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Vollständige Version anzeigen : Historische Wurzeln der FMAs



Dare2Win
03-05-2024, 23:19
Guten Abend zusammen,

wer weiß etwas über die historischen Wurzeln der FMAs?

Bekanntermaßen bin ich ja kein Freund von - aus meiner Sicht - sinnfreien Bewegungen. Aber das sollte niemanden davon abhalten, etwas über die Geschichte der FMAs zu posten.

Kämpfen ist eine Sache (der ich sehr zugeneigt bin). Etwas historisch aufzuarbeiten, ist eine andere Sache (der ich ebenfalls sehr zugeneigt bin).

Wenn ihr also mögt und euch für Geschichte mit überprüfbaren Quellen interessiert, dann wäre dieser Thread vielleicht die Möglichkeit, ein bisschen Wissen zusammenzutragen.

Es geht mir nur um die historische Entwicklung der FMAs, ohne Wertung. Nicht um Anwendbarkeit, Sinn oder Effektivität.

Literatur wie Bücher oder Internetquellen wären natürlich auch interessant.

Es muss jetzt nicht gleich eine Doktorarbeit sein. Vieles Wissen ist ja noch nicht gehoben.

Aber wenn ihr meint, eure Quellen haben eine gewissen Relevanz, dann postet sie doch bitte.

Danke. :)

DZXX
03-05-2024, 23:59
Guten Abend zusammen,

wer weiß etwas über die historischen Wurzeln der FMAs?

Bekanntermaßen bin ich ja kein Freund von - aus meiner Sicht - sinnfreien Bewegungen. Aber das sollte niemanden davon abhalten, etwas über die Geschichte der FMAs zu posten.

Kämpfen ist eine Sache (der ich sehr zugeneigt bin). Etwas historisch aufzuarbeiten, ist eine andere Sache (der ich ebenfalls sehr zugeneigt bin).

Wenn ihr also mögt und euch für Geschichte mit überprüfbaren Quellen interessiert, dann wäre dieser Thread vielleicht die Möglichkeit, ein bisschen Wissen zusammenzutragen.

Es geht mir nur um die historische Entwicklung der FMAs, ohne Wertung. Nicht um Anwendbarkeit, Sinn oder Effektivität.

Literatur wie Bücher oder Internetquellen wären natürlich auch interessant.

Es muss jetzt nicht gleich eine Doktorarbeit sein. Vieles Wissen ist ja noch nicht gehoben.

Aber wenn ihr meint, eure Quellen haben eine gewissen Relevanz, dann postet sie doch bitte.

Danke. :)

Nichtssagende Fließbandbeiträge....

Dare2Win
04-05-2024, 00:04
Nichtssagende Fließbandbeiträge....

Exakt solche Posts waren nicht gemeint.

KK-Baghira
04-05-2024, 02:04
Uff - das ist mal ein (zu) weites Feld…

… rein literaturmäßig ist D. Inosantos Buch wohl ein Klassiker, die Arbeiten M. Wileys sehr beachtenswert und in so manchen Enzyklopädien steht interessantes drin (v.a. Green & Svinth 2010).

… und rein inhaltlich stellen sich Fragen nach Quellen, wer hat wann, wo, wie wofür trainiert/gekämpft und es bezeichnet - FMA-(mythen/geschichtliche) Schlagworte wären angefangen bei der berühmten Kali/Eskrima/Arnis Trias mit Verortungen über Lapu Lapu & Magellan, westeuropäisch-spanische (Fecht-)Einflüsse bis hinein ins 20./21. Jahrhundert mit Diaspora-Ansetzung in den USA oder Nationalsport.

Ich habe es - auch wenn meine Interessenslage ähnlich wie die vom TE ist und ich als Schüler & Lehrer in der Inosanto-Linie - bis auf Weiteres aufgegeben (insbesondere, da Feldforschungen vor Ort wohl nötig wären).

Gute Nacht
Alex

QuiRit
04-05-2024, 04:24
Andrea Rollos Buch (Teil einer Dissertation) widmet sich nicht unbedingt viel den Wurzeln, dafür aber umso mehr der Geschichte
https://www.academia.edu/80474180/NEW_INSIGHTS_INTO_THE_HISTORY_OF_THE_FILIPINO_MART IAL_ARTS?f_ri=325986

Ebenso zu empfehlen, um sich diesem Thema zu nähern ist Prof. Jocano; mir ist zwar keine Arbeit explizit zur Geschichte bekannt, aber wenn man das Material von ihm zusammenträgt (vieles ist absolut kostenfrei) entsteht auch ein Bild.

Es gibt noch einige, die sich unter dem Radar wissenschaftlich mit dem Thema befassen, aber, ich glaube für einen ersten Überblick, bzw ein gesamtbild sind die genannten Quellen nicht schlecht.

Wenn man die Posts des Nutzers amasbaal zusammenträgt, dann kommt auch einiges geschichtliches zusammen!

Ich möchte noch anmerken (nicht wissenschaftlich fundiert, sondern einfach meine persönliche Meinung), dass, über das codifizierte "Arnis Gut" hinaus, meiner Meinung nach beides: der waffenlose- wie der Waffenkampf, Teil einer gelebten Natürlichkeit - zumindest in einigen südlichen Provinzen (wenn ich mehr Zeit und die Mittel hätte, wäre das übrigens ein Thema, dass ich mit Freude selbst erforschen würde) ist und sozusagen jeden Tag aufs neue entsteht, sich verändert und in Teilen wieder verblüht. Meine These in diesem Fall wäre, dass, wenn man heute alles Arnis Wissen und jede Tradition wegnehmen würde, Arnis morgen wieder da wäre.

Phelan
04-05-2024, 05:43
Generell muss man sich vieles zusammen suchen - wissenschaftliche Arbeiten gibt es nur eine handvoll, die älteren sind zudem eher von Soziologen als Historiker, Quellenarbeit daher.. etwas anders gelagert. Aber Soziologie bzw, allgemein tradiertes Wissen lässt sich bei dem Thema auch kaum heraushalten.
Ich habe in den letzten Jahren immer mehr gefallen an verschiedenen Interviews mit noch lebenden Meistern/Stilbewahrern gefunden - da finden sich ab und an ein paar Neuigkeiten und historische Halbwahrheiten wo es sich lohnt tiefer reinzugehen. Vor allem FMA Discussions etc. sind da recht gute Sachen.. via OpenAI Whisper transcribiert bekommt man auch gut den harten filipino-englisch dialekt glatt gebügelt und kann dann mit dem text weiterarbeiten. Teilweise sind die längeren Interviews mit Bobby Taboado recht ergiebig,

Dare2Win
04-05-2024, 11:35
Wow! Danke euch allen :yeaha:

Was da an Material in nur drei Antworten herausgekommen ist, ist wirklich absolut bemerkenswert!

Wer noch etwas weiß, bitte posten.

Super :thx:

QuiRit
04-05-2024, 12:22
Ad Phelan: FMA Diskussion liebe ich auch; ist nicht nur mein Lieblings 'Podcast', sondern eigentlich auch der Einzige, dem ich folge. Die Warnung mit den Halbwarheiten hast Du ja schon gegeben. Es sind halt wechselnde Interviewpartner und da gibt es mäßige Interviews und solche, die wirklich spitze sind.

big X
05-05-2024, 00:40
probier mal die suchfunktion aus. zu dem thema gibt es seitenweise material.

ZEN2021
05-05-2024, 18:59
Sehr schönes Thema!

Vielleicht als Additum: Inwieweit hat eine Vernetzung der Quellen der FMAs mit den asiatischen Kampfkünsten stattgefunden und (um es auf die Spitze zu treiben), wer hat wen inspiriert? Okinawa als ein möglicher Schmelztopf kommt mir da gerade in den Sinn. Ich denke an die typische Bewegung des 3er-Sinawalis (Himmel-Erde-Himmel - ihr wisst, was ich meine?!) - die Art der Armführung (jetzt ohne Stock) finden wir im Uchi-Ude-Uke des Karate und auch im Wing Chun und ganz anderen Richtungen wieder. Hat sich das parallel und unabhängig voneinander entwickelt, weil es im gewissen Sinne logisch oder notwendig ist im Sinne einer kontinuierlichen Armbewegung? Auch der Einfluss der europäischen Kolonisten hatte sicherlich einen Einfluss? Bin gespannt, was da noch kommt!

QuiRit
05-05-2024, 19:38
Eigentlich finde ich die Thematik auch sehr interessant ZEN und ich hatte gehofft dass da vor mir jemand anders mit einem grösseren Thread einsteigt. Mein fundiertes Wissen auf dem Gebiet ist ja rechts beschrenkt, aber, ich glaube, es ist vernünftig anzunehmen, dass die Philippinen selbst auch als "Schmelztopf" wie Du es schreibst betrachtet werden können. Die "Okinawa Connection" ist mir zwar nicht bewusst, allerdings ist offensichtlich, dass sehr viele der modernen FMA Linien stark durch die japanische Präsenz beeinflusst wurden (die formale Struktur, Graduierungen (sogar mit DAN Graden), Stände und - das ist jetzt eher persönliche Meinung, als fundiertes Wissen - aber, ich meine schon in einigen Linien, eine eher japanisch anmutende Bewegungsnote zu erkennen. Kommerz und Gruppenunterricht ist auch ein Thema, das hier vielleicht mit berührt wird). Ähnlichkeiten zu chinesischen Systemen sind mir (besonders in eine Linie) auch aufgefallen; zum einen sind solche Querverbindungen ja bekannt und auch heute noch besteht in Manila ein einger Kontakt einiger relevanter FMA Persönlichkeiten mit China Town. In Europa ist die volle Breite - scheint mir schwer zu finden, oder sie existiert versteckt - aber auf den Philis kann man auch solche Stile finden, welche sich wirklich recht chinesisch anfühlen mit ihrer Körperarbeit und einem gewissen "Klebrigkeit" und Tücke.

Bezüglich der Sinawali und der Armführung im Karate - Beeinflussung oder Parallelentwicklung: Ich habe halt auch schon Kinderspiele gesehen mit Klatschen, welche ein Sinawali gleiches Muster hatten und mir dann auch die Frage nach Beeinflussung oder Parallelentwicklung gestellt.

Der Einfluss der Europäer ist ja klar - was mir diesbezüglich auffällt, ist dass dieser zum Teil so stark betont wird und sogar so "verkauft" wird, als seien die FMA ihrer wahren Natur nach europäsiche Künste.

Wovon ich überhaupt keine Ahnung habe, was aber kürzlich von Mahipal Luna in einem interview auf FMA discussion unterstrichen wurde ist der indische Einfluss. Indische Kampfkünste kenne ich zu schlecht um da eine Parallele zu sehen. Aber, da Indien im Allgemeinen einen sehr starken Fussabdruck in der Kultur der Philippinen hinterlassen hat, scheint es mir vernünftig anzunehmen, dass dies auch in der Kampfkunst der Fall ist. Würde mich freuen, wenn ich diesbezüglich hier noch etwas dazulernen könnte. ...

Ach so: noch eine Frage bezüglich der Parallelen zum Wing Chun (die habe ich übrigens auch gesehen habe): könntest Du da etwas genauer ausführen, wo genau Du denn diese Parallelen erkannt hast?

Stixandmore
06-05-2024, 00:04
Indischer und vorallem muslimischer Einfluss geht eher auf die Nusantarakönigreiche zurück(und davor) und haben mMn keinen großen Einfluss per se auf die Entwicklung der FMAs, wie wir sie heute kennen...die "Headhunterstämme" kennen kein struktoriertes Training mit "Loop/Sombrada" Drills etc

QuiRit
06-05-2024, 07:51
So super geschichtsfest bin ich jetzt nicht, aber es war vielleicht ein Fehler von mir den Einfluss "indisch" zu nennen.
Ob die Kultur dieser Zeit dann tatsächlich Einfluss darauf gehabt haben kann, was wir heute FMA nennen, ist eine gute Frage; die Kampfkunst ist ja auch lebendig und, wenn man sieht wie grundlegend sich heute Stile mit (scheinbarer) Tradition schon innerhalb einer Generation ändern. Jedenfalls hatte Mahipal Luna diese These postuliert. Jedenfalls kann man heute noch eine Verbindung zur indischen Kultur erkennen; beispielsweise gibt es auch Volkslieder mit indischen Textstücken. Wäre in diesem Moment interessant für mich zu wissen, wie ähnlich sich Indisch, indonesisch und Visaya sprachlich sind.

Die Stämme sind ja auch ein gutes Stichwort und sie sind auch ein Schlüssel um die Philis besser zu verstehen: es geht ja nicht nur Nord gegen Süd, Christen gegen Muslime, sondern oft auch Barangay ("Dorf") gegen Barangay. Dazu, kommt diese enorme kulturelle Ungleichheit.

Ich füge mal ein paar Fotos an; ich hoffe das klappt. Das erste zeigt die Ifugao bei einer "Kopfjagtfeier" 48258
auf dem zweiten ist Tunchag zu sehen; er lebt heute noch in Banaue; er und seine Frau sprechen etwas English und kennen die Zeit der Kopfjagt noch.
48259. Kampfkunstmässig gibt es dort halt eine Form des Ringens im Sinne des sportlichen Kräftemessens.

Zur gleichen Zeit in Manila:48260

Hier vermutlich vor WWII: 48261

Manila galt ja als "Perle" Asiens. Wenn man sich das Manila von heute anschaut und einem klar wird was schlechte politische Entscheidungen in solch einem überschaubaren Zeitraum verändern können, kann einem Angst und Bange werden.

... 48262 hier Sultan Muhamad Jamalus 1879 (ich habe das nicht geprüft, sondern einer philippinischen Geschichtsgruppe, welcher ich auf Facebook folge entnommen) von Sulu (rechts oben noch ein Kris mit im Bild). Manche unterscheiden ja FMA und MMA und das System, welches mich aktuell besonders interessiert, lässt sich ja auch, oder eher letzterem Kulturkreis zuordnen. Das Gebiet der Bangsa Moro ist ja bis heute eine "Sonderregion", mit eigenen Regeln, in welcher sich vieles bewahrt hat, die aber weissen Christen wie mir nich leicht zugänglich ist.

... bestimmt kommt im Verlauf des Threads noch einiges über den Malayisch - Indonesichen Einfluss dazu.

Nochmal zurück zum indischen: kennt jemand ernstzunehmende indische Systeme? Auf Youtube findet man nur Kalari

Phelan
06-05-2024, 08:08
meep

QuiRit
06-05-2024, 08:26
*meld mich später, bitte nicht Stämme verwenden ;)

OK? :confused: ....bin gespannt

Phelan
06-05-2024, 08:38
Egal, ich lösch meinen Kommentar. Lohnt den Aufwand, nicht, mach einfach weiter, alles gut

QuiRit
06-05-2024, 09:11
Lohnt den Aufwand nicht

... waaas? Come on, das kannst Du nicht mit uns machen, lol

Kimbo_Nice
06-05-2024, 09:54
So super geschichtsfest bin ich jetzt nicht, aber es war vielleicht ein Fehler von mir den Einfluss "indisch" zu nennen.
Ob die Kultur dieser Zeit dann tatsächlich Einfluss darauf gehabt haben kann, was wir heute FMA nennen, ist eine gute Frage; die Kampfkunst ist ja auch lebendig und, wenn man sieht wie grundlegend sich heute Stile mit (scheinbarer) Tradition schon innerhalb einer Generation ändern. Jedenfalls hatte Mahipal Luna diese These postuliert. Jedenfalls kann man heute noch eine Verbindung zur indischen Kultur erkennen; beispielsweise gibt es auch Volkslieder mit indischen Textstücken. Wäre in diesem Moment interessant für mich zu wissen, wie ähnlich sich Indisch, indonesisch und Visaya sprachlich sind.

Die Stämme sind ja auch ein gutes Stichwort und sie sind auch ein Schlüssel um die Philis besser zu verstehen: es geht ja nicht nur Nord gegen Süd, Christen gegen Muslime, sondern oft auch Barangay ("Dorf") gegen Barangay. Dazu, kommt diese enorme kulturelle Ungleichheit.

Ich füge mal ein paar Fotos an; ich hoffe das klappt. Das erste zeigt die Ifugao bei einer "Kopfjagtfeier" 48258
auf dem zweiten ist Tunchag zu sehen; er lebt heute noch in Banaue; er und seine Frau sprechen etwas English und kennen die Zeit der Kopfjagt noch.
48259. Kampfkunstmässig gibt es dort halt eine Form des Ringens im Sinne des sportlichen Kräftemessens.

Zur gleichen Zeit in Manila:48260

Hier vermutlich vor WWII: 48261

Manila galt ja als "Perle" Asiens. Wenn man sich das Manila von heute anschaut und einem klar wird was schlechte politische Entscheidungen in solch einem überschaubaren Zeitraum verändern können, kann einem Angst und Bange werden.

... 48262 hier Sultan Muhamad Jamalus 1879 (ich habe das nicht geprüft, sondern einer philippinischen Geschichtsgruppe, welcher ich auf Facebook folge entnommen) von Sulu (rechts oben noch ein Kris mit im Bild). Manche unterscheiden ja FMA und MMA und das System, welches mich aktuell besonders interessiert, lässt sich ja auch, oder eher letzterem Kulturkreis zuordnen. Das Gebiet der Bangsa Moro ist ja bis heute eine "Sonderregion", mit eigenen Regeln, in welcher sich vieles bewahrt hat, die aber weissen Christen wie mir nich leicht zugänglich ist.

... bestimmt kommt im Verlauf des Threads noch einiges über den Malayisch - Indonesichen Einfluss dazu.

Nochmal zurück zum indischen: kennt jemand ernstzunehmende indische Systeme? Auf Youtube findet man nur Kalari

Zum Malayischen Teil, bzw. Silat:

Kann man zurückverfolgen bis zum Langkasuka Königreich. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, geht es da + - ums Jahr 500. Glaube gelesen zu haben, dass so 100 bis 1000 ging?! Daher wohl der Indische Einfluss auf die Malayische Kampfkunst. Viel geschriebenes gibt es nicht, daher ist man auf die Arxheologie und Folklore angewiesen. Man kann wohl übereinstimmungen von Waffen und Rüstungen von indischen Gottheiten und im Silat verwendeten erkennen.

Später sollen die Chinesen einen Einfluss genommen haben. Regional waren viele Piraten zu finden. Und Chinesische Seefahrer sollen dort Teilweise sogar große Rollen übernommen haben. Zum Beispiel sind hier dann Säbel ins spiel gekommen. Diese Piraten sollen wohl großen Einfluss aufs Silat gehabt haben.

Und Schließlich kommt dann noch das obligatorische Okinawa und Japan ins Spiel. Wie genau habe ich nicht wirklich waa zu lesen können.

Ich glaube im 14 Jahrhundert wurde dann der Muslimische Einfluss mit hineingebracht, durch die Bildung des Sultanats. Welchen und ob es einen wirklichen Einfluss auf die Kampfkunst ansich gab, dazu kann man meiner Meinung nach nicht wirklich was finden. Der Glaube aber hat wohl immer mehr bedeutung, auch im Silat, gewonnen.

Von den Phillis weiß ich leider nicht sehr viel. Die geographische Nähe und immer wieder erkennbare Überlappungen von FMA und Silat lassen auf jedenfall viele Gedankenspiele zu. Spannend finde ich die Sache, mit den Chinesischen Seefahrern, die ja echt viel und früh unterwegs waren. Ebenfalls mit ihrer Verbindung zu den Piraten im Malayischen Raum. "Ausflüge" zu den Phillipinen waren doch bestimmt regelmäßig zu finden.

Grob und kurz mal meine Gedanken dazu. Das meiste ist erzählung aus Malaysia. Einiges dazu noch gelesen, aber Quellen kann ich aufgrund der Zeit nicht mehr geben. Gibt aber einiges dazu im Internet.

Phelan
06-05-2024, 10:46
Ganz kurz:in
Stamm ist unter Historikern etwas bis sehr verpönt - vor allem im deutschen kolonial aufgeladener Begriff etc. etc.
Aber, und deswegen hab ich abgewunken - für manche Gruppen in SEA wiederum gibt es im Gegensatz zu Afrika/Südamerika etc. keine passenderen Begriffe.. also werden sie da (vor allem von den Soziologen) wiederum gern genommen...
Da das hier aber keine postkoloniale Diskurskampfebene werden sollen, lassen wirs und ich bin mit allem Happy :P

QuiRit
06-05-2024, 20:21
@Phelan: ok, gut zu wissen; ich hatte den Begriff "Stamm" ja auch eher umgangssprachlich gebraucht, ohne zu wissen ob dies im engeren Sinne korrekt ist; für Korrekturen bin ich ja dankbar. Ich haue auch so manches raus, ohne es selbst ergründet zu haben, was in mein aktuelles Interessensgebiet passt; ist für mich auch ok, wenn jemand, der mehr Ahnung von der Materie hat da etwas präzisierend oder korrigierend eingreift.


Viel geschriebenes gibt es nicht, daher ist man auf die Arxheologie und Folklore angewiesen./QUOTE]
Mag vielleicht stimmen, aber, wenn ein erfahrenes Auge vielleicht etwas indische Kampfkunst jenseits von Kalari sehen würde, wäre es vielleicht möglich gewisse, vernunft basierte Schlüsse zu ziehen. Vielleicht meldet sich ja mal irgend wann später jemand zu Wort, der sich in dem Bereich auskennt.

[QUOTE=Kimbo_Nice;3908342]Regional waren viele Piraten zu finden. Und Chinesische Seefahrer sollen dort Teilweise sogar große Rollen übernommen haben.
Kannst Du etwas präzisieren? Meinst Du jetzt chinesische Piraten im süd chin. (sorry) Meer?

KK-Baghira
06-05-2024, 20:58
https://www.amazon.de/Cebuano-Eskrima-M-Ned-Nepangue/dp/1425746225/Uh ist das spannend :) hatte mich schon wissenschaftlich auf die Handhabung(en) der postkoloniale Ebene gefreut bzw. diese ernst zu nehmen ^^'

Auch nur kurz: ich hab gerade nochmal in mein Bücherregal geguckt und kann noch Peter Miñozas Buch 'Von Kali zu Eskrima: Die Philippinischen Kampfkünste' (2. erw. Auflage von 2001) (https://www.sportwissenschaft.de/fileadmin/pdf/dvs-Info/2001/2001_1_73.pdf) empfehlen, das auch mal kurz hier im KKB (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?10145-Von-Kali-zu-Eskrima) angediskutiert worden ist.

Ein großes deutsches Versandhaus führt es (bzw. die Erstauflage von 1998 zZ (https://www.amazon.de/Von-Kali-Eskrima-Peter-Minoza/dp/3932079159/)) nicht, aber vlt. bekommt es der TE oder andere Interessierte ja antiquarisch oder über eine Bibliothek, oder so?

Einen schönen Abend
Alex

PS: Ähnlich zu empfehlen ist - im Regal gleich nebenan - Nepangue & Macachors Buch ‚Cebuano Eskrima: Beyond the Myth‘ (https://www.amazon.de/Cebuano-Eskrima-M-Ned-Nepangue/dp/1425746225)

QuiRit
06-05-2024, 21:51
Dank Dir KK-Baghira!
Peter Miñozas Buchtitel zieht mich jetzt im ersten Moment nicht so an, aber ich merke es mir für später. Da Cebuano Eskrima: Beyond the Myth jetzt schon zum zweiten Mal empfohlen wurde (die erste Emfpehlung kam von amasbaal) werde ich mir das Buch jetzt bestellen - das gute daran ist, dass das Bücherregal aktuell so von KK Büchern überquillt, dass es meiner Frau nicht auffallen wird, wenn ich noch eins dazu schmuggele, hehe

Kimbo_Nice
06-05-2024, 21:58
@Phelan: ok, gut zu wissen; ich hatte den Begriff "Stamm" ja auch eher umgangssprachlich gebraucht, ohne zu wissen ob dies im engeren Sinne korrekt ist; für Korrekturen bin ich ja dankbar. Ich haue auch so manches raus, ohne es selbst ergründet zu haben, was in mein aktuelles Interessensgebiet passt; ist für mich auch ok, wenn jemand, der mehr Ahnung von der Materie hat da etwas präzisierend oder korrigierend eingreift.

[QUOTE=Kimbo_Nice;3908342]Viel geschriebenes gibt es nicht, daher ist man auf die Arxheologie und Folklore angewiesen./QUOTE]
Mag vielleicht stimmen, aber, wenn ein erfahrenes Auge vielleicht etwas indische Kampfkunst jenseits von Kalari sehen würde, wäre es vielleicht möglich gewisse, vernunft basierte Schlüsse zu ziehen. Vielleicht meldet sich ja mal irgend wann später jemand zu Wort, der sich in dem Bereich auskennt.


Kannst Du etwas präzisieren? Meinst Du jetzt chinesische Piraten im süd chin. (sorry) Meer?

Kann es auf dem Handy leider grad nicht gut Formatieren bzw. deinen post bearbeiten. Sorry.

Zu Indien: denke wenn es da wirklich fundierte Meinungen zu geben würde, könnte man was darüber lesen und es würde nicht nur anhand von Statuen zum Beispiel darüber spekuliert werden. Aber ja vlt. kann da ja jemand aus der Indischen Ecke was mit anfangen und weiß mehr, wäre interessant... but i doubt it.

Piraten: ne ne ich meine, dass Stämme (hehe) die Malayisch und auch Brunei zu zuordnen waren, von Piraterie lebten. Das die in Indonesien unterwegs waren, weiß ich. Phillipen nehme ich an, würde Sinn ergeben. Die Chinesen allerdings waren ja viel unterwegs mit Schiffen und kannten sich sehr gut aus auf dem Meer. Die Piraten haben mit den Chinesen Handel betrieben, mussten ihre Güter ja irgendwo loswerden. Da wird es zum Austausch gekommen sein. Heißt Chinesische Seemänner, die dann einfluss genommen haben und sogar, wie gesagt, in höhere Positionen einiger Piraten gekommen sind. Ganz genaues weiß ich da leider auch nicht. Aber die Erfahrung von Chinesen auf dem Meer wird natürlich ein großes Plus für Piraten gewesen sein. In dieser Zeit, ist es dann wohl auch zum Austausch von Kampfkünsten gekommen. Wie erwähnt ist der Säbel aufgetaucht.

Stixandmore
06-05-2024, 23:51
Der Einfluss aus Indien(zumindestens in den Nusantarakönigreichen) kann man heute noch an Bali sehen(90% der Bevölkerung sind Hindus) während die ganzen Nachbarinseln (Indonesien, Malaysia) eher muslimisch geprägt sind....allerdings ist mir nichts von Einflüssen auf die lokalen Kampfkünste bekannt!?

ZEN2021
10-05-2024, 08:19
Ach so: noch eine Frage bezüglich der Parallelen zum Wing Chun (die habe ich übrigens auch gesehen habe): könntest Du da etwas genauer ausführen, wo genau Du denn diese Parallelen erkannt hast?

Moin!

Ich habe im Wing Chun, Karate, Tai Ji Quan und auch dem Bagua-Zhang diese "typische Bewegung" als Parallelität entdeckt und dies kommt mir eben als kein Zufall mehr vor. Wenn wir im Wing Chun dazu einmal in die ("geheime" *augenverdreh*) Messerform gehen, dann finden wir diese Bewegung auch hier. In der Holzpuppenform andauernd.

Die Krux an der Sache ist jedoch, dass außer bei den FMA und partiell im Wing Chun die "Idee" oder aber das durchaus taktische Konzept dahinter nicht sauber erläutert wird, ich dennoch nach alle den Jahren durchaus eine Funktion darin sehe und sich mir die Frage stellt:

Überinterpretiere ich das jetzt in die anderen Stile hinein oder aber ist da wirklich was dran im Sinne eines übergeordneten Konzept?

QuiRit
10-05-2024, 12:01
Überinterpretiere ich das jetzt in die anderen Stile hinein oder aber ist da wirklich was dran im Sinne eines übergeordneten Konzept?



Manche sehr gute Leute (Yuli Romo z.B.) sprechen von "human nature" und gehen sogar so weit nicht nur die Übergeordneten Konzept in den verschiedenen Systemen/Linien/Trainingsmethoden zu sehen, sondern das "Gleiche" im Kampf, egal ob waffenlos, mit Klinge oder Stock. Auch wenn mir jetzt kein konkretes Interview bekannt ist, lässt sich dazu bestimmt auch etwas aus seinem Munde auf Youtube finden.

Ein, in meinen Augen sehr guter Kung Fu Lehrer hat sich mir gegenüber auch so geäussert, dass für ihn die Unterscheidung in Systeme und Stile nicht mehr relevant sei, sondern die Verständnistiefe.

Ich könnte an der Stelle auch die Äusserung eines erfahrenen 詠春 lers mit hineinbringen, welche da auch 1:1 reinpasst, aber ich fürchte, dass dies zu einer lebhafteren Diskussion führen könnte.

Es sind ja nicht nur Bewegungen (da kann man auch die Parallele von Tan und tiefer Handfläche in der HP und dem tiefen Leberhacken des Boxers sehen) sondern, bei guten Leuten spürt man im Kontakt halt einfach auch eine Qualität. Meiner Erfahrung nach ist, dass diese halt beim Training chinesischer Kampfkunst sehr stark in den Vordergrund rücken kann und dadurch bedeutungsvoller erscheint als z.B. im philippinischen, wo auf eher trockene Art damit umgegangen wird.

ZEN2021
11-05-2024, 07:29
Manche sehr gute Leute (Yuli Romo z.B.) sprechen von "human nature" und gehen sogar so weit nicht nur die Übergeordneten Konzept in den verschiedenen Systemen/Linien/Trainingsmethoden zu sehen, sondern das "Gleiche" im Kampf, egal ob waffenlos, mit Klinge oder Stock. Auch wenn mir jetzt kein konkretes Interview bekannt ist, lässt sich dazu bestimmt auch etwas aus seinem Munde auf Youtube finden.

Ein, in meinen Augen sehr guter Kung Fu Lehrer hat sich mir gegenüber auch so geäussert, dass für ihn die Unterscheidung in Systeme und Stile nicht mehr relevant sei, sondern die Verständnistiefe.

Ich könnte an der Stelle auch die Äusserung eines erfahrenen 詠春 lers mit hineinbringen, welche da auch 1:1 reinpasst, aber ich fürchte, dass dies zu einer lebhafteren Diskussion führen könnte.

Es sind ja nicht nur Bewegungen (da kann man auch die Parallele von Tan und tiefer Handfläche in der HP und dem tiefen Leberhacken des Boxers sehen) sondern, bei guten Leuten spürt man im Kontakt halt einfach auch eine Qualität. Meiner Erfahrung nach ist, dass diese halt beim Training chinesischer Kampfkunst sehr stark in den Vordergrund rücken kann und dadurch bedeutungsvoller erscheint als z.B. im philippinischen, wo auf eher trockene Art damit umgegangen wird.

Moin! Ich kann da nur nicken und zustimmen! "human nature" ist ein sehr treffender Begriff dafür, den ich gedanklich gerne mitnehme. Lass uns mal in den Bereich der SV gehen - auch hier sollten(!) letztlich unabhängig vom Stil, identische Taktiken und Konzepte irgendwann auf einen Nenner kommen. Ich wähle exemplarisch wieder einmal die Naihanchi, aber auch in der 1. Form des WC findest du diese Idee: "Prävention durch Umsicht" Wo genau? Zu Beginn der Naihanchi, der bewusste Kopfdreher nach links und nach rechts. In der 1. Form im 4. Satz, wenn die Augen sich nach links und rechts bewegen. Jedoch auch hier wieder die Frage: Überinterpretation und/oder Nachinterpretation? Mir ist bewusst, dass ich polarisiere - jedoch nehme ich die Kata/Formen ernst, was deren Konzepte im Rahmen der SV angeht und freue mich geradezu kindisch, wenn ich solch Codes nach all den Jahren knacke und diese oder aber jene Bewegung auf einmal Sinn macht.

Und deine Formulierung "wo eher auf trockene Art umgegangen wird" hat meinen Tag absolut gerettet! Super! Während wir uns im Wing Chun darüber in die Wolle bekommen, in welchem Winkel der TanSao nun vor dem Oberkörper geführt werden soll und wie weit der Ellenbogen drin zu sein hat (was hatte ich da schon Diskussionen), da haben die FMA Jungs und Mädels schon x-Sinawalis und damit Grundreflexe gedroschen - der Winkel und die Ausrichtung wird durch Erfahrung sicher. Es ist so einfach.

Das macht die FMAs meiner persönlichen Meinung nach ja auch so erfrischend: Kein Firlefanz und direkt dran - eine Sache, die gerade im Wing Chun oder im Karate oftmals wahrlich auf Grund der unzähligen Situationen und der Fachbegriffe, Formen und und und geradezu erstickt wird...

Katamaus
11-05-2024, 08:56
Jedoch auch hier wieder die Frage: Überinterpretation und/oder Nachinterpretation? Mir ist bewusst, dass ich polarisiere - jedoch nehme ich die Kata/Formen ernst, was deren Konzepte im Rahmen der SV angeht und freue mich geradezu kindisch, wenn ich solch Codes nach all den Jahren knacke und diese oder aber jene Bewegung auf einmal Sinn macht.

Ich denke, das passt schon. Der Ursprung war ja auf jeden Fall mal zur SV gedacht, egal wie tauglich es sein mag oder was davon übrig geblieben ist. Wir lernen und lehren, dass jeder Wendung in der Kata der Blick vorausgeht und in der SV gibt es dann Menschen, die von der OODA-Loop reden (observe, orient, decide, act) Im Grunde also das gleich Prinzip das sich wiederfindet. Das eine auf der Mikro-/Technik- und das andere auf der Makroebene.

QuiRit
11-05-2024, 13:22
in der SV gibt es dann Menschen, die von der OODA-Loop reden (observe, orient, decide, act)

Wieder etwas neues gelernt!


Während wir uns im Wing Chun darüber in die Wolle bekommen, in welchem Winkel der TanSao nun vor dem Oberkörper geführt werden soll und wie weit der Ellenbogen drin zu sein hat (was hatte ich da schon Diskussionen), da haben die FMA Jungs und Mädels schon x-Sinawalis und damit Grundreflexe gedroschen - der Winkel und die Ausrichtung wird durch Erfahrung sicher. Es ist so einfach.

Oh ja, den Wechsel von der *ing *un Welt in die FMA hatte sich sehr befreiend angefühlt. Es gibt aber Systeme in den FMA die wirklich auch sehr differenziert sind, wie eben KIRO z.B. aber die Trainingsmethode ist völlig anders: man geht sofort in die Bewegung; von der ersten Stunde an; ungehemmt und die Differenziertheit kommt nach und nach, so dosiert dass Bewegung und Fluss nicht gehemmt werden. Sozusagen der völlige Gegensatz zum *ing *un Training, wo es viele Jahre Training braucht um sich wieder frei bewegen zu können nachdem die Grundschule den Schüler geformt hat, wie einen verdrahteten Bonsai.

Übrigens gibt es nicht in allen FMA Systemen Sinawalis (interessantes, aber anderes Thema, da ein relevanter Vertreter ja der Meinung ist, dass alle FME auf Sinawali zurückzuführen ist, bzw darin zu finden sei, und auch ein anderer, amerikanischer Vertreter der die philippinischen "empty hands" (so wie ich es verstanden haben) komplett anhand von Sinawali erklären möchte) - im KIRO jedenfalls gibt es z.B. keine Sinawalis (im engeren Sinne).


Jedoch auch hier wieder die Frage: Überinterpretation und/oder Nachinterpretation? Mir ist bewusst, dass ich polarisiere - jedoch nehme ich die Kata/Formen ernst, was deren Konzepte im Rahmen der SV angeht und freue mich geradezu kindisch, wenn ich solch Codes nach all den Jahren knacke und diese oder aber jene Bewegung auf einmal Sinn macht.

Auch wenn ich kein Karate mache, hört es sich für mich nicht nach Überinterpretation an. Wurde Dir denn schon gesagt, dass Du in Bezug auf solche Gedanken polarisierst? Meinem Verständnis nach wurzelt die Form ja im Kampf; die Frage wäre aber auch, inwieweit die Form Wurzel des Kampfes sein kann.

ZEN2021
12-05-2024, 08:05
Moin!

Direkt in media res:

1) "verdrahteter Bonsai"
Von der Form in die Formlosigkeit! Jep! Um hier einmal philosophisch zu werden: Auch das gibt das Wing Chun ja her und zwar in Form der 3. Form. Jetzt einmal raus aus diese Ecke von Wegen "geheim", "Notfallform" (den haben wir doch schon?) und "verlässt nicht das Haus" - letztlich werden doch hier die Prinzipen der bisherigen Struktur ("Formung") aufgebrochen. Nicht mehr und nicht weniger. Wir kommen von der Flanke und eben nicht mehr ausschließlich von der Mitte. Ich vergleiche diese gerne mit Schach: Einmal die Konservativen (Tarrasch) "stets das Zentrum besetzen und dies direkt" auf der anderen Seite z.B. Réti mit "wir besetzen das Zentrum, aber von den Flanken her". Letztlich ergänzen sich beide Konzepte und der Anwender entscheidet, was zu ihm passt. Eine Öffnung der Sichtweise. Raus aus dem Filz. Das Problem aber ist in meinen Augen: Dieses Gesamtkonzept des Wing Chuns wird ja gar nicht so vermittelt. Klar macht es jetzt nicht viel Sinn, die 3. Form direkt anzugehen, das baut sich genetisch auf - aber "geheim" ist die sicher nicht.

Im Gegenteil: Wenn ich das Wing Chun als eine Kampfkunst ernst nehme, dann steht da neben SV auch eine gewisse übergeordnete Ethik und(!) vor allem die Gesundherhaltung des Körpers. Hier ist die 3. Form doch ein Paradebeispiel für und quasi eine Progression. Ich laufe die drei Formen gerne am Stück und lasse diese Progression gewissermaßen meinen Körper bearbeiten. Und genau hier zeigt sich die Frische des FMAs - da gibt es diese gedanklichen Luftschlösser nicht in dieser extremen Form. Gesundheit? Klar, wir bewegen uns. Ethik? Hä! Klar, ich greife nicht mal eben jemanden an. SV? Jep, wir drillen direkt am Mann und zwar funktional...


2) "Sinawalis als DNS"
DIESEN Gedanken hatte ich auch schon! Also gewissermaßen raus aus den strikten Formen, direkt "nur" Konzepte gedrillt und zwar direkt mit dem/am Mann. Ich bin Fan von Modern Arnis nach Remy Presas und seiner Art und Weise, wie er hier zu weiten Teilen auf reine Prinzipien runterbricht. Aber (polarisierend gefragt) ist es hier nicht wieder unsere jahrzehntelange Erfahrung, die uns gewissermaßen die DNS, den Kern in diesen simplifiziert-reduzierten Drills erkennen lässt? Ich gehe einmal zurück in das Jahr 1996 - wenn ich da "nur" immer wieder z.B. drei Sinawalis gedrillt hätte und mir gesagt worden wäre " Hey, DAS ist der Kern!" - ich hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht begreifen können.


Unterm Strich sehe ich hier zwei Lehr-Lern-Konzepte: Einmal strikt aus der Form in die Formlosigkeit oder aber aus der Formlosigkeit in die Form.


Sonnige Grüße zum Sonntag...

Cam67
12-05-2024, 10:43
Unterm Strich sehe ich hier zwei Lehr-Lern-Konzepte: Einmal strikt aus der Form in die Formlosigkeit oder aber aus der Formlosigkeit in die Form.
Sonnige Grüße zum Sonntag...

Was ist mit" Aus der Formlosigkeit in die Form zur Formlosigkeit ?

Also kein entweder oder und in gewisserweise der Weg sden doch so gut wie jeder geht , wenn man mal genauer hinguckt .
Man beginnt Formlos , da keine Technik , keine Struktur im Stilsinne vorhanden ist . Eignet sich über die Form Struktur und Technik (Mechanik ) an und Löst sich wieder von der Form , um wieder formlos zu arbeiten , aber diesmal mit Struktur und Technik (Mechanik) .

QuiRit
12-05-2024, 10:57
Morgen,
dann steige ich ohne Umschweife (was mir ja oft nicht leicht fällt) ein ...

Wing Chun Formen: Ist zwar nicht der Zusammenhang, den ich mit dem Bild meinte, aber trifft natürlich auch zu. Ehrlich gesagt beschäftige ich mich - auch wenn ich Wing Chun - sehr schätze heute kaum mehr damit und die einzige Form die ich hin und wieder noch laufe ist die Holzpuppe - wenn meine Frau sie mal ausnahmsweise nicht als Kleidertrockenständer missbraucht. Was Deine Sichtweise der Konzepte angeht, so stimme ich Dir weitgehend zu. Und wäre es gerade zu skurril in der heutigen Zeit der Wing Chun Massenvermarktung von Geheimnissen zu sprechen.

Bezüglich fehlendem Bezug zu Ethik in den FMA möchte ich aber kräftig wiedersprechen: Zwar gibt es eine Reihe von Systemen und Linien, welche sich explizit (modern;scientific) von der, oft eng mit esotheric verwobenen Tradition distanzieren, aber es ist zumindest auf den Philis nicht möglich etwas tiefer in die FMA einzusteigen ohne hier relevant mit Spiritualität, Ethik und Philosophie in Kontakt zu kommen. Die Philippinen sind ein sehr spirituelles Land, aber, wie so vieles liegt diese Spiritualität (abgesehen von dem Teil des Katholizismus, welcher sehr stark zur schau gestellt und präsent ist) häufig im Verborgenen. Ab einer gewissen Eindringtiefe ist sie aber da. Allerdings denke ich, dass diese Spiritualität nicht untrennbar mit den FMA verwoben ist; in den Westen ist ja - ausser vielleicht in Form eines Schattens in einem Begrüssungsritual - nicht viel transportiert worden. Vieles wäre halt auch nicht adäquat zu transportieren: wenn ich in der ersten Stunde (bei der kleinen Schwertkunde) anfangen würde die "Natur des Schwertes" anhand spiritueller Bezüge zu erklären, würde man mich hier im besten Fall für einen Exzentriker halten.

Das Thema Ethik ist meiner Meinung nach untrennbar mit den FMA (im tieferen Sinne) verbunden. Das heisst, vielleicht muss man auch FMA Bewegungstraining von philippinischer Kampfkunstkultur trennen und im ersten Fall wären dann ethische Aspekte nicht notwendig. Ich versuche mal das etwas anschaulicher auszuführen: wenn man als Bleichgesicht abseits der "sicheren und oberflächlichen" Bereiche in das Leben auf den Philippinen begibt wird man früher oder später auch mit "Konflikten" konfrontiert, bzw. erlangt auch Kenntnis davon (keien Angst, es kommen jetzt nicht irgend welche Heldengeschichten). Diese Konflikte gehen häufig ernst aus - man muss sich vielleicht vor Augen halten, dass, insbesondere in den Slums Manilas, sehr viele Menschen in so etwas wie einer Vorstufe zur Hölle leben und manch einer bereit ist ALLES zu tun um dem zu entkommen; ein Menschenleben zu nehmen um an Geld zu kommen ist da das kleinste (und wahrscheinlich sind wir nirgends so nah an den Wurzeln der FMA wie hier). Schusswaffen spielen hier auch eine Rolle, aber Klingen sind immernoch viel dominanter und relevanter. - Dass man dann auch im Rahmen des FMA Trainings mit dem Thema "SV" konfrontiert wird, ist in diesem kulturellen Umfeld halt dann auch nicht erstaunlich und ethische Überlegungen zu den Themen Famile, töten und getötet werden fliessen in die Ausbildung mit ein; durchaus verknüpft an Spiritualität und Ehere und konkret in Bezug auf Handeln, Taktik und Strategie. Allerdings sind das Themen, die für mich im Sinne eins "Studiums der Kampfkunstkultur" zwar für mich interessant sind, welche ich aber nicht in unsere Gesellschaft übertrage: beispielsweise unterrichte ich dann "Messerkampf" im Sinne eines Bestandteils "traditioneller Kampfkunst" welcher wir hier als Hobby nachgehen und nur an gefestigte Erwachsene. Besser verständlich wäre vieles aber im Kontext. ... um dieses, durchaus interessante Thema, und mein Abschweifen abzuschliessen möchte ich noch anmerken dass, derjenige, der sich dafür interessiert, durchaus auch die volle "Esotherik Dröhnung" in den FMA finden kann, wenn er sie sucht - amasbaall hat das ja vorher mal angeschnitten.

Ad Sinawalis: ich fürchte mein Post ist jetzt schon so lang, dass ich hier besser nicht voll einsteige. Remy Presas habe ich leider nicht kennengelert. Ich praktiziere ja eben erst seit 2018 FMA - sorry, wenn ich da, trotz dieser überschaubaren Erfahrung manchmal den k... s... gebe; ich interessiere mich halt einfach sehr für das Thema; viele sind tiefer drin als ich, aber vielleicht habe ich auch das Ein oder Andere interessante beizusteuern, weil einfach auch recht viel Zeit auf den Philis verbringe (2022 war ich beispielsweise fünf mal dort) und dort halt auch in unterschiedlichen Kulturkreisen.
Jedenfalls kann ich nicht so viel zum Sinawali Konzept sagen, ausser - vielleicht um auch ein bischen freundschaftlich zu provozieren - dass mir, im Spiel mit jenen, welche Sinawali lastig trainieren, auffällt, dass diese sich eben in einem gut vorhersehbaren Muster bewegen (mir sind die Sachen mit den Engagnos und Rhythmus schon bewusst - wahrscheinlich aber auch bei weitem nicht alles) (halt auch Leute die 3 mal so lange oder länger FMA trainieren wie ich), was es auf der einen Seite halt auch leicht macht mitzugrooven, wenn man das möchte, aber auf der anderen Seite halt auch den Charakter von einer Welle hat, die man reiten könnte - wenn man es denn kann. Vielleicht kannst Du bei dem Thema noch etwas weiter ausführen; würde mich interessieren.

Dir und Euch auch einen sonnigen Sonntag

QuiRit
12-05-2024, 11:01
P.S. Deinen letzten Satz lasse ich einfach mal so stehen, obwohl vielleicht ein Teil eher auf der Ebene des Individuums - und der andere, eher auf der Ebene der Entwicklung einer Kampfkunst betrachtet für mich sinnvoll erscheint ;)

QuiRit
18-05-2024, 22:08
fair bleiben: ich kenne einen silat stil, der von den bajau (seenomaden) kommt. dort gilt: wenn überhaupt, dann NIE mehr als einen halbschritt zurück und Nie mehr als einen zur seite. sind die dumm und können nicht kämpfen? nein. sie leben auf schmalen booten (häufige überfälle von modernen piraten, die ihnen die fischfänge rauben) und, wenn temporär an land, dann nicht wirklich auf dem land, sondern in häusern auf pfählen, die durch sehr enge stege '(passen keine zwei leute nebeneinandr) miteinander verbunden sind. DAS MACHT SINN, dann ein solches "prinzip" zu haben.
es gibt ja auch eine theorie, nachdem wing chun ursprünglich mit den bootsleuten auf den flüssen im süden chinas zu tun hatte (und die nicht rudern, sondern mit langen stangen '"staken", die die länge und form (?) des stabs im Wing Chun haben... keine ahnung, ob's stimmt, hab ich nur mal gelesen und schien mir plausibel.

Obiges Zitat habe ich aus dem Thread "Karate Nerd über Wing Chun" herauskopiert; hier der Thread.
https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?194632-Karate-Nerd-%C3%BCber-Wing-Chun-Dummy-Form/page2&highlight=bajau

hatte mir zuerst überlegt ob ich dort anknüpfen sollte, aber das hätte zu weit in den Off Topic Bereich geführt; ich hoffe, hier ist es ok daran anzuknüpfen; scheint mir passend.
Jedenfalls hat amasball die Bajau ja mehrfach erwähnt und heute hatte ich mal etwas Luft um der Sache ein bischen nachzugehen; ein paar Youtube Videos zu schauen und in Draegers "the martial arts of Indonesia" nachzuschlagen. (ja, manchmal gehe ich deutlichen Hinweisen nach Überwindung der Anfangsträgheit auch nach). Als erstes viel mir auf, dass die Bajao auch "Turijene" genannt werden, was anscheinend "water people" bedeutet; in dem Moment musste ich an die Taosuk denken, was ebenfalls "See Menschen" bedeutet. Ich stellte mir kurz die Frage ob es da eine Verbindung geben könnte, aber ich vermute nicht, da es sich bei den Taosuk anscheinend um einen klarer umrissenen "Stamm" (sorry für den Begriff; kenne keinen besseren) handelt. (?) Vielleicht ist aber einfach die frische Seeluft als Gemeinsamkeit, die sich so positiv auf die Kampfstärke auswirkt, ohne dass es da eine weitere Verbindung gibt. Die Bajau scheinen bei Draeger nicht weiter nordöstlich Erwähung zu finden, als an der Ostküste Borneos (wo sie den Piraten des Sulu Archipels gegenüberstünden, so schreibt er).
Kurzer Hand habe ich dann einfach mal meine Frau gefragt, der die Bajao ein Begriff waren, als Volk dass nomadenhaft unter ärmlichen Bedingungen vielerorts auf Mindanao anzutreffen sei; beispielhaft stark vertreten in der Region von Butuan (was ja eher im Westen Mindanaos angesiedelt ist). Da die Nomadische Subkultur eines "Zweigs" der Bajau bei Draeger explizit erwähnt ist, vermute ich, dass diese Bajao identsch sind mit den Bajao aus Draegers Buch. (?)

Schon klar, für jemand der tiefer in der Materie drin ist, oder sich etwas besser mit Anthropologie auskennt sind meine Überlegungen zum Schmunzeln, aber, so ist halt mein aktueller Kenntnisstand und vielleicht ist/wird das Thema auch noch für ein paar Andere interessant zu lesen.

Jedenfalls würde mich interessieren ob diese "Bajao" in der Kampfkunstkultur Indonesiens eine überragende Rolle spielen (so wie die Taosuk auf den Philis) und, ob es spezielle bei der nomadischen Linie Besonderheiten gibt, welche im Hinblick auf ihre Anwesenheit auf den Philis und der dortigen Kampfkunstkultur und Geschichte eine Relevanz haben könnte.