PDA

Vollständige Version anzeigen : Was ist ein Schwarzgurt im BJJ?



jkdberlin
09-09-2024, 09:44
Was sind für euch die Kriterien, nach dem man einen Schwarzgurt im BJJ erreichen kann?
Technisches Können, Trainingszeit, charakterliche Entwicklung, Wettkampferfahrung, Unterricht?
Wann ist ein BJJ'ler ein Schwarzgurt?

VincentPrice
09-09-2024, 10:13
Ich finde die Gürtelfarbe sollte sich auf das Können auf der Matte fokussieren. Faktoren wie Wettkampferfahrung und Trainingszeit haben nur indirekte Auswirkung. In den aller-, allermeisten Fällen wird die Entwicklung des Könnens bis hin zum Schwarzgurt viel Trainingszeit beinhalten und auch Wettkämpfe. Aber eben nicht zwingendermaßen, es gibt Outlier wie BJ Penn, die nur sehr wenig Trainingszeit benötigen. Wer eine BJJ Öllampe gerubbelt hat und daher plötzlich das Können vorweisen kann, sollte daher imho "unabhängig von" oder besser gesagt ohne Mindestquoten bei Wettkampfbilanz und Mattenstunden den Gürtel bekommen.



Was sind für euch die Kriterien, nach dem man einen Schwarzgurt im BJJ erreichen kann?
[...]charakterliche Entwicklung

Das sollte imho kaum bis gar nicht in die Entscheidung einfließen. Das ist ein so subjektives und schwammiges Feld, dass man das ausklammern sollte. Ein Gürtel sollte für ein gewisses Können auf der Matte stehen und keine Auszeichnung dafür sein, dass man ein netter Kerl ist.
Zumal Gürtel ja permanent verliehen werden, also nicht mehr aberkannt werden. Es passiert ja leider mit trauriger Regelmäßigkeit, dass hochdekorierte Leute im Kampfsport generell und im BJJ speziell, wegen Straftaten im Kontext ihrer Tätigkeit als Kampfsportler auffliegen. Also insbesondere sexuelle Belästigung minderjähriger Schüler. Da hat die charakterliche Entwicklung definitiv keinen positiven Lauf genommen.
Davon abgesehen ist denn der Kampfsporttrainer überhaupt qualifiziert eine Persönlichkeit zu beurteilen? Kann der einschätzen welche emotionalen, sozialen und mentalen Themen derjenige mit sich herumträgt? Als Beispiel sei hier mal Rousimar Palhares genannt. Der hat erwiesenermaßen Probleme mit seiner geistigen Gesundheit (gehabt?), die ja immer wieder deutlich sichtbar wurden als er diverse Submissions nicht losgelassen hat. Deswegen ist aber nicht besser oder schlechter im BJJ.

Die Gürtelstufen sind schwammig genug. Wer das Können auf der Matte im vernünftigen Kontext vorweisen kann, der sollte den Gürtel auch bekommen. Also nicht kooperativ vortanzen wie im Judo üblich, sondern gegen Gegner mit einer vergleichbaren Kombination aus Alter, Gewicht und Können auch durchbringen können.

period
09-09-2024, 12:36
Ich stimme einmal mehr für "Lehrbefähigung des gesamten Standard-Programms". Denn gerade das wird i.d.R. ja von einem Schwarzgurt erwartet, gerade von Leuten, die zu ihm in die Schule kommen. Der Leistungsstand ist eine Momentaufnahme, didaktische Fähigkeiten und technisches Wissen sollten länger halten.

Für Leistungsklassen braucht man m.E. keine Gürtelfarben, das kann man auch anders lösen (Beginner - Intermediate - Advanced - Pro und so). Und Leistungsklassen zeigen nun mal sehr unterschiedliche Dinge - Athletik, Kampfgeist, individuelles Game... - weniger die Fähigkeit, diese an Dritte zu vermitteln. Wer ein guter Wettkämpfer werden will, der wird vermutlich ohnehin eher drauf schauen, welche Ergebnisse die Leute aus dem jeweiligen Gym wo verbuchen, weniger darauf, ob der Cheftrainer jetzt den Schwarzgurt ist oder nicht, wer ihm die Bauchbinde zum ersten Mal umgewickelt hat, oder ob der Cheftrainer noch intakt genug ist, um mit den Jungspunden live zu rollen.

Björn Friedrich
09-09-2024, 19:49
Für mich hat ein BJJ Blackbelt ein technisches Skillset, das vor allem auf Effizenz basiert. Nur weil jemand ein guter Kämpfer und Athlet ist, ist er noch lange kein BJJ Blackbelt. Dazu gehört eben, präzises technisches Wissen.
Von einem jüngeren Blackbelt erwarte ich auch kämpferische Fähigkeiten, aber das WIE ist für mich immer wichtiger als das reine Endresultat,

Wenn ich selber einen Blackbelt vergebe (was noch nie vorgekommen ist, aber hoffentlich bald der Fall sein wird), steht für mich Loyalität neben dem technischen Können im Vordergrund. Ich sage nicht das, das ein genereller Aspekt ist, aber für mich persönlich ist das so, ich bin da schon ein bisschen oldschool, aber dazu steh ich auch.:-)

ThomasL
10-09-2024, 10:16
Ich stimme einmal mehr für "Lehrbefähigung des gesamten Standard-Programms". Denn gerade das wird i.d.R. ja von einem Schwarzgurt erwartet, gerade von Leuten, die zu ihm in die Schule kommen. Der Leistungsstand ist eine Momentaufnahme, didaktische Fähigkeiten und technisches Wissen sollten länger halten.
.1+

Björn Friedrich
10-09-2024, 11:53
Ich würde sagen, da muss man zwischen Kämpfern und Lehrern unterscheiden. Nicht jeder Schwarzgurt ist auch ein guter Lehrer und ich denke gerade bei den jungen Blackbelts ist das der Fall.

Ein guter Musiker, ist ja auch nicht gleichzeitig ein guter Musiklehrer, das sind schon zwei paar Schuhe.

period
10-09-2024, 17:15
Ich würde sagen, da muss man zwischen Kämpfern und Lehrern unterscheiden. Nicht jeder Schwarzgurt ist auch ein guter Lehrer und ich denke gerade bei den jungen Blackbelts ist das der Fall.

Ein guter Musiker, ist ja auch nicht gleichzeitig ein guter Musiklehrer, das sind schon zwei paar Schuhe.

Natürlich sind das zwei Paar Schuhe. Genau darum gehts ja bei der Frage - nämlich aus meiner Sicht zumindest indirekt darum, ob man Leistungsklasse und Lehrqualifizierung trennen sollte, oder eben unter einem Nenner laufen lässt. Und da gibts ja doch einen klaren Unterschied zwischen den Systemen mit farbigen Gürteln und den westlichen KS - ein Schwarzgurt kann meines Wissens grundsätzlich immer eine Schule eröffnen, aber auch ein sehr erfolgreicher Wettkämpfer im Ringen, Boxen usw. muss zusätzlich einen Trainerschein machen, wenn er als (Haupt-) Trainer auftreten will.

SKA-Student
10-09-2024, 18:00
Ich finde die Gürtelfarbe sollte sich auf das Können auf der Matte fokussieren...
Das

Ich stimme einmal mehr für "Lehrbefähigung des gesamten Standard-Programms"...
... und das

Für mich hat ein BJJ Blackbelt ein technisches Skillset, das vor allem auf Effizenz basiert...
... und das.

Ich habe allerdings noch keinen BJJ-Schwarzgurt erlebt, der das (zumindest in gewissen Grenzen) nicht erfüllen würde.
Natürlich alles sehr relativ...
Selbst die härtesten Kämpfer habe ich als fähig / "nerdig" genug erlebt, um unterrichten zu können, wenn vlt. auch nicht gerade high-level Schwarzgurte. Beim BJJ bekommt man das einfach gleich mit - und gibt es noch Leute die es bis zum Schwarzgurt geschafft haben, ohne jemals jemanden iwie zu unterrichten?

Ersten und letzten Punkt würde ich natürlich auch nochmal relativieren.
Man muss ja keine Weltmeister "besiegen" können, und wenn's technisch ausgeglichen ist, dann darf / muss auch ein Schwarzgurt mal "ballern".

... sagt ein kleiner alter Lilagurt :D

Schnueffler
10-09-2024, 18:03
Kommt drauf an wo und wie.
Ist es eine private Schule, kannst du machen, was du willst.
Bist du aber in einem e.V. musst du da als Trainer auch einen Trainerschein oder einen Übungsleiter nachweisen.

period
10-09-2024, 18:32
Kommt drauf an wo und wie.
Ist es eine private Schule, kannst du machen, was du willst.
Bist du aber in einem e.V. musst du da als Trainer auch einen Trainerschein oder einen Übungsleiter nachweisen.

Im BJJ sind die e.V. meines Wissens eher die Ausnahme als die Regel, im Ringen und Boxen dafür umgekehrt. Das führt dann ggf. schon mal zu interessanten Situationen, weil beispielsweise ein mir bekannter russischstämmiger Boxtrainer mit einschlägigem abgeschlossenem fünfjährigem Hochschulstudium den Trainerschein nachmachen musste...

Björn Friedrich
10-09-2024, 18:45
Also ich bin wie immer voreingenommen, aber ich hab mehr schlechte als gute oder sehr gute Lehrer erlebt. Was für Bullshit Seminare, was für komische Erklärungen, oder einfach nur Do it like this......

Ich sag keine Namen, aber da waren schon große Namen dabei. ;-) Sieht man auch eindrucksvoll auf vielen Lehrvideos. Kompletter Mist von den Erklärungen und der Didaktik.

marq
10-09-2024, 19:22
Kommt drauf an wo und wie.
Ist es eine private Schule, kannst du machen, was du willst.
Bist du aber in einem e.V. musst du da als Trainer auch einen Trainerschein oder einen Übungsleiter nachweisen.

nö nicht unbedingt. manche verbände schreiben allerdings übungsleiter/ trainer bei wettkämpfen vor.