Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Indentifikationsprobleme mit Karate



Kouhei
20-03-2005, 11:56
Hallo zusammen,

Ich wollte mal euren Rat zu meinem Problem hören.

Ich betreibe nun schon seit 9 Jahren Shukokai Karate und habe den 1.Kyu.
Seit 1 Jahr ist unser Verband im SKV, und so hat sich vieles geändert. Und genau seit 1 Jahr überlege ich mir ernsthaft den Sport zu wechseln. Mein Problem ist, ich habe dem Karate so viel zu verdanken, ich wäre nie zu dem Menschen geworden, der ich heute bin, ohne Karate. Ich habe so viele super nette Leute kennengelernt. Aber ich kann mich einfach nicht mehr mit dem Karate indentifizieren.

Ich hatte gestern ein SKV-Turnier in Sursee, und solche Turniere sind bekannt für ihre ***** Organisation. Um unsere "Gemeinschaft zu stärken" wie mein Sensei sagt, gingen wir alle von unserem Dojo zusammen an das Turnier, das hies um 5.00 Uhr aufstehen obwohl ich (eigentlich) erst um 17.45 Uhr drankomme. OK, so weit so gut dann warte ich halt 12 Stunden, und verbringe das mit Nichtstun, da ich mich ja nicht im Vorherein verausgaben will. Aufgrund der absolut genialen (ACHTUNG Ironie) Organisation, kam ich schlussendlich um 21.45 dran. Also habe ich fast 17 Stunden mit Warten verbracht. Als ich dann endlich aufgerufen wurde um mich vorzubereiten, war keiner der 5 Coaches bereit, sie schauten lieber einer Kollegin von mir aus dem gleichen Dojo beim Kämpfen zu. So wärmte ich mich selbst ein, was man an einem Turnier ja eigentlich nicht tun sollte. Nun war ich dran mit Kämpfen, wir begannen zu kämpfen: Mein Gegner, so kam es mir vor wollte die ganze Zeit in den Clinch, so hielt ich ihn mit Yoko-Geris auf Distanz, als dann einer zimlich fest (mir kam es vor als hätte ich den Yoko-Geri fast ohne Kraft ausgeführt) ihn traff, sackte er zu sammen und war am Boden. Worauf mich der Schitzrichter mit Hansoku-Chui bestrafte, der Kampf ging weiter, ich landete einen Gyaku-Zucki, den meinen Gegner ein wenig zurück stosste, ich sah wie zwei Schitzrichter Chukoku anzeigten, jedoch der Hauptkampfrichter gab mir den Punkt. So stand 2 : 1 für meinen Gegner, wir kämpften weiter, wieder landete ich einen richtig schönen Yoko-Geri, mein Gegner sackte wieder zusammen. Worauf mich der Schitzrichter mit Hansoku bestrafte, also stand am Schluss 10:1 für meinen Gegner, obwohl ich der einzige war der getroffen hatte.
Ich meine, warum soll ich "schlagen" wenn ich ihn nicht schlagen darf? Warum soll ich etwas blocken, das mich sowieso nicht trifft? Warum zum Teufel darf er clinchen und wenn ich versuche die Distanz zu halten werde ich bestraft?

Mein Problem ist auch, das Training, wenn ich an Turnieren Erfolg haben will, dann habe ich das Gefühl ich müsse auch mal mehr als 1 mal im Monat Kumite machen, in unserem Dojo bin ich der einzige in meiner Kategorie (Junioren +80kg), und so kann ich gar kein Kumite üben. Und die ganze zeit Gyaku-Zuckis gegen den Spiegel zu machen, ist auch nicht so das Wahre.
Ich trainiere 5-6 mal pro Woche, und ich sehe einfach keinen Fortschritt mehr, meine Schläge werden härter, ich werde ausdauernder, ich werde kräftiger, ich sehe wo ich Schläge setzen kann, aber das alles nützt mir nichts und wieder nichts. Ich schaffe es schlicht und einfach nicht, jede Technik mit Kraft auszführen und 1 mm vor dem Gegner zu stoppen. Da stelle ich mir auch die Frage, warum betreibe ich Karate? Erstens: um körperlich fit zu bleiben, zweitens um mich in einer Not-Situation verteidigen zu können, drittens: Der spirituelle, geistige Aspekt (Konzentration, Disziplin ect), viertens: Der gesellschaftliche Aspekt. Nun frage ich mich, wenn ich Muay-Thai trainieren würde, dann hätte ich das alles auch, und das Training wäre strenger (was mir sehr gefallen würde), ich könnte meine Stärken ausspielen, und ich würde lernen mit Schmerz umzugehen. Ich habe schon eine Probelektion im Kickboxen gemacht, und es hat mir ungemein gefallen.

Nun stellt sich mir die Frage, soll ich mit Karate, dem ich so viel zu verdanken habe, aufhören? Ich würde meinen Sensei sehr enttäuschen, ich würde die netten Leute sehr vermissen und ich finde es einfach blööde mit dem 1.Kyu aufzuhören (ich könnte im Sommer den 1.Dan machen).

So wollte ich Euch fragen, ob es euch mal ähnlich ergangen ist, oder ob Ihr mir einen Ratschlag geben könnt? 1000 Dank!!!!

Schöne Zeit

Obale
20-03-2005, 12:03
Ich würde den 1. Dan machen, wenn dir Karate schon so viel bedeutet und dann evtl. zu Kickboxen bzw. Muay Thai wechseln. Die netten Leute kannst du ja auch so treffen.

Natürlich musst du abwegen was dir wichtiger ist (Karate - deine Kollegen; oder Muay Thai/Kickboxen - neuer Stil)

Wünsch dir auf jeden Fall viel Glück.

ikkyo
20-03-2005, 12:28
Ich meine, warum soll ich "schlagen" wenn ich ihn nicht schlagen darf? Warum soll ich etwas blocken, das mich sowieso nicht trifft? Warum zum Teufel darf er clinchen und wenn ich versuche die Distanz zu halten werde ich bestraft?





Kann Dich verstehen...mach' Deinen 1.Dan und wechsle danach ins Vollkontakt-Lager (Kyokushin usw.,wenn Du im Karate bleiben möchtest)...währe 'ne gute Möglichkeit, Deine Fähigkeiten auszutesten, ohne Dich grossartig zurückhalten zu müssen und Strafpunkte für reguläre Techniken zu kassieren.

Michael1
20-03-2005, 12:43
Das es bei Turnieren zu Wartezeiten kommt die evt. dadurch noch vergrößert werden dass du (aus welchen Gründen auch immer) zu früh anreist ist kaum zu vermeiden. Auch in anderen Kampfkünsten nicht und erst recht nicht wenn es diverse Gewichtsklassen gibt in denen der Sieger im Pool ausgekämpft wird.

Unabhängig davon bist du aber anscheinend derzeit weder mit dem Training im Verein noch mit dem Regelwerk des Wettkampfs glücklich. Dann solltest du schauen wo du etwas ändern kannst.
Sprich mit deinem Trainer, schau dir evt. auch mal das Training in anderen Karatevereinen an. Such ob du in deinem oder anderen Vereinen Leute mit ähnlichen interessen findest. Vielleicht betreibst du auch eine weile zwei KK parallel und es fliessen Erkenntnisse und Elemente von der einen in die andere ein? Von A. Modl aus dem AKS-Karate weis ich das diese sich sehr darum bemühen ihre Schüler weitere KK lernen zu lassen um auf diese Weise dafür zu sorgen das sie ein "lebendiges" System behalten. Oder du schaust dir mal an was z.B. in diesem Thread über shidokan karate steht:
http://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?t=25980

Was das Regelwerk betrifft: Es gibt in jedem Sport festgelegte Regeln. Wenn dir diese nicht zusagen musst du sehen wo du ein Regelwerk findest das dir mehr zusagt. Es hindert dich niemand daran an offenen Wettkämpfen mit anderem Regelwerk teilzunehmen. Allerdings sollte ein gesunder Selbsterhaltungstrieb dazu führen das du dir vorher intensiv gedanken darüber machst wie es dir da ergehen wird. Das wird vermutlich dazu führen dass du vorher bei Leuten trainierst die mit dem entsprechenden Regelwerk erfahrung haben.
Auch kann es immer passieren das der Schiedsrichter/Kampfrichter entscheidungen trifft die für dich unverständlich sind. Auch in einer KK wie Boxen, Thai-Boxen, usw..

Wenn das alles zu nichts führt, wenn du mit deinem Training und dem "drumherum" nicht glücklich wirst und auch keine Änderungen herbeiführen kannst dann solltest du schauen ob bzw. in welcher anderen Kampfsportart du besser aufgehoben bist.


Danprüfung:. Wenn du sue machst obwohl du aufhören willst und du dich im Karate nicht mehr zu hause fühlst hat er für dich persönlich vermutlich kaum noch eine Bedeutung. Von daher könntest du dir das auch sparen.
Da man aber oft dazu tendiert mitzunehmen was man kann und dir der Dan sicher auch nicht schaden wird kannst du ihn natürlich auch noch mitnehmen. Ich würde es an deiner Stelle vermutlich so machen, auch wenn ich keine Ahnung hätte was ich dann damit machen soll und wofür er gut ist.

ChiReiGi
20-03-2005, 15:08
@Faustus:

Wenn dir die Stilrichtung nicht mehr gefällt, bzw. der Semikontakt, dann bleib doch bei Karate, was dir ziemlich wichtig ist, wie ich für mein Teil sehr stark deinen Angaben entnehmen kann und wechsle einfach die Stilrichtung, am besten (meiner Meinung) Vollkontakt, wie zB. Kyokushin Kai oder Kyokushin Budo Kai... Hier könntest du deine Stärken ohne Einschränkungen (bis auf ein paar) einsetzten. Das 'Spirituelle' kommt natürlich auf das Dojo an, wie eigentlich fast alles, aber ich denke, da wirst du schon was finden...
Schliesslich musst du es wissen!

Viel Glück weiterhin auf deiner Suche!!!

scientist
20-03-2005, 17:31
hallo.
eigentlich - obwohl du es vielleicht selbst noch gar nicht erkannt hast - kann man deinen worten entnehmen, dass du längst eine entscheidung getroffen hast. viel glück auf der suche und dem weiteren weg...


gruß

matze2000
20-03-2005, 22:01
nun, ohne jemand auf die füße treten zu wollen, sei es dir oder deinem sensei, coach, trainer oder wie auch immer.
Die Idee die "Moral" zu stärken indem alle gemeinsam auf ein Turnier fahren ist vollkommen imho in Ordnung. Aber natürlich nur, wenn das Dojo-Team auch wierklich zusammenhält.
Zu deiner Wettkampfsitutation:
Zugeben, ich kenn mich in deinem verband nicht aus (bin dkv) aber ein paar grundlegende sachen sind da wohl falsch gelaufen.
1. Selber aufwären ist, wie du ja auch schon erkannst hast, nicht so das wahre.
Wenn keiner der 5Coaches bei dir war, würde ich mal ganz schnell mit denen reden.
2. Wettkampftechnisch gesehen war dein Verhalten, sagen wir mal unüberlegt.
Du machst YokoGeri, bekommst eine Verwarnung. Ok, kann passierden, Dann Zuki und einer der Seitenkampfrichter zeigt wieder verwarnung an. Ab da hätte es bei dir (oder bei dem nicht vorhandenen Coach) klingelen müssen, das diese Kampfrichter wohl nicht so auf Yokogeri in der Art, wie du sie ausführst, stehen. Spätestens nach der Anzeige des SKs hätte ich mir überlegt wie ich anders vorgehen könnte. Dann nochmal einen YokoGeri zu treten ist ziemlich unüberlegt und führt wie in deinem Fall auch nicht zum Ziel - eher im Gegenteil. Dies wäre aber wie erwähnt Aufgabe des Coaches gewesen. Ich weiß nicht wie erfahren du im Wettkampf bist, aber mit der Zeit wirst du merken, welcher Kampfrichter für was Punkte bzw. Verwarnungen gibt.
Da du an Karate ja sehr zu hängen scheinst, würde ich erstmal mit dem Sensei/Trainer/Coach reden und ihm die Situation aus deiner Perspektive schildern.
Wenn du niemanden zum Trainieren in deiner Alters/Gewichtsklasse hast, und ich kenn das aus eigener Erfahrung, dann hilft nur eins wenn du Erfolg haben möchtest. Geh in einen anderen verein mit leuten in deiner Alters/Gewichtsklasse. Deswegen gleich mit Karate aufzuhören finde ich übertrieben. Karate ist doch vielmehr als Wettkampf, obwohl Wettkampf imho eine super Sache ist.
gruß
matze

Kensei
21-03-2005, 16:28
Ich glaube aus deinem Post erlesen zu haben, dass es dir nicht so sehr um diesen Wettkampf ging , sondern mehr um die Trainingsphilosophie...
Ich glaub einfach in dir schlummert ein Vollkontaktler der rausgelassen werden will Faustus. ;)
Versuch doch mal ne weile parallel Kickboxen/Vollkontakt Karate o.ä. zu betreiben oder leg das Karate mal "auf Eis" wenn's nicht anders geht.
Vieleicht kommst du mit VK Stilen besser zu recht...

BerKo
21-03-2005, 16:40
:gruebel: :gruebel: :gruebel: :idea1_2: :idea1_2: :idea1_2: Ehmm, wie wäre es denn mit WTF-TKD ??? :D :D :D :D :D
Na ja, da mußt du von vorne anfangen! Da du technisch aber so gut wie alles drauf haben müßtest, würdest du Graduirungsmäßig zügig nach vorne kommen.
Ich weiß, nicht gerade die beste Lösung!! Aber kämpfen darfst du mit Kontakt und es gibt immer zig Turniere.

Kouhei
21-03-2005, 17:01
Vielen, vielen Dank für Eure Antworten!!! Das liebe ich so an der Kampsportwelt, nirgendwo sonst findet man (meiner Meinung nach) so aufgeschlossene, freundliche Menschen wie hier.
Ich spreche heute mit meinem Sensei darüber. Ich würde es gerne auch mal aus seiner Sicht sehen.
Und wegen den Gradierungen, die sind mir sowas von egal geworden ;-), auch wenn ich immer bei einem Weiss-Gurt bleiben würde, wäre das überhaubt kein Grund für mich einen Sport nicht anzufangen oder aufzuhören.
Zu meiner Turniererfahrung, war bis jetzt an 19 Turnieren (2 mal Erster, 2 mal zweiter, 1 mal dritter).

Schöne Zeit

Dojokun
22-03-2005, 08:05
Ich will Dir nicht zu nah treten, aber Du bist noch recht jung.
Ich würde - um mich der Herausforderung zu stellen und die Erfahrung zu machen - im Sommer den Dan versuchen. Und dann verstärkt über den Tellerrand schauen. Ob Du das Karate dafür komplett aufgeben musst/willst ist eine andere Frage. Schaue doch auch in andere Karate-Dojos. Orientier Dich, aber sei Dir auch klar, dass das Karate Dir sehr viel geben kann (außerhalb der Wettkämpfe).....

Shukokai
24-05-2005, 23:23
@Faustus

Ich kenne selber auch einige Leute aus meinem Training und anderen Dojos, die (leider) das gleiche Problem wie du haben. Es ist echt schade wie die Lust sie also mählich verlässt. Einige hörten deswegen auf, aber andere wiederum haben damit angefangen bei Stiloffenen Turnieren teilzunehmen. Vielleicht ist es ja eine Anregung für dich, wenn nicht
dann wünsche ich dir immerhin viel Glück!!!

____________________

"Wenn du kritisiert wirst, dann musst du irgend etwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat." Bruce Lee

Matti
27-05-2005, 20:31
Geht mir ähnlich wie Faustus. Wenn fast nur Grundtechniken und Kata geübt wird, bringt das einem nichts und macht auch keinen Spaß. Aus eben diesem Grund habe ich mich von Shotokan getrennt, denn der Shotokan-Verein hier in Bautzen macht eben so ein Mist-Training. Jetzt bin ich in einem Goju-Kai-Verein, wo Kumite immernoch etwas zu kurz kommt, aber das Training insgesamt etwas besser ist.

Nicht daß ihr mich falsch versteht: ich habe nichts gegen die Stilrichtung Shotokan, aber das Training in diesem einen Verein finde ich eben ziemlich schlecht.

susanne222
27-05-2005, 22:16
Hallo zusammen!

Ich habe seinerzeit im Karate ähnliche Erfahrungen gemacht. Irgendwie scheint sich das System oft selbst tot zu laufen. Immer mehr Kata, längere Kihon-Kombination, höher, schneller weiter...
Habe mich dann eine Zeit lang in anderen Stilen betätigt und trainiere jetzt seit zwei Jahren wieder ein Mal pro Woche im Karate. Das ergänzt sich ganz gut mit meinen anderen Stilen. Schließlich ist im Karate ja nicht alles schlecht!

Viele Grüße,

Susi