autos macht sich der Hehlerei schuldig und nicht der Käufer?

Äh, ja. Du nicht? Hehler ist immer der (Weiter-)Verkäufer eines unrechtmäßig entwendeten Gegenstandes. Dennoch scheidet Hehlerei hier aus verschiedenen Gründen aus. War nur mein erster Gedanke, wobei die Gerichte das ja sicherlich auch schon geprüft hatten.

Kensei
16-04-2023, 14:23
Wohl bei Supercars recht beliebt sowas...

In Italien beliehene (mit Hypothek belastete) Ferrari gab es da öfter:


https://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/njw91_1415.htm

Oder gleich alles Fake:

https://www.dhk-law.com/internationales/gutglaeubiger-erwerb-von-kfz-in-deutschland-und-belgien/

Ich finde es irgendwie extrem befremdlich in unserer Rechtsprechung , dass ich im Gutglauben eine Sache gegen den Willen des eigentlichen Besitzers käuflich erwerben kann, und die dann wirklich in meinen Besitz übergeht?!?
Würde mich mal interessieren, wie viele Fälle in der Richtung entschieden wurden in den letzten Jahren.

Pansapiens
16-04-2023, 15:13
Ein "Hehler" kann, soweit ich weiß, auch unwissend Hehlerei begehen. Also ohne Vorsatz.


Soweit Du weißt?
Dass ich nun schon zweimal das Gegenteil behauptet habe, lässt Dich nicht an Deinem vermeintlichen Wissen zweifeln?



Äh, ja. Du nicht? Hehler ist immer der (Weiter-)Verkäufer eines unrechtmäßig entwendeten Gegenstandes.


Ich zitiere mal aus dem von Dir weiter oben zitierten Paragraphen:


(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft,


Wäre das Auto gestohlen gewesen und der Käufer hätte das gewusst, dann wäre der Käufer der Hehlerei schuldig gewesen.

Pansapiens
16-04-2023, 15:40
Ich finde es irgendwie extrem befremdlich in unserer Rechtsprechung , dass ich im Gutglauben eine Sache gegen den Willen des eigentlichen Besitzers käuflich erwerben kann, und die dann wirklich in meinen Besitz übergeht?!?

Ich würde eher sagen:
Wenn Du gegen den Willen des Eigentümers einer Sache vom rechtmäßigen Besitzer dieser Sache diese im guten Glauben erworben hast, dass er der Eigentümer sei, dann geht diese Sache in Dein Eigentum über.

Kensei
16-04-2023, 15:55
Hmm... passt auf den Fall nicht ganz, weil die Verkäufer (Besitzer) ja behauptet hatten, sie würden im Auftrag des Eigentümers verkaufen, und nicht dass sie die Eigentümer seien.
Aber du hast recht, ich hab Eigentum und Besitz verwechselt.

Trotzdem seltsames Rechtsverständnis.

Die "Hehlerei" bezog ich in der Tat auf die Verkäufer. Daher hatte ich auch Vorsatz unterstellt.

Pansapiens
16-04-2023, 16:06
Trotzdem seltsames Rechtsverständnis.


Auf den ersten Blick überraschend, aber da hat sich durchaus jemand was dabei gedacht:


Beim redlichen Erwerb steht dem Bestandsinteresse des Inhabers der ebenfalls verfassungsrechtlich durch Art. 20 Abs. 3 GG[62] gewährleistete Schutz des Rechtsverkehrs gegenüber. Zum einen ist der einzelne Erwerber schutzwürdig, wenn er auf einen Rechtsschein vertrauen darf. Zum anderen besteht aus Sicht der Allgemeinheit ein Interesse daran, Abläufe im Rechtsverkehr zu vereinfachen, wozu die Möglichkeit des redlichen Erwerbs beiträgt.[63]

Dieser Interessenkonflikt wird international unterschiedlich aufgelöst. Die meisten Staaten erkennen – wie Deutschland – den redlichen Erwerb an, weil sie dem Schutz des Rechtsverkehrs ein höheres Gewicht beimessen als dem Schutz des Eigentümers. Dieses Abwägungsergebnis rechtfertigt es, dem Rechtsinhaber das Recht ab- und dem Erwerber das Recht zuzusprechen. Bei den Vorschriften über den redlichen Erwerb handelt es sich damit nach deutschem Verfassungsrecht um verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums.[64]

https://de.wikipedia.org/wiki/Erwerb_vom_Nichtberechtigten

Kensei
16-04-2023, 16:22
Erinnert mich an eine Geschichte aus meiner Jugend, als ein Klassenkamerad einem anderen Spiele für die Playstation geliehen hatte und ewig nicht zurück bekam. Irgendwann hatte der "Beliehene" dann seine Playstation samt aller Spiele, einschließlich der ausgeliehenen, verkauft, um sich von dem Geld ein neue Konsole zu besorgen.

Weiß gar nicht, wie die sich am Ende geeinigt haben... :rolleyes:

Kensei
16-04-2023, 16:41
...Wäre das Auto gestohlen gewesen und der Käufer hätte das gewusst, dann wäre der Käufer der Hehlerei schuldig gewesen.

Ganz interessant, bei Hehlerei geht es ja nicht nur um Diebstahl, sondern auch um andere Delikte. Laut Artikel wurde das Auto "unterschlagen".

Hier liest man bspw.:


...Nicht von Bedeutung ist dagegen nach dem Gesetz, ob die Vortat wie z. B. Diebstahl, Raub, Betrug oder Unterschlagung, selbst noch strafbar oder vielleicht schon verjährt ist. Zudem muss die Vortat nicht zwingend schuldhaft begangen worden sein. Es kommt nur darauf an, ob die oben genannte Tatbestandsvoraussetzungen der Hehlerei beim Bekanntwerden bei den Strafverfolgungsbehörden noch gegeben sind...

https://www.die-anwalts-kanzlei.de/hehlerei-diese-strafe-droht-nach-einer-anzeige/

Wenn das OLG nun also die Gutgläubigkeit des Kaufes verneint, könnte man zumindest überlegen, ob seitens des Käufers noch bedingter Vorsatz/Eventualvorsatz vorliegt? :weirdface

Wahrscheinlich nicht, oder auch nur schwer nachweisbar. Aber so abwägig fände ich das gar nicht mal, bei den ganzen Umständen des Verkaufs als Nacht und Nebel Aktion.