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Vollständige Version anzeigen : Unterschied zwischen Messer und Schwert?



Gasmann
14-04-2006, 12:14
Angeregt durch robertos sehr informativen Beitrag "Waffenlos gegen Messer" http://www.kampfkunst-board.info/forum/f84/waffenlos-gegen-messer-43084/

möchte ich hier mal die Diskussion eröffnen, inwiefern sich das Messer von anderen Waffen unterscheidet. Abgesehen von der Geschwindigkeit. Mir geht das dabei um folgendes: Wenn ich mir Bücher und Filme von/über Messerkämpfern anschaue, die Technik und die Bewegungen, dann habe ich den Eindruck, daß der Messerkampf à la Folsom Prison eher vom Faustkampf abgeleitet ist.

Kann man den Messerkampf nicht auch vom Fechten ableiten?

Ein Zeitat aus robertos Beitrag:


Ein Mittelweg, wie zum Beispiel das Ausweichen gepaart mit dem Versuch den ankommenden Waffenarm zu zerstören, wäre für den Verteidiger verhängnisvoll. So etwas funktioniert im besten Fall wenn man selbst über eine Waffe verfügt. Das Problem liegt darin begraben, dass die Konzentration auf den Rückschritt die Kraft der gleichzeitigen Kontertechnik raubt und die Konzentration auf die Kontertechnik den gleichzeitig stattfindenden Rückschritt verlangsamt und verkürzt.

Daß hier ein Problem liegt, ist mir klar, aber wer mit Rapier und Dolch ficht, macht doch überhaupt nichts anderes als Ausweichen, Parade und Riposte - nach Möglichkeit gleichzeitig.

Kann man ein größeres Messer (ich sage mal Combat Knife) nicht ähnlich benutzen wie ein Rapier oder einen Degen? Oder einen Falchion? Man würde das Messer dann nicht zum Abstechen in Reserve halten, sondern es auch zur Abwehr einsetzen. Etwa durch einen Gegenangriff zum Handgelenk des Gegners. Außerdem würde man natürlich eine andere Kampfstellung einnehmen, die seitliche Ausweichbewegungen erleichtert.

Gruß

T. Stoeppler
14-04-2006, 13:09
Je grösser die Messer, desto grösser werden defensive Qualitäten. Pete Kautz hat ein Bowie Knife system unterrichtet, das ist tatsächlich ein bischen ähnlich dem Umgang mit dem "langen Messer". Roberto hat auf dem NBL eine Messerkampf-Variante vorgestellt, die auch nicht weit davon entfernt ist.

Ich selbst habe ursprünglich mit sehr kleinen messern gelernt, die Methoden waren direkt korrospondierend mit den unbewaffneten Handtechniken.

Gruss, Thomas

Jörg B.
14-04-2006, 18:21
Fechtmethoden für größere Messer, wie z.B. die Systeme von Dexel-Biddle oder Styers basieren in der Tat auf dem klassischen Fechten abgeleitet.

Mr.Fister
14-04-2006, 18:36
Fechtmethoden für größere Messer, wie z.B. die Systeme von Dexel-Biddle oder Styers basieren in der Tat auf dem klassischen Fechten abgeleitet.

... feiner satzbau ;)

kleine ergänzung - beide waren im bayonettkampf bewandert und zumindest styers [bei biddle weiß ichs nicht mehr] war großer anhänger der bowie methode ... dürften auch keine unwesentlichen einflüsse gewesen sein.

fister

Jörg B.
14-04-2006, 21:52
... feiner satzbau ;)

Stimmt, kommt davon, wenn man postet, ohne Korrektur zu lesen.


kleine ergänzung - beide waren im bayonettkampf bewandert und zumindest styers [bei biddle weiß ichs nicht mehr] war großer anhänger der bowie methode ... dürften auch keine unwesentlichen einflüsse gewesen sein.

Naja, die Bowiemethode an sich gab es nicht.

Mr.Fister
14-04-2006, 22:33
Naja, die Bowiemethode an sich gab es nicht.

... ok, bowie selber hat wohl nie leute unterrichtet - aber sein messer erfreute sich damals einer gewissen popularität, sodass andere leute ihre methode mit dem ding zu kämpfen unterrichtet haben... na ja, jedenfalls fand zumindest styers das bowie messer so klasse, das er drüber geschrieben hat ... da dürfte ein gewisser einfluss also auch vorhanden gewesen sein ...

http://web.archive.org/web/20041021154936/www.gutterfighting.org/StyersBowie.html

fister

Gasmann
14-04-2006, 23:53
Interessanter Link.

Besonders interessant sind die Bilder. Styers hat das Messer in der Führungshand und damit zu Beginn einen Reichweitenvorteil. Er scheint auch die Distanz sehr gut halten zu können.

Gruß

roberto
15-04-2006, 09:01
@gasmann

das von Dir erwähnte Zitat aus meinem Artikel bzieht sich in erster Linie darauf, dass der Verteidiger kein Messer hat und spielt auf das Zerstören des Angriffes mit sog. guntings (oder ähnlichen Techniken) an ... was wirklich, sofern man keine Waffe in der Hand hält nicht funktioniert.

Gleichzeitigkeiten (Rückschritt mit Abwehr und Konterstich) funktionieren mit dem Messer sehr wohl. Das Messer leitet sich z. T. von Langwaffen ab (Schwert, Machete etc.), zum Teil entspringt es Eigendynamiken. Das hängt immer davon ab, von welcher Region und Methode wir gerade reden.

Ciao

Roberto

Mr.Fister
16-04-2006, 13:29
der klappentext zu styers cold steel sagt übrigens folgendes:


the technique of knifefighting is a product of our own american heritage. styers does not borrow the methods used traditionally by other nations. he has followed the developments of the late colonels james bowie and a.j drexel-biddle in evolving what is probably the deadliest knife fighting technique in the world.

fister

itto_ryu
18-04-2006, 11:39
Hm, muss man in dieser Diskussion nicht aber auch beachten, dass das Messer in zig Varianten in zig Kulturen zu zig Epochen benutzt wurde/wird und von daher doch große Unterschiede über Herkunft und Nutzung geben kann?

Gasmann
18-04-2006, 14:35
Sicherlich, aber hier beleuchten wird die beiden Extrempositionen: Man kann den Messerkampf von einer Langwaffe (Schwert) ableiten oder einen Faustkampfstil mit dem Messer aufrüsten. Dementsprechend ändern sich die Anforderungen an das Messer.

Mit so etwas http://www.alarm.de/security/pd-329883894.htm sind fechtbasierte Techniken eher nicht möglich.
Dieses Messer http://www.alarm.de/security/pd-1244173859.htm soll angeblich für Escrima entwickelt sein. Die defensiven Qualitäten und der Handschutz werden besonders hervorgehoben.

Gruß

roberto
18-04-2006, 14:46
Sicherlich, aber hier beleuchten wird die beiden Extrempositionen: Man kann den Messerkampf von einer Langwaffe (Schwert) ableiten oder einen Faustkampfstil mit dem Messer aufrüsten. Dementsprechend ändern sich die Anforderungen an das Messer.

Mit so etwas http://www.alarm.de/security/pd-329883894.htm sind fechtbasierte Techniken eher nicht möglich.
Dieses Messer http://www.alarm.de/security/pd-1244173859.htm soll angeblich für Escrima entwickelt sein. Die defensiven Qualitäten und der Handschutz werden besonders hervorgehoben.

Gruß

Meiner Meinung nach läßt sich mit dem ersten ebenfalls gut arbeiten. In meinem System müßte ich technisch nicht unterscheiden ... ob ich das erste oder das zweite Modell verwenden würde, wäre wie gesagt egal.

Das ist. z. B. ein wesentlicher Unterschied zwischen Messerkampf und Fechten. Die parierstange hat beim Fechten eine wesentlich gewichtigere Rolle. Selbstverständlich hilft eine ordentliche Parierstange auch beim Messerkampf im Hinblick auf Klingenparaden. Sie uss dann aber in ihrer konstruktion entsprechend durchdacht sein. Eine parierstange wie man sie z. B. beim stiletto, oder beim zweiten von dir verlinkten Messer findet ist mehr Zierde als alles andere.

Ciao

Roberto

Hamurra-e
18-04-2006, 15:14
Also Bowies konnten sehr groß und schwer sein, die waren teilweise schon als Kurzschwerter zu bezeichnen. Klingenlängen von 20- 40 cm waren in den Anfängen Normal. Sie wurden zu einer Zeit getragen als die Schußwaffen noch Vorderlader waren und man selten mehr als einen schuß hatte!
Als dann die Geschichte von Bowie und seinen Kämpfen populär wurde, wollte jeder eine Bowieklinge haben. aber keiner wusste so richtig, wie es denn nun aussah.
Sheffield in England hat schnell den Trend erkannt und Massen Messer nach Usa geschickt, die wurden allgemein als die Bowies betrachtet.
Aber die Varianten waren sehr vielseitig und groß, Sowohl in Klingenlänge als auch in Klingenform.
So wird sich auch da schon viele Unterschiede in der Kampfweise zeigen, Trotzdem alle mit einem Bowie Kämpfen.

Hamurra-e
18-04-2006, 15:33
So und hier mal ein Schmankerl für alle lieben kleinen Bowiemesser freunde, aber nicht gleich alle auf einmal vernaschen gelle:

http://www.knifenetwork.com/forum/showthread.php?t=23240

hier kann man so richtig schön die unterschiedlichsten Bowiearten sehen.
Diese sind fast alle "Neuere" versionen, aber ein paar Ursprüngliche sind auch dabei.

Gasmann
18-04-2006, 19:19
In Karl Mays Wildwest-Geschichten läuft auch jeder mit nem Bowie-Messer herum. Müssen damals - auch in Europa - der letzte Schrei gewesen sein. :)



Meiner Meinung nach läßt sich mit dem ersten ebenfalls gut arbeiten. In meinem System müßte ich technisch nicht unterscheiden ... ob ich das erste oder das zweite Modell verwenden würde, wäre wie gesagt egal.
Ja, roberto, bei dir. Mir wäre beim ersten die Klinge viel zu klein, damit würde ich mich einfach nicht sicher fühlen. Sofern das überhaupt möglich ist. ;)

Gruß

Jörg B.
19-04-2006, 08:29
In Karl Mays Wildwest-Geschichten läuft auch jeder mit nem Bowie-Messer herum. Müssen damals - auch in Europa - der letzte Schrei gewesen sein. :)

Waren sie.

Wobei aber weitgehend unklar ist, wie das *echte* Messer von James Bowie denn nun tatsächlich aussah. Ein Messer, von dem behauptet wird, es sei das echte Bowie, ist nichts anderes als ein ganz ordinäres großes Küchen-/ Schlachtermesser mit einem mit Silbernägeln verzierten Griff.

Hier (http://ahfaa.org/frontier.htm) ein weiterführender Link zum Thema Bowie.

dino
21-04-2006, 23:27
Hallo!


Kann man den Messerkampf nicht auch vom Fechten ableiten?

Wer Dokumentationen von tatsächlichen Messerkämpfen, oder besser -angriffen studiert, wird nirgendwo Hinweise auf Fechttechniken finden. Messerangriffe, wenn sie ernst gemeint sind, sehen anders aus und haben imo nichts mit "Fechten" im klassischen Sinn zu tun. Diese Vorstellungen haben ihre Ursache auch darin, dass Messerkämpfe/-angriffe und Fechten in einen Topf geworfen werden, weil im Hintergrund die Vorstellung vom Duell rumgeistert.
Fechten setzt meines Erachtens u.a. eine gewisse Länge der Waffe voraus. Wenn man die heute allgemein üblichen Messer betrachtet, gibt es damit nicht viel zu "fechten".
Und was das sog. Bowiemesser angeht, werde ich wohl nie begreifen, warum immer so ein Wirbel darum gemacht wird. Es ist doch einfach nur ein Messer wie jedes andere auch.
Vielleicht liegt es daran, dass die Amis ein bisschen historische Selbstbestätigung brauchen, weil sie mit ihren 200 Jahren Geschichte zwangsläufig etwas hinter Europa herhinken?! :D
Soweit meine ketzerischen Bemerkungen in Kürze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Gruss

dino

Hamurra-e
22-04-2006, 00:03
Hallo!



Wer Dokumentationen von tatsächlichen Messerkämpfen, oder besser -angriffen studiert, wird nirgendwo Hinweise auf Fechttechniken finden. Messerangriffe, wenn sie ernst gemeint sind, sehen anders aus und haben imo nichts mit "Fechten" im klassischen Sinn zu tun. Diese Vorstellungen haben ihre Ursache auch darin, dass Messerkämpfe/-angriffe und Fechten in einen Topf geworfen werden, weil im Hintergrund die Vorstellung vom Duell rumgeistert.
Fechten setzt meines Erachtens u.a. eine gewisse Länge der Waffe voraus. Wenn man die heute allgemein üblichen Messer betrachtet, gibt es damit nicht viel zu "fechten".
Und was das sog. Bowiemesser angeht, werde ich wohl nie begreifen, warum immer so ein Wirbel darum gemacht wird. Es ist doch einfach nur ein Messer wie jedes andere auch.
Vielleicht liegt es daran, dass die Amis ein bisschen historische Selbstbestätigung brauchen, weil sie mit ihren 200 Jahren Geschichte zwangsläufig etwas hinter Europa herhinken?! :D
Soweit meine ketzerischen Bemerkungen in Kürze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Gruss

dino

Großer Fehler nicht nur dass du mein geliebtes Bowiemesser verunglimpfst, nein du beleidigst auch noch meine Amerikanischen vorfahren :mad:

:D
Jedes Land hat seine Sagen und legenden, liegt in der Menschlichen Kultur/Natur, schau doch nur Bruce Lee an, was hat man nicht alles um ihn gesponnen!
Was viele Leute nicht zu merken scheinen, Ähnelt das Bowie, wie es allseits bekannt ist, Einigen Skandinavischen Saxmessern, die hatten nämlich auch Entenschnabelspitzen ;)
Was fechten und Messerkampf angeht gebe ich dir teilweise recht, aber klingen Größe beeinflusst auch die Kampfweite/se durch Abstand und Gewicht.
Kurze klingen haben zudem noch den Überraschungsefekt wenn man ihn ausspielen will.
Ich würde meine Waffe immer nur im letzten Augenblick ins Spiel bringen und auch nicht damit drohen, wirkt meist eh nicht wenn der andere auch bewaffnet ist.
Höchstens wie bei Krokodail Dandy, das ist keine Messer DASS ist ein MEEEEESER :D

Gasmann
22-04-2006, 08:55
Wer Dokumentationen von tatsächlichen Messerkämpfen, oder besser -angriffen studiert, wird nirgendwo Hinweise auf Fechttechniken finden. Messerangriffe, wenn sie ernst gemeint sind, sehen anders aus und haben imo nichts mit "Fechten" im klassischen Sinn zu tun. Diese Vorstellungen haben ihre Ursache auch darin, dass Messerkämpfe/-angriffe und Fechten in einen Topf geworfen werden, weil im Hintergrund die Vorstellung vom Duell rumgeistert.
Nun gut. Ein cleverer Messerangreifer kommt sowieso immer von hinten, das kann man dann nicht mehr als Kampf bezeichnen.:rolleyes: Wenn man Verteidigung gegen Messer trainieren will, muß man zwangsläufig von duellähnlichen Situationen ausgehen.


Fechten setzt meines Erachtens u.a. eine gewisse Länge der Waffe voraus. Wenn man die heute allgemein üblichen Messer betrachtet, gibt es damit nicht viel zu "fechten".
Vielleicht sind die Messer nicht geeignet, weil deren Käufer nicht fechten können?
Ich möchte behaupten, daß man ab 15 cm Klingenlänge schon recht gut arbeiten kann. Ab 20 cm wird nicht mehr gespaßt.

Gruß

roberto
22-04-2006, 09:16
@dino

Natürlich haben einige Schulen des msserkampfes nichts mit dem Fechten gemein. Andere hingegen schon. Du sprichst von Messerattacken, nicht von einem gleichwertigen Kampf. das verhält sich mit dem Stock hgleich. Um jemanden abzupassen und ihm mit einem Knüppel (egal welcer Länge) niederzuschlagen, brauhe ich keinen Stockkampf zu erlernen.

Fechten ist nur ein Begriff und nicht mit einem bestimmten Waffentypus in Verbindung zu bringen. man spricht ja auch vom Stockfechten, obwohl ein solcher über kine Klinge verfügt, geschweige den über Pariesrstange, Degenglocke et cetera.

In einigen Bereichen wie Z. B. dem Stoßfechten ist das Messer dem Fechten viel ähnlicher als der Stock. Der Stich spielt beim Stockkampf nämlich eine geringere Rolle als beim Messerkampf.

ich knne sehr fechterische Methoden des Messerkampfes und weniger fechtrische. Beides geht.

Zum Bowie-Messer:

Schön, groß, kulturell interessant, doch schlecht mitzuführen ... ausser in der Prärie.

Ciao

Roberto

Schwerthase
22-04-2006, 09:51
Meines Wissens hat der Begriff "Fechten" die selben Wurzeln wie das englische "to fight" und bezeichnet jede Art des Kampfes. Urprünglich konnte man also den Schwertkampf genau so als Art des Fechtens bezeichnen wie beispielsweise das gegenseitige Verdreschen mit einem Stück Schinken. :D

T. Stoeppler
22-04-2006, 11:10
Hierzu kann man kurz anmerken, dass "Fechten" üblicherweise den Kampf mit Waffen meint, während "Ringen" den unbewaffneten Kampf meint. Das geht zumindest aus den ältesten Quellen hervor. Im Umgang mit dem kurzen Messer oder dem Dolch sind allerdings sehr viele Elemente des Ringens enthalten, daher stellt der Umgang mit kurzen Waffen eine gewisse Grauzone dar.

Gruss, Thomas

Schwerthase
22-04-2006, 11:58
naja, wenn man das zur Deffinition hernimmt, würde es sich bei einigen anderen Dingen auch die Frage stellen.

Bei Mordaxt und Halbschwert is der Anteil der Ringertechniken ungefähr gleich groß wie beim Scheibendolch...

dino
23-04-2006, 13:04
Hallo!

Ich beziehe mich nochmal auf die ursprüngliche Frage: "Kann man den Messerkampf nicht auch vom Fechten ableiten?"
Ich meine, dass wir unseren heutigen Fechtbegriff gewöhnlich von europäischen Fechttraditionen ableiten, obwohl der Kampf mit einer kurzen Klingenwaffe sicherlich so alt wie die Menschheit ist, d.h. wahrscheinlich sogar schon in der Steinzeit mit Steinmessern stattgefunden hat. Bekanntlich tritt das, was wir heute als Fechtkunst bezeichnen erst relativ spät in der Geschichte der Kampf-/Kriegskunst in Erscheinung. Die Zeit davor umspannt also einen weit grösseren Zeitraum als die Zeit danach.
Daraus folgt, dass egal wie man gekämpft hat, von einer Ableitung von Fechttechniken, zumindest ursprünglich, nicht die Rede sein kann. Da wir aber aus den weit zurückliegenden, dunklen Zeiten kaum bis gar keine Kenntnisse zu dem Thema haben, bleibt wohl oder übel vieles Spekulation.
Ich bestreite nicht, dass man Methoden des (historischen ) Fechtens auf die kurze Klinge zu übertragen versucht. Ob das sinnvoll ist, darüber lässt sich separat diskutieren. Aber wie schon gesagt, ist für mich das Fechten in erster Linie eine Sache der Distanzwaffe und geht bei Verlust der Distanz natürlich in Ringkampf, Grappling oder wie man es sonst nennen will, über.
Die Effektivität verschiedener Methoden ist die eigentlich interessante Frage und da die meisten Leute innerhalb eines/ihres System arbeiten, kommt die Wahrheit oft ein Leben lang nicht zum Vorschein. Deshalb kann ich nur, wie woanders von anderen auch schon geschehen, hier nochmal empfehlen so oft wie möglich zu experimentieren, testen und auszuprobieren, auch wenn man eigene, scheinbar bewährte Konzepte u.U. umwerfen muss, was vertsändlicherweise nicht leicht fällt. Es kann natürlich auch sein, dass man gar kein eindeutige oder zufriedenstellende Antwort findet. Und beim weltweiten, alles bestimmenden Kampf der Systeme, ist für eine Arbeisweise ohne Scheuklappen leider meistens kein Platz. :rolleyes:


Fechten ist nur ein Begriff und nicht mit einem bestimmten Waffentypus in Verbindung zu bringen. man spricht ja auch vom Stockfechten...

Roberto, da stimme ich Dir zu, und weil das so ist, hängt für mich der Begriff (Definition) mehr an der Länge der Waffe und den daraus resultierenden Methoden als an etwas anderem.
Definitionen lassen sich bekanntlich ändern oder neu festlegen, solange sie (noch) nicht allgemein akzeptiert sind. Aber Definitionen helfen leider niemand im Kampf.
Und wie immer: es könnte auch sein, dass ich mich hier oder da irre. ;)

Gruss

dino

roberto
23-04-2006, 16:07
Man spricht zum Beispiel auch vom Dolchechten (scherma di daga) und dabei handelt es sich nicht unbedingt um eine Langwaffe. Für mich impliziert Fechten nicht die Langwaffe. Ich sehe das eben nicht aus einem Standpunkt, der das bekannte Sportfechten vor Augen hat.

Wenn wir vom Messerkampf auf globaler Ebene sprechen, gibt es natürlich keine Belege woher die einzelnen Auslegungen stammen. Spricht man von den Schulen italienischer Herkunft, sind die Wurzeln fechterischer Natur. Die italienische Schule war seit frühester Zeit, seit der Antike, dem Stoß zugetan. Das beschreibt selbst z. B. Vegetius im 4. Jahrhundert (es handelt sich dabei um eine Beschreibung der Gladiatorenausbilung):

"... von den einzelnen Rekruten wurde aber je ein Pfahl so in die Erde gerammt, dass er nicht wackeln konnte und sechs Fuß hochragte. An diesem Pfahl übte sich dann der Rekrut wie gegen einen Gegner... so dass er mal den Angriff gegen Kopf und Gesicht richtete, mal von der Flanke her drohte, bisweilen sich bemühte, die Kniekehlen oder Beine zu verwunden... In dieser Übung achtete man auf die Vorsichtsmaßregel, dass der Rekrut zum Anbringen einer Wunde herzusprang, ohne dabei sich selbst irgendwo eine Blöße zur Verwundung zu geben. Außerdem lernten sie, nicht schlagend, sondern stechend zuzustoßen... Eine geschlagene Wunde, mit welcher Wucht sie auch angebracht werden mag, ist doch nicht oft tödlich, da die lebenswichtigen Organe durch die Schutzwaffen und durch die Knochen geschützt sind. Hingegen ein Stich, der nur zwei Zoll tief geht, ist tödlich...“

In vielen (wohlgmerkt nicht allen!) unserer Methoden, speziell in den sizilianischen, sieht man heute noch die fechterische Haltung und die guardie (Deckungen) der alten Meister. Die Namen wurde den Dialekten und einige wenige Konzepte wurden der Waffenlänge angepasst. Die Grundprinzipien dieser Schulen (Schwähe und Stärke, tempo, misura etc.) findet man aber eins zu eins, indem man z. B. einfach Salvator Fabris liest. Mehr Verwandschaft zum klassischen Fechten geht quasi nicht mehr.

Aber wie gesagt, ob Messerschulen anderer Länder eine Verwandschaft zum Fechten haben vermag ich nicht zu beurteilen.

Ciao

Roberto

Gasmann
23-04-2006, 19:35
Hi dino,


Daraus folgt, dass egal wie man gekämpft hat, von einer Ableitung von Fechttechniken, zumindest ursprünglich, nicht die Rede sein kann.

Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich möchte mit meiner Frage nicht die Geschichte des Messerkampfes bis zum Faustkeil aufarbeiten, sondern suche eine Antwort darauf, welche Konzepte anwendbar sind.



Ich bestreite nicht, dass man Methoden des (historischen ) Fechtens auf die kurze Klinge zu übertragen versucht. Ob das sinnvoll ist, darüber lässt sich separat diskutieren. Aber wie schon gesagt, ist für mich das Fechten in erster Linie eine Sache der Distanzwaffe und geht bei Verlust der Distanz natürlich in Ringkampf, Grappling oder wie man es sonst nennen will, über.
Ich interpretiere die Quellen aus der Renaissance so, daß man damals davon ausging, daß ein Fechter selbstverständlich mit einem Dolch umgehen kann. Wenn ich ab und an mal Messerkampf trainiere (wie heute z.B.), dann bestätigt sich dieser Eindruck. Einige Dinge, die man vom Schwert kennt, funktionieren nicht. Aber das merkt man sehr schnell.

Gruß