Messer- bzw. Dolchkampfprinzipien [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Messer- bzw. Dolchkampfprinzipien



Tyrdal
12-07-2002, 07:28
Also beim Messerkampf hält der heutige typische (kriminelle?) Angreifer das Messer in der hinteren Hand. Er versucht mit der vorderen den Gegner zu greifen und dann mit dem Messer zuzustechen, richtig?
Klingt eigentlich ganz logisch, diese Vorgehensweise. Die Frage die sich mir dabei stellt ist, warum zeigen Bilder alter europäischer Kampftechniken (MA) immer den Angreifer mit dem Dolch in der vorderen Hand? Und noch sletsamer, warum versuchen die mit zwei Händen den Waffenarm zu hebeln? Das öffnet doch dem Angreifer Tür und Tor mit der zweiten Hand sonstwas zu machen (evt. sogar mit einem zweiten vorher versteckten Messer zuzustechen)!
Das ist vor allem deshalb so seltsam weil damals der Ernstfall ja noch wesentlich häufiger auftrat als heute und entsprechende Kenntnisse ja verbreitet gewesen sein müssen.

Bin mal auf eure Meinungen gespannt.

Mars
12-07-2002, 12:37
Hallo,

zunächst einmal gibt es keine "Standartangriffe", schon gar nicht beim Messerkampf. Ein Messerstecher geht nicht "logisch" vor. (Wenn A, dann B. Von dort zu C.) In einem Kampf nur mit bestimmten Angriffen oder Vorgehensweisen zu rechnen, ist äußerst ungesund.

Im Messerkampf steht man mit nur geringfügig versetzten Füßen. Da relativiert sich "vorne" und "hinten."

Zur unbewaffneten Abwehr: Versuch mal einen Waffenarm eines entschlossenen Messerstechers mit nur einer Handf zu kontrollieren. Klappt nicht so gut. Die Kontrolle der Messerhand hat absolute Priorität (sonst Tod, Verletzung, etc.). Mit Fußarbeit kann man sich von der zweiten Hand fernhalten.

Gruß
Mars

Tyrdal
12-07-2002, 13:00
Ein Messerstecher geht nicht "logisch" vor. (Wenn A, dann B. Von dort zu C.)

Nicht in dem Sinne logisch, aber Instinkte, und denen folgen wir in Extremsituation wohl normalerweise, folgen immer einer gewissen Logik (selbst wenn diese in dem Moment den Tod bedeutet).
Ich wollte aber auch gar nicht sagen, daß da einstudierte Schlagfolgen kommen.



In einem Kampf nur mit bestimmten Angriffen oder Vorgehensweisen zu rechnen, ist äußerst ungesund.
Mit Sicherheit!



Im Messerkampf steht man mit nur geringfügig versetzten Füßen. Da relativiert sich "vorne" und "hinten."

Vorne ist bei mir die Hand, die zuerst zuschlägt.
Greifen und danach zustechen = Messer hinten
Gleich zustechen = Messer vorne



Zur unbewaffneten Abwehr: Versuch mal einen Waffenarm eines entschlossenen
Messerstechers mit nur einer Hand zu kontrollieren. Klappt nicht so gut. Die Kontrolle der Messerhand hat absolute Priorität (sonst Tod, Verletzung, etc.).

Kontrollieren muß aber nicht völliges immobilisieren bedeuten. Is beim Messer aber reichlich schwierig, da haste schon recht.



Mit Fußarbeit kann man sich von der zweiten Hand fernhalten.


Kommt auf die Situation drauf an. Wenn er warum auch immer plötzlich ne Stange in die Hand kriegt, könnte die sich als zu lang erweisen.

René

Michael1
12-07-2002, 13:04
[Quote]Die Frage die sich mir dabei stellt ist, warum zeigen Bilder alter europäischer Kampftechniken (MA) immer den Angreifer mit dem Dolch in der vorderen Hand?[Quote]

Habe leider keine Ahnung was "MA" ist, aber Messer in der vorderen Hand wird doch in der Regel als "Abstandshalter" eingesetzt, z.B. bei Messer vs. Messer.

Mars
12-07-2002, 13:40
@ Tyrdl

Jetzt verstehe Dein "vorne" und "hinten." Okay, ein Missverständnis.

Ich weiß leider nicht, auf welche Quelle Du Dich beziehst (Meyer, Wallerstein,...). Daher kann ich leider nichts zu den Techniken sagen. Wenn Deine Quelle nur aus Bildern besteht, rate ich zur Vorsicht. Diese Bilder waren nur als Gedächnisstützen für Techniken gedacht, die man zuvor erlernt hat.

@ Michael
MA meint wohl Mittelalter

Gruß
Mars

Tyrdal
12-07-2002, 14:19
Spontan fällt mir da jetzt Thalhofer ein, aber es waren noch mehr. Hab mich in letzter Zeit halt auf vielen Seiten zu mittelalterlichem Fechten rumgetrieben und hab jetzt nicht mehr alle Quellen sofort parat.

Es waren hauptsächlich Bilder die meine "Quelle" bilden. Deshalb stelle ich hier ja jetzt auch Fragen dazu. Mir ist schon bewußt, daß diese nur Notizen waren.
Und selbst aus guten heutigen Lehrbüchern könnte man ohne Lehrer ja nicht wirklich lernen!

@Michael1
Abstandshalter würde Sinn machen, wenn der Andere auch eine Waffe hat, stimmt.

mfg
René

Mars
12-07-2002, 14:36
@ Tyrdal

Ach ja Talhoffer. Der Bestseller. Ist aber kaum zu gebrauchen. Ohne Text läuft gar nichts. Und ohne Vorkenntnisse in einer anderen Kampfkunst bist Du aufgeschmissen. Lehrer zu europäischen mittelalterlichen Kampfkünsten wirst keine finden, denn diese Künste lagen mehrere hundert Jahre im Grab.
Wenn Du wirklich damit arbeiten willst, druck Dir eine ZUVERLÄSSIGE Transkription aus (noch besser sind Kopien von Originalen). Dann lesen, ausprobieren, wieder lesen, wieder ausprobieren. Was Sinn für Dich macht übernehmen, was nicht sein lassen.

Gruß Mars

olee
16-08-2002, 15:15
die technik mit dem messer hinten wurde schon von langer zeit von zigeunern in der türkei praktiziert.

das mit dem messer vorne ist sehr gut ist um abstand zu halten. (messer - messer), aber auch sonst nicht zu verachten.

uksplinter
16-08-2002, 18:45
Dolchtechniken werden bei den alten Meistern nur spärlich behandelt, weil der Dolch nur als Backup-Waffe bzw. sogenannter Linkehanddolch ergänzend zur Hauptwaffe Schwert etc. geführt wurde.
Nur das einfache Volk benutzte Dolche und Messer als Waffen, denn in vielen Regionen und Zeitabschnitten war ihm das Tragen von großen Klingenwaffen verboten. Und deshalb schenkte man diesen Kampftechniken in den teuren und aufwendig zu erstellenden Kampfkunstbüchern der oberen Klassen auch nicht viel Beachtung. Einige abgebildete Techniken erinnern eher an den Schwachsinn, der auch heute noch in vielen Kampfsportarten als Messerkampf/Messerabwehr unterrichtet wird.

Chicken Wings
16-08-2002, 19:29
kann die aussage von mars nur unterstützen, die kontrolle der waffenhand ist sehr wichtig - wenn man sie kontaktet und (in der hand hat.

kipphandhebel und handgelenkbeugehebel entfalten ihre wirkung am ehesten, wenn zweihändig gehebelt wird.
die wirkung dieser hebel läßt den agressor SOFORT in die knie gehen - du zwingst ihn regelrecht in die knie und kannst deinerseits sofort mit kicks fortschreiten - vorrausgesetzt du entwaffnest nicht.

außerdem gibt es auch etliche entwaffnungstechniken, indem du die messerhand im kipphandhebelansatz (was für ein wort) hältst und den daumen öffnest - wir im saarland sagen daumenöffnertechniken *lach.
dadurch ist die messerhand in eine richtung geöffnet - und in die richtung wird dann mit der freien hand (druck zur flachen messerseite) entwaffnet.

grundsätzlich und lebenswichtig beim messerkampf:

wenn du dich wirklich verteidigen mußt gegen ein messer, immer zur waffenHAND kontaktieren - nie zur waffe selbst.

bye jungs

Meik


auch im club der messerstecher

Chicken Wings
16-08-2002, 19:44
laß dich nicht beirren von irgendwelchen dingen, die du praktisch am mann noch nicht ausprobiert hast - dann siehst du erst mal ob eine technik greift oder die technik dir überhaupt liegt.

was dir nicht liegt - sofort in den mülleimer

vergeß eines nicht: ein geübter messerkämpfer kann sein messer sehr schnell von einer hand in die andere wechseln - bzw. seine angriffsrichtung ändern und die stellung des messers zu dir...

z.b. von eispickelgriff in normalen griff usw.

bezgl. "Kontrollieren muß aber nicht völliges immobilisieren bedeuten. Is beim Messer aber reichlich schwierig, da haste schon recht."

haste die messerhand kontrolliert, kannst du dein gegenüber mit seiner eigenen waffe immobilisieren

das sind entwaffnungstechniken, wo das messer im gesicht des messerführenden entwaffnet wird - ********** kennt die bestimmt auch .....


tschau

Meik

uksplinter
16-08-2002, 20:58
---quote:
das sind entwaffnungstechniken, wo das messer im gesicht des messerführenden entwaffnet wird - ********** kennt die bestimmt auch .....
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Iiiiich ? Wie kommst du denn darauf ? Oh, mein Gott, ein Messer ! Und dann all dieses Blut ! :cool:

Das gehört aber alles nicht in diesen Thread und wird meines Wissens auch in keinem historischen Werk so gezeigt. Wie gesagt, die Dolche spielten nur eine sehr untergeordnete Rolle, solange man Schwerter, Degen, Kampilane etc. zur Verfügung hatte.
Wenn der Vatikan einen "assassini" ausschickte, um einen Adeligen ermorden zu lassen, der seine eigene Tochter geschändet hatte, die aber zufällig die Geliebte eines Kardinals war - nur dann waren Dolche wirklich gefragt. Und über diese "Einsatztechniken" wurde nichts veröffentlicht.