Vollständige Version anzeigen : Wie wichtig ist Grappling um Hema wirklich zu verstehen?
karate_Fan
11-10-2023, 08:45
Um mal wieder Leben in den Bereich des Forums bringen möchte ich eine neue Diskussion starten.
Gabe ja auf Youtube vor ein paar Wochen ein interessante Videos
Ein Grappler hat die Meinung vertreten das HEMA kaputt ist
https://www.youtube.com/watch?v=sXPI7HV5BjQ
und man es nur mit Grappling Skills wieder "reparieren" kann
Matt Easton, der mehr ja mehr Schwertkämpfer ist
hat wiederum diese Antwort gepostet
Ich persönlich vertrete ja eher die Schola Gladiatoria Meinung.
https://www.youtube.com/watch?v=9jquPh5jnhY
Grappling/Wrestling kann schon wichtig sein um bestimmte Waffengattung von HEMA besser zu verstehen wie z.B. Anwendungen mit dem Dolch oder im Harnisch Fechten.
Für das Bloßfechten mit dem langen Schwert (was ja meiner primäre Disziplin) ist kann HEMA zwar nützlich sein um bestimmte ringerische Elemente besser zu verstehen aber es ist kein Muss um wirklich gut mit dem langen Schwert fechten zu können.
Was meinen die anderen HEMA Leute?
Gibt es hier jemanden de HEMA macht und auch eine ringerische Grundausbildung hat? Falls ja teilt ihr die Meinung von Englisch Martial Arts bezüglich der Wichtigkeit einer Wrestling Ausbildung?
Bin gespannt ob sich daraus eine interessante Diskussion entwickeln. wird.
Björn Friedrich
11-10-2023, 10:37
Ich trainiere kein HEMA aber BJJ und Messer, Machete, etc. mit viel Sparring. Ich würde sagen, je unpräziser und schlechter jemand mit den Waffen ist, desto eher besteht die Möglichkeit des Grappling. Ein Treffer kann alles entscheiden, aber wenn es eben in den Clinch geht, dann spielt der ringerische Aspekt eine große Rolle.
Um es kurz zu sagen: "Absolut essenziell für alles bis ca. 1570, mit Ausnahme von I:33". Easton beschäftigt sich primär bis ausschliesslich mit dem, was nachher kommt, und da kürzt sich der Anteil des Ringens innerhalb von ein paar Jahrzehnten fast auf 0 ein.
Ohne Grappling kein Verständnis des Schwertes.
Ohne Grappling kein Verständnis des Schwertes.
Meinst Du das so allgemeingültig wie es sich liest?
Hmm, ich denke Menschen haben schon immer gerungen, mit, ohne und um Waffen.
Ich hätte daher Schwierigkeiten, mir Schwert im Gewühl gänzlich ohne "Rangeln" vorzustellen.
Das gehört für mich also zusammen so wie ich mir FMA gänzlich ohne Dumog nicht richtig vorstellen kann.
Für HEMA sehe ich das trotz mangelndem Wissen in dem Bereich ähnlich.
Das man kein Verständnis für Schwert entwickeln kann, wenn man nicht "grappelt" kann ich mir hingegen auch nur sehr schwer vorstellen.
Liebe Grüße
DatOlli
Meinst Du das so allgemeingültig wie es sich liest?
Ja.
Das man kein Verständnis für Schwert entwickeln kann, wenn man nicht "grappelt" kann ich mir hingegen auch nur sehr schwer vorstellen.
Bis ca. 1570 hat man primär Fechtwaffen, die es in der Klingenbindung (mit scharfen Klingen nochmals deutlich anders als mit stumpfen Federn oder Stöcken) ziemlich regelhaft erlauben, in den Infight zu gehen, und da hat dann der bessere Ringer den Vorteil. Beim Harnisch kommt das Schwert ab ca. 1400 im Schnitt nicht und im Stich nur dann durch, wenn man einen Schlitz trifft, und das muss man erst hinkriegen. Folglich Gegner zu Boden bringen und dann erstechen. Das zieht sich durch fast alle Waffengattungen, über die wir für die Zeit zwischen 1400 und 1570 Quellen haben, von Dolch bis Schweinspiess. Laut Rainer Welle kann man das mittelalterliche Fechten zusammenfassen als "Ringen mit der und um die Waffe".
Folglich kann man durchaus argumentieren, dass wer diesen Aspekt absichtlich oder unabsichtlich vernachlässigt, das Schwert (abzüglich von Rapier, smallsword und Co, die eher schwertartige Spiesse sind) nicht verstanden hat. Wer aber immer nur mit stumpfen Waffen ficht, mit Partnern, die ebenfalls weder ringen können noch wollen, wird allerdings im Widerspruch mit allen verfügbaren Quellen einer gegenteiligen Meinung bleiben.
...Wer aber immer nur mit stumpfen Waffen ficht, mit Partnern, die ebenfalls weder ringen können noch wollen, wird allerdings im Widerspruch mit allen verfügbaren Quellen einer gegenteiligen Meinung bleiben.
Kein Widerspruch von mir. Habe den Schluss zitiert weil er a.m.S. gut zusammenfasst.
Mir ging es um die Absolutheit. Das sehe ich halt eben nicht. Wo ich zustimmen könnte wäre, dass jemand ohne "grappling-skills" ziemlich sicher untergehen wird.
Bei uns (FMA) geht's ja ohne Rüstung und da habe ich genug Leute erlebt, die es mir nicht möglich gemacht haben in die entsprechende Distanz zu kommen. Würde ich denen "Verständnis für Schwert" absprechen, obwohl die mich quasi filetiert haben, wäre das milde ausgedrückt "lustig".
Liebe Grüße
DatOlli
Ja.
Auf meinem jetzigen Kenntnisstand bin ich anderer Meinung (es sei denn Du würdest jede Art des Zufassens/der Arm-Manipulation, Bindungstechniken schon als Grappling bezeichnen).
Ich lasse mich aber gerne Überzeugen falls Du Zeit und Muße hast das näher zu erläutern.
Kein Widerspruch von mir. Habe den Schluss zitiert weil er a.m.S. gut zusammenfasst.
Mir ging es um die Absolutheit. Das sehe ich halt eben nicht. Wo ich zustimmen könnte wäre, dass jemand ohne "grappling-skills" ziemlich sicher untergehen wird.
Bei uns (FMA) geht's ja ohne Rüstung und da habe ich genug Leute erlebt, die es mir nicht möglich gemacht haben in die entsprechende Distanz zu kommen. Würde ich denen "Verständnis für Schwert" absprechen, obwohl die mich quasi filetiert haben, wäre das milde ausgedrückt "lustig".
Liebe Grüße
DatOlli
Natürlich gibt es immer Leute, die an der Waffe um Klassen besser sind, wobei ich nochmal auf den Faktor Bindung (und Stress) bei scharfen Waffen hinweisen sollte. Wenn man den Kampf beenden kann, bevor es ins Grappling geht, super. Auf der anderen Seite würde ich argumentieren, dass man auch Strategien haben muss, wenn es ins Grappling geht, und wenn man weiss, dass der andere im Grappling besser ist als man selbst, oder der physische Unterschied zu gross ist. Ansonsten würde ich auch bei souveränem Umgang mit der Waffe nur von partiellem Verständnis bzw. Verständnis bestimmter Distanzen sprechen.
Auf meinem jetzigen Kenntnisstand bin ich anderer Meinung (es sei denn Du würdest jede Art des Zufassens/der Arm-Manipulation, Bindungstechniken schon als Grappling bezeichnen).
Nach HEMA-Verständnis ist das bereits "Ringen am Schwert". Im 15. Jh. gibt es auch die im Ausgangsvideo zitierten Quellen, die alles Fechten (inkl. Distanzgefühl, Beinarbeit etc.) explizit auf das Ringen zurückführen, und m.W. keine einzige zeitgenössische Quelle, die das Gegenteil behauptet. Daraus lässt sich schliessen, dass in Europa der Lehrweg bis ins 16. Jh. von waffenlos zur Waffe ging, somit das Gegenteil dessen, was man auf den Philippinen und in Japan gemacht hat. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die in einigen wenigen europäischen Quellen teilweise enthaltenen Schläge (v.a. hammerfists) von der Handhabung der Waffe abgeleitet wurden, weil sich keine Angaben dazu finden lassen, wie man die lernen soll.
Natürlich gibt es immer Leute, die an der Waffe um Klassen besser sind, wobei ich nochmal auf den Faktor Bindung (und Stress) bei scharfen Waffen hinweisen sollte.
....
Ansonsten würde ich auch bei souveränem Umgang mit der Waffe nur von partiellem Verständnis bzw. Verständnis bestimmter Distanzen sprechen.
Da kann ich jetzt nicht mehr gegenreden.
Liebe Grüße
DatOlli
Auf meinem jetzigen Kenntnisstand bin ich anderer Meinung (es sei denn Du würdest jede Art des Zufassens/der Arm-Manipulation, Bindungstechniken schon als Grappling bezeichnen).
Ich lasse mich aber gerne Überzeugen falls Du Zeit und Muße hast das näher zu erläutern.
Für mich beginnt Grappling sobald ich den anderen greife, oder er mich greift.
Nach HEMA-Verständnis ist das bereits "Ringen am Schwert". Im 15. Jh. gibt es auch die im Ausgangsvideo zitierten Quellen, die alles Fechten (inkl. Distanzgefühl, Beinarbeit etc.) explizit auf das Ringen zurückführen, und m.W. keine einzige zeitgenössische Quelle, die das Gegenteil behauptet. Daraus lässt sich schliessen, dass in Europa der Lehrweg bis ins 16. Jh. von waffenlos zur Waffe ging, somit das Gegenteil dessen, was man auf den Philippinen und in Japan gemacht hat.
Man kann es sogar noch anders sehen. In China waren die Hauptwaffen früher der Bogen und der Speer, damit und dafür wurden mehr als 80% der Zeit trainiert. In Japan übrigens auch.
Durch das Training mit dem Bogen, vor allem mit schweren Bögen (also 80-120 lbs Zuggewicht, was die früheren Kriegsbögen hatten), trainierte man eine sehr spezielle Körpermechanik, diese lies sich wunderbar auf die Handhabung der schweren und langen Speere übertragen. Eben diese Körpermechanik nutzte man natürlich auch im Ringen, denn der Körper macht da das, was man ihm vorher beigebracht hat.
Nicht umsonst liegt im „Fali“, also dem Lösen der Kraft (meint das Reingehen in den vollen Zug der Sehne und das Lösen des Schusses), das Geheimnis der Shortpower des unbewaffneten Kampfes.
In meinem Verständnis der chinesischen Kampfkünste war zuerst der Bogen, bei dem eine spezielle Körpermechanik trainiert wurde. Diese Körpermechanik wurde dann auf den Speer, das Ringen und das Schwert übertragen.
In den militärischen Examen in China nahm der Bogen und das Spannen des Bogens nicht umsonst eine so wichtige Rolle ein.
Die Reiterbögen der Steppenvölker hatten mit 40-60 lbs zwar weniger Zugkraft, dafür musste man mit Ihnen wendiger sein und konnte nicht die Füße nutzen, da man ja im Sattel saß. Dort wurde die Kraftentwicklung aus der Rotation der Wirbelsäule dann sehr wichtig (und der Blick, da man ja auf einem sich bewegenden Untersatz saß).
Sobald es dann, z.B. mit dem Schwert, in den Nahkampf ging war natürlich das Ringen extrem wichtig, denn den Gegner zu greifen ist eine völlig natürliche Reaktion. Sobald man einmal gegriffen hat, oder gegriffen wurde, gehen viele der Anwendungen sehr viel einfacher.
Man kann es sogar noch anders sehen. In China waren die Hauptwaffen früher der Bogen und der Speer, damit und dafür wurden mehr als 80% der Zeit trainiert. In Japan übrigens auch.
Durch das Training mit dem Bogen, vor allem mit schweren Bögen (also 80-120 lbs Zuggewicht, was die früheren Kriegsbögen hatten), trainierte man eine sehr spezielle Körpermechanik, diese lies sich wunderbar auf die Handhabung der schweren und langen Speere übertragen. Eben diese Körpermechanik nutzte man natürlich auch im Ringen, denn der Körper macht da das, was man ihm vorher beigebracht hat.
Nicht umsonst liegt im „Fali“, also dem Lösen der Kraft (meint das Reingehen in den vollen Zug der Sehne und das Lösen des Schusses), das Geheimnis der Shortpower des unbewaffneten Kampfes.
In meinem Verständnis der chinesischen Kampfkünste war zuerst der Bogen, bei dem eine spezielle Körpermechanik trainiert wurde. Diese Körpermechanik wurde dann auf den Speer, das Ringen und das Schwert übertragen.
In den militärischen Examen in China nahm der Bogen und das Spannen des Bogens nicht umsonst eine so wichtige Rolle ein.
Die Reiterbögen der Steppenvölker hatten mit 40-60 lbs zwar weniger Zugkraft, dafür musste man mit Ihnen wendiger sein und konnte nicht die Füße nutzen, da man ja im Sattel saß. Dort wurde die Kraftentwicklung aus der Rotation der Wirbelsäule dann sehr wichtig (und der Blick, da man ja auf einem sich bewegenden Untersatz saß).
Sobald es dann, z.B. mit dem Schwert, in den Nahkampf ging war natürlich das Ringen extrem wichtig, denn den Gegner zu greifen ist eine völlig natürliche Reaktion. Sobald man einmal gegriffen hat, oder gegriffen wurde, gehen viele der Anwendungen sehr viel einfacher.
Ich finde Deine Ausführungen zum Bogen in China immer wieder spannend, vielen Dank dafür! Ich sollte anfügen, dass meine Aussage bezüglich der Philippinen und Japan (zu China weiss ich einfach zu wenig) schon auch so gedacht waren, dass die Körpermechanik von den Waffen auf das Waffenlose übertragen wurden, zumindest hat man mir das so erklärt. In Europa hat der Bogen - mit Ausnahme von England und Ungarn - offenbar nie die gleiche militärische Wichtigkeit erreicht wie im Osten. Man könnte jedoch bis zu einem bestimmten Punkt argumentieren, dass der Weg auch hier umgekehrt funktionieren kann, so konnte ich ausgehend von meinem ringerischen Training 75 lbs im long draw mit Daumenring auf Anhieb 30x in Folge am Stück ziehen. Für die ganz hohen Zuggewichte müsste ich jedoch spezifischer trainieren.
In China wärst du da in den Augen er Fußtruppen ein Kind gewesen. „Männerbögen“ fingen bei 80lbs an :D ;)
Aber im Ernst, ich denke man kann China und Europa nicht 1:1 vergleichen, aber Ringen war schon überall auf der Welt die Grundlage für das Militär. Ob da nun zunächst die Waffe oder das Waffenlose war ist die Frage nach der Henne und dem Ei.
Für China macht es in meinen Augen Sinn erst den Bogen für die charakteristische Bewegungsmechanik anzunehmen, aber bei Europa mag es anders gewesen sein, dennoch ist auch hier das Verständnis für das Grappling essentiell um das Schwert oder den Speer zu verstehen.
Patrick Leiske schreibt dazu ja auch ein wenig in seinem “Höfisches Spiel und tödlicher Ernst”.
In China wärst du da in den Augen er Fußtruppen ein Kind gewesen. „Männerbögen“ fingen bei 80lbs an :D ;)
Nicht ganz: wenn man hier schaut, fangen die Kriegsbögen bei 70lbs an, und gehen nur bis 100 lbs: https://www.manchuarchery.org/historical-draw-weights-qing-bows
Der Rest sind "strength bows", die man nur einmal ziehen muss ;) Und je nach Faserverteilung in den beteiligten Muskeln sind 30 Wiederholungen am Stück sowas wie 50-70% vom 1 RM.
An die Quelle dachte ich auch, jedoch dieses Zitat daraus:
Ability at strength of six (probably a pull of about 80 pounds) was considered minimal for a grown man, and strength of ten (about 133 pounds) was required for participation in hunts."
Und dieses:
A 1736 report found that of 3,200 troops at the Hangzhou garrison about 2,200 were able to draw bows of strengths six to ten [80-133]
Ob jetzt 70 oder 80 lbs der Minimalbogen war macht den Kohl auch nicht fett. Shelby schreibt an anderer Stelle das 120 lbs das Zuggewicht für die guten Einheiten war (da bin ich jetzt aber zu faul das rauszusuchen).
Spannend ist auch das bestimmte Übungen aus der Mingzeit in der Ausbildung der Schützen ohne Waffen gemacht wurde und die Position extreme Ähnlichkeiten mit der “Kampfversion” der Stehenden Säule aus dem Yiquan hat.
Spud Bencer
12-10-2023, 07:20
Definiere Grappling.
Tatsache ist: Mit dem HEMA-Ringen - das quellentechnisch eben nicht hauptsächlich das sportive gesellige Ringen, sondern das Ringen im Ernst ist - hat modernes Grappling nicht viel zu tun. Nicht mal Catch.
Was viel ähnlicher ist sind die ganzen Combatives-Jiu Jitsu-Dumog-Stile, die nach moderner Lehrmeinung nicht funktionieren. Das Ähnlichste was ich bisher gesehen habe war lustigerweise die Sambo SV-Variante von Alexander Fedorov (Ja, der Trainer des russischen RINGS Teams mit Fedor und Volk Han):
https://www.youtube.com/watch?v=zS9CgfCLCz0
Vielleicht war ja an den alten Geschichten, daß Sambo auch auf historischen Stilen basiert, doch was dran?
Beispiel:
Video bei 4:13 ist die Technik von Johann Georg Pascha "Wenn dich Adv. Umbfasset hat/ so drücke ihm mit beiden Kniebeln oder Daumen in die Seiten.", was ich sonst bisher noch nirgends gesehen habe.
An die Quelle dachte ich auch, jedoch dieses Zitat daraus:
Und dieses:
Ob jetzt 70 oder 80 lbs der Minimalbogen war macht den Kohl auch nicht fett. Shelby schreibt an anderer Stelle das 120 lbs das Zuggewicht für die guten Einheiten war (da bin ich jetzt aber zu faul das rauszusuchen).
Spannend ist auch das bestimmte Übungen aus der Mingzeit in der Ausbildung der Schützen ohne Waffen gemacht wurde und die Position extreme Ähnlichkeiten mit der “Kampfversion” der Stehenden Säule aus dem Yiquan hat.
Kommt drauf an. Die Seite scheint hier zwei Dinge zu vermischen, nämlich strength bows und Zuggewichte der generell verwendeten Bögen. In der von Dir zitierten Passage geht es darum, dass von 3.200 Mann 1.000 den 80 lbs Bogen NICHT einmal ziehen konnten. Das heisst, die schiessen dann auch mit erheblich weniger als 70 lbs, weil ich keinen Bogen sinnvoll schiessen kann, den ich nicht ca. 10x in Folge ziehen kann, und in dem Fall sollte ich auch einmal mindestens 10 Pfund mehr einmal ziehen können.
Definiere Grappling.
Tatsache ist: Mit dem HEMA-Ringen - das quellentechnisch eben nicht hauptsächlich das sportive gesellige Ringen, sondern das Ringen im Ernst ist - hat modernes Grappling nicht viel zu tun. Nicht mal Catch.
Dem würde ich widersprechen - ich habe ausnahmslos alle Techniken aus dem historischen Ringen schon in einer Sport-Grappling Situation gesehen, wenn man die paar Schläge aus Wallerstein und Co weglässt (wobei - auch die habe ich schon gesehen). Alles andere wird in der einen oder anderen Variante gelehrt, aber vieles als verstecktes Foul.
karate_Fan
12-10-2023, 08:04
Danke an alle die sich beteiligt haben die Ausführungen waren wie immer hoch interessant. Auch vielen Dank an Kanken für die Infos über die CMA. So etwas lese ich immer wieder gern.
Ich würde übrigens auch Spud Bencer wiedersprechen das HEMA Ringen so viel anderes ist als klassisches Ringen.
Zumindest für mich als Laie. Mein Grappling Wissen ist nicht wirklich ausgeprägt. Abgesehen von ein 1 oder 2 Judowürfen und eine grottige Fallschule während meiner Karate Zeit ist mein Wissen sehr schwach ausgeprägt.
Zumindest was das Zeug wir in der HEMA Gruppe machen (Langes Schwert nach deutschen Quellen) hatte ich nicht den Eindruck das mit modernen Ringen ein paar Eingänge nicht besser verstehen könnte.
Lernt man nicht auch im modernen Grappling eine gute Standfestigkeit und den Gegner zu Boden zu bringen?
Man lässt im modernen Ringen natürlich das Töten weg aber ansonsten würde ich keinen Grund sehen warum modernes Ringen für das Verstehen der Stücke nicht nützlich sein könnte?
Kommt drauf an. Die Seite scheint hier zwei Dinge zu vermischen, nämlich strength bows und Zuggewichte der generell verwendeten Bögen. In der von Dir zitierten Passage geht es darum, dass von 3.200 Mann 1.000 den 80 lbs Bogen NICHT einmal ziehen konnten. Das heisst, die schiessen dann auch mit erheblich weniger als 70 lbs, weil ich keinen Bogen sinnvoll schiessen kann, den ich nicht ca. 10x in Folge ziehen kann, und in dem Fall sollte ich auch einmal mindestens 10 Pfund mehr einmal ziehen können.
Die 10% Regel von Heraklid gilt halt auch da… :biglaugh:
Was wurde denn da gejagt, dass man dafür 130# brauchte?
Spud Bencer
12-10-2023, 11:43
Dem würde ich widersprechen - ich habe ausnahmslos alle Techniken aus dem historischen Ringen schon in einer Sport-Grappling Situation gesehen, wenn man die paar Schläge aus Wallerstein und Co weglässt (wobei - auch die habe ich schon gesehen). Alles andere wird in der einen oder anderen Variante gelehrt, aber vieles als verstecktes Foul.
Ja Fouls ok, das ist halt so als würde man sagen im Fußball gibt es Handtechniken weil Handspiel ein Foul ist.
Ringen im historischen Sinne ist kein Grappling sondern ein Überbegriff für alles Waffenlose. Da kann Grappling dabei sein, muss aber nicht. Distanz (Beginn auf Armeslänge im Stehen), Taktik (Stärke-Schwäche, kein Bodenkampf) und Technik (Körpermechanik des Fechtens) sind vom modernen Grappling so weit weg wie nur was, selbst das spezifische Krafttraining ist anders: Heutzutage macht niemand mehr Übungen am Pauschenpferd und läuft Wände hoch, um sich auf einen Ringkampf vorzubereiten.
Ja Fouls ok, das ist halt so als würde man sagen im Fußball gibt es Handtechniken weil Handspiel ein Foul ist.
Ringen im historischen Sinne ist kein Grappling sondern ein Überbegriff für alles Waffenlose. Da kann Grappling dabei sein, muss aber nicht. Distanz (Beginn auf Armeslänge im Stehen), Taktik (Stärke-Schwäche, kein Bodenkampf) und Technik (Körpermechanik des Fechtens) sind vom modernen Grappling so weit weg wie nur was, selbst das spezifische Krafttraining ist anders: Heutzutage macht niemand mehr Übungen am Pauschenpferd und läuft Wände hoch, um sich auf einen Ringkampf vorzubereiten.
Wenn das Handspiel im Fussball gelehrt würde, wäre es im Fussball enthalten. Macht man es mal eben spontan, ist es das nicht. Ich beziehe mich konkret darauf, dass alle meine Ringtrainer auch Fouls unterrichtet haben, natürlich mit Anweisung, wie man nicht dabei erwischt wird.
Ich für meinen Teil verwende hier Grappling als Überbegriff für alle ringenden Disziplinen; und nein, davon ist das historische Ringen gar nicht weit weg. Zeig einem beliebigen Ringer die Codices, und er wird die Techniken besser ausführen, als man das im HEMA zu sehen kriegt. Unter Umständen sagt er dann sowas wie "Jo mei, des is jo als wie wenn a Grieche Freistil ringen tat" oder - bei anderem ethnographischen Hintergrund - "Cchhein Problem".
Und wie gesagt: der obige Diskurs bezieht sich nicht zuletzt darauf, ob nun das Fechten die Körpermechanik aus dem Ringen übernimmt - was die Quellen nahelegen - oder umgekehrt.
Wenn Du Nachweise dafür hast, dass Pauschenpferd und Wandlauf als Trainingsmittel im historischen europäischen Ringen eingesetzt wurden, würde mich die Quelle interessieren; ich kenne das nur aus dem historischen Turnen. Ansonsten haben wir da: Talhoffer, der summarisch empfiehlt:
"Steinwerfen und Stangen drücken, Tanzen und Springen, Fechten und Ringen, Lanzenstechen und Turnierkampf, und dazu schönen Frauen zu hofieren."
Steine werfen die Schwinger noch heute. Für das Stangen schieben - laut Macieji Talaga nicht das, was man drunter verstehen würde - haben wir die Ringerpuppe. Getanzt wird nur in manchen Ringervereinen, Sprünge, Drills und Spiele für die Beinarbeit haben aber alle. Reiten ist in der Mongolei etc. durchaus noch ein Thema auch für Ringer, ansonsten habe wir verschiedene Simulationsübungen, um das Gleiche zu erreichen. Und zu den schönen Frauen sage ich jetzt besser nichts, da sollte man sich bei Gelegenheit mal in einer Ringer-Umkleide oder auch im Altherren-Chat umhören.
Was wurde denn da gejagt, dass man dafür 130# brauchte?
Da stellt sich wieder die Frage, ob das das Zuggewicht des zu verwendenden Bogens ist oder ein Kraftstandard, also das maximale Gewicht, das man ziehen kann... ich vermute eher letzteres.
Nein, die gefundenen (und aufgelisteten) Bögen aus anderen Quellen sind bei 120 lbs bei den Einheiten, einige, wenige, bei 80 - 100 lbs.
Nein, die gefundenen (und aufgelisteten) Bögen aus anderen Quellen sind bei 120 lbs bei den Einheiten, einige, wenige, bei 80 - 100 lbs.
Klar erhalten die sich besser, wenn sie nur alle heiiligen drei Zeiten verwendet werden :p
Na ja, eins konnten die Chinesen damals: Listen über alles Mögliche führen. Gerade Ausstattungen von Militäreinrichtungen war im chinesischen Beamtendschungel sehr gut dokumentiert .
T. Stoeppler
13-10-2023, 14:03
Allgemein gilt immer noch "alle Hübschheit vom Fechten kommt vom Ringen" (wenn wir jetzt mal im 14/15. Jh bleiben). Allerdings ist damit natürlich nicht Fechttechnik gemeint (die kommt halt vom Fechten) aber eben grundlegende Qualitäten, ohne die man einfach schnell im Regen steht, wenn man einen umfassend ausgebildeten Gegenüber hat. Je nach Waffengruppe und Umfeld ist ein Ringen mit Waffen wahrscheinlicher oder eben weniger. Je mehr Schutzausrüstung und je kürzer die Wehr desto wichtiger.
Eine ringerische Grundausbildung ist klar ein Plus, das wird keiner abstreiten. Alle historischen Fechter mit Ringen (o.ä.) als Background (davon gibts viele) haben natürlich beim Ringen am Schwert Vorteile und sind oft physisch auch einfach robuster, das schadet ja nie :) Es entbindet einen aber eben auch nicht vom Erarbeiten einer sauberen Fechttechnik.
Gruß, Thomas
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