Formen

[ghostdog]

Mich interessiert, ob man sich im traditionellen Karate (..wie auch immer..) ab einem gewissen Reifegrad von den durch die Formen (Kata) vermittelten Techniken trennt oder ob man diese mit wachsender Entwicklung statisch zur Perfektion bringt. Soll heissen, sind die Formen ein Mittel zum Ziel oder ein Weg (Do ) ?
Würde ein Grossmeister im Kampf beispielsweise als Abwehr zum Gedan Bereich einen gemeisselten Harai Otoshi Uke hinknallen oder sich dem Angriff des Gegners je nach Einzelfall anpassen ? :respekt:

[Jibaku]

Sowohl als auch ist hier wohl die richtige Antwort!
Das streben nach Perfektion in der Ausführung, weit über ein Einsatzrelevantes Maß hinaus ist elementarer Bestandteil des Karate.
Da der Mensch fehlbar ist ist Perfektion in Ihrer Absolutheit nie zu erreichen, dennoch ständig weiter danach zu streben ist ein wichtiges "Trainingsmittel" auf dem Weg.
In dieser Form in allen Wegschulen praktiziert, auch den nicht BU do Künsten.

Aber natürlich ist es im praktischen Sinne Ziel des Karate (und wohl der meisten Kampfkünste) sich von der Form zu lösen.
Also einen eigenen Stil (nicht im Sinne von Stilrichtung) zu entwickeln und gleichzeitig in der Lage zu sein sich den unterschiedlichen Gegebenheiten von Gegner und Umgebung anzupassen.

Ein wirklicher Meister wird also beides machen!

[Michael1]

Die Perfektionierung der Form (Kata) ist sicherlich ein Ziel des Karate. In traditioneller orientieren Auslegungen aber nicht die äußere Form sondern um das Verständniss und die richtige Ausführung der Prinzipien und Techniken.

Was die Anwendung von "Kata-Techniken" im Kampf betrifft so schrieb G. Funakoshi in seinem Shoto-nijukun (Eine Art Sammlung von Grundregeln) "Die Kata muß ohne Veränderung korrekt ausgeführt werden, im wirklichen Kampf gilt das Gegenteil".
Es geht also (nach diesem Verständniss) keinesfalls um eine 1 zu 1 übertragung von Kata in den Kampf. Wer das Probiert wird wohl auch nicht sehr erfolgreich damit sein ;).

[weudl]

Es heißt zwar, dass es nicht zulässig ist, die Form der Kata zu ändern. Dennoch aber macht jeder Meister die Form anders. Mit anderen Worten werden die Kata laufend verändert.

Ich denke, dass man durch das Training der Kata immer tiefer in das Verständnis des Bunkai eindringt und daher die Bedeutung der Bewegungen einer permanenten Änderung unterworfen ist. Dass sich diese Änderungen unbewusst auch auf die äußere Form auswirken, ist meiner Meinung nach der Hauptgrund für die verschiedenen Kataversionen.

Was nun ein Meister in einer Katabewegung sieht, hängt ganz davon ab, in welche Richtung sich sein Bunkaiverständnis entwickelt hat. Interessiert er sich zB für Hebelttechniken, so wird er in dem Harai Otoshi Uke vielleicht eine Handbefreiung sehen. Ist er defensiv eingestellt, blockt er damit vielleicht einen Chudan Tsuki. Ist er offensiv eingestellt, greift er damit vielleicht die Kehle seines Gegners an.

Gruß
Weudl