Vollständige Version anzeigen : Wie entsteht Bewegung
panthera
01-04-2005, 16:49
Hallo zusammen,
Ihr als erfahrene Innere Kampfkünstler könnt mir bestimmt erklären, wie oder was damit gemeint ist, wenn man sagt: "Bewegung entsteht durch Nicht-Bewegung".
Was sich für mich als plausibel herausgestellt hat ist, daß die Quelle einer Bewegung durchaus das Zentrum des Körpers sein kann - welches sozusagen als Impulsgeber die Bewegung in die Peripherie leitet. Natürlich immer unter dem Aspekt, die Kraft aus dem Boden aufzubauen. Ich weiß auch mit Entspannung etwas anzufangen, bzw. die Intension und den Fokus auf eine Bewegung zu lenken. Mit zuerst genanntem Umstand kann ich jedoch (noch) nichts anfangen.
Vielleicht könnt Ihr mir eine Idee geben, die mich auf den richtigen Weg bringt.
Dankeschön,
P.
Mandrake
01-04-2005, 17:02
Hallo zusammen,
Ihr als erfahrene Innere Kampfkünstler könnt mir bestimmt erklären, wie oder was damit gemeint ist, wenn man sagt: "Bewegung entsteht durch Nicht-Bewegung".
P.
Wer sagt den sowas? Geht warscheinlich in die Richtung von "Ich bin die Lüge, die die Wahrheit sagt" - Philosophische anwandlungen die sich cool anhören und desshalb immer wal wieder von so ziemlich jedem gesagt werden ;)
wenn der Spruch von deinem Lehrer kommt kann es natürlich durchaus sein das er damit auf etwas hinaus will, dir einen Grundsatz Klar machen will (vieleicht ist das nichtbewegen auf den Geist bezogen?) oder ganz einfach will das du über Bewegung nachdenkst auch wenn der Schluss daraus ev. ist das er *piep* gelabert hat.
Einfachste Variante ist immer den Fragen der das auch sagt.... obwohl, im Film, Büchern und Comics kriegt man auf solche fragen meist nur noch kryptischere antworten ;)
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Zitat-Snowboardermag:
Bewegung wird bewegt durch bewegten Ausdruck, und ausgedrückten bewegten Standbildern zur Bewegung deiner Vorstellung.
Son quatsch.
Bewegung entsteht aus Bewegung,Punkt!!!
Son quatsch.
Bewegung entsteht aus Bewegung,Punkt!!!
Hi Sputnik,
bitte erst einmal nachdenken, und wenn du dann zu einer plausiblen Lösung kommst, dann bitte posten! Spammen macht eine komplexe Frage nicht leichter sie zu beantworten!
Hi Sputnik,
bitte erst einmal nachdenken, und wenn du dann zu einer plausiblen Lösung kommst, dann bitte posten! Spammen macht eine komplexe Frage nicht leichter sie zu beantworten!
Das ist kein Spam, ich hab mir schon Gedanken darüber gemacht,
wenn ich sage Bewegung entsteht aus Bewegung.
Alles entsteht aus Bewegung:
Gedanken sind Bewegung,
Eindrücke sind Bewegungen,
damit sich etwas bewegt, muss sich vorher etwas bewegt haben.
shotokan-man
01-04-2005, 19:11
Denkt Euch nichts dabei, Sputnik hat zur Zeit Urlaub oder Ferien, naja auf jeden Fall nichts zu tun und schreibt ständig nur Quatsch um einen höheren Status zu erlangen !!! :mad:
Ist doch eigentlich ganz easy zu beantworten die Frage.
Bewegung ist nix anderes als Kinetische energie und Energie kann serwohl zwischen verschiedenen Formen "umgewandelt" werden.
So kann ich z.Bsp. mit Solarzellen etwas antreiben und "bewegen" oder durch Thermische Energie bei der Dampflok zum Bsp.
Wie man das jetzt jedoch auf kampfkunst ummünzen kann, dass fragst du besser Denjenigen der den Spruch gebracht hat... :p :)
shotokan-man
01-04-2005, 19:20
Die meisten Fragen bezogen sich auf ihre Schwierigkeit, die Definition der Bewegung im T.A.O. zu verstehen. Ein Atom ist ein pulsierendes Feld, dessen Impulse durch die Matrix bestimmt sind, sowohl was ihre Geschwindigkeit, ihren Zusammenhalt und ihre Fortpflanzung betrifft. Da das Atom deshalb kein kompaktes, ponderables (massives) Ding ist, sondern das Produkt einer lokalen Impulsfortpflanzung, kann es sich auch nicht kompakt oder massiv durch die T.A.O.-Matrix bewegen, sondern seine Fortpflanzung nur innerhalb dieser Struktur verschieben – wodurch die „Bewegung“ des "Atoms" zu Stande kommt.
Mehrere Atome tun desgleichen, die Information, die sie durch ihre dabei beibehaltene Konstellation zueinander tragen (Molekül, Körper, Gegenstand, Ding, Organismus etc.) bleibt dabei erhalten.
http://www.mahag.com/images/beweg.1.jpg
Die Abbildung I symbolisiert den Unterschied: der Kreis (links) bewegt sich kompakt und geschlossen, in Wahrheit kann er das im T.A.O. nicht, da er sich nur in Impulse zeitlich aufgelöst fortpflanzen aber nicht „bewegen“ kann – er wird in der Matrix daher zur Spirale (rechts). Durch die hohe Geschwindigkeit ( c ) wird aber der Eindruck eines sich bewegenden geschlossenen Kreises entstehen.
Alle Bewegungen im Universum erfolgen nur mittels Fortpflanzung von Impulsen im T.A.O. Die vorauszusetzende Träger-Struktur kann kein fließender und strömender oder alles durchdringender Äther sein (er könnte den Zusammenhalt der Impulse nicht bewerkstelligen), sondern nur eine absolute, selbst unbewegte Struktur, die in einer Art Holografie das Schwingungsbild des Universums in sich trägt. Damit erklärt sich die Energieverwaltung des Kosmos in Quanten ebenso wie die Geometrie der Gravitation, die sich aus dem Abstoßungsprinzip ergibt.
Die höchstmögliche Geschwindigkeit dieser Bewegungsform ist strukturbedingt die Lichtgeschwindigkeit c. Die Geschwindigkeiten, die wir aus unserer alltäglichen Erfahrung kennen, von der Bewegung unseres Körpers bis zu den mehrfachen Schallgeschwindigkeiten eines Düsenjets sind im Vergleich zu c äußerst gering. Da jegliche materielle ebenso wie jede energetische Erscheinungsform sich aus Impulsen zusammensetzt, also aus Quanten, deren Zustände in der T.A.O.-Matrix übertragen werden, gibt es überhaupt keine "echte" Bewegung oder "Geschwindigkeit" im Universum - d.h. Bewegung ist ist ein von uns wahrgenommenes Phänomen, das nicht erkennen lässt, dass die Ortsveränderung durch die Übertragung von Quantenparametern erfolgt. Trägheit (zB. in der Beschleunigung spürbar) entsteht aus einem der Lorentzkraft ähnlichen Widerstand der Atomimpulse an der Matrix, bzw. aus der Richtungsänderung der Impulse innerhalb der Atome und hängt ebenfalls mit der Lichtgeschwindigkeit zusammen, die nicht überschritten werden kann. Real sind nur die Trägheit und die Beschleunigung. Beschleunigung = Veränderung. Veränderung = Energie. Dieser Wirkungsmechanismus (Trägheit, Drehimpuls) ist im Buch ausführlich beschrieben. (Bitte auch Beitrag "Konstanz und Isotropie des Lichts" beachten!)
Die Grenzen des Impulsfelds
Wie ich den Forumsbeiträgen und den Emails entnehmen konnte, die ich erhielt, haben die Leser auch Probleme mit der Vorstellung des Abstoßungsfeldes, das sich um die materiellen Konzentrationen (Atome) von Impulsen bildet und für die Verdrängung und somit für die Gravitationswirkung verantwortlich ist. Jeder sich fortpflanzende Impuls erzeugt senkrecht zur Bewegungsrichtung Sekundärimpulse, die sich prinzipiell bis ins Unendliche ausbreiten, aber mit dem Quadrat der Entfernung schwächer werden. Stellt man sich so eine Impulsfolge wie eine Weihnachts-Glitzer-Girlande vor, und wickelt man diese einfach knotenartig zusammen, sieht man sofort, dass der Impuls selbst eine Atomgrenze bildet - d.h. die Sekundärimpulse werden im Inneren des Knotens ungleich stärker sein als außen und der Impuls selbst bildet eine Art energetisch stärkere Hülle ("Elektron"). Die Strahlen der Girlande außerhalb strömen sternförmig weg, sind wesentlich schwächer und schwächen sich im Verhältnis 1/r² - wogegen im Inneren des Atoms das Gegenteil der Fall ist. Es gibt also eine deutlich definierte Grenzhülle des "Atoms" - das muss allerdings nicht unbedingt mit der "Atomgröße" zusammenfallen, da die Grenzen, die Atome einander setzen, auch durch ihre Energien relativiert werden. (Durchdringung bis zum Widerstand durch gleich große Energien).
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Hi panthera,
eine Bewegung läßt sich nur aus den Gegensätzen verstehen und erklären.
"Eine Bewegung entsteht aus einer Nicht-Bewegung" ist erst einmal ein philsosophischer Ansatz. Wo Tag ist, kann auch die Nacht nicht weit sein!
Weiter kannst du auch den einleitenden Prozess einer Gewichtsverlagerung (über Entspannung) auch als Nicht-Bewegung sehen.
Und würdest du das Stehen bereits als Bewegung definieren?, oder ist dies nocht ein unbewegter Prozess?
Meine Frage zielt darauf hinaus, die Notwendigkeit der Definition "was ist eigentlich Bewegung" in den Raum zu stellen.
Melephin
01-04-2005, 21:43
Wie Dao schon gesagt hat, ist Bewegung durch Nicht-Bewegung unter anderem als philosophischer Ansatz zu verstehen. Wie aber alles pseudophilosophische Geschwafel ist es nichts wert, wenn es praktisch nicht zu beweisen ist. Der Tag ist nur durch die Nacht zu definieren. Ohne oben gibt es auch kein unten. Das sind durchaus praktische Tatsachen. So ist eine Bewegung ohne die Existenz von Ruhe nicht möglich.
Ein Faustschlag ist nur dann wirklich wirkungsvoll, wenn er aus der Ruhe entstanden ist. Das heisst, der Geist ist ruhig, der Körper entspannt und steht im Gleichgewicht. Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass ich fünf Minuten meditieren müsste. Ruhe und Entspannung hat nichts mit Zeit zu tun! In diesem Zustand, in dem keine Absicht im Kopf herumgeistert, kann das Bewusststein oder die Idee (wie ich Yi interpretiere) dem Auge folgen (das Auge erfasst ein Ziel in Sekundenbruchteilen). Das Qi folgt dem Yi und bewegt in unserem Beispiel den Arm oder die Faust. Das geschieht alles im selben Augenblick, sofern keine Bewegung (sprich absichtliche, bewusste Muskelanspannung und Bewegung des Armes) diesen Fluss hindert. Diese Explosivität, die aus der Ruhe, aus dem Nicht-Bewegen entstanden ist, entfaltet zusammen mit einer strukturellen Stabilität eine enorme Schlagkraft.
Ein Schlag, der aus einer "bewussten" Bewegung entstanden ist, ist deutlich träger und da Geschwindigkeit ein wichtiger Faktor ist (neben der Stabilität) natürlich auch mit wesentlich weniger Durchschlagkraft, was in einigen Stilen durch Eindrehen der Hüfte oder durch geschickten Einsatz des Körpergewichts versucht wird zu kompensieren.
Chen Man Ching nannte dies übrigens "wunderbare Geschwindigkeit". Viele philosophische Ansätze im Taiji werden meines Erachtens missverstanden. Sie haben meiner Ansicht nach immer ganz praktische Aussagen, die es zu verstehen und umzusetzen gilt.
Vielfach werden in der Bewegung die Muskeln schon von Beginn an angespannt, da die Anspannung der Muskulatur vielfach als kraftausführender Moment angesehen wird. Dies entspricht aber nicht ganz der Wahrheit. Der kraftausführende Moment ist das wechseln des entspannten Muskels zum zusammengezogenen Muskel. Je grösser die Spannweite oder der Unterschied ist, zwischen zusammengezogenem und entspanntem Muskel und je explosiver der Muskel sich zusammenziehen und wieder entspannen kann, desto mehr "Kraft" kann umgesetzt werden. Auch hier wieder - aus der Entspannung, aus der Ruheposition startet die Bewegung. Ist der Muskel von Beginn an angespannt, fühlt zwar der entsprechende Mensch "enorme" Kraft in seinem Arm, Wirkung entsteht jedoch keine, da keine Spannweite mehr vorhanden ist, der Muskel ist schon angespannt.
Will man drücken, ist der Geist bereits in Bewegung und der Muskel wird angespannt, bevor man drückt. Drückt man einfach aus einem Ruhezustand heraus, ohne es als Akt des Wollens zu tun, sind wir bei dem oben beschriebenen.
Es scheint mir sehr schwierig zu erklären. Ich hoffe aber, zumindest ansatzweise kommt ein wenig durch, was ich sagen wollte. Aber eigentlich gibt es nichts ausser trainieren und selber erfahren. Das Verständnis kommt von selbst. Bei mir fiel der Groschen durch intensives Zhang Zhuang (also wieder durch Ruhe oder eben Nicht-Bewegen).
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T.A.O.=The Absolute Organization
Mit dem fernöstlichen Taoismus hat das nicht das geringste zu tun.
Meiner Meinung nach hat Harald Maurer, von dem stammt diese Therorie
(aus dem Buch "Das Prinzip des Seins. Ursache und Funktion des Universums?")
nur ein weiteres augenscheinlich populärwissenschaftliches Buch geschrieben, was so wahrscheinlich kein Mensch nachvollziehen kann.
Allerdings hat er eine Menge netter Ideen.
T. Stoeppler
02-04-2005, 11:31
Für alle, die des englischen mächtig sind, UND den Nerv haben, sich mit den etwas komplexeren Gesichtspunkten auseinanderzusetzten:
http://www.dragonslist.com/discussion/showthread.php?t=4267
Gruss, Thomas
meiner ansicht nach ist damit auch gemeint, das bewegung, die aus nicht-bewegung entsteht, also aus ruhe, eine ganz besondere qualität hat.
ein weiser mann hat mal gesagt, der mensch schwimmt im chi, wie der fisch im wasser. ist ein mensch innerlich ruhig, leer, hat er keine absichten und gedanken, ist es so als wenn man ein leeres glas unter wasser hält, es füllt sich. ein volles glas würde kein wasser (chi) ansaugen.
eine nicht-bewegung ist also die perfekte basis für eine bewegung, da die nicht-bewegung die bewegung mit massiver power erfüllt. und so verbinden sich meditation und die kampfkunst.
panthera
02-04-2005, 17:56
Ok, das hat mich alles soweit einigermaßen überzeugt. Vielen Dank für Eure Antworten.
Nun wäre es eigentlich noch interessant auf dieser Grundlage zu erforschen, inwiefern es für die Ausbildung dieser (ich nenne sie mal "funktionalen") Arbeitsweise relevant ist, über das bewußte Anspannen der Muskulatur diese zu lokalisieren, um sich darüber den Prozess des Entspannens zu erschliessen.
Anders ausgedrückt: wenn ich über die Intension oder dem Bewusstsein (Yi) versuche, aus der Entspannung (dem Nichts) heraus zu agieren, setzt das doch voraus, dass ich weiß was ich genau bewegen muss oder will - es sei denn, der Prozess hat sich als passive Reaktion schon eingeschliffen (wie z.B. im Push Hands oder Chi Sao). Wobei ich denke, dass das eine das andere nicht ausschliesst.
Was meint Ihr? Ist es vonnöten, über Anspannung/Lokalisierung das "Yi" zu schärfen bzw. auszuprägen und damit den Schritt zur Entspannung zu finden?
Melephin
03-04-2005, 15:20
Hallo Panthera
Ich glaube nicht, dass es jemanden in diesem Forum möglich ist, deiner Frage noch etwas hinzuzufügen. Du hast sie bereits selber beantwortet und durch den Post im anderen Thread die Antwort sogar noch ergänzt. :respekt:
Hallo zusammen,
ich glaube ich kann Euren Überlegungen noch einen weiteren Aspekt hinzufügen.
Der Satzt "Bewegung entsteht durch nicht Bewegung" kann sich auch auf eine ganz pragmatische Trainingsmethode beziehen.
Es gibt im Neijia Bereich zwei wesentliche Arten zu lernen. Die Eine beginnt mit Bewegung (Formen, etc.) und bewegt sich Richtung Ruhe (Verfeinerung) der Bewegung.
So werden die meisten inneren Kampfkünste heute in China und Europa unterrichtet.
Aber es gibt auch noch einen anderen Weg, der etwas bitterer ist und daher (nicht nur in Europa) kaum geübt wird. Dieser Weg beginnt den Trainingsprozess in der Stille (Nicht-Bewegung - gemeint ist das Stehen in der Stehenden Säule) und lässt sich daraus alles weitere entwickeln. Früher mussten Neijia Schüler ersteinmal einige Jahre (!!!) nur Stehende Säule üben, bevor sie in weiteren Übungen unterrichtet wurden. Heute ist diese klassische Form wohl nur noch im Yi Chuan und im Taiji Qi Dao der daoistischen TaijiMen Schule erhalten geblieben.
Im Qi Gong Bereich findet ihr solche Übungen in den Übungen der "Spontanen Bewegung" (Zhi fa Gong), in der der Übende solange in der Stehenden Säule steht bis unwillkürliche Bewegungen auftreten.
Alle diejenigen, die intenisv solche Praktiken üben werden feststellen, dass sich die Stehhaltungen nach einer gewissen Zeit von selbst Verändern werden (spätestens nach einer Stunde oder zwei :-) ). Das ist dann der Anfang wo aus Stille/Nicht-Bewegung Bewegung entsteht. Alles ganz praktisch auf Erfahrung beruhend und gar nicht theoretisch...
Tobias
Melephin
08-04-2005, 10:14
:yeaha: Ich bezog mich in erster Linie auf eine Anwendung und weniger auf die Trainingsmethode. Diesbezüglich hat Panthera in einem anderen Thread einen entsprechenden Post geschrieben. Bin aber zur Gänze deiner Meinung. :beer:
scientist
08-04-2005, 10:58
hi taiji,
dies wird auch in einem großen deutschen taiji quan verband noch so gelehrt...gruß
Hi scientist,
wenn Du die WCTAG meinst, so stimmt es zwar, dass hier ein sehr großer Wert auf die Stehende Säule gelegt wird, es entspricht aber nicht ganz hundertprozentig der Methode, auf die ich mich bezogen habe.
Auch in den Reihen der hardcore Zhan Zhuang Enthusiasten innerhalb der WCTAG wirst du recht schnell ChanSiGong oder auch eine Form lernen. Das ist in der ganz klassischen Methodik nicht der Fall. Da vergehen schon mal einige Jahre, bevor Du Dich bewegen darfst... :-)
Und wenn man es dann gaaannnzz traditionell hält, gibt es gar keine willkürlich durchgeführte äußerliche Bewegung... bedeutet man lässt dann zuerst die inneren
Aspekte entstehen, die dann irgendwann die äußere Bewegung auslösen...
Ein schwieriger und harter Weg, der wohl auch in China für nicht allzuviele Übende gangbar sein dürfte.
Lg Tobias
Von einem naturwissenschaftlich denkendem, absolut unwissendem Taiji-Menschen stammt folgendes:
Ich dachte immer die Bewegung kommt von Muskelkontraktionen. Muskeln kontrahieren durch Verschieben der Aktin- und Myosinfilamente unter ATP-Spaltung. Die Initiation ist ein Aktionspotential, das durch Axone vom Gehirn oder Rückenmark aus geht (alles sehr einfach dargestellt). Somit ist der "Ursprung" jeder Bewegung entweder das Gehirn oder Rückenmark, man kann sich höchstens (im Kopf) vorstellen, dass es woanders "anfängt".
Was sagt ihr dazu?
Melephin
08-04-2005, 15:51
Sehr interessante Frage!
Die biochemischen Prozesse im Körper, sprich innere Alchemie, werden nicht in Frage gestellt. Die Abspaltung geladener Elektronen vom Adenosintriphosphat oder kurz ATP mit vorangegangener aeroben Glykolyse, das heisst Glykolyse unter Verwendung von Sauerstoff, setzt voraus, dass der Körper auch mit Sauerstoff versorgt wird. Lungen-/Herz-/Kreislaufsystem wird belastet, je nach Kapazität der Glykolyse. Biochemisch für innere Bewegungen wird meines Erachtens die anaerobe Glykolyse interessant, diejenige Energiegewinnung, ohne Verwendung von Sauerstoff. Insbesondere beim Fajin, dem Ausstossen der Explosiven Kraft.
Einfach und Praktisch gesehen geht es eher darum, dass der Muskel entspannt bleibt, somit keine Energie verbraucht wird und hauptsächlich die Skelettstrukur als als stabilisierende Kraft verwendet wird unter der optimalen Verwendung der Gelenke im Sinne eines Flaschenzuges. Das heisst widerum, dass die Bewegung nicht durch willentlich bewusste Kontraktion des Muskels ausgeführt wird, sondern die Gesamtbewegung die Muskulatur so steuert, wie es eben nötig ist. So wie wir es alle machen in allen alltäglich Bewegungen wie zum Beispiel dem Schmieren eines Butterbrotes. Geraten wir an einen Widerstand, kommen wir vom natürlichen Bewegungsverhalten ab und versuchen mit Murks und Hauruck (willentlichem Kraftgeben) dem Widerstand zu begegnen. Meistens bleibt uns auch nichts anderes übrig, da die Körperstabilität nicht ausreichend ausgebildet ist.
Vereinfacht gesagt, in den meisten Fällen wird zum Beispiel zum Heben eines Gewichtes bereits zu Beginn der Hebebewegung volle Kraft gegeben resp. die Muskulatur kontrahiert (um bei dieser Ausdrucksweise zu bleiben). Für den Rest der Bewegung bleibt keine Kraft mehr, da der Muskel bereits kontrahiert ist. An diesem Punkt bleibt nur noch, das Körpergewicht als Kompensation in die Bewegung zu legen.
Bleibt beim Beginn der Bewegung, die Muskulatur entspannt und die Bewegung wird locker weitergeführt, kann sich die Muskulatur während der ganzen Bewegung kontrahieren er kann von Anfang bis Ende arbeiten. Dieses Anspannen läuft ohne willentliches dazutun. So würde ich eine Bewegung aus der Ruhe beschreiben. Womit ich wieder bei einem meiner Vorherigen Beiträgen wäre.
Bleibt der Muskel am Anfang der Bewegung entspannt, hat es auch den Vorteil, dass man auf Veränderungen noch locker reagieren kann, während wenn die Muskulatur von Anfang an schon voll angespannt ist, nicht mehr auf Veränderungen eingegangen werden kann. Ein angespannter Muskel kann unter Belastung nicht mehr entspannen. Ein Faktor, dem vor allem in der Kampfkunst Beachtung geschenkt werden sollte.
mantis.wilm
08-04-2005, 16:22
Erhellender Beitrag!
Mit der Skelettmuskulatur sprichst Du etwas an, was mich auch sehr interessiert. Es läßt sich viel Bewegungswirkung erziehlen, wenn man ohne muskulären Mehraufwand die Knochen effektiver positioniert und Muskeln nur bewußt einsetzt, um die Knochen zu plazieren. Beispiel Fauststoß: Der Mehraufwand, eine leicht angewinkelte Faust muskulär zu unterstützen, damit sie beim Treffer nicht abknickt ist um ein Zigfaches höher, als sie so zu positionieren und auszurichten, dass sie in sich stabil ist. Effektivisiert man so jede Unterbewegung, kann man glaube ich schon zu erstaunlichen Resultaten kommen. Auch Öffnen/ Schließen über den Brustkorb und andere Skelettmuskulatur haben eine frappante Wirkung, wenn man sie mit Hau- Ruck- Bewegungen vergleicht...was meinst Du?
panthera
08-04-2005, 23:57
Sehr gute Beiträge!
@Melephin:
Das Problem ist - IMHO - generell, daß aufgrund von "Bewegungserfahrung" (Du sprichst von natürlichem Bewegungsverhalten) meistens diejenigen Fehlstellungen resultieren, die einem im täglichen Gebrauch - um Dein Beispiel mit dem Butterbrot schmieren aufzugreifen - gar nicht so bewußt werden. Wer achtet denn schon darauf, wann und wie er die Schultern (krank- und krampfhaft) nach oben gezogen hat, krumm am Tisch sitzt, den Bierkasten aus dem Rücken heraus hebt usw.? Diese Problematik ist ja hinlänglich bekannt. Deswegen ist das Sich-Beschäftigen mit einer bewussten "Ansteuerung" der Haltung und Bewegung auch so wertvoll - vorausgesetzt, man macht es sich überhaupt bewusst! Was man bisher meint richtig gemacht zu haben (weil vermeintlich natürlich), muss noch lange nicht effektiv, kraftsparend, geschmeidig und gesund sein. Ich kann Deine Aussagen also nur unterstreichen.
Wie würdest Du eine muskuläre "Grundspannung" definieren? Die ist mitunter - nach der Lokalisierungs- und Entspannung-"lernphase" mit Sicherheit notwenig, um einen schnellen Einsatz der Muskulatur zu gewährleisten. Ich bin schon nach wie vor der Ansicht, dass ein leicht vorgedehnter Muskel schneller aktivieren kann (und im Kampf auch muss).
@all/Taiji:
es macht schon irgendwie Sinn, den Schülern zu vermitteln, dass ohne eine gesunde Basis ausgebildet zu haben, man nicht wirklich in der Lage sein kann, effektiv zu kämpfen, d.h. u.a. Kraft zu übertragen. :rolleyes:
-> Auch das WT wird in China sehr anders vermittelt als in der westlichen Welt - wir sind hier eben zu konsumorientiert, als dass man uns ein Jahr WT-Stand üben lassen könnte. Wer würde dann noch freiwillig Wing Tsun lernen? :D
Wer sich länger mit inneren KK's beschäftigt, wird zwangsläufig (und hoffentlich) an dem Punkt ankommen, wo er die übergreifenden Essenzen und gemeinsamen Ergebnisse erkennt, und diese zu seiner eigenen "Kunst" erhebt.
(Leider kommen die wenigsten soweit, oder meinen, eine innere Komponente würde nicht vermittelt.)
BTW:
Wie habt Ihr Euch eigentlich die Fertigkeit erschlossen, das Zentrum (resp. Dan Tien/Körperschwerpunkt) als Kraftquelle zu nutzen? -> als Erfahrungsaustausch sozusagen... :idea:
mantis.wilm
13-04-2005, 17:30
BTW:
Wie habt Ihr Euch eigentlich die Fertigkeit erschlossen, das Zentrum (resp. Dan Tien/Körperschwerpunkt) als Kraftquelle zu nutzen? -> als Erfahrungsaustausch sozusagen... :idea:
Also abgesehen davon, dass ich nicht von mir behaupten würde, das ihn auch nur ansatzweiser Vollendung zu tun, Folgendes: Bei entspannter Haltung und Konzentration auf den Körpermittelpunkt, kann der Körper von selbst dazu gebracht werden, sich als Ganzes zu bewegen, suggestiv oder auch objektiv ausgehend vom unteren/ mittleren Dantien. Dazu kommt, dass innere Bewegungen ja auch von den Entwicklern speziell so entworfen wurden, dass eine Bewegung nach den obigen Prämissen erlern- und realisierbar ist. Das heißt, die Bewegungen sind dafür ausgelegt und durch das reine 'Machen' lernt der Körper das, was er der Meinung vieler Meister nach ja eh schon kann...
Ich werfe eine andere Frage zurück: Wer hat Erfahrung damit, sein allgemeines Spannungsniveau dauerhaft zu reduzieren? Mir gelingt das nur im Training und hält dann einige Zeit an. Ich versuche aber auch ausserhalb dessen bewußt Spannungen zu suchen und aufzulösen, schwupps hab' ich sie woanders...ich krieg das dumme Ding doch nicht raus!? :rolleyes:
Also abgesehen davon, dass ich nicht von mir behaupten würde, das ihn auch nur ansatzweiser Vollendung zu tun, Folgendes: Bei entspannter Haltung und Konzentration auf den Körpermittelpunkt, kann der Körper von selbst dazu gebracht werden, sich als Ganzes zu bewegen, suggestiv oder auch objektiv ausgehend vom unteren/ mittleren Dantien. Dazu kommt, dass innere Bewegungen ja auch von den Entwicklern speziell so entworfen wurden, dass eine Bewegung nach den obigen Prämissen erlern- und realisierbar ist. Das heißt, die Bewegungen sind dafür ausgelegt und durch das reine 'Machen' lernt der Körper das, was er der Meinung vieler Meister nach ja eh schon kann...
Ich werfe eine andere Frage zurück: Wer hat Erfahrung damit, sein allgemeines Spannungsniveau dauerhaft zu reduzieren? Mir gelingt das nur im Training und hält dann einige Zeit an. Ich versuche aber auch ausserhalb dessen bewußt Spannungen zu suchen und aufzulösen, schwupps hab' ich sie woanders...ich krieg das dumme Ding doch nicht raus!? :rolleyes:
Zum ersten Absatz: Finde ich gut beschrieben! :) Immer wieder machen, immer wieder. Aber nicht forcieren (sonst gehts nach hinten los), es muss langsam wachsen.
Zum zweiten Absatz: Ja, das kenne ich! Manchmal ist ein Spannungsknoten wie eine Maus, die sich nicht fangen lässt und durch die ganze Wohnung huscht. Gerade war's in der linken Schulter, jetzt ist es ins Kreuz gerütscht. Zum wahnsinning werden! Aber auch hier: Es ist ein Prozess, und irgendwann löst es sich doch, und der allgemeine Muskeltonus fährt sich ein bisschen runter. - Vielleicht auch erst wenn der Geist bereit ist, auf eine 'liebgewonnene' Verspannung zu verzichten ;)
In der letzten Zeit habe ich geübt, beim anfassen/anheben von Alltagsgegenständen die Muskeln/Gelenke nicht in mich hinein zu 'kontrahieren', sondern eher dabei zu 'expandieren'. z.B. beim aufheben einer Kanne, den Arm und die Schulter wie im Zhan Zhuang / Baum Umarmen etwas 'wachsen' zu lassen. Fühlt sich deutlich anders an (entspannter, offener), und schlägt sich schon ein bisschen in Form und (Tuishou-)Reflexe nieder.
ciao,
Giles
Melephin
14-04-2005, 09:27
Wenn man sich seiner Spannungen bewusst ist, hat man den ersten Schritt zur kompletten Entspannung bereits hinter sich. Kann man wie Giles beim Heben von Gegenständen die Muskulatur entspannen, hat man bereits Schritt zwei getätigt.
Beim Üben mit einem Partner (oder auch bei Einzelübungen natürlich) hilft es, wenn man sich bewusst ist, dass man die Arme (zum Beispiel) in einen vorhandenen Widerstand hinein entspannen kann. Das heisst schlussendlich, je mehr Widerstand vorhanden ist, desto mehr kann man den Arm entspannen (hineinlegen - nicht drücken!!). Den Arm alleine in einer Position zu halten ist anstrengend, da man gegen Schwerkraft arbeiten muss (mal abgesehen davon, dass man die Gelenke optimal ausrichten kann). Drückt jemand gegen den Arm, übernimmt er diese Arbeit und hält uns den Arm in Position (sofern man tatsächlich entspannen kann und nicht dagegen hält).Man kann also entspannen. Wie im Wasser quasi, da kann man den Arm auch in den Widerstand des Wassers legen.
Wichtig ist natürlich, dass die Winkel der Gelenke stimmen, damit die Skelettstruktur die stabilisierende Funktion übernehmen kann.
Beim Üben mit einem Partner (oder auch bei Einzelübungen natürlich) hilft es, wenn man sich bewusst ist, dass man die Arme (zum Beispiel) in einen vorhandenen Widerstand hinein entspannen kann. Das heisst schlussendlich, je mehr Widerstand vorhanden ist, desto mehr kann man den Arm entspannen (hineinlegen - nicht drücken!!). Den Arm alleine in einer Position zu halten ist anstrengend, da man gegen Schwerkraft arbeiten muss (mal abgesehen davon, dass man die Gelenke optimal ausrichten kann). Drückt jemand gegen den Arm, übernimmt er diese Arbeit und hält uns den Arm in Position (sofern man tatsächlich entspannen kann und nicht dagegen hält).Man kann also entspannen. Wie im Wasser quasi, da kann man den Arm auch in den Widerstand des Wassers legen.
Wichtig ist natürlich, dass die Winkel der Gelenke stimmen, damit die Skelettstruktur die stabilisierende Funktion übernehmen kann.
Jawohl - und mit anderen Worten (wenn das Aufnehmen der Kräfte weiter bis zum Fuss führt): peng-jin.
Trinculo
14-04-2005, 12:20
Wenn man sich seiner Spannungen bewusst ist, hat man den ersten Schritt zur kompletten Entspannung bereits hinter sich. Kann man wie Giles beim Heben von Gegenständen die Muskulatur entspannen, hat man bereits Schritt zwei getätigt.
Beim Üben mit einem Partner (oder auch bei Einzelübungen natürlich) hilft es, wenn man sich bewusst ist, dass man die Arme (zum Beispiel) in einen vorhandenen Widerstand hinein entspannen kann. Das heisst schlussendlich, je mehr Widerstand vorhanden ist, desto mehr kann man den Arm entspannen (hineinlegen - nicht drücken!!). Den Arm alleine in einer Position zu halten ist anstrengend, da man gegen Schwerkraft arbeiten muss (mal abgesehen davon, dass man die Gelenke optimal ausrichten kann). Drückt jemand gegen den Arm, übernimmt er diese Arbeit und hält uns den Arm in Position (sofern man tatsächlich entspannen kann und nicht dagegen hält).Man kann also entspannen. Wie im Wasser quasi, da kann man den Arm auch in den Widerstand des Wassers legen.
Wichtig ist natürlich, dass die Winkel der Gelenke stimmen, damit die Skelettstruktur die stabilisierende Funktion übernehmen kann.
Hmmm, ich glaube nicht, dass ich das richtig verstanden habe. Wenn jemand gegen meinen Arm drückt, habe ich zwar das Problem der Schwerkraft gelöst, denn der Arm fällt nicht mehr nach unten. Aber dafür muss ich eine andere Kraft ausgleichen, nämlich die des Anderen, sonst klappt mein Arm ein, in welche Richtung auch immer. Natürlich kann ich verkrampft gegenhalten, oder versuchen, keine unnötigen Muskeln anzuspannen, aber Muskelspannung benötige ich in jedem Fall. Sonst könnte ich nämlich auch einen Bewusstlosen so "ausrichten", dass ich seinen Arm nicht einklappen kann :)
T. Stoeppler
14-04-2005, 13:35
Sonst könnte ich nämlich auch einen Bewusstlosen so "ausrichten", dass ich seinen Arm nicht einklappen kann
Das ist witzigerweise sogar möglich - theoretisch ;)
Es hängt mit Strukturoptimierungen zusammen, die der Körper automatisch zig-fach pro Sekunde durchführt, und an entsprechend entwickelten Gelenken.
(also - Flüssigkeitseinlagerungen und Grundspannung der das Gelenk fixierenden Bänder) Jedes Gelenk hat eine Optimalstellung, die es benötigt um Kraft aufzunehmen; das sind bei den meisten Menschen leicht gebeugte Positionen. Unsere Wirbelsäule ist eigentlich das beste Beispiel dafür.
Wenn man von der Optimalposition abweicht oder diese über längere Zeit hält, wird natürlich echte Kraft benötigt. Bei kleinen Abweichungen übernimmt das die Tiefen/Halte Muskulatur, bei grösseren muss die Oberflächenmuskulatur ran.
Je nach Training kann diese Optimalpsition wesentlich leichter und schneller erreicht werden und die Haltemuskulatur gewinnt an Effektivität.
Gruss, Thomas
mantis.wilm
14-04-2005, 15:31
Zum ersten Absatz: Finde ich gut beschrieben! :) Immer wieder machen, immer wieder. Aber nicht forcieren (sonst gehts nach hinten los), es muss langsam wachsen.
Zum zweiten Absatz: Ja, das kenne ich! Manchmal ist ein Spannungsknoten wie eine Maus, die sich nicht fangen lässt und durch die ganze Wohnung huscht. Gerade war's in der linken Schulter, jetzt ist es ins Kreuz gerütscht. Zum wahnsinning werden! Aber auch hier: Es ist ein Prozess, und irgendwann löst es sich doch, und der allgemeine Muskeltonus fährt sich ein bisschen runter. - Vielleicht auch erst wenn der Geist bereit ist, auf eine 'liebgewonnene' Verspannung zu verzichten ;)
In der letzten Zeit habe ich geübt, beim anfassen/anheben von Alltagsgegenständen die Muskeln/Gelenke nicht in mich hinein zu 'kontrahieren', sondern eher dabei zu 'expandieren'. z.B. beim aufheben einer Kanne, den Arm und die Schulter wie im Zhan Zhuang / Baum Umarmen etwas 'wachsen' zu lassen. Fühlt sich deutlich anders an (entspannter, offener), und schlägt sich schon ein bisschen in Form und (Tuishou-)Reflexe nieder.
ciao,
Giles
Na ist ja sehr beruhigend, dass das Problem weiter verbreitet ist... :)
Wenn Du Alltagshandlungen ansprichst, kann ich das nur bestätigen. Ich bastel da zwar 'nur' mit richtiger Haltung und maximaler Entspannung- kurz vorm 'Schlaffsein', aber das klappt. Ich meine mehr Entspannung in Ruhepositionen. Sitzen, Laufen, 'Nixtun'. Also das Energieniveau runterzufahren, ohne permanent hinterherzusein. Entweder versteckt sich der Krampf woanders oder geht in den Geist über- was ich als noch unangenehmer empfinde- da soll er ja nu' garnicht hin! Nun, Üben, üben, üben, nehm' ich an. Frage mich aber auch, ob es organisch überhaupt möglich ist, dieses Ideal der optimierten Energiebilanz zu erreichen. Evolution usw...
1. Entweder versteckt sich der Krampf woanders oder geht in den Geist über- was ich als noch unangenehmer empfinde- da soll er ja nu' garnicht hin! Nun, Üben, üben, üben, nehm' ich an.
2.Frage mich aber auch, ob es organisch überhaupt möglich ist, dieses Ideal der optimierten Energiebilanz zu erreichen. Evolution usw...
Zu 1. Ein Grossteil von körperlichen Verspannungen sind eigentlich geistig (mit)bedingt. Bei jedem von uns werden z.B. unglücklicheren Teile unserer Geschichte, ob Verletzungen/Unfällen oder auch Schreck, Angst, Trauer usw. im Gewebe abgespeichert. Ist ganz normal. Um manche Dinge nicht immer bewusst zu fühlen, werden sie eher im Körper "versteckt", wo sie aber natürlich trotzdem weiter wirken. Also vielleicht kommt manches eher vom Geist her... Zum Glück kann es auch anders 'rum gehen: Durch ein verantwortliches Üben und Körpertraining können auf Dauer auch "Seelenverspannungen" mit aufgelöst werden. Das machen viele Körpertherapien auf verschiedenen Weisen, und oft sehr gut. Ein Vorteil von Kampfkunst ist, dass man auch 'praktischer' mit Gefühlen wie Verspannung, Angst, Aggression usw. arbeiten kann. Ist ein klasse Auseinandersetzungsfeld. Die Gefahr dabei von Kampfkunst ist, dass man die Knackpünkte stattdessen mit "ich werde stärker, ich werde härter, ich werde geiler" übertüncht. Das kann lange funktionieren, aber auf Dauer - behaupte ich - gehts nie gut.
Hoffe, dies ist nicht zu sehr Off-Topic.
Zu 2. Sicherlich nicht. Aber wie man so schön sagt, der Weg ist das Ziel. Und so haben wir mit 80 Jahren immer noch etwas Spannendes zu tun, statt nur im Rollstuhl auf der Terrasse zu dösen und "Best of Metallica" zu lauschen bis die Pflegerin wieder kommt... :D
ciao, alles Gute,
Giles
mantis.wilm
14-04-2005, 16:40
Zu 1. Ein Grossteil von körperlichen Verspannungen sind eigentlich geistig (mit)bedingt. Bei jedem von uns werden z.B. unglücklicheren Teile unserer Geschichte, ob Verletzungen/Unfällen oder auch Schreck, Angst, Trauer usw. im Gewebe abgespeichert. Ist ganz normal. Um manche Dinge nicht immer bewusst zu fühlen, werden sie eher im Körper "versteckt", wo sie aber natürlich trotzdem weiter wirken. Also vielleicht kommt manches eher vom Geist her... Zum Glück kann es auch anders 'rum gehen: Durch ein verantwortliches Üben und Körpertraining können auf Dauer auch "Seelenverspannungen" mit aufgelöst werden. Das machen viele Körpertherapien auf verschiedenen Weisen, und oft sehr gut. Ein Vorteil von Kampfkunst ist, dass man auch 'praktischer' mit Gefühlen wie Verspannung, Angst, Aggression usw. arbeiten kann. Ist ein klasse Auseinandersetzungsfeld. Die Gefahr dabei von Kampfkunst ist, dass man die Knackpünkte stattdessen mit "ich werde stärker, ich werde härter, ich werde geiler" übertüncht. Das kann lange funktionieren, aber auf Dauer - behaupte ich - gehts nie gut.
Hoffe, dies ist nicht zu sehr Off-Topic.
Zu 2. Sicherlich nicht. Aber wie man so schön sagt, der Weg ist das Ziel. Und so haben wir mit 80 Jahren immer noch etwas Spannendes zu tun, statt nur im Rollstuhl auf der Terrasse zu dösen und "Best of Metallica" zu lauschen bis die Pflegerin wieder kommt... :D
ciao, alles Gute,
Giles
Zu 1., und ich denke, dass ist keineswegs offtopic, Anspannung hat ja durchaus evolutionstechnisch einen Sinn: Es wird in einer Gefahrensituation Energie bereitgestellt, die sich in Wegrennen oder anderen, vorprogrammierten Bewegungen entläd. Der Punkt ist für mich der, dass 'im Wegrennen' die Bewegungen absolut flüssig und optimiert stattfinden, wie bei Tieren auch Kampfhandlungen, denen Anspannung vorangeht, flüssig und koordiniert stattfinden- daher ja das chinesische Interesse an Tierphysiologie. Das ist zwar ein alter Hut, aber für mich entscheidend: Wie kann man dem Körper beibringen, in modernen Krisensituationen paradox zu reagieren, sich zu entspannen und diese Energie produktiv anzuwenden? Kommunikation- der moderne Kriegsschauplatz- ist ja umso effektiver, je entspannter und 'koordinierter' sie stattfindet. OK, wird kompliziert und verworren...ich denke, Du weißt, worauf ich hinaus will...
Zu 2: Meine Meinung- deswegen mach' ich den Krempel ;)
einzelheinz
14-04-2005, 17:29
Wenn man sich seiner Spannungen bewusst ist, hat man den ersten Schritt zur kompletten Entspannung bereits hinter sich. Kann man wie Giles beim Heben von Gegenständen die Muskulatur entspannen, hat man bereits Schritt zwei getätigt.
Beim Üben mit einem Partner (oder auch bei Einzelübungen natürlich) hilft es, wenn man sich bewusst ist, dass man die Arme (zum Beispiel) in einen vorhandenen Widerstand hinein entspannen kann. Das heisst schlussendlich, je mehr Widerstand vorhanden ist, desto mehr kann man den Arm entspannen (hineinlegen - nicht drücken!!). Den Arm alleine in einer Position zu halten ist anstrengend, da man gegen Schwerkraft arbeiten muss (mal abgesehen davon, dass man die Gelenke optimal ausrichten kann). Drückt jemand gegen den Arm, übernimmt er diese Arbeit und hält uns den Arm in Position (sofern man tatsächlich entspannen kann und nicht dagegen hält).Man kann also entspannen. Wie im Wasser quasi, da kann man den Arm auch in den Widerstand des Wassers legen.
Wichtig ist natürlich, dass die Winkel der Gelenke stimmen, damit die Skelettstruktur die stabilisierende Funktion übernehmen kann.
Jawohl - und mit anderen Worten (wenn das Aufnehmen der Kräfte weiter bis zum Fuss führt): peng-jin.
Peng-Jin wirkt in alle Richtungen. Die Richtung nach unten funktioniert etwas anders als im dargestellten Beispiel. Ausserdem wirkt peng-jin auch nach oben. Wenn man nun den Arm in einer Position hält, und Druck von oben kommt, muss der Druck auch entsprechend abgeleitet werden. D.h. aber, dass auch die Schwerkraft, ohne Druck in eine andere Richtung, mit pengjin gehalten werden kann/muss.
Dass pengjin nicht nur in Richtung der Gelenke als Stossdämpfer wirkt, sieht man z.B. wenn man jemand der's kann das Gelenk in Bewegungsrichtung (Hand/Fingerhebel) bewegen oder in Querrichtung "verdrehen" will.
Original Mentis:
Ich werfe eine andere Frage zurück: Wer hat Erfahrung damit, sein allgemeines Spannungsniveau dauerhaft zu reduzieren? Mir gelingt das nur im Training und hält dann einige Zeit an. Ich versuche aber auch ausserhalb dessen bewußt Spannungen zu suchen und aufzulösen, schwupps hab' ich sie woanders...ich krieg das dumme Ding doch nicht raus!? :rolleyes:[/QUOTE]
Grüß Dich Mantis!
Also ich habe durch das Tai Chi definitiv mein Spannungsniveau dauerhaft gesenkt, natürlich kann ich die Entspannung, die während des Übens da ist, so nicht im Alltag aufrecht erhalten, aber mal verglichen mit April vor einem Jahr zu jetzt (Alltag zu Alltag) bin ich definitiv entspannter!!
Wieso?
Ganz einfach, weil ich seit diesem Zeitpunkt so gut wie keine Nacken(verspannungs)schmerzen mehr habe! Nur noch ab und an mal bei extremer Stresssituation, aber auch dann aushaltbar und wesentlich weniger als früher in gleichen Situationen.
Daher ganz klar, meine Entspannung im Alltag ist größer geworden, und wenn einige mal eine zeitlang zurückdenken, wie sich ihre Verspannung immer typischerweise äußerte, merken sie bestimmt auch, dass das abgenommen hat.
Bis dann
Pilger
Melephin
14-04-2005, 22:46
Hmmm, ich glaube nicht, dass ich das richtig verstanden habe. Wenn jemand gegen meinen Arm drückt, habe ich zwar das Problem der Schwerkraft gelöst, denn der Arm fällt nicht mehr nach unten. Aber dafür muss ich eine andere Kraft ausgleichen, nämlich die des Anderen, sonst klappt mein Arm ein, in welche Richtung auch immer. Natürlich kann ich verkrampft gegenhalten, oder versuchen, keine unnötigen Muskeln anzuspannen, aber Muskelspannung benötige ich in jedem Fall. Sonst könnte ich nämlich auch einen Bewusstlosen so "ausrichten", dass ich seinen Arm nicht einklappen kann :)
In bewusstlosem Zustand sind gewisse Körperfunktionen nicht mehr gewährleistet. Vor allem kann er nicht mehr stehen und das Stehen im Gleichgewicht ist Grundvoraussetzung dafür, eine Kraft entspannt aufnehmen zu können. Es gibt aber tatsächlich einen Zustand von apatischem Wachzustand (leider kenne ich den Fachausdruck dafür nicht - kennt jemand den Film "Awakenings mit Robert De Niro und Robin Williams?), in dem die Patinenten den Arm stabil in der Position halten, in die man ihn geführt hat.
Dass man mit Kraft verhindern muss, dass der andere den Arm nicht einklappen kann, ist eine Illusion und rührt daher, dass man nicht gelernt hat, im Gleichgewicht zu stehen. Das Problem liegt meist in den Beinen und den Hüften. Die Arme versuchen das Manko zu kompensieren.
Das Ausrichten aller Gelenke spielt also eine wichtige Rolle. Trotzdem sollte es automatisch und natürlich geschehen, was natürlich nicht von heute auf morgen passiert. Dies führt mich wieder zu einem Thema, dass ich in vielen Threads schon angetönt habe, nämlich die Ausbildung der strukturellen Stabilität, die in vielen Schulen vernachlässigt wird.
Das Aufnehmen, Neutralisieren und Aufdengegnerzurückführen einer Kraft hat also mit Struktur zu tun, mit Loslassen und dem Verstehen vom, wie ich es nenne, Weg der Kraft. Reicht die Skelettstruktur nicht aus, ist es Zeit, nachzugeben und die Kraft ins Leere laufen zu lassen, was aber auch nur dann funktioniert, wenn uns die Kraft nicht bereits im Ansatz schon aus dem Gleichgewicht gebracht hat (und damit meine ich nicht hinzufallen, sondern die Unfähigkeit, noch locker und entspannt reagieren zu können).
Um den Weg der Kraft wirklich verstehen zu können, muss der Körper fähig sein, das Prinzip umsetzen zu können. Ein rein theoretisches Verständnis bringt den Schüler nur insofern weiter, als dass er eine Ahnung davon hat, in welche Richtung sein Training gehen sollte. Es würde zu weit führen, dies jetzt ausführlich erklären zu wollen (ich bräuchte dazu auch die eine oder andere Zeichnung um es verständlich zu machen). Es geht aber schlussendlich darum, dass nicht wir es sind, die gegen einen Widerstand kämpfen müssen, sondern wir universelle Kräfte nutzen können (oder weniger philosophisch ausgedrückt - die Kraft der Erde). Die ankommende Kraft oder Energie wird durch korrektes Ausrichten aller Gelenke direkt in den Boden geleitet, sodass der Gegner schlussendlich nicht uns versucht wegzudrücken, sondern den Boden (was schlicht und einfach unmöglich ist). Wir sind in diesem Moment eigentlich nur eine Art Umlenkrolle, die die Kraft weiterführt aber selber davon nicht betroffen wird. Ähnlich verhält es sich, wenn wir die Kraft gegen den Gegner zurückführen und ihn wegstossen (ohne ihn wirklich zu stossen). Die Schwierigkeit liegt darin, dass wir im ganzen Körper keinen Widerstand leisten dürfen respektive keine Stelle "eingefallen" sein darf. An dieser Stelle würde nämlich die ankommende Kraft ihre Wirkung entfalten können und uns aus dem Gleichgewicht werfen.
Die Grundspannung der Muskulatur, die von Nöten ist, kommt ganz natürlich durch die aufrechte Haltung. Betrachten wir nur einmal ganz gewöhnliches Gehen. Wer spannt im Kampf gegen die Schwerkraft die Oberschenkel oder die Waden bewusst an?
Die Chinesen haben das ganze nach ihrem Denkmuster versucht weiterzugeben. Mit dem Qi, was wir Westler in der Regel komplett missverstehen und dahinter mystische Kräfte vermuten, die wie Laserstrahlen aus den Fingern geschossen kommen, wenn wir nur lange genug warten. Qi ist nichts weiter als eine Form der Energie, die wir im Sinne der Physik unter den Gesetzmässigkeiten der Hebelkräfte, der Schwerkraft und der Biomechanik erklären können.
Ich hoffe wieder einmal, dass mich zumindest der Gröbe nach verständlich ausgedrückt habe.
einzelheinz
15-04-2005, 06:32
Dass man mit Kraft verhindern muss, dass der andere den Arm nicht einklappen kann, ist eine Illusion und rührt daher, dass man nicht gelernt hat, im Gleichgewicht zu stehen.
Gleichgewicht ist nicht das Einzige. Man muss gelernt haben, dass "jin" an eine Körperstelle zu bringen. Stell Dir ein Skellett vor ohne Muskeln und Sehnen ->klappt zusammen. Daran sieht man, dass noch weitere Körperstrukturen beteiligt sind.
Die ankommende Kraft oder Energie wird durch korrektes Ausrichten aller Gelenke direkt in den Boden geleitet, sodass der Gegner schlussendlich nicht uns versucht wegzudrücken, sondern den Boden (was schlicht und einfach unmöglich ist).
Während diese Erklärung ein gutes Bild liefert (ich verwende sie auch), muss man sich auch im Klaren sein, dass sie physikalisch unkorrekt ist. Einen Kraftvektor kann man nicht verbiegen. Siehe dazu auch die Archive der neijia-Liste aus den 90er Jahren.
Melephin
15-04-2005, 09:45
Die Grundspannung der Muskulatur, die von Nöten ist, kommt ganz natürlich durch die aufrechte Haltung.
Einzelheinz hat ganz richtig darauf hingewiesen, dass die Skelettstruktur alleine keine Stabilität aufweist, sondern erst das Zusammenspiel mit Bändern, Sehnen und Muskeln unter der Einwirkung der Schwerkraft diese hervorbringt. Dieses gesamte Zusammenspiel verstehe ich als "stabile Skelettstruktur".
Zu lernen "jin" an eine Körperstelle zu bringen, ist für die meisten Schüler sehr abstrakt. Die Wenigsten können eine solche Vorgabe erfolgreich in ihr Training integrieren und die Gefahr erhöht sich, dass sie sich pseudophilosophischen Einbildungsritualen hingeben. Ich versuche bewusst, solche Ausdrücke im meinen Erklärunge zu vermeiden. Meine Ausbildung war sehr wenig Theorieorientiert, da mein Lehrer sehr auf praktisches Training geachtet hat. Somit hat sich folgende Aussage entwickelt (die für mich stimmt, aber nicht für alle gelten muss): "Das Lesen, Auswendiglernen oder Zitieren von Theorien bringen einen in der Praxis nicht weiter. Die Theorien sollen durch praktisches Training selber erarbeitet werden. Nur so garantiert sich auch das Verständnis dahinter. Andernfalls bleiben sie hohle Phrasen, die einem den Kopf füllen und uns darin hindern, sich wirklich mit der Materie auseinander zu setzen."
Solche Theoretiker sind übrigens auch viele Physiker. Etwas, das in der Praxis funktioniert, kann physikalisch nicht inkorrekt sein. Die Kraft wird in den Boden geleitet, basta! Was viele vergessen, ist, dass der Mensch den bekannten physikalischen Komponenten, den Hebelgesetzen usw. eine Neue hinzufügt - Gefühl, und die Fähigkeit spontan zu reagieren und die Richtung einer ankommenden Kraft zu verändern.
einzelheinz
15-04-2005, 10:06
Einzelheinz hat ganz richtig darauf hingewiesen, dass die Skelettstruktur alleine keine Stabilität aufweist, sondern erst das Zusammenspiel mit Bändern, Sehnen und Muskeln unter der Einwirkung der Schwerkraft diese hervorbringt. Dieses gesamte Zusammenspiel verstehe ich als "stabile Skelettstruktur".
Zu lernen "jin" an eine Körperstelle zu bringen, ist für die meisten Schüler sehr abstrakt. Die Wenigsten können eine solche Vorgabe erfolgreich in ihr Training integrieren und die Gefahr erhöht sich, dass sie sich pseudophilosophischen Einbildungsritualen hingeben. Ich versuche bewusst, solche Ausdrücke im meinen Erklärunge zu vermeiden. Meine Ausbildung war sehr wenig Theorieorientiert, da mein Lehrer sehr auf praktisches Training geachtet hat. Somit hat sich folgende Aussage entwickelt (die für mich stimmt, aber nicht für alle gelten muss): "Das Lesen, Auswendiglernen oder Zitieren von Theorien bringen einen in der Praxis nicht weiter. Die Theorien sollen durch praktisches Training selber erarbeitet werden. Nur so garantiert sich auch das Verständnis dahinter. Andernfalls bleiben sie hohle Phrasen, die einem den Kopf füllen und uns darin hindern, sich wirklich mit der Materie auseinander zu setzen."
Was "Jin an eine Körperstelle" bringen mit Theorie zu tun hat ist erschliesst sich mir nicht. Das ist eine der praktischsten Dinge überhaupt und die Grundlagen davon lassen sich in ein paar Stunden praktisch erklären so dass man gewisse Aspekte davon üben kann. "Jindian", "Jinlu" etc. sind sowas von praktisch und untheoretisch....
Solche Theoretiker sind übrigens auch viele Physiker. Etwas, das in der Praxis funktioniert, kann physikalisch nicht inkorrekt sein. Die Kraft wird in den Boden geleitet, basta! Was viele vergessen, ist, dass der Mensch den bekannten physikalischen Komponenten, den Hebelgesetzen usw. eine Neue hinzufügt - Gefühl, und die Fähigkeit spontan zu reagieren und die Richtung einer ankommenden Kraft zu verändern.
Ein physikalisch unkorrektes Modell erweitert und widerlegt nicht die Physik. Es ist als Erklärungshilfe tauglich und eignet sich zum Üben. Die physikalischen Gesetzte werden dadurch aber nicht revolutioniert.
Melephin
15-04-2005, 14:59
:halbyeaha Da hast du mir was voraus. "Jin an eine Körperstelle zu bringen" sagt mir genau so wenig wie "Jinlu" oder "Jindian".
Ich spreche und verstehe kein Chinesisch, erst recht kein Fachchinesisch. Die Sprachen und Ausdrücke die sich mir erschliessen sind Deutsch oder Englisch (und natürlich Einfältig und Stenografie). Dann muss ich auch noch zugeben, dass ich lausig darin bin, mir Ausdrücke zu merken, zu denen ich keinen Bezug habe (richtiges Löchersieb).
Natürlich wirst du recht haben, das heisst die Ideen hinter den genannten Übungen oder Prinzipien werden wie du sagst, sehr wohl absolut praktisch umzusetzen sein. Nur die Ausdrücke dafür stammen nicht aus meinem Wortschatz und sind somit für mich absolut abstrakt.
Aber eigentlich ist es ja eh Wurst, wie man die Dinge benennt. "Ein Apfel bleibt ein Apfel, auch wenn man ihn ab heute als Birne bezeichnet."
Trinculo
15-04-2005, 20:57
Dass man mit Kraft verhindern muss, dass der andere den Arm nicht einklappen kann, ist eine Illusion und rührt daher, dass man nicht gelernt hat, im Gleichgewicht zu stehen. Das Problem liegt meist in den Beinen und den Hüften. Die Arme versuchen das Manko zu kompensieren.
Das Ausrichten aller Gelenke spielt also eine wichtige Rolle. Trotzdem sollte es automatisch und natürlich geschehen, was natürlich nicht von heute auf morgen passiert. Dies führt mich wieder zu einem Thema, dass ich in vielen Threads schon angetönt habe, nämlich die Ausbildung der strukturellen Stabilität, die in vielen Schulen vernachlässigt wird.
Tut mir Leid, aber das ändert nicht viel an meiner Aussage. Die Struktur, also die Tatsache dass bestimmte Knochen und Gelenke in einer bestimmten Stellung zueinander stehen, wird auch und ausschließlich über die Muskulatur erzeugt. Einen anderen Weg hat der menschliche Körper nicht, um Gliedmaßen in eine bestimmte Stellung zu bringen und gegen Widerstand zu halten.
Da mein Beispiel mit dem Bewusstlosen offensichtlich nicht klar war, hier ein neuer Versuch einer Analogie :) :
Angenommen, eine bestimmte Struktur, die optimal auf einen bestimmten "angreifenden" Kraftvektor ausgerichtet ist, reicht aus, um diese Kraft in den Boden zu leiten, ohne dass Kraft aufgewendet werden müsste, um die Struktur zu erhalten. Nehmen wir dann an, wir hätten ein menschliches Skelett vor uns, und könnten es mit dünnem Blumendraht in eine bestimmte Struktur bringen. Der Draht ist gerade so dick, dass er die Knochen an der richtigen Stelle hält, nicht mehr. Jetzt lassen wir die Kraft auf das Skelett einwirken. Was passiert wohl? Können wir dieses "Blumendraht-Skelett" z.B. so in Mabu drapieren, dass es Druck von der Seite einfach in den Boden umleitet, ohne zu kollabieren? Ich denke, da brauchen wir doch etwas stärkeres als Blumendraht ;)
Melephin
16-04-2005, 08:32
[QUOTE=Trinculo]Tut mir Leid, aber das ändert nicht viel an meiner Aussage. Die Struktur, also die Tatsache dass bestimmte Knochen und Gelenke in einer bestimmten Stellung zueinander stehen, wird auch und ausschließlich über die Muskulatur erzeugt. Einen anderen Weg hat der menschliche Körper nicht, um Gliedmaßen in eine bestimmte Stellung zu bringen und gegen Widerstand zu halten.QUOTE]
Du hast absolut recht und es widerspricht dir auch niemand, dass die Skelettstruktur alleine keine Stabilität aufweist, sondern erst das Zusammenspiel mit Bändern, Sehnen und Muskeln unter der Einwirkung der Schwerkraft diese hervorbringt. Dieses gesamte Zusammenspiel verstehe ich als "stabile Skelettstruktur".
Trinculo
16-04-2005, 17:15
Ich wollte auch nicht widersprechen :) Und ich finde es immer wieder erstaunlich, wieviel Stabilität man in den inneren Kampfkünsten erreichen kann, ohne auf willkürliche Muskelanspannungen zurückzugreifen. Wenn ich das nicht selbst erlebt hätte, würde ich es heute noch nicht glauben ;)
panthera
17-04-2005, 12:20
Hallo @alle!!
Es freut mich, dass das Thema doch noch soviel Zu- und Einspruch erlebt hat!
Ich möchte nochmal ein paar Gedanken hinzufügen:
- wenn ich richtig liege, beruht die Bewegung bzw. Impulsgebung auf einer Rotation/Torsion. -> zur Kraftentstehung kann man mithilfe der Eselsbrücke, "die Energie ruht in den Füßen, entwickelt sich in den Beinen, wird durch die Hüfte gelenkt und wirkt durch die Finger" leicht verständlich machen.
Anders ausgedrückt entspringt die Kraft den Füßen, verläuft über Beine, Hüfte und den Rücken bis zu den Händen, und dort nimmt sie Gestalt an.
- zur Körperhaltung:
man stellt sich vor, man würde durch eine Schnur am Scheitelpunkt aufgehängt sein, und eine zweite Schnur wäre am Steißbein befestigt, welche mir einem Gewicht nach unten zieht. -> der Schwerpunkt des Oberkörpers sinkt ins Becken, und der des Körpers zwischen die Füße. Ein bischen Kraft bleibt im Scheitelpunkt zurück, hält den Kopf und die Wirbelsäule aufrecht und verhindert das Erschlaffen des Körpers. In dieser Marionetten-Haltung geht man mit seiner Aufmerksamkeit durch den Körper und spürt, wo Verspannungen sitzen.
- In Bewegung
bleibt der Abstand des Rumpfes zum Boden immer gleich. Der Schwerpunkt im Becken bleibt wie eine Radnabe unbewegt, d.h. er hüpft nicht auf und ab, sondern gleitet und dreht sich, als ruhte er auf einer ebenen Fläche. Die Arme entwickeln auch keine Kraft von sich aus, sondern wirken wie Instrumente, welche die Kraft der Rumpfbewegung in eine bestimmte Richtung lenken. Der Rumpf bewegt also zuerst und seine Bewegung veranlaßt die Glieder, sich zu bewegen. Füße und Beine folgen dem Rumpf insofern, als sie ihn so tragen, dass er ständig aufrecht und unbewegt bleibt.
Fragen bleiben folgende:
- Entspannung schön und gut, man darf jedoch nicht vergessen, dass Bewegung ohne Aktivierung von Muskulatur nicht möglich ist. Die Frage ist, ob diese Aktivierung durch bewußte Kontraktion erfolgen muss, oder ob man es einfach geschehen läßt -> als Folge der Rotation der Hüfte zum Beispiel...
- worin liegt der Vorteil, immer ein Bein "leer" und eines "voll" zu benutzen, d.h. eines ist immer komplett belastet und das andere völlig unbelastet? Was passiert bei Frontalhaltung mit Geweichtsverteilung 50/50? Es gibt da so eine Theorie, dass das Gewicht immer zwischen beiden Beinen hin und her schwappt - ähnlich eines gefüllten Wasserschlauches...
- zur Entwicklung der Kraftlinie habe ich folgende Abhandlungen gefunden:
http://www.taichiamerica.com/mechanism%20of%20fajing.htm
http://www.iay.org.uk/internal-strength/
@Melephin:
dürfte interessant sein, sich mit Dir mal ausgiebig zu unterhalten!!
LG,
Panthera
Melephin
17-04-2005, 12:34
@panthera
mit Dir jederzeit gerne
panthera
17-04-2005, 13:10
Würde mich freuen, wenn Du mir Deine email mal über PN zukommen läßt (eigentlich ließest)!
@all: sorry, wir sind offtopic!
opendoor
17-04-2005, 16:28
Denkt an die YingYang-Fische: Jeder trägt in sich den Keim des Gegenpols. Jedenfalls deute ich so die Bewegungsmetapher.
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