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Vollständige Version anzeigen : Wude - Kämpfersiche Moralität



Zen Frog
06-05-2006, 11:16
In Yang, Wing Ming´s " Emei Baguazhang" ISBN 0-490871-30-0 fand ich eine gute diese Abhandlung zu diesem Thema.

Jeder einzelne Aspekt wird gut Beschrieben und anhand traditioneller Geschichten veranschaulicht.

Wude steht für:

Bescheidenheit/Demut (Humility / Qian Xu)
Respekt (Respect / Zun Jing)
Rechtschaffenheit (Rightousness / Zheng Yi)
Vertrauen (Trust / Xin Yong)
Loyalität (Loyality / Zhong Cheng)

und

Willen (Will / Yi Zhi)
Ausdauer (Endurance / Ren Nai)
Beharrlichkeit (Perseverance / Yi Li)
Geduld (Patience / Heng Xin)
Tapferkeit (Courage / Yong Gan)

Es ist quasi eine Art Ehrenkodex chinesischer Kampfkünste. Fast so eine Art 10 Gebote. Ich beschäftige mich derzeit viel mit Kampfkunst, gerade auch theoretische/philosophische Grundlagen - und diese Abhandlung hat mich irgendwie sehr berührt und mal wieder zum Nachdenken gebracht.

Eine kleine Geschichten aus dem Buch (gekürzt):

Eine Familie (Sohn, Mutter, Vater, Großmutter) essen jeden Tag gemeinsam. Die Mutter regt sich auf, weil die Großmutter äußerst unappettitlich ihr Essen über den ganzen Tisch verteilt, weil sie wegen Altersschwäche sehr zittert. Irgendwann ist es der Frau genug und sie veranlaßt den Mann die Großmutter an einem extra-Tisch, mit altem angebrochenem Geschirr, in der Ecke essen zu lassen. Von da an sitzt die Großmutter beim Essen getrennt von der Familie. Das macht sie sehr traurig. Die Großmutter verliert vor Gram und Schmach deutlich an Lebenslust. Der Sohn aber liebt die Großmutter sehr und sagt ihr: Großmutter, morgen beim Essen zerbrichst Du Deine Reisschaale, und ich sorge dafür dass Du wieder bei uns am Tisch essen darfst. Die Großmutter zerbricht am nächsten Tag die Reisschaale beim Essen. Die Mutter will sich gerade tierisch aufregen als der Sohn auf einmal aufbraust: "Großmutter, warum hast Du die Schüssel zerbrochen, das erzürnt mich! Ich wollte diese alte Schaale für meine Mutter aufheben, wenn sie alt ist! " Die Mutter läuft knallrot vor Scham an und am nächsten Tag sitzt die ganze Familie wieder gemeinsam am Tisch.

Habt Ihr Euch bezüglich Moralität wie sie oben beschrieben ist schon einmal Gedanken gemacht? (Bitte in Bezug auf Kampfkünste)

Mich bewegt es gerade sehr, gerade die letzten 5 Aspekte.
Ich bin nicht gerade ein sehr geduldiger Mensch und auch im Training will ich immer viel, und am liebsten schon am Ziel sein. Dadurch vernachlässige ich oftmals die Übungen, die eben zum Ziel führen, die wie es im Osten oftmals so schön heißt - zwar Weg, aber eigentlich schon Ziel sind.

Unter diesem Aspekt kann ich jetzt meine Stehende Säule viel geduldiger Trainieren. Ich trainiere sie zwar sowieso gerne, ist meine Lieblingsübung, aber oftmals ungeduldig und auf Ergebnisse wartend. Das macht wenig Sinn - wenn man in Gedanken keine Achtsamkeit auf das hat was man tut, sondern in Gedanken wo anders.

malice
06-05-2006, 16:30
Was ist kämpfersiche Moralität?
Kampfmoral?
Und was hat das mit Großmutters zerbrochener Reisschale zu tun?
Ich versteh das nicht.
Geht es um Werte im Leben oder um Kampf?
Worauf willst Du hinaus?
Über was sollen wir diskutieren?
Sicherlich sind Werte und Charakterstärke gut, auch im Kampf und im Training.

Cherubin
06-05-2006, 16:46
hey malice,
bei dir wird ja das fragen fast zum kampfsport :D

grüße,
cherbin

malice
06-05-2006, 17:03
Fragen ist leichter als antworten, oder glaubst Du, dass Günther Jauch mit Antworten so populär geworden wäre? :D

Im Ernst, Fragen bieten die Möglichkeit Sachen zu kritisieren oder zu "hinterfragen" ohne meine Meinung festzusetzen. Ich möchte keine Statements abgeben sondern einen Dialog führen. Und in einem guten Dialog gibt man seinem Gegner Raum. Man sagt nicht: so ein Quatsch, sondern man fragt wie das gemeint sein könnte. Vielleicht ist das Problem ja wirklich auf meiner Seite.

Klaus
06-05-2006, 19:45
Es ist einfach so daß im alten China die Leute danach gestrebt haben, so wenig Probleme wie möglich zu bekommen. Da ist es nötig, nicht ständig dick aufzutrumpfen, auch wenn man trainiert ist. Also erklärt man den Leuten, wenn ihr friedlicher auftretet, höflich, und bescheiden, dann kommen auch weniger Leute mit denen ihr euch prügeln müsst. Und je weniger sowas kommt, umso geringer ist die Chance draufzugehen, oder von der Polizei prophylaktisch für ein paar Jahre in den Knast geschmissen zu werden, weil man immer Ärger macht. Außerdem war es eine religiöse Haltung, im Sinne des guten Einflußes, den man ausübt wenn man mit starken guten Werten lebt. Es ist eine direkte Folge des Lebens nach dem Dao. Die Werte kommen dann aus dem Inneren, man muß es nicht auswendig wissen. Sozusagen das natürliche Gute im Menschen wenn man es lässt.

Zen Frog
07-05-2006, 04:33
Was ist kämpfersiche Moralität?
Kampfmoral?
Und was hat das mit Großmutters zerbrochener Reisschale zu tun?
Ich versteh das nicht.
Geht es um Werte im Leben oder um Kampf?
Worauf willst Du hinaus?
Über was sollen wir diskutieren?
Sicherlich sind Werte und Charakterstärke gut, auch im Kampf und im Training.

Zu 1:
Es ist ein Kodex der Kämpfern auferlegt wurde.

Zu 2:
Großmutters Reisschaale war ein Beispiel für Respekt.
Respekt gegenüber dem Trainer und Trainingspartner ist hier im Bezug auf KK gemeint.

Zu 3:
Es geht um beides, hauptsächlich aber mit Bezug auf das Praktizieren von KK.

Zu 4:
Ich wollte mit Euch diskutieren, ob Ihr Euch schon einmal Gedanken zu "Wude" gemacht habt, dem moralischen Kodex der chin. Kampfkünste - und was ihr davon haltet.

Drachin
07-05-2006, 10:24
Ich komme aus der japanischen Ecke, wo die Samurai-Ehre wichtig ist und sich zumindest formal schon beim Betreten des Dojos äußert. In meiner Tai Chi Schule hat mir das anfangs sehr gefehlt - so recht habe ich mich nie an den fehlenden Respekt des Lehrers gegenüber seiner Schüler gewöhnt, und auch nicht an Unpünklichkeit, die damit zusammenhängt.

Eine Dojoregel war: falls du nicht weißt, was zu tun gerade richtig ist, verbeuge dich. Das verpflichtet den anderen, sich auch zu verbeugen. Dadurch wird oft eine Menge unnötigen Blödsinns eingespart.

Das es im Tai Chi sowas auch gibt, wußte ich gar nicht. Nebenbei möchte ich aber bemerken, daß man es mit Formalitäten auch übertreiben kann, dann nämlich, wenn sie nicht der Aufrichtigkeit entsprechen.

HuLong
07-05-2006, 10:52
Ob TaiChi oder nicht spielt da keine große Rolle. Das ist in allen trad. chin. KK`s so. Respekt der Schüler gegenüber dem Lehrer war früher sehr wichtig. Davon ist hier im Westen, vor allem beim Taiji nichts zu merken. Das liegt aber auch daran, das die 50jährige Frau Müller, die etwas für ihr Chiiih tun möchte, wohl kaum Lust hat, martialisch anmutende, strenge kulturfremde Regeln zu befolgen. Und die Hipiies die vor gut 30 Jahren Taiji als pseudospiritulles Hobby betrieben haben wohl mit Sicherheit auch nicht...

Klaus
07-05-2006, 11:06
Und ich habe auch keine rechte Lust, faschistoid-patriarchalische Bräuche zu übernehmen die vielen Kreisen auch in alter Zeit suspekt gewesen sind. So vonwegen Selbstmord weil man sich nicht tief genug verbeugt hat. Als Begrüßung oder Bedankung gibt es überall die Sitte, mal kurz mit dem Kopf zu nicken, und das hat was mit Respekt und Anteilnahme zu tun. Insbesondere wenn es der "Bedeutendere" dem "Unbedeutenderen" gegenüber tut. Wichtiger ist aber, was vom Herzen kommt. Es geht darum wirklich diese Empfindungen zu haben, und das geht auch ohne Worte oder förmliche Haltungen.

Hangs
07-05-2006, 11:19
Wenn man in den (chin.) Kampfkünsten etwas "erreichen" will, dann, denke ich, ist es absolut notwendig das man die oben genannten eigenschaften erlangt/ausbildet.
Ohne diese wird man nicht weit kommen.

Edit: @Klaus: Ich finde auch das es wichtig ist das eine solche "geste" vom Herzen kommt und nicht nur eine leere verbeugung ist, aber trotzalledem kann keiner in mich hineinschauen und somit sollte man auch diesen Respekt nach außen verdeutlichen/zeigen.

Mfg Hangs

Klaus
07-05-2006, 11:36
Leute die offen sind merken es sehr wohl, und die Chinesen die ich kenne reagieren stark darauf.

Cherubin
07-05-2006, 12:07
aber trotzalledem kann keiner in mich hineinschauen und somit sollte man auch diesen Respekt nach außen verdeutlichen/zeigen.

Mfg Hangs

wenn man aufmerksam beobachtet sieht man den unterschied einer äußerlichen, rein förmlichen verbeugung, und einer innerlichen dankbarkeit und respektsbezeugung. das hat nichts damit zu tun, dass ich in dich hineinschauen kann, sondern mit mikroskopischen anderen bewegungen und eine ausdruck deiner erscheinung.
in diesem sinne kann man zB bewegungen der IKK leicht nachahmen (jeder kann das), sie mögen technisch perfekt sein, aber ohne den inneren aspekt werden sie nicht lebendig. jeder der sich damit befasst sieht das !

schöne grüße,
cherubin

vakuum
07-05-2006, 12:27
hi cherubin,


stimme dir voll zu.


zitat klaus:
"Und ich habe auch keine rechte Lust, faschistoid-patriarchalische Bräuche zu übernehmen die vielen Kreisen auch in alter Zeit suspekt gewesen sind. So vonwegen Selbstmord weil man sich nicht tief genug verbeugt hat. Als Begrüßung oder Bedankung gibt es überall die Sitte, mal kurz mit dem Kopf zu nicken, und das hat was mit Respekt und Anteilnahme zu tun. Insbesondere wenn es der "Bedeutendere" dem "Unbedeutenderen" gegenüber tut. Wichtiger ist aber, was vom Herzen kommt. Es geht darum wirklich diese Empfindungen zu haben, und das geht auch ohne Worte oder förmliche Haltungen."

stimme auch zu.

ich sehe die sache eigentlich unkompliziert:

kommen zwei menschen zusammen, von denen der eine mehr kann als der andere, so ist es eine frage des interesses, ob der eine wirklich lehren will und der andere wirklich lernen will. wenn beide das offen und herzhaft tun, so erübrigen sich fragen der moral, weil dieses zusammenarbeiten etwas sehr dichtes wird, das sich ausserhalb von sitten abspielt.

dass das so ideal geschieht, ist aber eher eine seltenheit. ich vermute sogar, dass wir westler freier sind darin, weil wir mit weniger ehrenkodexen aufgewachsen sind.
ima mit komplizierten chinesischen tugenden, anstandsprinzipien zu verbinden halte ich eher für eine erschwerung, denn für das vordringen zur sache.


viele grüsse

vakuum

Hangs
07-05-2006, 13:05
@Cherubin: Mir ist durchaus bewusst das man einen Unterschied erkennen und spüren kann, aber woher weiß ich ob mein gegenüber das erkennt, daher ist es eventuell nicht schlecht das ganze etwas zu verdeutlichen.

Mfg Hangs

Zen Frog
07-05-2006, 13:47
Bei Wude wie es im diesem Buch beschrieben ist, geht es weniger um einen komplexen Kodex, wie um Eigenschaften, die Notwendig sind um wirklich tief vorzudringen.

Beharrlichkeit, Geduld, Ausdauer, Willen.

Das sind ja nicht gerade neue Konzepte. Aber ich find die Beschäftigung mit gerade diesen offensichtlich bekannten, aber tatsächlich zu wenig beachteten Tugenden für durchaus wichtig und interessant. Gerade im Bezug auf KK.

Wie viele schaffen es denn bis zum ersten Dan - bis zur Meisterschaft?
Einer aus 100?

Woran liegt das? An Talent, wohl kaum! An Charakterstärke. Genau darum geht es ja auch bei dem Konzept von Wude.

Dass nicht die genetische Veranlagung für die Qualität eines Kämpfers verantwortlich sind, sondern sein Wille zur Meisterschaft zu gelangen und die Kraft diesen Willen in aller Konsequenz, allen Schwierigkeiten zum Trotz, durchzusetzen - auszuhalten.

Als Taekwondo-Trainer hab ich beispielsweise die Erfahrung gemacht, das oftmals die Begabtesten (wohlgemerkt oft nicht immer) die schlechtesten Schüler waren, langfristig. Solche Schüler sind von sich selbst überzeugt, haben keinen Respekt, glauben schon als Anfänger alles besser zu wissen und argumentieren mit Dir, wo gar keine Notwendigkeit zur Argumentation besteht.

Im Gegenzug dazu habe ich oft erlebt wie gehemmte Schüler, die Anfangs regelrecht tollpatschig und ungelenk waren, sich zu waren Kampfmaschinen entwickelten und die ganzen "Naturbegabten" hinter sich ließen!

Warum?

--> Wude
Charakterstärke - Ausdauer, Geduld, Beharrlichkeit, Wille, Respekt, Vertrauen, Loyalität etc.

Vielleicht ein Beispiel das Wude etwas herausstellt, bzw. den Aspekt den ich diskutieren wollte: (auch gekürzter Beitrag aus dem Buch)

Ein Schüler will in Shaolin lernen. Er spricht beim Abt vor und bittet um Unterricht. Der Abt erkennt die Qualität des Schülers und unterzieht ihn einer Probe. Er verreist für ein Jahr und gibt dem Schüler auf in diesem Jahr aus einem bestimmten Baum einen Buddha zu schnitzen.
Schüler schnitzt, Buddha ist fertig, wenn auch nicht perfekt. Meister ist zufrieden. Testet ihn wieder: JA, schöner Buddha ist aber zu groß. In einem Jahr komm ich wieder...
Schüler ist frustriert, er will doch Kungfu lernen, nicht schnitzen!
Ein dreiviertel Jahr verstreicht, ohne dass der Schüler wirklich vorankommt, weil er mit dem Schicksal hadert, dann macht es Klick "Wenn das Schnitzen dieser Statue der einzige Weg ist Gongfu zu lernen, warum dann die Arbeit nicht gut machen und sie genießen?". Der Schüler macht einen wunderschönen Buddha. Meister ist hoch zufrieden, testet aber nochmals (immer diese sadistischen Meister ;-) ) Der Buddha ist wunderschön, aber immer noch zu groß, in einem Jahr komm ich wieder....
Der Schüler strahlt und macht sich sofort voll Freude an die Arbeit.
Er macht eine handgroße Statue die ein wahres Meisterwerk wird. Nach diesem Jahr lernt er Gongfu bei dem Abt persönlich.

Zitat "As mentioned earlier, we have two kinds of minds. One comes from our emotions, and the other is generated from our wisdom and clear judgement. Do you remember times when you knew you should do a certain thing, but at the same time you didn´t want to do it? It was your wisdom mind telling you to do it, and your lazy emotional mind saying no. Wich side won? Once you can follow your wisdom mind, you will have conquered yourself and you will surely be successful.

HuLong
07-05-2006, 16:03
Und ich habe auch keine rechte Lust, faschistoid-patriarchalische Bräuche zu übernehmen die vielen Kreisen auch in alter Zeit suspekt gewesen sind. So vonwegen Selbstmord weil man sich nicht tief genug verbeugt hat.

Du gleich wieder...:D

Mit Respekt ist hier gemeint, daß man dem Lehrer vertraut und macht was er sagt, auch wenn man es z.B. nicht gleich versteht, oder auch wenn es anstrengend ist und einem schwer fällt. Gemeint ist damit auch, wie ich mit dem Lehrer rede. Letzenendes ist das ähnlich wie in einer Firma. Wenn ich mit meinem Vorgesetzten auf gut Kumpel bin, kommt es sehr oft, früher oder später zu Problemen. Ich sehe das hier ähnlich. Einiger Schüler lassen sich auch was vom Lehrer sagen, obwohl sie gut auf gut Kumpel machen und haben keine Probleme damit. Andere aber sehen nicht mehr ein, sich dann noch was sagen zu lassen (quasi von einem Kumpel). Und manchmal ist es aber eben nötig als Lehrer auch mal auf den Putz zu hauen, um den Schüler zum Ziel zu führen. Ein anderes Beispiel ist die normale Schule. Wie soll sich der Lehrer da durchsetzen, wenn er mit seinen Schülern per du ist?
Eine gewisse Form von Respekt ist einfach nötig.

Klaus
07-05-2006, 18:30
Ich meinte die, teilweise auch in China existierende, Angewohnheit daß der "Chef" immer Recht hat, und alles andere mit dem Kinn auf dem Boden rumlaufen muß, anderenfalls wird man zum Selbstmord aufgefordert. Das finden einige das Epitom des "Budo", weil damals, die Samurai, die haben sich ja auch alle gleich aufgeschlitzt wenn ihr "Herr" dahingeschieden ist. Respekt ist nicht Unterwürfigkeit, sondern Höflichkeit.

Galaxy
08-05-2006, 07:58
Hi,




ich sehe die sache eigentlich unkompliziert:

kommen zwei menschen zusammen, von denen der eine mehr kann als der andere, so ist es eine frage des interesses, ob der eine wirklich lehren will und der andere wirklich lernen will. wenn beide das offen und herzhaft tun, so erübrigen sich fragen der moral, weil dieses zusammenarbeiten etwas sehr dichtes wird, das sich ausserhalb von sitten abspielt.

dass das so ideal geschieht, ist aber eher eine seltenheit. ich vermute sogar, dass wir westler freier sind darin, weil wir mit weniger ehrenkodexen aufgewachsen sind.
ima mit komplizierten chinesischen tugenden, anstandsprinzipien zu verbinden halte ich eher für eine erschwerung, denn für das vordringen zur sache.


viele grüsse

vakuum

für mich ist das der freieste, effizienteste und respektvollste Weg zu lernen.
Denn so können beide lernen, der Lehrende und der Lernende.
Dies beinhaltet auch das auflösen des Unterschiedes. Was bleibt, sind Menschen die lernen.

Torsten

GilesTCC
08-05-2006, 13:12
Ob TaiChi oder nicht spielt da keine große Rolle. Das ist in allen trad. chin. KK`s so. Respekt der Schüler gegenüber dem Lehrer war früher sehr wichtig. Davon ist hier im Westen, vor allem beim Taiji nichts zu merken. Das liegt aber auch daran, das die 50jährige Frau Müller, die etwas für ihr Chiiih tun möchte, wohl kaum Lust hat, martialisch anmutende, strenge kulturfremde Regeln zu befolgen. Und die Hipiies die vor gut 30 Jahren Taiji als pseudospiritulles Hobby betrieben haben wohl mit Sicherheit auch nicht...

Viel Sinnvolles hier schon gesagt (z.B. Cherubin, Galaxy, Klaus, Vakuum, Zen Frog...), möchte ich mich anschliessen. :) :)

Was Respekt, gutes Verhalten usw. betrifft: Manches ist natürlich sehr wichtig, auch weil man mit potentiell gefährlicher Materie hantiert. Ein gutes Verhaltenskodex auf einem Schiessplatz ist auch unerlässlich ;)

Man sollte aber bewusst sein, daß einiges an "traditionelles" Verhalten aus den chinesischen KK's einfach chinesische Kultur per se ist. Das heisst, auch in der Familie oder in der normalen Schule hat jeder - meistens viel mehr als im Westen - seinen definierten Platz und Rang. Dem Wort und dem Wunsch des Ranghöheren (Vater, Onkel, älterer Bruder, Lehrer...) muss, zumindest äusserlich, befolgt werden. Widerrede oder Hinterfragen ist eine heikele Sache. (Dies natürlich verallgemeinert, aber als traditioneller Grundtendenz durchaus zutreffend).
Wir wachsen auf und lernen in einer anderen Kultur, mit persönlichen Freiheiten die zum Teil über Generationen hart erkämpft wurden. Diese andere interpersonellen Verhaltensweisen sind viel weniger genormt und das bringt auch Gefahren und Probleme mit sich. Aber ebenfalls grosse Chancen.

Daher muss man sich fragen, welche von den "strengen, kulturfremden Regeln" wirklich nützlich für ein produktives, kreatives, sicheres und respektvolles Lernen im Hier und Jetzt sind, und welche nur ein Nachahmen von anderen Kulturen darstellen. Auf du und du mit einem Lehrer zu sein, ihn kritisch zu hinterfragen oder gar bei Gelegenheit zu kritisieren heisst längst nicht automatisch (zumindest in Europa), daß der Lehrer mit weniger Achtung begegnet wird oder seinen Worten bezüglich der Kunst weniger befolgt werden. Ich persönlich freue mich, wenn ein Schüler nachfragt oder es auch sagt, wenn er etwas nicht gut findet. Ich mache das Gleiche bei meinem Lehrer. Das führt fast immer zu grösserem (gegenseitigen) Verständnis, und manchmal lerne ich auch viel dabei. In meiner eigenen Schule bleibe ich dabei der "Chef" ;) . Aber nicht der Kaiser.

Übrigens, es gibt Welten zwischen dem (ganz chinesischen!) Konfuzianismus und dem (ganz chinesischen!) Daoismus. Die Daoisten könnten man durchaus – verglichen mit Konfuzianern – als "alte Hippies" bezeichnen. Aber kämpfende Hippies, eben.

schöne Grüsse,

Giles

Cherubin
08-05-2006, 18:27
Übrigens, es gibt Welten zwischen dem (ganz chinesischen!) Konfuzianismus und dem (ganz chinesischen!) Daoismus. Die Daoisten könnten man durchaus – verglichen mit Konfuzianern – als "alte Hippies" bezeichnen. Aber kämpfende Hippies, eben.

schöne Grüsse,

Giles

so hatte ich das noch gar nicht gesehen
:D

schöne grüße,
cherubin