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Vollständige Version anzeigen : "The Secret of Martial Power — Jin Training" Text aus dem dragonslist-Forum



nagual
28-08-2005, 19:06
The Secret of Martial Power — Jin Training
Jin training is a very important part of the Chinese martial arts, but there is very little written on the subject in English. Theoretically, Jin can be defined as "using the concentrated mind to lead the Qi to energize the muscles and thus manifest the power to its maximum level." From this, you can see that Jin is related to the training of the mind and Qi. That means Qigong.

Traditionally, many masters have viewed the higher levels of Jin as a secret which should only be passed down to a few trusted students. Almost all Oriental martial styles train Jin. The differences lie in the depth to which Jin is understood, in the different kinds of Jin trained, and in the range and characteristics of the emphasized Jins. For example, Tiger Claw style emphasizes hard and strong Jin, imitating the tiger's muscular strength; muscles predominate in most of the techniques. White Crane, Dragon, and Snake are softer styles, and the muscles are used relatively less. In Taijiquan and Liu He Ba Fa, the softest styles, Soft Jin is especially emphasized and muscle usage is cut down to a minimum.

The application of Jin brings us to a major difference between the Oriental martial arts and those of the West. Oriental martial arts traditionally emphasize the training of Jin, whereas this concept and training approach is relatively unknown in other parts of the world. In China, martial styles and martial artists are judged by their Jin. How deeply is Jin understood and how well is it applied How strong and effective is it, and how is it coordinated with martial techniques When a martial artist performs his art without Jin it is called "Flower fist and brocade leg." This is to scoff at the martial artist without Jin who is weak like a flower and soft like brocade. Like dancing, his art is beautiful but not useful.

It is also said "Train Quan and not Gong, when you get old, all emptiness." This means that if a martial artist emphasizes only the beauty and smoothness of the forms and doesn't train Gong, then when he gets old, he will have nothing. The "Gong" here means "Qigong," and refers to the cultivation of Qi and its coordination with Jin to develop the latter to its maximum, and to make the techniques effective and alive. Therefore, if a martial artist learns his art without training his "Qigong" and "Jin Gong," once he gets old the techniques he has learned will be useless, because he will have lost his muscular strength.

Often Jin has been considered a secret transmission in Chinese martial arts society. This is so not only because it was not revealed to most students, but also because it cannot be passed down with words alone. Jin must be experienced. It is said that the master "passes down Jin." Once you feel Jin There are general principles and training methods which an experienced martial artist can use to grasp the keys of this practice. If you practice patiently and with perseverance, and remember to remain humble, to question and ponder, you will no doubt be able to learn Jin and become a real master.

Dr. Yang has been involved in Chinese Gongfu since 1961 and has more than thirty years of instructional experience. Dr. Yang has published twenty-four books and twenty-eight videotapes on the martial arts and Qigong. Currently he is president of Yang's Oriental Arts Association, Boston, MA.

In diesem kurzen Text ist wohl das zusammengefaßt, was allgemein bzw. häufig über die Bedeutung von "jin" (chin. für Kraft) gedacht wird.
(Obwohl mir bestimmte Details nicht ganz gefallen, z.B. das "soft jin" für Taiji, welches ja nicht unbedingt für alle Taiji-Stile gelten dürfte bzw. missverständlich ist.)

Hinsichtlich des Begriffswirrwarrs, ob es jetzt "jin" oder "jing" heißt, scheint sich zu zeigen, dass "jin" wohl der einzig richtige Begriff ist. Dieser wird beispielsweise auch in den drei dicken Büchern über "T'AI-CHI CH'ÜAN" von Song Z.J. verwendet.
"Jing" im Sinne von Essenz beinhaltet außer "Sperma" und anderen Körperflüssigkeiten wie Blut und Lymphe ja die Muskeln nur äußerst peripher.

Weiß jemand noch speziellere Details zu den Begriffen?

T. Stoeppler
28-08-2005, 20:11
Also, ich kenne "Jing" als Essenzkraft und Jin als spezialisierte, trainierte Kraft. Das hat jetzt noch nichts mit "interner" Kraft zu tun. Andere Leute nenned diese interne Kraft einfach nur "Nei Gong" - Innere Fertigkeit.

Also wer sich mit den Begriffen aufhängen will, sollte sich primär die chinesischen Schriftzeichen angucken. Ich habe leider keine Referenz greifbar, aber in Song Z. J. Büchern sind auch die Begriffe anhand der chin Schriftzeichen interpretiert - oder so meine ich mich zu erinnern.

Gruss, Thomas

nagual
28-08-2005, 20:18
Die Schriftzeichen kenne ich soweit, aber die genaue Abgrenzung der Bedeutungen ist schwierig, weil die Trivial- und die Fachbegriffsbedeutungen oft ineinander übergehen, und die Dinge ja im Kontext benutzt werden.
Jing ist aber eigentlich nur "Essenz", während mir die Übersetzung als "Essenzkraft" schon ziemlich an innere KK angepaßt vorkommt.
Im Augenblick frage ich mich ob es "Fa Jing" als Begriff überhaupt gibt, wenn es eigentlich "Fa Jin" heißt, oder ob mit "Fa Jing" evtl. etwas anderes auch gemeint sein kann, als mit "Fa Jin", unabhängig vom Stil-Wirrwarr, wo jeder Stil sein eigenes Fa Jin und Fa Li hat.

Trinculo
28-08-2005, 20:25
Hinsichtlich des Begriffswirrwarrs, ob es jetzt "jin" oder "jing" heißt, scheint sich zu zeigen, dass "jin" wohl der einzig richtige Begriff ist. Dieser wird beispielsweise auch in den drei dicken Büchern über "T'AI-CHI CH'ÜAN" von Song Z.J. verwendet.

Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip richtig:D

Andrzej Kalisz (Yiquan-Lehrer aus Polen und des Mandarin mächtig) hat sich in einem anderem Forum zu diesem Thema folgendermaßen geäußert:


When you talk about force, strength, energy it's 'jin'. The same character spelled 'jing', has meaning: strong, powerful, like in jingdi - powerful opponent. In Beijing dialect both words finals are 'er-ised', so it sounds like jir, so in result so many spelling mistakes.

Den Originalbeitrag findet ihr unter Punkt 14 hier:

http://www.tomabey.com/forum/article.aspx?msgid=2402

Viele Grüße,

Trinculo

nagual
28-08-2005, 20:30
Andrzej Kalisz (Yichuan-Lehrer aus Polen und des Mandarin mächtig) hat sich in einem anderem Forum zu diesem Thema folgendermaßen geäußert:

Zitat:
When you talk about force, strength, energy it's 'jin'. The same character spelled 'jing', has meaning: strong, powerful, like in jingdi - powerful opponent. In Beijing dialect both words finals are 'er-ised', so it sounds like jir, so in result so many spelling mistakes.


Diese ergänzende Bedeutung von "jing" als "stark" (mit dem selben Zeichen wie von "jin") hatte ich im Wörterbuch auch gefunden, ich glaube aber, dass dies nicht gemeint sein kann, vor allem weil es nur als Adjektiv/Eigenschaftsverb so verwendet wird.

In einem zusammengesetzten Wort würde man auf jedenfall "jin" sagen, wenn "jin" und nicht "jing" als Essenz gemeint ist.

Für mich ist die Frage auch eher, ob "jing" als "Essenz" (auch mit dem entsprechenden anderen Zeichen) überhaupt vorkommt (bei "Fa Jing)".

Dao
29-08-2005, 10:15
Hallo,
wenn Meister Z.J. Song von der Jin-Kraft gesprochen hat, meinte er immer die Wurzelkraft damit.
Hat er von Jing gesprochen meinte er die Essenz und häufig damit auch die Sexualenergie.

nagual
29-08-2005, 10:52
Danke an alle erst einmal für die Antworten!!!

Meine Einschätzung, dass der Begriff "Fa Jing" einfach falsch bzw. sprachlich ungenau ist, scheint sich erst einmal zu verfestigen.
Wie auch der Yiquan Lehrer Andrzej Kalisz auf der von Trinculo angegebenen Seite sagt, scheint die Ausprache "jin" für das Zeichen http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?52B2 richtig zu sein und die Aussprache "jing" falsch, oder zumindest ungenau und hat mit "jing" als "Essenz" (Zeichen http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?7CBE) von der Übersetzung her nichts zu tun.

Wie ich in verschiedenen Diskussionen schon erwähnt hatte, finde ich bei diesen Begriffen wichtig, die einfache Übersetzung von z.B. "jin" gleich "Kraft" nicht ganz zu vergessen, "jin" ist im Chinesischen auch das, was jeder Mensch benutzt um seine (schweren) Koffer zu tragen, oder was auch jemand trainiert, der Muckibudentraining macht.

Klaus
29-08-2005, 12:25
Rischtisch, falch, scheiß Übersetzungen, damit lösen wir bestimmt das Problem daß kaum jemand mit seinem einzig wahren, fundamental richtigen Training die Kraft erreicht die mal obligatorisch war für jemanden der innere Stile trainiert. Außer möglicherweise denen die sich nicht länger mit Schreibweisen oder Deutungen aufhalten, sondern Übungen oft richtig machen.

http://chineselanguage.org/cgi-bin/query.php?dbase=ccdict&mode=pinyin&sound=0&beijing=pinyin&canton=jyutping&meixian=pinjim&fields=english,mandarin&lang=en&show=frequent

Jing eintippen, return drücken (das ist die Taste mit dem geknickten Pfeil, die heisst natürlich eigentlich nicht Return, weil es englisch ist, damit ist eigentlich der komplette Post verkehrt), und sich durch die zig Seiten kämpfen. Dann weiß man daß die einzig richtige Übersetzung für Jing natürlich "Wal", "Reis", oder "meine Frau" sind. Und damit ist die ganze Theorie innerer Kraft über den Haufen geworfen, weil erstens, Wale können nicht stehen, damit existiert die Wurzelkraft nicht. Zweitens, Frauen ENTZIEHEN Kraft wie jeder weiß der sich mal länger mit welchen abgegeben hat, sie fördern keine.

Man wird auch herausfinden daß es für fast jede Transliteration von "Jin" auch eine Alternativtransliteration "Jing" gibt, darum kann man sich das Rumreiten auf Jin oder Jing für mystische Deutungen sparen.

Die Textpassage von Yang ist sowohl fundamental falsch im Sachlichen, weil so getan wird als wären alle Übungen total geheim (und nur ER kennt die richtigen), mit kleinen Ausnahmen sind sie es schon lange nicht mehr. Und geheimer als jede andere Technik war es auch nicht, jeder hat versucht sein Zeug nicht zu verbreiten. Die prinzipiellen Übungen wie Stampfen, langsames bis extrem langsames Bewegen, Partnerübungen mit kleinen Impulsen, und Kombinationen von diesen sind heute alle bekannt, da gibt es keine wirklich geheimen Übungen die man bräuchte um doch so stark "wie früher" zu werden. Es hilft allerdings wenn man mit Leuten zu tun hat die einen körperlich mit dieser Kraft und ihren Möglichkeiten konfrontieren, es führt zu Lernen durch instinktives Nachahmen (des konkreten, nicht vom Aussehen, wenn man nicht blöd ist).

Zweitens hinkt dieser Text an den nicht im Zusammenhang richtigen Übersetzungen. NIEMAND wird jemals durch "konzentriertes Nachdenken", oder Konzentration im Allgemeinen, und durch Führen der Kribbelkomponente im Körper wirklich erreichen daß sich die Kraft permanent und im RICHTIGEN MOMENT automatisch manifestiert, damit das auch einsetzt wenn man den Schlag nicht kommen sieht, wie beispielsweise wenn man auf der Strasse angefahren wird. Leute die noch nie was mit Jing oder Chinakram zu tun hatten reagieren öfter aber instinktiv damit wenn sie tatsächlich angefahren werden. Es ist nur der Intelligenz des Geistes zu verdanken, daß er das tut was der nicht so intelligente Geist im Alltag meint was passieren soll, auch ohne daß die Übung die man macht in irgendwelcher Weise dafür einen Sinn hat. Tatsächlich führt das "Konzentrieren" zu einem leichten Training der Komponenten die BENUTZT werden müssen, weil man sie aktiviert (Jogging für Jing). Zweitens, bei nicht so ganz mental auf der Höhe arbeitenden Personen ("Crazy Ma") verselbständigt sich die Fähigkeit, diese eigentlich als Schutzmechanismus dienenden Dinge auch für unangebrachtes Rumschubsen und Verprügeln von wildfremden Leuten benutzen zu können, solange man dann nicht von Depressionen und ähnlichem eingeholt wird. Alles andere macht das innere Empfinden, weil es sinnvoll ist, nicht weil die Übung hinführt.
"Yi" übersetzen Leute wie Ma Yueliang übrigens mit "Geistesgegenwart". Passt prima auf den Vorgang von dem man in Nachrichten hört "geistesgegenwärtig schaltete er den Antrieb ab und konnte so schlimmeres verhindern". Eben nicht, mal sehen, also dies und jenes im Handbuch meint ... Sondern Geistesblitz, Hand auf den Schalter und aus, noch bevor man weiß was los ist.

Hier findet man übrigens das Jing das vermutlich in bestimmten Zusammenhängen gemeint ist: http://zhongwen.com/d/171/x108.htm

In feststehenden Themen wie "Qi, Jing, Shen", oder dem Jing in Fajing, meint man immer was Bestimmtes. Dieses leitet sich aus der REALITÄT ab, das was existiert, und es bekommt einen Namen. Solange man in Gedanken die Realität für Deutungen nimmt und nicht wie was wo geschrieben wird, redet man auch konkret über faktische Dinge. In dem Moment wo man sich über Schreibweisen mögliche Deutungen abseits des Erlebten "erschliesst", fantasiert man. Diese hat nur eingeschränkt Einfluß auf reale Möglichkeiten. Ich empfehle also dringend sich über das Erlebte auszudrücken, als mit übersetzten Deutungen von Vermutungen sich entwickeln zu wollen. Nichts Schlimmeres ist, als dem Körper Dinge vorzugaukeln die es nicht gibt, oder ihm Dinge vorzuenthalten die er tun könnte weil man ihm nicht glaubt.

Thorre
29-08-2005, 13:12
Klärung der chinesischen Zeichen Fa und Jin/ Jing


Das Zeichen fā sieht so aus: http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?767C

Es bedeutet aussenden.


Das Zeichen jìn/ jìng sieht so aus: http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?52C1

Als jìn bedeutet es Schlagkraft, Energie, Stärke. Als jìng bedeutet es stark, hart, kraftvoll.


Vergleich der Verwendung von Fa Jin und Fa Jing

Einen guten Überblick in Sachen Popularität von Fa Jin und Fa Jing bieten die Suchmaschinen:

Während Fa Jin von Google 658 mal gefunden wird, findet man Fa Jing 6680 mal. Noch deutlicher sieht man den Unterschied, wenn man unter Fa jin und Fa Jing die Bildersuche bei Google aktiviert:

Es werden zu Fa Jin 26 Bilder mit mehr oder weniger Kung Fu-relevantem Inhalt gefunden und und zu Fa Jing werden 102 Bilder gefunden.

Egal, wie man nun richtig und falsch beurteilen will, der Begriff Fa Jing ist offensichtlich wesentlich populärer als Fa Jin.

Dieses Phänomen erlebt die Kampfkunst in Ländern mit lateinischen Alphabeten seit vielen Jahren. Begriffe wie Qi, Quan, Tai Ji etc., deren Pinyin-Schreibweise sich so langsam immer mehr durchsetzt, werden nach wie vor in den verschiedensten Varianten geschrieben: Chi, Tschi, Chuan, Chuen, Tschüan, TaiChi, Taichi usw. usf.


Fa Jin

Jemand, der die Betonung auf das Substantiv Jin legen möchte, sich an die Pinyin-Transkription hält, zwei chinesische Zeichen, die einen einzigen Begriff bilden regelgerecht zusammenschreibt, aber bei den Betonungszeichen nicht so pingelig ist, schreibt korrekt:

Fajin bzw. Fa-Jin

Man könnte aus dieser Perspektive auch Fa Jin gelten lassen, aber das wäre wohl bereits schon ein ziemliches Zugeständnis an die Lesegewohnheiten der Kampfkünstler.

Vom Standpunkt des Sinologen gesehen ganz korrekt schriebe er allerdings: fājìn


Fa Jing

Es ist ein Irrtum zu meinen, daß Fa Jing deshalb falsch wäre, weil Jing ein Adjektiv (kraftvoll, stark, hart) ist. Substantive und andere komplexe Begriffe können sich im Chinesischen auch aus Adjektiven und/ oder Verben zusammensetzen:

fāyù – Entwicklung, zusammengesetzt aus aussenden (fā) und erheben (yù)
fāmíng – Erfindung, zusammengesetzt aus aussenden (fā) und hell, klar (míng)


Ergo: Ein allgemeingültiges Urteil über richtig und falsch von Fajin oder Fajing kann in meinen Augen nicht getroffen werden, bitte aber um weitere Argumente.

nagual
29-08-2005, 13:42
Sich mit sprachlichen Feinheiten einerseits zu beschäftigen, und mit Übungsmethoden und Zielsetzungen andererseits, sind zwei verschiedene Dinge, die zwar manchmal zusammengehören, aber dennoch zwei getrennte Bereiche sind.
Wenn man sich damit beschäftigt, welches Pinyin-Wort und welches chin. Zeichen irgendwofür richtig ist, ist das von Übungsmthoden und Trainingseffekten vollkommen unabhängig, manche interessiert es, manche anscheinend nicht.

@KFSB
Die Zeichen, die du gerade gepostet hast, sind Langzeichen für fa und jin.
Die Sache, wann und ob man Adj. und Verben an welche anderen Worte heransetzen kann und darf, läßt sich nicht so einfach beantworten.
Die Beispiele, die du gebracht hast, sind anscheinend einfach Worte aus zwei Silben, und meistens hat jede Silbe auch eine Bedeutung als einzelnes Wort.
Man kann deswegen diese Beispiele nicht verallgemeinern und auf unseren Fall hier übertragen.

nagual
29-08-2005, 13:46
Hier ist das Kurzzeichen für fa: http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?53D1
hier für jin: http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?52B2

Thorre
29-08-2005, 13:56
@KFSB
Die Zeichen, die du gerade gepostet hast, sind Langzeichen für fa und jin.
Die Sache, wann und ob man Adj. und Verben an welche anderen Worte heransetzen kann und darf, läßt sich nicht so einfach beantworten.
Die Beispiele, die du gebracht hast, sind anscheinend einfach Worte aus zwei Silben, und meistens hat jede Silbe auch eine Bedeutung als einzelnes Wort.
Man kann deswegen diese Beispiele nicht verallgemeinern und auf unseren Fall hier übertragen.

Das sehe ich auch so. Mein Hinweis war ja eben deshalb als Argument gegen die mögliche (aber hier von niemandem vorgebrachte) Verallgemeinerung gedacht, daß Fajing falsch sein müsse, weil es sich nicht auf das Substantiv Schlagkraft sondern auf das Adjektiv kraftvoll beziehe.

Denn es wäre im übersetzenden Prozeß ebenso sinnvoll zu sagen "Kraftvolles Aussenden" wie "Kraft aussenden", oder meinst Du nicht? Wo läge der Unterschied?

PS: Denke bitte daran, daß nicht alle Leute chin. Schriftzeichen installiert haben - die sehen bei Deinen Beispielen nämlich nichts. Besser sind immer Gif´s...

nagual
29-08-2005, 13:59
Was den engl. Text inhaltlich angeht, sehe ich es so, dass es beide Sachen gibt, einmal die Sache, wo man davon ausgeht, dass man quasi Geist, Energiefluß und Krafteinsatz so synchronisiert, dass diese drei Ebenen nicht mehr zu trennen sind, und man dann auf effektive und wirkungsvolle Art schlagen oder punshen kann (oder andere Techniken).
Der spontane Ausdruck, wo es zu einer eher unwillkürlichen Kraftexplosion, kommt, die dann auch ggf. entsprechend heftiger ausfallen kann, ist für mich erst einmal eine andere Geschichte.

Offensichtlich gibt es ja auch unterschiedliche Trainingswege, die hierbei unterschiedliche Schwerpunkte setzen, in dem das eine angestrebt wird, und das andere evtl. uninteressant ist (oder umgekehrt). Manchmal wird evtl. versucht, beides aneinander anzugleichen.

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es viele verschiedene Variationen gibt, d.h. auch Techniken, die als Fa Jin bezeichnet werden, aber nicht soviel mit dem spontanen, unwillkürlichen Ausbruch zu tun haben.

Weil "jin" bzw. http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?52B2 ein sehr neutrales und vielfältig einsetzbares Wort ist (genau wie "Kraft" im Deutschen), ist die Verwendung davon auch völlig legitim, auch wenn damit z.B. Methoden gemeint sind, die total anders sind, als Taiji-Figuren, sagen wir mal Hung Gar-Block-Techniken als Beispiel.

nagual
29-08-2005, 14:13
@KFBS: Wo bekomme ich die Gif's denn her?

Die chin. Sprache ist grammatisch total auf die Reihenfolge der Wörter hin ausgerichtet.
Ich weiß auch nicht, ob man "Fa Jin" überhaupt als ein Wort betrachtet kann, so dass es dann im Pinyin "Fajin" heißen müßte. Im Chin. kann so etwas wegen der Verwendung der Zeichen nicht entschieden werden, weil dort einfach die beiden Zeichen hintereinanderstehen und man muss eben wissen, ob es ein oder zwei Wörter sind, oder es ist auch oft egal, wenn man es versteht.
Adj. kommen nach Verben eigentlich nicht vor, außer eine ganz bestimmte, eher kleine Auswahl von Wörtern, und zwar als sog. Komplement des Resultats, z.B. "wo kan wan le", d.h. "Ich habe zuende gelesen", aber dann eigentlich immer auch das Partikel "le" vor. Deswegen kann es sich bei dem Wort hinter dem Verb hier meiner Einschätzung nach nur um ein Objekt handeln, und damit wäre es ein Substantiv, also Kraft, also Aussprache "jin". Im chin. können ganze Sätze in folgenden Sätzen als Subjekt dienen, und auch solche kurzen Wortkombinationen als unvollständige Sätze als grammatische Funktion die Funktion von Subjekt oder Objekt einnehmen.
"jin" hinter dem Verb "fa" dürfte höchstens als Komplement des Grades verwendet werden dürfen, dann müßte dazwischen aber das Partikel "de" stehen. Die Bedeutung wäre dann aber, dass es sich um ein "starkes Aussenden" handelt, und nicht mehr, dass "Kraft ausgesendet" wird.

Thorre
29-08-2005, 14:25
Nagual, die Gifs bekommst Du z.B. HIER (http://www.mandarintools.com/worddict.html) (unten „Gif“ einstellen) und auch HIER (http://chineselanguage.org/CCDICT/index.html). Schau Dir unter „Bildeigenschaften“ die URL des Gifs an und gib diese URL dann im Forum als Image-Link ein.

Deine Aussage über die Adjektive ist nicht korrekt. Wie ich schon schrieb, existieren durchaus Kombinationen aus Verb und Adjektiv

Beispiel:

fāmíng – bedeutet Erfindung, zusammengesetzt aus aussenden (fā) und hell, klar (míng)

nagual
29-08-2005, 14:33
Deine Aussage über die Adjektive ist nicht korrekt. Wie ich schon schrieb, existieren durchaus Kombinationen aus Verb und Adjektiv

Beispiel:

fāmíng – bedeutet Erfindung, zusammengesetzt aus aussenden (fā) und hell, klar (míng)

"faming" ist aber ein einzelnes Wort, während "fa jin" zwei Wörter sind. Außerdem gibt es "ming" auch als Substantiv, so dass man davon ausgehen kann, dass eine substantive Bedeutung in das zusammengesetzte Wort eingeflossen ist.

Thorre
29-08-2005, 14:56
"faming" ist aber ein einzelnes Wort, während "fa jin" zwei Wörter sind. Außerdem gibt es "ming" auch als Substantiv, so dass man davon ausgehen kann, dass eine substantive Bedeutung in das zusammengesetzte Wort eingeflossen ist.


fāmíng (Erfindung) ist tatsächlich ein eigenständiger Begriff. Das ist aus der Sicht eines Sinologen fājìn aber ebenso.

Ich erinnere daran, daß der Sinologe Dr. Filipiak in seinem Buch „Die chinesische Kampfkunst“ Begriffe wie taolu, sanda, Houquan, wuxing, daoyin etc. immer zusammenschreibt, d.h. als einen Begriff (also ein Wort) auffaßt, weil sie einen Spezialterminus darstellen. So schreibt ein Sinologe eben auch Qigong und nicht Qi Gong.

Vor diesem Hintergrund kann man Fajin/ Fajing durchaus als einen Spezialterminus auffassen (ebenso wie Qigong), der ein einziges Wort bildet.


Weitere Beispiele:

dǎndà - tapfer - Zusammensetzung aus Galle (dǎn) und groß (dà)
mìngkǔ - unglückselig - Zusammensetzung aus Leben (mìng) und bitter (kǔ)

Klaus
29-08-2005, 15:01
Das ist irgendwie so wie fussballspielen und Fussball spielen fundamental zu unterscheiden. Wenn der Kaiser von "jo, des is der Fussball" spricht, meint er auch nicht den runden Ball. Beides meint die gleiche Sache. Fajing gibt es auch als Substantiv und Vorgang, "der Fajing" als eine Umschreibung des Vorgangs, und "fa jing" als konkrete Tätigkeit, etwas machen. Möglicherweise würde völlig korrektes Pinyin das eine Jin und das andere Jing schreiben, ist jedoch für die Kenntnis dieses Vorgangs völlig gleichgültig.

Das Zeichen enthält übrigens eine fundamentale Weisheit und Kenntnis bei denen die das Zeichen erfunden haben, es enthält "Innerer Fluß" (wie Pflanzensaft), und Kraft. Passt erheblich besser als "geistige Kraft des reinen Ich-Bewusstseins aktiviert mythische Kraft der Götter". Möglicherweise haben diejenigen auch erlebt daß da ein strömendes Gefühl vorher kommt und es macht bumm.

nagual
29-08-2005, 15:06
Ich hatte gerade nochmal ein Engl.-Chin.-Dictionary für KK-Fachbegriffe herausgekramt, dort ist auch nur "fa jin" vermerkt.
Sicher ist es möglich, das als einen Begriff zu sehen, bei "faming" hat sich Bedeutung des Wortes aber schon von den Bedeutungen der einzelnen Wörter entfernt, weil "erfinden/Erfindung" etwas anderes ist als "Klarheit/Helligkeit aussenden".

Eigentlich erstaunlich, dass sich etwas, was sich möglicherweise als Fehler oder zumindest ziemliche Ungenauigkeit herausstellt, so weit verbreitet ist.

Deswegen hatte ich mich ja ursprünglich gefragt, ob mit dem "jing" nicht doch etwas anderes gemeint sein könnte, weil diese Aussprache-Geschichte ist mir eigentlich nicht so wichtig, wenn ich denn die chin. Zeichen richtig identifiziert habe.

Klaus
29-08-2005, 15:07
Sowohl "starkes Aussenden" als auch "Kraft produzieren" passt beides. Eventuell passt starkes Senden vielleicht sogar physiologisch eher, weil es der gleiche Vorgang ist wie leicht Jing zu verwenden, nur massiv, so daß der Muskel zuckt. "Samen" ist übrigens definitiv nicht gemeint, das ist ein ganz anderes Wort.

nagual
29-08-2005, 15:18
Möglicherweise haben diejenigen auch erlebt daß da ein strömendes Gefühl vorher kommt und es macht bumm.

Kann sein oder nicht. Das dürfte aber schon so lange her sein, dass das mit dem heutigen Zeichen nichts mehr zu tun hat.
Meistens kümmern sich die Chinesen nicht besonders um die Radikale, die in den Zeichen sind, und die meisten Zeichen haben sich von irgendwelchen früheren Ideen so weit entfernt, dass Vermutungen darüber ein reines Rate- und Projektionsspiel sind.
Auch ist davon auszugehen, dass in der länger zurückliegenden Vergangenheit oft einzelne Radikale in den Zeichen verändert und vor allem nichtssagende Radikale hinzugefügt wurden, damit man sie auch in anderen Gegenden mit anderen üblichen Schreibvarianten sicherer wiedererkennen kann. Daher auch die häufig radikal-überladenen Langzeichen. Später dann wieder Kurzzeichen, die teilweise schon in alter Vergangenheit mal gebräuchlich gewesen sind, in denen aber nur noch relativ wenige sinnvolle Assoziationen enthalten sind.

Thorre
29-08-2005, 15:18
Nun was die chinesischen Zeichen betrifft, da herrscht Klarheit. Ich habe bei mehreren chin. Autoren nachgeschlagen, die jene Schriftzeichen angeben, die ich oben gepostet habe.

Vor diesem Hintergrund ist eben auch klar, worauf sich Fajin/ Fajing ursprünglich bezieht:

Ob man nun sagt die „Eruption von Kraft“ oder „Kraftvolle Eruption“ – ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wo der Unterschied liegen soll!

nagual
29-08-2005, 15:20
"starkes Aussenden"
das würde meines Wissens dann aber "fa de jing" heißen, und wäre ein Ausdruck, der sich nicht einfach substantivieren oder als Subjekt oder Objekt beliebig in Sätzen verwenden ließe. Höchstwahrscheinlich würde sich aber selbst das für einen Chinesen sehr komisch anhören, weil nicht gesagt wird, was denn ausgesendet wird.

Cherubin
29-08-2005, 15:25
auch wenn ich von der diskussion ein wenig abweiche:
kann mir jemand den unterschied/zusammenhang zwischen chi/qi und yin/jin(?) erklären ?

bezeichnet jin die fähigkeit mit dem chi umzugehen ?
(so habe ich es aufgefasst...)

nagual
29-08-2005, 15:27
Ob man nun sagt die „Eruption von Kraft“ oder „Kraftvolle Eruption“ – ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wo der Unterschied liegen soll!

"fa" heißt nicht "Eruption" sondern "aussenden", z.B. ein Telegramm.
Ich würde deswegen annehmen, dass man dann, wenn man nicht Kraft aussendet, sondern etwas kraftvoll aussendet (was sich wahrscheinlich im chin. noch dämlicher anhört als im Deutschen), sich fragen würde, was man denn überhaupt kraftvoll aussenden kann, und das müßte in einem chin. Satz mit diesem Wort dann auch erwähnt werden.

nagual
29-08-2005, 15:29
bezeichnet jin die fähigkeit mit dem chi umzugehen ?

"jin" bedeutet einfach "Kraft", wie schon erwähnt, und hat mit Qi erst einmal nichts zu tun.
Wenn "jin" aber im Kontaxt von Taiji und inneren KK als Fachbegriff benutzt wird, hat es etwas damit zu tun. Das ist dann aber mehr Taiji- und innere-KK-Theorie als zwangläufig in dem Wort zum Ausdruck kommt.

Cherubin
29-08-2005, 15:35
"jin" bedeutet einfach "Kraft", wie schon erwähnt, und hat mit Qi erst einmal nichts zu tun.
Wenn "jin" aber im Kontaxt von Taiji und inneren KK als Fachbegriff benutzt wird, hat es etwas damit zu tun.....

:confused:

ich ziehe meine frage zurück... ;)

Thorre
29-08-2005, 15:36
Nagual, daß fā "aussenden" bedeutet, stimmt nur bedingt. fā kann auch bedeuten: starten, schießen, initiieren, ausdrücken, abfeuern, enthüllen, erleuchten, auslösen ...

Die Frage wäre jetzt, ob man ein schießen kraftvoll oder ein abfeuern hart als sinnvollen Terminus bezeichnen kann, um das auszudrücken, worum es eigentlich geht.

Klaus
29-08-2005, 15:38
Da ziemlich bekannt ist wofür das WORT Fajing benutzt wird, sollte man sich lieber mit dem beschäftigen was da passiert, als vom Wort ausgehend versuchen etwas anderes hineinzuinterpretieren als eben tatsächlich faktisch passiert und von lebenden Individuen wie Chen Xiaowang oder Ma Jiangbao nach Belieben gezeigt werden kann. Ein Telegramm zu verschicken ist was anderes als eine Idee haben oder einem den Kopf vom Rumpf zu plästern, für alles wird trotzdem eins der Worte gleich gewählt. Vielleicht sind wir morgen dann bei Fajing = höfliche Aufforderung an einen Fremden sich den Kopf gleich selbst einzuschlagen, mit einem Werkzeug seiner Wahl. Jeder dem Jing oder Fajing mal körperlich passiert, kann es nachvollziehen was da mit ihm passiert, weil er ein Gefühl und Erlebnis hat. Im Zweifel glaube ich auch eher einem Chen Xiaowang der sagt, er hält es für einen Reflex, wie Niessen, und daß es um Kraft geht, als einem der mit blumigen Formulierungen über die Macht des Geistes kommt. Insbesondere weil ich persönlich es in allen möglichen Varianten selbst an mir und von mir selbst erlebt habe, und keine Bücher brauche um mir zu berichten. Daß man mir vor 30 Jahren bereits mal erklärt hat aus mir einen "Master of Jings" zu machen, hat es mir auch nicht leichter gemacht, weil ich nicht mal gewusst habe was man von mir will. Erlebt habe ich es inzwischen, genau erklären kann ich es aber immer noch nicht. Ich weiß nur daß es passiert ist, wie es sich anfühlt, was ich gemacht und besonders nicht gemacht habe um dahin zu kommen, und daß mein Aufwand eher gering war über die Jahre.

nagual
29-08-2005, 15:51
Die Frage wäre jetzt, ob man ein schießen kraftvoll oder ein abfeuern hart als sinnvollen Terminus bezeichnen kann, um das auszudrücken, worum es eigentlich geht.

Was mein relativ beschränktes sinologisches Wissen angeht, kann es sich bei dem Wort hinter dem "fa" nicht um ein Adjektiv handeln, sondern eine substantive Bedeutung würde sich von der Grammatik total in den Vordergrund stellen. Falls "jing" tatsächlich irgendwie korrekt sein sollte, dann mit Sicherheit nicht, weil es ein Adjektiv ist (oder auch sein kann), sondern einfach, weil es sich evtl. auch in China so eingebürgert hat.
Die Übersetzung lautet dann auf jeden Fall "Kraft aussenden" oder "Kraft abfeuern", wobei "abfeuern" sich als Bedeutung dann wohl aus der "Kraft" ergibt, bei einem Telegramm würde man sicher nicht daran denken.
Deswegen sind die Übersetzungen im Wörterbuch auch manchmal schon Interpretationen des eigentlichen Sinnes, der nicht immer einfach herauszufinden ist.


Chen Xiaowang der sagt, er hält es für einen Reflex, wie Niessen, und daß es um Kraft geht, als einem der mit blumigen Formulierungen über die Macht des Geistes kommt.

Was den engl. Text angeht, finde ich, dass dann, wenn man ihn so versteht, dass Geist, Energie und motorische Tätigkeit synchronisiert werden sollen, was natürlich vom Geist ausgeht, weil es muss ja erst einmal intendiert werden, dann sehe ich dazwischen und dem Reflex-Aspekt keinen besonderen Widerspruch.

Klaus
29-08-2005, 18:09
Du intendierst also bevor Du niesst ? Bei mir passiert es einfach so, solange mein Körper intendiert jetzt zu niessen.

Geist ist ein weiter Begriff. Ich nenne Geist auch das was man nicht merkt, was mal eingreift wenn es sinnvoll ist. Ich bezeichne es wenn man es absichtlich macht als bewusst, und es ist in der Anwendung niemals bewusst. Meine Absicht ist das Tor zu treffen, oder noch gröber, ein Tor zu werfen, alles was dahinter passiert ist irgendwo intuitiv und nicht willentlich. Es gibt sicher hin und her oder Übergänge von gewollten und nicht gewollten aber erwünschten Aktionen, das Kribbeln setzt aber immer dann ein wenn ich Kraft brauche, nicht weil ich es will. Interessanterweise kommt es aber dazu daß wenn ich es absichtlich negativ einsetze, um einem eine rein zu hauen, daß ab einem bestimmten Moment die Kraft versiegt, bevor sie viel Schaden anrichtet. Es gibt damit eine Kontrollinstanz die sich dem Bewussten entzieht. Jeder bei dem mal in schlafmützigen Situationen Gefahr gedroht hat, und der plötzlich aktiv geworden ist ohne zu wissen warum, kennt es wenn ihm sein Yi in den Hintern tritt oder gleich selbst am bewussten Sein vorbei ins Geschehen eingreift und was macht. Manchmal erlebt man Sternstunden wenn man jemanden retten muß und plötzlich auf die Strasse rennt um einen von der Bahn zu schubsen bevor er unter dem Laster endet, und in solchen Situationen merkt man daß da was ist womit man über sich hinauswächst. Es ist gut zu wissen daß es sowas gibt, und man muß es nicht "trainieren" als wäre es ein Haustier. Es ist eher etwas in Richtung eigene Seele, etwas das mehr kann und weiß als man bewusst merkt. Etwas das aber nicht immer alles regelt, weil es nicht die Aufgabe hat. Es ist aber ein Bestandteil inneren Trainings, zu üben mit diesem höheren Willen in Einklang zu handeln und "gemeinsam", loslassend zu agieren. Im Gegensatz zu fixiertem alles selber kontrollieren wollen müssen. Man kann üben loszulassen und immer noch, oder sogar mehr als vorher, immer richtig zu handeln. Man kann es aber nicht einschalten indem man auf einen Knopf drückt, es spielt sich zuviel ab bis man eine Balance hat zwischen bewusstem Wollen und Intuition, wo man sowohl als auch in seinem Leben hat. Im Wettkampfsport merkt man wenn man fixiert auf Wollen ist, man handelt auch wenn sich kurzfristig was ändert was der Aktion den Sinn nimmt, und andere Leute merken was man vorhat. Wenn ich stark auf Reflexe oder Intuition gehe, weiß ich vorher nicht mal selbst was ich genau mache, und reagiere auch im Handeln noch wenn sich der Torhüter woander hin wirft als ich dachte.

nagual
29-08-2005, 18:52
Du intendierst also bevor Du niesst ? Bei mir passiert es einfach so, solange mein Körper intendiert jetzt zu niessen.


Wenn ich merke, dass ich niessen muss, bzw. mein Körper niessen will, dann habe ich meistens noch ne Sekunde Zeit, um mir zu überlegen, ob ich es auch will, und ich evtl. versuche, es zu unterdrücken, oder ich versuche manchmal es zu verstärken, in der Hoffnung, die Wege dann wieder richtig frei zu haben. Beides ist meistens eingeschränkt möglich. Manchmal merke ich, dass der Körper selbst die richtige Intensität wählt, manchmal merke ich, dass einmal wohl nicht reichen wird, und sicher ein zweites Niessen hinterherkommen wird.

Wenn man die Aussage "Fajin ist wie niessen" total wörtlich nimmt, dann wären "echte Fajins" in Formen ja letztendlich genauso selten, wie Niessen bei den Vorführungen, und außerdem total ungünstig, dass solche Figuren überhaupt in den Formen eingebaut sind. (Naja zum Glück gibt es da den Yang-Stil, der ist dann wahrscheinlich empfehlenswerter als der Chen-Stil)

Empfiehlst du eigentlich Leuten, die entsprechenden Figuren in den Chen-Formen wegzulassen, bzw. die Bewegungen einfach rund, fließend oder langsam, wie alles andere auch, durchzuführen?

Synchronisation von Geist, Energie und Motorik/Körper bedeutet für mich, dass nicht eine Sache totale Dominanz über alles andere hat, sondern, dass Kontrolle einerseits in möglichst optimaler Harmonie erfolgt, und andererseits die Kontrolle bei Bedarf auch ohne große Verzögerung durch Nachdenken o.ä. verschwindet, damit der Körper autonom handeln kann. Die Intendierung bei Übungen oder auch dauerhaft für das tägliche Leben steht als Idee am Anfang, und wird regelmäßig wieder aufgefrischt, stellt aber kein totales Kontrollwerkzeug oder irgendetwas besonders mystisches dar.

Diese eher allgemeine Idee kann dann auch auf vielfältige und sehr unterschiedliche Weise genutzt werden, wie ja die Vielfalt der KK-Stile zeigt. Manche üben halt mehr Kontrolle aus, andere weniger oder auch möglichst wenig.

Ob der Verfasser des Textes auch so denkt, weiß ich natürlich nicht, wirklich weit entfernt scheint er davon aber nicht zu sein.
Bei manchen nicht ganz optimalen Formulierungen lasse ich gerne auch ein bisschen "good will" gelten, ich kann nicht selbst auch nicht immer 100%ig ausdrücken.

Klaus
29-08-2005, 19:32
Ich empfehle niemandem korrekte Übungsbewegungen einfach wegzulassen. Konkret in Aktionen können die Bewegungen aber völlig anders aussehen, und müssen intuitiv kommen und passen.

Fajing mit Niessen zu vergleichen ist nicht vollkommen richtig. Es ist eher so daß die körperliche Explosion so ähnlich ist. Man merkt es kommt, dann kann man noch überlegen ob man unterdrückt, nur wenn es kommt dann macht man etwas hastiges ohne willentlich Einfluß zu haben, der gesamte Niessvorgang ist autonom, wie sich die Hand verbrennen und wegziehen. Jing ist meiner Meinung nach nichts anderes als ein bestimmter Schutzmechanismus im Körper der bestimmte Chemikalien und bestimmte Abläufe in Gang setzt, die auf die Muskelmechanik wirken. Man kann üben ihn bewusst auszulösen, aber in realen, nicht geplanten Aktionen kommt es nur spontan dazu an der richtigen Stelle ins Spiel gebracht zu werden. Genauso wie der Körper auch dosiert wie heftig er niesen will, um das vermaledeite Etwas aus der Nase zu bekommen. Im optimalen Zustand benutzt der Körper diese Fähigkeit von alleine wie einen Nachbrenner oder eine Lachgas-Einspritzung, um mehr PS zu bekommen wo er sie braucht oder möchte. Man muß und kann auch nicht mehr überlegen, es passiert, bei fest gemeinten Aktionen, wie Werfen von Bällen unter Umgehung einer abwehrenden Person ("Torwart"), oder beim Umhauen unbeliebter nicht akzeptierter Personen denen man gewisse Aktivitäten mit solchen Mitteln untersagt, im übertragenen Sinne nur auf die Finger hauen. Der wohlgeformte Körper erkennt von alleine wohin er gerade am besten hauen kann und wie er es am sinnvollsten tut. Im Training schafft man nur Grundlagen.

Thorre
29-08-2005, 23:17
Hallo Nagual, mal als Hypothese: Fajing ist als selbständiger Begriff den üblichen Regeln der Wortbildung (Morphologie) der chin. Sprache unterworfen. Obwohl hier Wortbildungen seltener durch Wort + Adjektiv stattfinden, als durch Wort + Substantiv so kommen sie doch immerhin so häufig vor, daß man dies für den Fall Fajing nicht ausschließen kann.

Hier mal einige Begriffe, die gebildet wurden durch eine Verbindung eines Wortes + Adjektiv. Das Adjektiv steht immer an zweiter Stelle. Soviel erst mal nur zur Frage, ob Begriffsbildung durch beliebiges Wort + Adjektiv möglich ist.

Wenn aus anbinden und neu ein Begriff entsteht, warum nicht aus aussenden und stark ?


danque = befangen -> Galle + erbärmlich
piaobai = bleichen -> fließen + weiß
guoxiao = Grundschule -> Staat + klein
kuangre = fanatisch -> unkontrolliert + heiß
kunzhong = Brüder -> Nachkommenschaft + zwischen
qingxin = erfrischen -> klar + neu
weixin = Reform -> anbinden + neu

nagual
30-08-2005, 09:33
Das Problem, was ich bei deiner These sehe, ist, dass erstens "fa" ein Verb ist, welches ein Wort dahinter sofort entweder zum Objekt oder zu einem Komplement (des Resultats) macht. Wenn ein Wort ein Objekt ist, dann ist es ein Substantiv.
Wortbeispiele mit Kombinationen aus Subst. und Adj. können hierfür nicht herangezogen werden.
Außerdem müßtest du bei den ganzen Beispielen nachschauen, inwieweit deine Adjektive nicht sowieso als Substantive verwendet werden dürfen.

Wenn du dir ein Wort suchst, welches es nur als Adjektiv gibt aber nicht als Substantiv, dann wirst du sicherlich Schwierigkeiten bekommen, dieses hinter einem Verb als Fachbegriff für irgendetwas zu verwenden.

In unserem Fall haben wir ein Wort/Zeichen, welches sowohl als Adj. wie auch als Subst. verwendet wird, nur haben wir eben dann die andere Aussprache, halt "jin" und nicht "jing". Mit "jing" müßte man aber eigentlich die adjektivische Bedeutung betonen.
Es könnte aber auch sein, dass es in China aus was weiß ich für Gründen in diesem Fall anders ist. Vielleicht wird in irgendwelchen Gegenden auch "jing" für die substantive Bedeutung gesagt, weil die evtl. eine Tendenz haben, alles zu ver"ING"en. Eine Chinesin hat mir mal gesagt, dass es Gegenden gibt, in denen gerne alles ver"OING"t wird, so ähnlich wie sie in Peking alles ver"ERRR"en, oder weiter weg von Peking kaum noch "SCH"s aussprechen, sondern immer nur "s".

Wenn du es wirklich so genau wissen willst, hilft nur Chinesisch lernen und Chinesen selbst befragen, wobei meine Erfahrung ist, dass die solche Sachen meistens auch nicht wissen.

Die chinesische Sprache ist ziemlich merkwürdig. Trotz den ganzen bildlichen Vorstellungen, die den Zeichen zugrundeliegen, oder mal zugrundegelegen haben, ist sie eigentlich eher assoziationsarm, im Vergleich zu europäischen Sprachen, und deutlich stumpfer und direkter kodiert. Es gibt halt einen Bereich von Bedeutungen für ein Wort, aber man kann die Bedeutungen nur relativ selten auf andere Ebenen übertragen und dann damit spielen, eine Sache, wo die europäischen Sprachen ja sehr von leben.
Ebenso die Grammatik, teilweise müssen manche Sachen sehr streng beachtet werden, damit überhaupt ein vernünftiger Sinn zustande kommt, und für den Ausdruck bestimmter Sinnzusammenhänge hat man oft nur sehr wenig Möglichkeiten, sondern es gibt praktisch nur einen Weg. Andererseits gibt es im gewöhnlichen Umgang mit der Sprache tausend Sachen, die sich eingebürgert haben, und den Regeln widersprechen.
Wegen dieses anderen Kodierungsstils sprechen Chinesen auch so komisch, wenn sie z.B. deutsch oder englisch sprechen. Sie kodieren dann die deutschen und englischen Wörter im chinesischen Stil, weil sie nicht gelernt haben, die Assoziationen und Vielschichtigkeiten zu benutzen. Wenn man als Europäer Chinesisch lernt, hat man ein vergleichbares Problem. Man muss für seine ganzen gewohnten Assoziationsspiele verschiedene Ausdrücke im Chin. erlernen, so dass der Lernumfang explodiert.

Was mir als letztes noch einfällt, ist, dass man die Sache auch von der Regel der Pinyin-Verwendung her betrachten kann: Auch wenn tausend Leute "jing" sagen, wenn sie das entsprechende Zeichen meinen, MUSS die schriftliche Pinyin-Variante "jin" heißten, weil in der Wortkonstrukltion nun mal das Substantiv gemeint ist, und das steht im Wörterbuch unter "jin"!
Sowohl der oben erwähnte Yiquan-praktiker (offensichtlich Sinologe) wie auch mein Engl.-Chin.-Dictionary und viele andere Leute sind dieser Auffassung.

Renner
30-08-2005, 20:24
Ich werf mal was in Raum.
Da ich mich mit chinesisch leider noch nicht auskenne, hab ich mal geschaut ob ich was zu Fajing, oder wie auch immer es geschrieben werden muss und sollte, finde:

Hab was gefunden in Stuart Olson "Das Wesen des Taiji-Quan"

Er schreibt es Fa Jin und das soll die Pinyin Umschrift sein.

Erläuterung von ihm:
Das Schriftzeichen Fa besteht aus drei Komponenten. Das Wurzelzeichen Bo bedeutete ursprünglich "den Rücken zudrehen" oder "nicht folgen" im Sinne von "nicht zustimmen". Unten steht Gong, das Zeichen für "Bogen", und Shi, das Zeichen für "Pfeil". Früher hatte Fa die Bedeutung "einen Pfeil auf einen Gegner abschießen".Heute versteht man darunter "latente Energie dehnt sich aus". Im Laufe der Zeit sind weitere Bedeutungen wie "absenden,äußern" und "ausstoßen" dazugekommen.

Unter Jin versteht er wesentliche Energie und trennt dies strickt von Li was wohl Kraft bedeutet.
Desweiteren hält er fest, das die Sehnen im Chinesichen ebenfalls als Jin bezeichnet werden, dies aber ein anderes Schriftzeichen ist. Also im Sinne Sehnen funktionieren wie Gummibänder, elastische Energie.

Kenne mich in der Materie nicht weiter aus, da ich denke man diese Sachen (Energien) selbst erfahren muss um sie zu verstehen.

Vielleicht ist Gesprächsstoff dabei.

Gruss Renner

nagual
31-08-2005, 08:40
Unter Jin versteht er wesentliche Energie und trennt dies strickt von Li was wohl Kraft bedeutet.
Desweiteren hält er fest, das die Sehnen im Chinesichen ebenfalls als Jin bezeichnet werden, dies aber ein anderes Schriftzeichen ist. Also im Sinne Sehnen funktionieren wie Gummibänder, elastische Energie.

Ich habe mich mit zwei Chinesen, die beide keine KK-ler waren, unterhalten, und sie haben mir gesagt, dass die Wörter jin und li ziemlich ähnlich seien, und meistens könnte man im alltäglichen Gebrauch beides nehmen, einfach Kraft eben.
Deswegen finde ich es so wichtig, sowohl die Alltagsbedeutung wie auch die Fachbegriffsbedeutung zu kennen, damit man diese beiden Sachen ausbalancieren kann. Andauernd kann ich sehen, dass die Fachbegriffsbedeutungen meiner Einschätzung nach total aufgeblasen werden, weil anscheinend angenommen wird, es gäbe nur diese Fachbegriffsbedeutung und keine Alltagsbedeutung.

Als Schriftzeichen für "jin" habe ich folgendes gefunden: http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?7B4B
Übersetzung:
[1] [n] muscles; tendons; sinews [2] veins that stand out under the skin [3] plant fibers resembling tendon

Die Radikale sind übrigens Bambus (die bieden kleinen oberen Zeichen), dann links Fleisch und rechts Kraft

Trinculo
31-08-2005, 09:17
Ich habe mich mit zwei Chinesen, die beide keine KK-ler waren, unterhalten, und sie haben mir gesagt, dass die Wörter jin und li ziemlich ähnlich seien, und meistens könnte man im alltäglichen Gebrauch beides nehmen, einfach Kraft eben.

Ich nehme mal an, das ist ähnlich wie im Deutschen mit "Kraft" und "Stärke". Meistens sind sie synonym, aber sie sind nicht völlig austauschbar, weil sie nicht immer im gleichen Kontext verwendet werden können. Man kann z.B. von einem Kraftaufwand sprechen, aber nicht von einem "Stärkeaufwand". Soweit mir bekannt, wird im Yiquan zwischen beiden nicht sonderlich unterschieden. So bezeichen "Mo Jin" und "Mo Li" das Gleiche, nämlich das Fühlen der Kraft.


Deswegen finde ich es so wichtig, sowohl die Alltagsbedeutung wie auch die Fachbegriffsbedeutung zu kennen, damit man diese beiden Sachen ausbalancieren kann. Andauernd kann ich sehen, dass die Fachbegriffsbedeutungen meiner Einschätzung nach total aufgeblasen werden, weil anscheinend angenommen wird, es gäbe nur diese Fachbegriffsbedeutung und keine Alltagsbedeutung.

Ich weiß genau wovon Du redest, ich habe mal in einer WG mit einem Physiker gewohnt :D Da musste ich mir dauernd anhören, wie dumm die meisten Leute doch sind, weil sie "Arbeit", "Energie", "Geschwindigkeit", "Kraft" etc. ständig falsch verwenden :rolleyes: Dass diese Begriffe von den Physikern aus der Alltagssprache entführt worden sind und nicht umgekehrt, war ihm wohl noch nicht eingeleuchtet ...

Viele Grüße,

Trinculo

Thorre
01-09-2005, 16:28
Um zunächst meinen persönlichen Stadpunkt in der Sache deutlich zu machen: Ich gehe davon aus, daß die Bezeichnungen Fajin, Fa-Jin bzw. Fa Jin korrekter sind, als die Termini Fajing, Fa-Jing bzw. Fa Jing. Ich sehe dies so, weil sich einerseits Meister wie Dr. Yang so äußern und weil es mir außerdem vor dem bescheidenen Hintergrund meiner Kenntnisse der chinesischen Schrift/ Sprache Sinn zu machen scheint.

Ich sehe aber trotzdem noch keinen Grund, die Termini Fajing, Fa-Jing bzw. Fa Jing als falsch zu bewerten. Und zwar einerseits, weil ich mit Sicherheit behaupten kann, daß die Begriffsbildung aus fa und einem Adjektiv im Chinesischen grundsätzlich möglich ist.

Beispiel: faji bedeutet ungeduldig werden, zusammengesetzt aus fa (aussenden) und ji (schnell, dringend, hastig, ängstlich) ji ist ein reines Adjektiv, es gibt keine Bedeutung als Substantiv.

Und zweitens, weil jing in einigen Übsersetzungen eben Stärke bedeutet. Das kann man im renommierten Dictionary Chineselanguage.org (http://chineselanguage.org/CCDICT/) nachprüfen: HIER (http://chineselanguage.org/cgi-bin/cedict.php?dbase=ce&query=52C1&first=0&encoding=utf8-tw) steht eindeutig jing = strength

Ich schätze, das Wirrwarr ergibt sich aus einer Veränderung der Transliteration im Laufe der Zeit. Vielleicht wurde früher nicht zwischen Jin und Jing in der Transliteration unterschieden...


_____________________________


Jetzt möchte ich nochmal Fa auseinandernehmen. Renner hatte ja einige wesentliche Aspekte schon beschrieben, ich möchte das konkretisieren:

Das Zeichen fa

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?767C

besteht aus dem Zeichen gong für Bogen

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?5F13

aus dem Zeichen shu für Speer, Helebarde

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?6BB3

Schließlich spielt auch das Zeichen bo http://chineselanguage.org/images/bushou/rad105.gif eine Rolle, es befindet sich über gong und shu, bedeutet etwa „Füße die in verschiedene Richtungen gehen“ und wurde abgeleitet aus dem Zeichen zhi für Fuß

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?6B62



Das Zeichen shi für Pfeil

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?77E2

taucht im traditionellen Zeichen fa nicht auf. Es taucht höchstens im Kurzzeichen für fa auf, wie man hier schön sehen kann, wäre eine solche Interpretation möglich:

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?53D1

nagual
01-09-2005, 17:01
Wenn du dich dafür interessierst, wie Wortbildungen im Chinesischen funktionieren, wie bestimmte Worte vor langer Zeit entstanden sind, und wie Fachbegriffe gebildet werden, und wie du selbst aus Worten neue Worte machen kannst, dann mußt du Sinologie studieren. Oder zumindest Chinesen befragen, aber die eigene Denklogik bringt hier meiner Erfahrung nach absolut nichts!
Versuch mal aus Fa und irgendeinem anderen Adjektiv selbst ein Wort zu bilden, und schlage das einem Chinesen vor. Meines Wissens geht das nicht!

"Fa" ist übrigens eines der Wörter, in denen sehr verschiedene Dinge zusammengeflossen sein können, weil in zusammengesetzten Wörten sind die verwendeten Zeichen manchmal irgendwann in der Vergangenheit auch ausgetauscht worden. Das Kurzzeichen von "fa" steht für verschiedene "fa"s als Langzeichen.

Wenn aus irgendeinem Grund "Fajing" ein korrekter Begriff ist, dann hat das mit einer Sache allerhöchstwahrscheinlich nichts zu tun, und zwar mit deiner These der Begriffsbildung aus Wort und Adjektiv. Manche Sachen gehen, manche nicht, und selbst die Chinesen wissen meistens nicht warum, solche einfachen Vorstellungen wie Begriffsbildung aus Verb und Adj. ist möglich, sind Modelle, die viel zu oft in die Irre führen. Ich habe selbst oft nach zugrundeliegenden Regeln für die Verwendung von verschiedenen Wörtern gesucht, und war sehr oft erstaunt, wie wenig dort möglich ist, und wie wenig nachvollziehbare Regeln es bei den Sachen gibt, die einfach so sind, weil sie so sind.

Das Radikal Shi für Pfeil kommt auch in dem Kurzzeichen für "fa" nicht vor.

Das Kurzzeichen für "fa" ist einfach ein anderes Zeichen, welches eigentlich eine andere Bedeutung hat, man hat es für das andere "fa" dann auch genommen, weil man das Langzeichen einfach abschaffen wollte.

Klaus
01-09-2005, 17:07
Lassen wir einfach mal stehen daß Fajing heute eigentlich Fajin heissen müsste, und wer es falsch benutzen will macht es einfach weiter ... Wobei ich mich frage warum auch auf www.zhongwen.com immer beide Möglichkeiten gelistet werden, eine in Klammern. Hauptsache man weiß was es bedeutet, und was es alles NICHT ist ("wenn ich einen fest schubse und der fällt hin heisst das Fajin"). Wie wir ja alle wissen wird Delphin über Delfin demnächst dann auch Dällfiehn geschrieben damit jeder auch weiß der das Wort nicht kennt daß man es nicht Dehlfinn spricht. Sowas in der Art ist in Bezug auf Pinyin offenbar auch öfter gemacht worden, um Dinge "klarer" zu machen. Von mir aus kann also jeder das G weglassen wie er lustig ist.

Thorre
01-09-2005, 19:12
Hallo Martin, ich verstehe ja ganz grundsätzlich Deinen Standpunkt und teile ihn auch: wirklich gültiges Wisses im Bereich der chinesischen Sprache wird man nur von einem Sinologen erwarten können. Trotzdem bin ich über Deine neuen Argumente verwundert, die – glaube ich - im Gegensatz zu Deinen alten Argumenten stehen. Du hattest ja geschrieben:

„Das Problem, was ich bei deiner These sehe, ist, dass erstens fa ein Verb ist, welches ein Wort dahinter sofort entweder zum Objekt oder zu einem Komplement (des Resultats) macht. Wenn ein Wort ein Objekt ist, dann ist es ein Substantiv.

Wortbeispiele mit Kombinationen aus Subst. und Adj. können hierfür nicht herangezogen werden. Außerdem müßtest du bei den ganzen Beispielen nachschauen, inwieweit deine Adjektive nicht sowieso als Substantive verwendet werden dürfen.

Wenn du dir ein Wort suchst, welches es nur als Adjektiv gibt aber nicht als Substantiv, dann wirst du sicherlich Schwierigkeiten bekommen, dieses hinter einem Verb als Fachbegriff für irgendetwas zu verwenden.“

So. Das ist in meinen Augen eine eindeutige Aussage, nämlich die, daß hinter dem Verb fa kein reines Adjektiv stehen kann. Jetzt liefere ich Dir den Gegenbeweis mit dem Beispiel faji. Ich meine ja nicht, daß dies die Begründung für fajing ist, aber Du mußt doch wohl zugeben, daß es Deine grundsätzliche Aussage relativiert. Ich sehe ja auch, daß das selten vorkommt, aber wie faji HIER (http://chineselanguage.org/cgi-bin/cedict.php?dbase=ce&query=767C&first=0&encoding=utf8-tw) zeigt, kommt es eben vor, und daran kann nun auch ein Sinologe wahrscheinlich nicht viel ändern.

http://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?767Chttp://chineselanguage.org/cgi-bin/char.cgi?6025

Natürlich ist das, da stimme ich Klaus voll und ganz zu, ein Disput mit begrenzter Tragweite: China ist ein Land, so groß wie ein Kontinent. Da werden unzählige Dialekte gesprochen, deshalb ist die Aussprache des Wortes – und nur darum geht es ja bei Jin oder Jing – eigentlich völlig unerheblich. Denn die Basis ist hier nun mal die Schrift und da gibt es kein Problem mit Jin oder Jing...

nagual
01-09-2005, 20:17
@KFSB:
1.) Zu deinem Beispiel "faji", wie du in den Wörterbuchseiten sicher gesehen hast, hat "fa" nicht nur eine Bedeutung, sondern mehrere u.a. auch "werden" (so gibt es z.B. "fasheng" = "sich ereignen") und dazu paßt dann ein Adj./Eigenschaftsverb als Ergänzung natürlich besser als zur Bedeutung "aussenden". Das ist dann auch im Rahmen der normalen Grammatik, obwohl es auch einfach ein existierendes Wort ist, wofür keine grammatische Erklärung notwendig ist. (Z.B. weil manche Wörter früher nicht nur Adj./Verb/Subst. gewesen sein können, sondern alles gleichzeitig, das ist dann in einen Begriff eingeflossen, und heute existiert nur noch eine einzige Verwendung z.B. als Verb oder Adjektiv.) Bei der recht neugeschichtlichen oder aktuellen Entstehung von Fachbegriffen kann man dann nicht alle Möglichkeiten, was sprachgeschichtlich vor 1000 Jahren abgegangen ist, als Erklärungen heranziehen.
2.) Wie ich schon sagte, ist mein sinologisches Wissen auch relativ beschränkt, deswegen kann ich bei allem nicht definitv sagen und einschätzen, was richtig ist und was nicht.
Was ich aber nicht verstehe, ist, wie du bei einer so komplexen und eigenwilligen Sache wie einer Sprache (und dann auch noch Chinesisch) darauf bestehst, dass deine Logik (bei einem Wort geht's, dann müßte es bei einem anderen Wort auch gehen) unbedingt funktioniere müsse, und dass, wobei dir bestimmte grundlegende Kenntnisse über die Sprache anscheinend fehlen.
Im Deutschen werden z.B. viele Wörter mit Vorsilben wie z.B. "ver-" und "ent-" gebildet, und man kann damit sogar eingeschränkt neue Wörter erfinden, aber manche Kombinationen gehen einfach nicht, und bei manchen entsteht ein Sinn, der auch nicht ganz logisch ist. Warum gibt es z.B. die Wörter "verwerden" oder "entwaschen" nicht, obwohl man doch Vorsilben mit Verben vielfältig kombinieren kann?

Du mußt natürlich selbst wissen, ob du deinen eigenen Vermutungen oder Einschätzungen von anderen, denen immerhin ein beschränkter Erfahrungshorizont zugrundeliegt, wichtiger nimmst. Da gibt es auch keine generelle Regel, was besser ist.

Solange du aber nur rein spekulative Vermutungen hier äußerst, stelle ich gerne meine Einschätzung daneben. Aber wie gesagt, ich bin kein Sinologe und noch weniger Chinese, deswegen sind es eben nur Einschätzung auf der Basis von gerade mal zwei Jahren Chinesisch an der Uni.

Thorre
01-09-2005, 20:46
Also im Moment gibt es doch – wenn ich den Stand der Diskussion richtig einschätze – keine Position, die als sicher gelten kann. Und so lange dies so ist, dürfen wir wohl spekulieren. Es ging und geht mir auch nicht darum, daß meine "Logik ... unbedingt funktioniere müsse“. Im Gegenteil, ich räume ja ein, daß das mit Fajing nichts zu haben muß.

Nur, darum ging es nicht. Du hast eine Behauptung aufgestellt, die ich verstanden habe als die Aussage:

“Fajing kann nicht richtig sein, weil fa und Adjektiv niemals vorkommen kann.“ (Korrigier mich, wenn ich das falsch verstanden habe)

Und nur diese Aussage habe ich mit einem Beispiel widerlegt. Das hat nichts mit sinologischen Kenntnissen zu tun, sondern einfach mit der Fähigkeit zu recherchieren, ob unser fa tatsächlich niemals mit einem reinen Adjektiv vorkommt. Schlichte Überprüfung eines Arguments.

Ich folgere daraus nicht, daß deshalb Fajing richtig ist. Ich folgere noch nicht einmal, daß man noch mehr Beispiele finden muß. Ich sage nur, das von Dir vorgebrachte Argument (also das, was ich als Dein Argument verstanden habe) „kommt niemals vor“ ist einfach nicht richtig...

Und da Du dieses Argument ja, auf einer Hierarchieebene höher sozusagen, eingesetzt hast, um zum Schluß Fajing sei falsch zu kommen, relativiert meine Widerlegung Deines Arguments auch Deinen Schluß selbst. Das heißt immer noch nicht, daß Dein Schluß falsch ist, sondern eben nur, daß Du ihn nicht aus einem allgemeinen „fa + Adjektiv“-Argument ableiten kannst.

Du siehst, ich sehe das Ganze spielerisch. Mir ist es letztlich Schnuppe, obwohl ich schon gern wissen würde, was ein Sinologe zu der Sache meint. Vielleicht treiben wir ja noch einen auf.

Beste Grüße

nagual
02-09-2005, 07:19
“Fajing kann nicht richtig sein, weil fa und Adjektiv niemals vorkommen kann.“ (Korrigier mich, wenn ich das falsch verstanden habe)

Und nur diese Aussage habe ich mit einem Beispiel widerlegt. Das hat nichts mit sinologischen Kenntnissen zu tun, sondern einfach mit der Fähigkeit zu recherchieren, ob unser fa tatsächlich niemals mit einem reinen Adjektiv vorkommt. Schlichte Überprüfung eines Arguments.

Im Wesentlichen habe ich folgendes behauptet, bzw. behaupten wollen, auch wenn ich nicht immer alles vollkommen korrekt auf den Punkt gebracht haben mag:
1.) Es gibt in der chin. Grammatik nur wenige Möglichkeiten, dass auf ein Verb ein Adjektiv folgt, und wenn sie auftaucht, dann hat sie eine andere Bedeutung, als man es möglicherweise im Deutschen verstehen würde (ohne Grammatikkenntnisse bei Wort-für-Wortübersetzung). Ich hatte auch noch nicht alle Möglichkeiten aufgezählt, die mir inzwischen dazu eingefallen sind.
Außerdem muss man berücksichtigen, dass es im Chin. im Grunde keine Adjektive gibt, sondern nur Eigenschaftsverben. Das bedeutet, dass diese Verben im Satz als Prädikat angewendet werden können, wo dann im Deutschen das Verb "sein" in irgendeiner Form ergänzt werden muss. Beispiel "ta piaoliang" heißt übersetzt, "Sie ist hübsch", stumpfe Wort-für-Wort-Übersetzung "Sie hübsch".
Diese Eigenschaftsverben können nicht einfach beliebig irgendwo hingesetzt werden, und dann eine adverbiale Funktion erhalten. Adverbiale Attribute für das Prädikat müssen immer vor dem Verb stehen. Hinter dem Verb stehende Wörter erhalten immer den Charakter eines Komplements oder eines Objektes, was weitere Konsequenzen hat. Eine andere Möglichkeit wäre evtl. die Substantivierung des Verbes, die dann mit einem Eigenschaftsverb verknüpft wird.
Ich kann hierfür alles keine Beispiele angeben, weil meine Kenntnisse nicht ausreichen, die Richtigkeit dafür zu überprüfen.

Diese drei Möglichkeiten betreffen aber nur den Satzbau, und nicht die Kreation neuer Worte und Fachbegriffe!!!

Meiner Einschätzung nach ist nur die Kombination von Verb plus Objekt (d.h. Substantiv) für die relativ freie Bildung von neuen Begriffen geeignet.
Wenn man jetzt "fa" irgendwo doch mit einem Eigenschaftsverb zusammen findet, hat das meines Wissens nach immer andere Gründe, die den Schluß, "fa" könne doch mit dem Eigenschaftverb "jing" zusammen verwendet werden, nicht zulassen. Diesen Schluß hast du jedoch meines Eindrucks nach immer wieder versucht (einfach mit Beispielen ohne Berücksichtigung bestimmter grammatischer Regeln), und den halte ich nach wie vor nicht für gültig, und meine Empfehlung ist es, bei solcher Art Schlußfolgerungen sehr vorsichtig zu sein, weil man sich da auf extremes Glatteis begibt, wie schon erwähnt.

Mit anderen Worten, ich wollte dich darauf hinweisen, dass deine Recherchierungsmethoden ohne bestimmte Grammatikkenntnisse größtenteils untauglich sein dürften.

2.) Das "fajing" dennoch richtig sein kann, habe ich nachher durchaus ergänzt, aber keinesfalls aus dem Grund, dass man Verben beliebig mit nachfolgenden Eigenschaftsverben kombinieren kann.
3.) Es kann immer Ausnahmen geben, und solche Ausnahmen würden die Korrektheit einer Schlußfolgerung dann nicht bestätigen, weil es quasi Zufallstreffer wären.

Trinculo
02-09-2005, 09:26
Gibt es hier im Forum keinen Sinologen mit Chinesisch (Mandarin) als Muttersprache? Jetzt wäre ein geeigneter Zeitpunkt, schlichtend einzugreifen ;)

Ich glaube, wir haben (ihr habt) das Thema geklärt, soweit mit Bo(a)rdmitteln möglich!

Viele Grüße,

Trinculo

Thorre
02-09-2005, 09:36
Hallo Martin, ich habe gestern abend noch einmal in meinen älteren Kung Fu-Büchern gewühlt und bin auf einen Hinweis in Form eines Buches von Dr. Yang Jwing-Ming gestoßen. Bei dem Buch handelt es sich um ein altes Exemplar von „Analysis of Shaolin Chin Na“ Wie am Titel zu erkennen ist, wird in diesem Buch aus dem Jahr 1991 (erste Ausgabe 1987) nicht die Pinyin-Umschrift benutzt.

In den späteren Büchern benutzt Dr. Yang ausschließlich den Terminus Jin für martial power. In diesem Buch taucht jedoch der Begriff Jing auf.

Weitere Beispiele für Termini aus diesem Buch:

chin (Wade-Giles, MPS2, Yale, Gwoyeu Romatzyh) statt qin (Pinyin)
chyh (Gwoyeu Romatzyh) statt chi (Pinyin)
jaan (Gwoyeu Romatzyh) statt zhan (Pinyin)
bah (Gwoyeu Romatzyh) statt ba (Pinyin)
chiing (Gwoyeu Romatzyh) statt qing (Pinyin)

Merkwürdigerweise zeigt die Vergleichstabelle keine Entsprechung von jin und jing. Ich schätze aber, daß man aus dieser Geschichte ziemlich zweifelsfrei den Schluß ableiten kann, daß Yang und seine Mitarbeiter jing als eine entweder veraltete oder eine fehlerhafte Transkription für jin angesehen haben und es deshalb in späteren Büchern änderten.

Grüße aus Berlin

nagual
02-09-2005, 09:56
Ich schätze aber, daß man aus dieser Geschichte ziemlich zweifelsfrei den Schluß ableiten kann, daß Yang und seine Mitarbeiter jing als eine entweder veraltete oder eine fehlerhafte Transkription für jin angesehen haben und es deshalb in späteren Büchern änderten.


Als ich neulich bei meinem PC die Chin. Tastatur-Pinyin-Eingabe aktivierte, musste ich übrigens "jing" eingeben, um das Zeichen für "jin" zu erhalten, während es unter "jin" nicht aufgeführt war. Das würde auch für einen Fehler sprechen, der sich eventuell lange in den offiziellen Pinyin-Tabellen gehalten hat.

Ich fände es aber irgendwie ziemlich erstaunlich.

Es könnte aber in solchen Büchern immer auch sein, dass mit "jing" dann gelegentlich was anderes gemeint ist, z.B. Essenz.

@Trinculo: für mich ist das kein ernsthafter Streit, der einer Schlichtung bedürfe.
Wie ich ja schon erwähnt habe, bin ich mir bei vielen grammatischen Angelegenheiten auch nicht 100% sicher, so dass fundiertere Kenntnis eines Sinologen oder Chinesen sehr nützlich wäre. Andererseits habe ich die chin. Grammatik aber immerhin einmal "durchgelernt", so dass ich ein paar Sachen schon glaube, ganz gut einschätzen zu können.

Dao
02-09-2005, 13:42
Hallo,
wenn Meister Z.J. Song von der Jin-Kraft gesprochen hat, meinte er immer die Wurzelkraft damit.
Hat er von Jing gesprochen meinte er die Essenz und häufig damit auch die Sexualenergie.
Hier noch mal mein eigenes Zitat, mit dem Hintergrundwissen, das die deutsche Übersetzung von einem Dr. der Sinologie und langjährigen Indoorstudent von Z.J. Song gemacht wurde. Und da wird ein Begriff wie Jin und Jing sehr klar und traditionell übersetzt, worauf Z.J. Song immer sehr viel Wert gelegt hat!!