Erklärung der Distanzprinzipien beim Angriff im JKD [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Erklärung der Distanzprinzipien beim Angriff im JKD



Bob Dubljanin
02-09-2002, 23:17
Hi Forum,

nachdem ich kürzlich geadelt wurde von den Admins des Boards :), hier mein nächster Beitrag zur Jun Fan Methode. Falls Ihr Fragen habt, wie immer ..... nicht schüchtern sein.

Grüsse,

Bob Dubljanin


Die acht Distanzrichtlinien beim Angriff im JKD
Bob Dubljanin © 2002

In Bruce Lee´s Jeet Kune Do Buch werden folgende acht Distanz Richtlinien für den erfolgreichen Angriff aufgezählt. Was folgt ist eine ausführliche Erklärung der einzelnen Leitgedanken:

1) Das erste Prinzip für den schnellstmöglichsten Kontakt beim Angriff aus der Distanz lautet, die längste (Körper) Waffe einzusetzen um zum nächstgelegenen Ziel des Gegners zu gelangen.

Dies bedeutet den schnellsten Treffer zum kürzesten Richtungspunkt zu feuern. Mit den Beinen greifen JKD Exponenten zuerst das Knie oder Schienbein an. Mit den Händen wird die vordere Hand oder der Fingerstich zu den Augen benutzt. In verschiedenen Abständen wird ein instinktives Gespür entwickelt welche sekundären Werkzeuge, wie der Ellbogen oder das Knie, zum Einsatz kommen können.

2) Das zweite Prinzip ist die wirtschaftliche Einleitung (nicht-telegraphisch). Wende für die richtige Erkenntnis innewohnendes Bewegungstraining an.

Was dies bedeutet ist über eine intuitiv sichere Einführung seiner Aktionen zu verfügen. Dies wird erreicht durch das wiederholte Üben der Einleitungstechniken bis diese schließlich automatisiert sind. Hunderte von Wiederholungen mit der Betonung auf explosives Beschleunigen führen hier zum gewünschten Resultat.

3) Das dritte Prinzip ist die richtige Wachsamkeitsstellung, um die Bewegungs-freiheit zu erleichtern (Leichtigkeit in alle Richtungen). Benutze den kurzen-phasischen Stand mit gebeugten Knien.

Dies heißt die Beine geladen und nicht durchgestreckt zu halten, während man sich die ganze Zeit bewegt, ähnlich einem Boxer oder Basketball Spieler. Selbstvertrauen kommt von der Fähigkeit feuern und sich zur Kampfstellung zurückziehen zu können, um bereit für Konterangriffe zu sein. Die richtige Kampfstellung (Bai-Jong Position) ist elementar da die Fähigkeit einen bestimmten Abstand zu halten und das Selbstvertrauen darüber bestimmen wie gut man sich verteidigen kann. Die Kampfstellung wird ein Sicherheitsfaktor, auf den man sich berufen kann nach einer Angriffssequenz oder einem Testangriff. Wird diese Stellung zu einer Angewohnheit ist der Kopf frei sich auf Strategie und Taktik zu konzentrieren.

4) Das vierte Prinzip lautet konstant bewegliche Fußarbeit um die richtige Einschätzung der Distanz zu gewährleisten. Benutze unterbrochenen Rhythmus um das Distanzgefühl des Gegner zu verwirren während du dein eigenes kontrollierst.

Dies bedeutet einen Abstand zum Gegner zu halten, indem er stets einen Schritt benötigt um dich zu kriegen. Du solltest dich gerade außerhalb seiner Reichweite befinden doch stets nahe genug um den besagten Schritt des Gegners ausnutzen zu können. Konstant wechselnde Fußarbeit erschwert dem Gegner für seine Angriffe das Timing einzuschätzen.

5) Das fünfte Prinzip ist die momentanen Schwächen des Gegners anzugreifen (physisch sowie psychologisch)

Durch deinen bewussten Einsatz von Täuschungsmanövern und druckvollen Schlägen die Respekt schaffen, wird der erfolgreiche Einsatz dieses Prinzips vorbereitet. Lee Schüler, Bob Bremer berichtet, dass Bruce oft zu ihm sagte er scheine den Augeblick zu kennen, indem er „nicht bei ihm wäre“, dieses momentane Aufmerksamkeitsdefizit ist der Zeitpunkt anzugreifen.

6) Das sechste Prinzip ist die korrekte Einschätzung des Abstandes zum Gegner für explosives Penetrieren.

Dies bedeutet nach dem Gegner zu zielen im Abstand wo er sich nach dem Angriff befinden wird und nicht wo er sich vor dem Angriff befindet. Der Schlag sollte genug Druck und Power haben durch das Ziel zu penetrieren und nicht zu kurz oder nur schiebend ankommen.

7) Das siebte Prinzip ist schneller Rückzug oder entsprechende Nachfolgemanöver.

Beobachte dein Gleichgewicht nach dem Angreifen und kontrolliere deine Verteidigungspositionen und Deckungsmöglichkeiten. Du möchtest versuchen die Fähigkeiten des Gegners nach deinem Angriff seinen Konter zu starten zu schwächen oder aus der Reichweite bestimmter Werkzeuge dich zu bewegen.

8) Das X Prinzip lautet Mut und Entschlossenheit.

In JKD nennen wir dies den X-Faktor, da dieser tief in der Psyche jedes einzelnen steckt und nicht sicher berechenbar auf verschiedenartige Situationen sich ins Spiel mit einbringen lässt. Das Selbstvertrauen, unter Druck blitzschnelle Entscheidungen zu treffen und auszuführen und der Mut der hierfür benötigt wird, kann durch sorgfältiges, progressives Sparring entwickelt werden.


ÜBER DEN AUTOR:
Bob Dubljanin ist ein Instructor des Jeet Kune Do und der südostasiatischen Kampfkünste (Kali, Pentjak Silat) in der MI Assoc International unter Sifu Cass Magda. Er leitet das Südost Asien Institut in Mannheim, Deutschland und unterrichtet Workshops und Seminare in ganz Europa. Für mehr Informationen und Anfragen über aktuelle Seminare besuchen sie uns im Internet: www.soai.de oder senden uns eine Email: info@soai.de

jkdberlin
03-09-2002, 08:16
Yes! "Explosives Penetrieren" ! Da bin ich richtig ;)

Grüsse und Danke für den Artikel! Mehr!

Bob Dubljanin
03-09-2002, 13:40
Franky,

freut mich, dass der Artikel Dir gefällt. In Zukunft kommt noch mehr. ;)

Grüsse,

Bob

Zacki
03-09-2002, 16:40
@Bob:
Du lehrst ja sowohl Jeet Kune Do als auch waffenlose phillipinische KK. Habe gerade erst angefangen, mich mit den FMA zu beschäftigen, meine aber als einen der grundlegenden Unterschiede entdeckt zu haben, dass die Techniken z.B. im Cadena eher von aussen (Flankenattakierung) und eben nicht auf der Zentrallinie stattfinden, ebenso wie die Schrittarbeit recht unterschiedlich ist etc. Wie kann man denn beide Stile vereinbaren und Beides lehren, oder lehrst Du einen Mix aus Beiden? Und: Ist es möglich, für beide Stilarten die Vorteile kurz zu skizzieren?
Besten Dank schonmal. Hoffe, das passt zu diesem Thread hier.

Bob Dubljanin
03-09-2002, 16:55
@Zacki,

sehr gute Frage. Werde versuchen sie so kurz wie möglich zu beantworten.

JKD ist ein Leere Hand System, welches sich auf das Abfeuern und Abfangen von Körperwaffen (Kick, Punch, Grab usw.) spezialisiert. Sehr viel vom JKD Training geschieht auch in einer "sparring" Manier, d. h. man beschäftigt sich mit einem Gegner.

FMA und IMA sind waffenbasierte Kampfkünste. Weil verglichen mit einem Kickboxing match man sich keine Waffentreffer (Stock, Messer usw.) erlauben kann sieht man sehr viel Ausweich- und Meidemanöver in Kali-Silat. Das Ziel hier ist vor allem den Waffenarm zu immobiliseren, um weitere Angriffe zu verhindern oder zu schwächen. Manche Silat und Kali Systeme basieren ihre Verteidigung auf der Annahme von multiplen Gegnern angegriffen zu werden. Dies ist ein weiterer Faktor der zu berücksichtigen ist.

Wie "kombiniert" man beides? Besuche ein Seminar oder noch besser nimm regelmäßig Stunden unter einem guten Instructor, dies klingt zwar abgedroschen ist aber immer noch der beste Weg alle seine Fragen beantwortet zu bekommen.

Hoffe von Diensten gewesen zu sein,

Bob Dubljanin
www.soai.de

Zacki
03-09-2002, 17:19
@Bob: hm...auf jeden Fall schonmal besten Dank. Meine Frage zielte jedoch eher auf die Boxtechniken in den FMA ab. Klar kann man JKD und Escrima/Kali etc. kombinieren. Machen ja fast alle Schulen. Ich fand es jedoch so spannend zu sehen, dass die waffenlosen Techniken (die ja zum Teil auch im Pinoyboxen vorkommen) ganz andere "Prinzipien" haben als eben das JKD.
Werd mich da aber selber mal weiter reinfriggeln und zusehen, dass sich die Fragen irgendwann "von selber" beantworten :-)
Ich konnte beileibe nur wenig Gemeinsamkeiten feststellen und fand es halt interessant, dass Du Beides unterrichtest. Vielleicht schaffe ich es ja zu Deinem Seminar am Wochenende in HH.
Beste Grüße, Zacki

Chicken Wings
03-09-2002, 20:11
nicht schlecht, so kanns weitergehen in der JKD Abteilung....

mit respekt

Meik


p.s. lass den andern noch was über



http://www.smiliemania.de/smilie.php?smile_ID=149

Bob Dubljanin
03-09-2002, 23:51
@Zacki,

die Boxtechniken (Panantukan, Suntokan) sind eine Art "Sport" Version der alten malaiischen Leere Hand Techniken. Mit Sport meine ich: Boxhandschuhe, Ring, Rundenformat usw.

Dolch selbst hier verweisen Begriffe wie z. B. Bolo-Punch, auf die alte Relation zum Waffentraining. Kurz gesagt, die andersartigen Boxing "Prinzipien" im Kali sind durch ihren Ursprung im Waffentraining entstanden.

Mit "selber rausfinden" meine ich folgendes: wenn Du anfängst Dich damit zu beschäftigen fallen einem mehr die technischen Unterschiede und verschiedenen Hintergründe auf. Tatsächlich wirst Du festellen, was das konkrete Training angeht es weit mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt und es eine Frage jedes einzelnen wird die Bewegungen lebendig werden zu lassen, also mehr eine Frage des momentanen Trainingslevels.

So long,


Bob Dubljanin


PS: Bin dieses Wochenende nicht in HH, sondern in Potsdam. Kleine Terminänderung im Seminarkalender. :)