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Vollständige Version anzeigen : Judo



Markas
23-07-2002, 14:02
Im Judo-Forum war die Frage nach dem eigentlichen Kodokan-Judo aufgetreten. Ich habe dazumal ein wenig geschrieben, und eigentlich gehört es ja in dieses Forum, also ......

Wer noch etwas hinzuzufügen hat ist gerne willkommen.



Kodokan Judo

In der Tat ist das Judo, welches in Deutschland ausgeführt nahezu ausschliesslich Kodokan-Judo. Genaugenommen gibt es weltweit so gut wie keine Varianten dessen, was Kano "Judo" nannte und kaum eine andere Schule nutze diesen Begriff überhaupt. Und das hat seine Gründe.
Damit die ganze Sachlage etwas verständlicher wird hier ein kurzer Umriss der (Kodokan-) Judo Entwicklungsgeschichte:

Judo, wie wir es heute fast überall auf der Welt kennen wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Japan "begründet". Der Founder war Jigoro Kano, der Sohn einer Landadelsfamilie (niedere Samurai).
Wie bekannt sein dürfte war Japan eine Hochburg der ritterlichen Tugenden Asiens. Die Samurai, welche als Kriegerkaste das Bild Japans für über tausend Jahre entscheidend prägte waren Spezialisten in der Kriegs- und Feingeistkünsten. Angeführt durch den Shogun hatten sie die Japanischen Inseln Jahrhundertelang geführt und stellten - zumindest offiziell - die Perfektion menschlichen Seins dar. Dementsprechend weit gingen ihre Priviliegien.

Das hatte Mitte des 19. Jahrhunderts ein jähes Ende, als eine Amerikanische Flotte die Öffnung der japanischen für Ausländische Schiffe erzwang (bis dato existierte Japan recht isoliert vom Rest der Welt). Die folgenden Probleme die sich durch die Marktöffnung und den gesellschaftlichen Einfluss des Auslandes ergaben führten zum Ende des Shogunats. Der Kaiser, welcher bis dahin nur als Marionette gedient hatte, übernahm wieder die Macht und entzog den Samurai den Grossteil ihrer Privilegien. Die Ära der Samurai hatte ein Ende. Die schillernde Glocke "Samurai" hatte ihren Klang verloren. Viele verarmten. Japan befand sich im Umschwung. Die alten Prinzipien, und der Halt den sie bis dahin als Richtwerte gegeben hatte ging Japan Stück für Stück verloren.

In diese Zeit wurde Kano hineingeboren. Er studierte unter anderem Philosophie und Ethik. Einer seiner Proffessoren war Dr. Erwin Baelz, ein Deutscher (was immer wieder gerne zum Anlass genommen wird davon auszugehen, dass dieser Kano zum entwickeln des Judo motiviert).
In der Tat motivierte Baelz seine Studenten sich den alten Werten zuzuwenden. Und sie taten dies. Kano lernte an verschiedenen Jiu-Jiutsu Schulen. Jiu-Jiutsu kann als japanischer Oberbegriff des waffenlosen Kampfes. Die Schreibweise über die sich manchereiner streitet ist nahezu irrelevant, da sich das originale japanische hier relativ schlecht in deutsche Buchstaben umwandeln lässt. Gemeint sein dürfte (mit Ausnahme von Ju Jutsu, welches man als europäische Synthese mehrerer Grundkampfsportarten verstehen kann) stets das selbe - japanischer Waffenloser Kampf.

Kano machte sich vielerlei Gedanken, insbesondere über hochgeistige Themen. Wie konnte man beispielsweise eine Kultur, eine Gesellschaft optimal entwickeln? Welche philosophischen Grundregeln sollte man beachten, wollte man dieses Ziel erreichen? Seine Antwort brachten ihm sein Sport. Er formulierte die bildhaften Prinzipien des Budo in sachliche um, und erarbeitete aus den sachlichen die Grundlegenden Prinzipien. So kam er letzlich zu seinen beiden Hauptprinzipien:

Dem technischen Prinzip, das besagte man solle stets so handeln, dass der grösste Nutzen von Körper und Geist erreicht werde, und dem moralischen Prinzip, welches dazu anleitete das zu tun, was für alle das beste sei (gegenseitiges helfen zu beidseitigem wohlergehen).
Einige Jahrzente später gelangte ein Wissenschaftler (in dem Kinofilm "Beautiful Mind" eindrucksvoll von Russel Crow dargestellt) zu Weltruhm und dem Nobelpreis als er (ebenfalls auf Grund eigener Überlegungen) nachwies, dass das höchste gesellschaftliche Ergebnis dann erreicht werde, wenn alle das machten, was für alle das beste wäre, und damit die lange vorherrschende Meinung im wirtschafftsgebaren widerlegte, dass das höchste Ergebnis dann erreicht werde, wenn jeder das täte was für sich das beste sei.
Mag sein, dass der Vorsprung Kanos nicht unerheblich für die entwicklung der japanischen Wirtschaft war.

Aber zurück zum Judo. Im Alter von 22 Jahren gründete Kano bereits seine erste Schule mit seiner eigenen Sythese verschiedener Schulen. Das war zu dieser Zeit kein einfaches Unterfangen. Es gab viel Konkurrenz, und wer, wie Kano, keine alte Schule leitete, welche auf eine Samuraifamilie zurückzuführen war, sondern eine Eigenkreation leerte, hatte es besonders schwer akzeptiert zu werden. Er wurde nicht ernstgenommen. Doch er hatte eine Vision und folgte dieser. Er wollte Japan seine Prinzipien näherbringen, und sah keinen Grund weshalb dies nicht auf dem selben Weg geschehen sollte, auf dem er sie selbst erlangt hatte. Er nannte seinen Weg Jiu-Do (sanfter Weg), und wich damit von den traditionellen Jiu-Jiutsu (sanfte Technik) Bezeichnungen ab. Dies sollte klar verdeutlichen, dass seine Leere keine Anhäufunge blosser Techniken war, sondern viel weitergehender ein Weg zu Leben war, eine geistige Einstellung bilden sollte, so wie dies alle weiteren Do's ebenfalls taten (Kyudo, Kendo,...).

Kanos Training wurde massgeblich durch das Randori bestimmt (aufgabenorientiertem Zeikampf), dem leeren der Go-Kyu (5 Stufen á 8 Würfen), und dem leeren der Kata (vorbestimmte Folgen spezieller Handlungen zur verdeutlichung seiner Prinzipien).

Der Weg sollte alle Körperteile des Menschen trainieren. Dieses Training sollte keinen Eigenzweck verfolgen, wie beispielsweise die Gymnastik, oder das Turnen, sondern einen direkten unmittelbaren Nutzen haben. Sein Judo konnte dies erfüllen und als Selbstverteidigung dienen. Weiterhin sollte jeder diese Training mit geringstem Aufwand ausführen können. zur damaligen Zeit war das was heute als Judoanzug bekannt ist normaler Strassenkleidung. Bunt bemalt und teils reich verziert. Die Tatami Reisstrohmatten waren der Standardfussboden in den gemeinen Häusern. Auf Deutschland umgemünzt wäre es so, als ob wir mit Jeans auf dem Teppich im Wohnzimmer kämpfen.
Judo hatte noch einen weiteren positiven Effekt. Es belebt den angeschlagenen Budo wieder auf, und viele Menschen dieser Zeit strebten nach dem Halt, den dieser geben konnte.
Und Kano hoffte die Prinzipien seines Judo (techn. u. mor.) seinen Schülern durch sein Judo vermitteln zu können.

Er sollte Erfolg haben. Seine Kämpfer besiegten in einem glorreichen Turnier die Vorlaute Polizeischule Tokyos überlegen. Der Bann war gebrochen. Schliesslich erreichte er, das Judo Pflichtfach an allen japanischen Mittelschulen wurden. Er hatte sein Ziel erreicht. Einer ganzen Gesellschafft die Gelegenheit zu geben durch ihr eigenes Handeln (Judotraining) zu der Erkenntnis zu gelangen, dass derjenige letztlich gewinnen werde, der Körper und Geist optimal einsetzte und dabei so handle dass es allen Menschen dabei wohlergehe.

Abschliessend lässt sich sagen, dass jedes Judo, dass diese beiden Prinzipien leert wohl als Kodokan Judo bezeichnet werden kann. Man kann sich nur wünschen, dass die Entwicklung des deutschen Judo seine Prioritäten wieder von der reinen Technikleere auf die persönlichkeitsentwickelnden Elemente zubewegt.

MarKas

Michael Kann
09-08-2002, 17:21
mal gelesen, postest Du öfter das Gleiche?

Gruß
Mike