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Vollständige Version anzeigen : Florettarten



Wittiko
07-08-2005, 23:33
Was sind die unterschiede zwischen dem italienischem, dem französischem und dem anatomischen Florett?

Und wie sieht der Fechtergruß aus?

Jörg B.
08-08-2005, 08:22
Die Unterschiede beziehen sich eigentlich nur auf die Griffgestaltung.

Hier ein italienisches Florett:
https://www.allstar.de/modules/PostTep/images/mf11i.jpg

Hier ein französisches:
https://www.allstar.de/modules/PostTep/images/mf1xf.jpg

Und hier eins mit orthopädischem Griff oder Pistolengriff:
https://www.allstar.de/modules/PostTep/images/mf1xp.jpg

Dies sind allesamt sogen. 'mechanische' Waffen, ohne Vorrichtung für elektrische Trefferanzeige.

Solche Waffen werden meist nur noch im Trainingsbetrieb gebraucht, im Wettkampf wird ausschließlich elektrisch gefochten.

Während sich früher -je nach Vorliebe und Ausbildung des Fechtmeisters- italienische und französische Griffe die Waage hielten, wird heute fast ausschließlich der Pistolengriff benutzt, weniger als 10% aller heutigen Top-Fechter benutzen noch den französischen Griff, elektrische Floretts mit italienischem Griff gibt es gar nicht.

Der Pistolengriff wurde ursprünglich für Fechter entwickelt, die aufgrund von Verletzungen/Behinderungen der Hand keinen 'normalen' Griff halten konnten, wurde aber sehr schnell auch von anderen Fechtern adaptiert, da hiermit sehr kraftvolle Stöße möglich sind, ohne, daß die Hand dabei sehr belastet wird (die korrekte Griffhaltung eines ital. oder franz. Griffes ist für den Anfänger eher ungewohnt und anfangs auch ziemlich schmerzhaft, weil Muskeln beansprucht werden, die man sonst nie braucht).

Nicht, das man mit den anderen Griffen nicht auch Kraft entwickeln könnte, im Gegenteil, aber es dauert halt einfach länger. Und da die meisten Leute heute den 'schnellen Erfolg' wollen... :(

Der Nachteil des Pistolengriffes ist die im Vergleich zu den anderen beiden Griffen sehr schlechte Spitzenkontrolle (feine Bewegungen der Spitze sind kaum möglich) und das vergleichsweise schlechte Klingengefühl (Druckveränderungen in der Bindung sind deutlich schlechter wahrzunehmen).

Aber auch hierauf kommt es in der heutigen Fechtweise (ich weigere mich, das, was heute fabriziert wird, FechtKUNST zu nennen) nicht mehr an.

Hier der vollständige Fechtgruß, so wie er sein sollte, in der Form macht ihn aber heutzutage kaum noch jemand:

1. Beide Fechter gehen an der Startlinie in Grundstellung (Hacken zusammen, rechter Fuß zeigt nach vorn, linker Fuß 90° nach links, Waffe wird an der linken Hüfte gehalten, Spitze nach unten/hinten gerichtet, Maske wird mit der linken Hand an der Linken Seite gehalten).

2. Die Waffe wird in einer bewußten, kontrollierten Bewegung nach vorne/oben in Linie gebracht. Bei Florett und Degen ist die Hand in 4. Faustlage, beim Säbel in 2.

3. Die Waffe wird durch Einknicken im Ellennbogen nach hinten gebracht, bis
die Spitze senkrecht nach oben zeigt. Am Ende der Bewegung liegt der Griff auf Kinnhöhe, die Klinge steht vor dem rechten Auge, die Hand ist in 4. Faustlage.

4. Die Waffe wird nochmals wie unter 2. auf den Gegner gerichtet.

5. Die Waffe wird nochmals wie unter 3. zum Körper zurückgezogen.

6. Die Zuschauer und Kampfrichter zur Linken grüßen, dazu werden Waffe und Arm halb diagonal nach links gestreckt, der Ellenbogen bleibt leicht gebeugt, Hand in 4., Blick und Oberkörper wendet sich ebenfalls mit.

7. Ein letztes Mal wie unter 3. die Waffe zurück zum Körper nehmen.

8. Die Zuschauer und Kampfrichter zur Rechten grüßen, dazu werden Waffe und Arm halb diagonal nach rechts gestreckt, der Ellenbogen bleibt leicht gebeugt, Hand in 4., Blick und Oberkörper wendet sich ebenfalls mit.

9.Die Waffe wird kontrolliert zürück an die linke Hüfte gebracht, die Fechter stehen wieder in Grundstellung.

Danach wird die Maske aufgesetzt, in Fechtstellung gegangen und das Gefecht beginnt.

Am Ende des Gefechts gehen beide Fechter nochmal in Grundstellung und grüßen erneut. Anschließend schüttelt man sich die (unbehandschuhte!) Hand.

El Loco
14-08-2005, 03:13
@Jörg:

Interessant. Also das Florett an sich ist eh keine Duellwaffe bzw. Kampfwaffe gewesen, hoffe ich hab das richtig gelesen. Sie wurde einzig und allein als Übungswaffe benutzt, right? :)

Jörg B.
15-08-2005, 08:53
Korrekt, das Florett ist und war immer nur eine Übungswaffe.

Der Begriff kommt (je nachdem wen man fragt) entweder von der knopfartigen Verdickung an der Spitze, die wie eine kleine Blüte aussieht (fleuret) oder davon, daß Schneide und Spitze stumpg gefeilt waren (im engl. heißt das Florett 'foil').

El Loco
15-08-2005, 17:51
Interessant, danke für die Info, Jörg :)

K4in
15-08-2005, 22:15
Ich muss noch erwähnen, dass mittlweile der Trend wieder zum Französischen Griff geht, weil irgendsoein (franzose glaub ich) das Teil benutzt und Krass weit hinen anfasst, am knauf. Dadurch hat er locker nochmal 10cm Vorteil. Wird derzeit von immer mehr leuten Angewand, besonders im florett.

Problem: Instabilität.
Außerdem ist man, wenn man einen Französischen Griff mit Grifflasche verwendet, verpflichtet, selbige zu nutzen. Also nix, mit reichweite.

Nur mal so.

BTW: Sauber Jörg, du mein Lieblingsmod - *schleim*

C ya,
Ken"-würde-mich-gern-umbenennen-"Shi

Jörg B.
16-08-2005, 08:16
Ich gebe ganz offen zu, daß ich (im Degen) auch gerne mit der Anfassung herumgespielt habe, aber sehr variabel, sonst ist der Effekt weg.

Wenn ich *immer* ganz hinten anfasse, kennt ein fähiger Gegner nach ein, zwei Aktionen meine Maximalreichweite und kann sich entsprechend einstellen.

Wenn ich das aber überraschend mache... :D

K4in, was meinst Du mit Grifflasche?

Ich kenne es nur vom italienischen Florett, wo ein Handgelenksriemen verwendet wird. Ist *tierisch* gewöhnungsbedürftig, aber man entlastet die Finger von der Haltearbeit und hat noch mehr Spitzenkontrolle und was viel wichtiger ist, man kann quasi nicht mehr entwaffnet werden, was bei der doch sehr stark duellorientierten Fechtweise der italienischen Schule ein unbestreitbarer Vorteil ist.

K4in
16-08-2005, 12:31
Die Grifflasche ist ein Lasche (Schlaufe), die sich unmittelbar vor der Glocke an der unterseite des (französischen) Griffs befindet. Da steckt man zeige und Mittelfinger durch.

Soweit klar?

C ya
Ken"-will-mich-immernoch-umbenennen-"SHi

Jörg B.
16-08-2005, 15:09
Jau, ich kenne das als Fingerschlaufe. ;)