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Vollständige Version anzeigen : Was kennzeichnet einen Meister der Kampfkunst?



Hausmeister
04-10-2002, 16:47
Hallo,

auf Anregung von Weudl möchte ich gerne wissen, wie Ihr zum Thema "Meister in einer Kampfkunst" steht.

Was macht einen Meister aus?
Wie würdet Ihr "Meister" definieren"?
Was braucht man alles, um Meisterschaft zu erreichen (körperlich, geistig, technisch...)?
Kann man Meisterschaft konkret an einer bestimmten Graduierung (wo es welche gibt) festmachen?

Viele Grüße,
HME

weudl
04-10-2002, 18:18
Da ich diese Frage in den Raum gestellt habe, möchte ich auch gleich mit ein paar Gedanken die Diskussion eröffnen.

Natürlich war ich früher auch der Meinung, dass man ab dem Schwarzgurt "Meister" ist und, dass man unabhängig von Stil und Kampfkunst zu diesem Zeitpunkt ein gleichwertiges Niveau besitzt. Als ich dann andere Stile kennenlernte, wurde mir bewusst, dass dies ganz und gar nicht stimmt. So waren zB die Leute in einem befreundeten Ju Jitsu Verein bereits 3.Dan, während ich bei vergleichbarem Trainingseinsatz und Trainingszeit im Karate erst 1.Dan war.

Somit wurde mir bewusst, dass die Graduierung alleine sicher nichts über die Fähigkeiten und den Entwicklungsstand der betreffenden Person aussagen kann. Irgendwann ist mir dann auch der Gedanke gekommen, dass Graduierungen nur dazu da sind, um die Vereinskassen zu füllen, aber das ist ein anderes Thema...

Nun zur Frage, was ich mir unter einem Meister vorstelle. Also wie gesagt, kann man dies meiner Meinung nach sicher nicht an Hand der Striche auf seinem Gürtel oder an Hand der Urkunden an der Dojowand beurteilen (bei manchen Leuten hat man das Gefühl, dass sie das brauchen um nicht zu vergessen wo sie überall trainiert haben ;)).

Rein technisch würde ich sagen, dass die Meisterschaft dort beginnt, wo die Technik unbewusst im richtigen Augenblick "von selber" passiert. Die äußere Form erachte ich in diesem Niveau bereits als nebensächlich, da sie meiner Meinung nach nur eine "Krücke" oder Richtschnur für den Schüler sein soll (die Frage nach der "korrekten" Technik wäre ja auch ein Kapitel für sich...).

Was die menschlichen Aspekte angeht, wird die Sache natürlich schon schwieriger. Für mich ist wichtig, dass ein Meister die Fähigkeit besitzt, sich in andere Menschen hineinzudenken und somit zu erkennen was zu tun ist, um den Schüler auf seinem Weg weiterzubringen. Das kann mitunter sogar bedeuten, dass er verschiedenen Schülern gänzlich konträre Anweisungen gibt.

Bezüglich charakterlicher Eigenschaften wird mitunter recht viel über persönlichkeitsbildende Einflüsse des Trainings geschrieben. Da ich aber leider zu viele gegenteilige Beispiele erlebt habe, halte ich dies für nicht erwiesen.

Hausmeister
04-10-2002, 18:54
Mal zu den Gebieten menschliche/charakterliche Aspekte: Ich frage mich, ob und inwieweit das überhaupt in der Kampfkunst sein MUSS. Ob es nicht reicht, um den Meister zu betrachten, das Technische zu betrachten? Wie Weudl schon sagte, und wie man auch ab und an erfährt, ist eine hohe Graduierung kein Garant für Menschlichkeit und einen guten Charakter. Moralisch gesehen sollte es dies vielleicht sein, aber dann ist wieder ein guter Lehrer gefordert, der Menschlichkeit und Charakter beim Schüler fördert, genauso wie Technik und Kampfstärke. Was nicht trainiert wird, kann auch schlecht geprüft werden. Und der Lehrer muß dann das Charakterliche in die Meisterprüfung mit einfließen lassen, und ich weiß nicht, ob und wie oft das geschieht.

Vielleicht kann man "charakterliche Eignung" auch als "Hingabe zur Kampfkunst" sehen, ganz ohne Moralaspekt? Nur jemand, der sich ganz der Kunst verschreibt, ist es wert, Meisterschaft zuerkannt zu bekommen?

karlo
05-10-2002, 10:16
Ich glaube man kann auf diese Frage endlose Ausführungen schreiben, aber für mich fängt das Meisterstadium dann an, wenn ich beginne, selbstständig eine Kata mit zugehörigem Bunkai zu erlernen und aufhöre mir jeden Schritt vom Trainer erklären zu lassen.
Ein weiterer Punkt wäre für mich, daß der "Meister" auch sein Wissen weiter gibt d.h. zumindest von Zeit zu Zeit als Trainer "Verantwortung" übernimmt.

Gruß

Karlo

Hausmeister
05-10-2002, 10:30
@Karlo
wie meinst Du das mit dem "Selbständig eine Kata mit Bunkai erlernen"? Meinst Du, eigene Katas zu entwickeln?

Aaliyah
05-10-2002, 10:35
Hi!


Ich glaube das Problem der Definition eines Meisters ist die logische Konsequenz aus der jetzigen Verfahrensweise.
Mal angenommen ein 1. Kup geht zur Dan Prüfung und legt dort die Prüfung zum 1.Dan ab. Was hat der Prüfer dann bewertet? Sicherlich nicht den Charakter dieser Person. Wie auch? Die beiden haben kennen sich wahrscheinlich gar nicht, da bleibt dem Prüfer keine andere Wahl als nur das zu bewerten, was er gerade sieht. Die wirklichen Stärken und Schwächen sowie seine persönliche Entwicklung kennt nur sein Trainer. Und welcher Prüfer setzt sich schon mit jedem Prüfling hin und unterhält sich mit ihm?


Gruß,
Aaliyah.

karlo
05-10-2002, 10:49
@Ede

also ich bin so gestartet(Shotokan Karate):

die erste Kata wurde Schritt für Schritt gezeigt, und zu fast jedem Schritt gabs eine SV-Übung. Das ganze geht dann mit der Zeit in Fleisch und Blut über und ergibt dann die farbigen Gürtel. Der Schüler folgt der Lehre des Meisters.

Bei einem Meister stelle ich mir das anders vor. Er schaut sich eine Kata im Training oder auf einem Lehrgang an und erarbeitet den Ablauf mehr oder weniger selbständig. Natürlich zeigt er die Kata auch im Dojo und der Sensei korrigiert aber er läuft nicht permanent jeden Schritt vor.
Vorallem aber beim Bunkai und beim Kihon erwarte ich von einem Meister eigene Ideen.

Gruß

Karlo

Hausmeister
05-10-2002, 11:52
@Karlo
Sind für Dich Meister und Sensei zwei verschiedene Dinge?

und @all
Wo sind denn die anderen? Es gibt ja auch im Kung Fu Meister, auf den Phillipinen Guros (oder?) und im gradlosen JKD anerkannte Autoritäten, die Ihr als Meister bezeichnen könntet usw. Wie schaut´s denn da aus? Was habt Ihr für Ansichten? Soll ja nicht nur um Karate- und TKD-Meister gehen :) .

Luggage
05-10-2002, 13:21
Ich habe noch keinen Meister getroffen. "Etwas gemeistert haben" bedeutet doch, etwas vollständig geschafft und überwunden zu haben...

Für mich sind diese Begrifflichkeiten völlig wertlos und unnötig, ich lerne von jemandem, der mehr kann als ich, er lernt wieder von jemand anderem der mehr kann als er... warum sollte sich irgendjemand einen Titel zulegen um das zu tun?

mfg,
Luggage

Deshi
05-10-2002, 13:26
Original geschrieben von Aaliyah
Hi!


Ich glaube das Problem der Definition eines Meisters ist die logische Konsequenz aus der jetzigen Verfahrensweise.
Mal angenommen ein 1. Kup geht zur Dan Prüfung und legt dort die Prüfung zum 1.Dan ab. Was hat der Prüfer dann bewertet? Sicherlich nicht den Charakter dieser Person. Wie auch? Die beiden haben kennen sich wahrscheinlich gar nicht, da bleibt dem Prüfer keine andere Wahl als nur das zu bewerten, was er gerade sieht. Die wirklichen Stärken und Schwächen sowie seine persönliche Entwicklung kennt nur sein Trainer. Und welcher Prüfer setzt sich schon mit jedem Prüfling hin und unterhält sich mit ihm?


Gruß,
Aaliyah.


@ Aaliyah,
das ist halt der keine aber feine Unterschied zwischen einem Verein und einem Ryu(Schule).

Deshi

weudl
05-10-2002, 14:12
@Luggage


Für mich sind diese Begrifflichkeiten völlig wertlos und unnötig, ich lerne von jemandem, der mehr kann als ich, er lernt wieder von jemand anderem der mehr kann als er... warum sollte sich irgendjemand einen Titel zulegen um das zu tun?

Du sprichst mir aus der Seele... Danke für diesen Kommentar...

karlo
05-10-2002, 17:37
@Ede

gute Frage, du zwingst mich ja richtig zum nachdenken. Also wenn ich sage, der Meister muß auch Verantwortung übernehmen und zum Lehrer werden, dann ist es für mich schon das gleiche.
Wenn ich mir aber so manchen Dojo-Leiter ansehe, dann weiß ich nicht mehr was ich sagen soll.
Kann leider keine klare Antwort geben, aber vielen Dank für diesen Denkanstoß.

Gruß

Karlo

weudl
05-10-2002, 18:44
Also ich denke, dass die Begriffe Sensei und Meister nicht unbedingt dasselbe bedeuten. Mit der Bedeutung "Lehrer" könnte ich mich da schon eher anfreunden.

Jedenfalls hat der Ausdruck "Sensei" in der japanischen Sprache nicht diesen wertenden Beigeschmack wie bei uns (ist ja bei uns fast schon wie ein Titel) und ist keinesfalls nur auf die Kampfkünste beschränkt.

Die Bezeichnung Sensei kann auch lediglich ein reiner Höflichkeitsausdruck gegenüber einer respektierten Person sein.

Deshi
06-10-2002, 07:35
[Für mich sind diese Begrifflichkeiten völlig wertlos und unnötig, ich lerne von jemandem, der mehr kann als ich, er lernt wieder von jemand anderem der mehr kann als er... warum sollte sich irgendjemand einen Titel zulegen um das zu tun?

mfg,
Luggage [/B][/QUOTE]

Hi woher weisst du aber das derjenige mehr kann als Du?

Deshi

Armin
06-10-2002, 09:09
Hallo,

ok, mach' ich mir auch mal Gedanken.

Ein Meister ist jemand, der durch viel Übung/Training ein vollständiges System in allen wichtigen Facetten gelernt hat und auch anwenden kann. Meisterschaft ist also für mich zuerst mal eine reine Frage des Könnens.

Ein Sensei oder Sifu dagegen ist jemand, der eigene Schüler hat. Das heisst nicht zwangsläufig, dass er ein Meister ist. Es heisst nur, dass er zumindest die Grundzüge seiner Kampfkunst erlernt hat und weitergibt - es heisst nicht zwangsläufig, dass er das auch anwenden kann.

Mal ein Beispiel (aus unserer Gesellschaft): Der Gas-Wasser-Meister weiss, wie er die Rohre verlegen muss und wie man Verstopfungen beseitigt, daneben weiss er noch, wo er die günstigsten Ersatzteile herbekommt und wie man ein Angebot abgibt. Der Lehrer in der Berufsschule dagegen weiss theoretisch wie's geht, kennt sich aber mit der Arbeit um die eigentliche Tätigkeit nicht aus.


Bis dann,

Armin.

Hausmeister
06-10-2002, 10:41
Ah gut, Armin, auf den Vergleich habe ich gewartet, daß mal der Handwerksmeister mit ins Spiel kommt. Gefällt mir gut, die Idee, der Meister ist der, der es anwenden kann. Und wie sind dann die Unterschiede gelagert zwischen einem, der es anwenden kann, einem, der weiß, warum es funktioniert und wie die Zusammenhänge sind und einem, der es weitervermitteln kann?

Aber, um auf den Sensei und den Sifu einzugehen, glaubst Du, daß es zur Weitervermittlung reicht, die Grundzüge einer Kampfkunst zu kennen, aber sie nicht selbst anwenden zu können? Demnach könnte ich mich WT-Sifu nennen, denn ich kenne theoretisch die Grundzüge und habe sogar ein paar kleine praktische Erfahrungen, die ich auch weitergeben könnte (bischen lesen, paar Std. WT-Training, bisserl üben mit WTlern). Nach Deiner Definition wäre ich dann ein Sifu, oder?

Und ist es nicht so, daß der Lehrling vom GWS-Meister lernt, wie man in der Praxis Rohre verlegt? Und in der Berufsschule nur die Theorie und ein bischen Gefummele lernt? Und dann die ganzen Kniffe, die das Wissen vom Können unterscheiden, die kriegt er auch nicht auf der Berufsschule gelernt, sondern im Betrieb, wie Du schreibst, wo man am günstigsten einkauft, wie man verhandelt, was man macht, wenns nicht mehr nach Schema F funktioniert, weil das Rohr klemmt oder so.

Übrigens, zum Begriff Sensei haben wir uns hier (http://www.kampfkunst-board.de/kampfkunst/forum/showthread.php?s=&threadid=2019&highlight=sensei+and+shihan) schon mal ein paar Gedanken gemacht.
Auch interessant: Aufsätze zu den Begriffen "Sensei", "Shihan" und "Hanshi"
http://www.koryubooks.com/library/mskoss9.html
http://www.blackbeltmag.com/archives/blackbelt/1992/may92/karateway/karateway.html

weudl
06-10-2002, 11:11
@Deshi


woher weisst du aber das derjenige mehr kann als Du?

Interessante Frage. Sie beinhaltet nämlich, dass man selber wissen muss was man zu lernen hat und, dass man in der Lage sein muss zu erkennen, ob eine andere Person dies besser kann und auch fähig und willens ist, einem dieses Wissen oder Können zu vermitteln. Es muss dies aber kein Budoka sein, ja nicht einmal eine menschliche Person. Man kann überall Dinge finden, die einen weiterbringen (wie gesagt, vorausgesetzt man weiß was man sucht...).

Wenn man das nicht weiß, dann wird man meiner Auffassung nach immer nur Schüler bleiben, ganz egal wie hoch man bereits graduiert ist, da man nie in der Lage sein wird, den eigenen Weg bewusst zu wählen und zu gehen.

Luggage
06-10-2002, 11:20
Deshi:
Hi woher weisst du aber das derjenige mehr kann als Du?
Also, erstmal kann man das bestimmt nicht an irgendwelchen Titeln erkennen, heutzutage weniger denn je.

Ansonsten hat Weudl schon recht. Es ist im Grunde das Prinzip des Jeet Kune Do. Ich fange an etwas zu lernen, in irgendeiner KK- Schule, ganz gleich was. Dabei bekomme ich gewisse Grundlagen gelehrt. Meine Schuldigkeit dabei ist nicht wie im traditionellen Karate, Kung Fu oder WT gelehrt einfach zuzuhören, nachzumachen und für immer dabei zu bleiben, sondern aufzupassen, mich schlau zu machen, zu hinterfragen und alles mitzunehmen, was um mich herum dazu zu erfahren ist. Dabei kommt man rum und lernt ganz einfach, wann es etwas für einen persönlich zu lernen gibt und wann nicht. Das alleine ist schon eine große Aufgabe, bei deren Bewältigung eine menge gelernt wird, was ein elementarer Bestandteil des KKlertumes ist.

mfg,
Luggage

weudl
06-10-2002, 11:33
@Luggage

Dem kann ich (wieder ;)) nur zustimmen. Allerdings möchte ich anmerken, dass dies im "traditionellen" Karate vor 1900 um nichts anders war. Man hat bei einem Lehrer einige Jahre trainiert und wurde von ihm dann zu anderen Lehrern geschickt. Kaum einer der großen Karateka dieser Zeit hat nur bei einem Lehrer gelernt. Erst als Karate zum japanischen Budo umfunktioniert wurde, ist dieses Ryu-Denken ins Karate gelangt.

Für mich ist es allerdings immer schon wichtig gewesen, meinen eigenen Weg zu suchen und nicht wie ein Sekten-Jünger dem einzig wahren Sensei nachzulaufen.

Luggage
06-10-2002, 12:47
Weudl:
Allerdings möchte ich anmerken, dass dies im "traditionellen" Karate vor 1900 um nichts anders war. Man hat bei einem Lehrer einige Jahre trainiert und wurde von ihm dann zu anderen Lehrern geschickt. Kaum einer der großen Karateka dieser Zeit hat nur bei einem Lehrer gelernt.
Ja, da hast du schon recht. Wobei sich mir eine Vermutung aufträngt: War es nicht so, dass die Lehrer recht rar gesäht waren, und nur die jenigen, die wirklich ihr Leben der KK gewidmet haben es auf sich genommen haben umher zu reisen?

mfg,
Luggage

Deshi
06-10-2002, 13:02
@Luggage u. Weudl


woher weisst du aber das derjenige mehr kann als Du?
Das ist immernoch meine Frage.

Es ist ja nicht mehr wie vor 200 Jahren, da ist man zu dem gegangen der im Kampf überlebt hat.

Das ein Titel heutzutage immer weniger an Aussagekraft hat ist mir auch klar.

<@ Weudl
Interessante Frage. Sie beinhaltet nämlich, dass man selber wissen muss was man zu lernen hat und, dass man in der Lage sein muss zu erkennen, ob eine andere Person dies besser kann und auch fähig und willens ist, einem dieses Wissen oder Können zu vermitteln. Es muss dies aber kein Budoka sein, ja nicht einmal eine menschliche Person. Man kann überall Dinge finden, die einen weiterbringen (wie gesagt, vorausgesetzt man weiß was man sucht...).
>
Und wenn ich nicht weiss was ich lernen muss, woher weiss ich dann was ich lernen muss????

Deshi

Luggage
06-10-2002, 13:03
So, nun tief durchatmen und bereitsgeschriebenes nochmal lesen, mehr kann man dazu nicht sagen.

mfg,
Luggage

weudl
06-10-2002, 13:08
@Luggage

Das kann schon so stimmen. Ist aber heute auch nicht wirklich anders. Wenn man wirklich in die Tiefe gehen will, sind die Lehrer nach wie vor sehr rar und man muss schon viel Glück haben, wenn man einen in seiner Nähe findet und bei ihm regelmäßig trainieren kann. Wenn sich also einer bestimmten Sache ganz hingeben will, dann kann es heute nach wie vor so sein, dass man sein "normales" Leben hier abschließen muss um irgendwo hinzuziehen.

Schlimm wird die Sache dann meist nur, wenn diese Menschen wieder zurückkehren und in der Gesellschaft wieder Fuß fassen wollen. Mir sind derartige Fälle persönlich bekannt und ich kann nur sagen, dass man sich einen solchen Schritt gut überlegen sollte... Der eine findet darin seine echte Erfüllung, während der andere nur auf romantische Träumereien hereingefallen ist und damit seine weitere Zukunft verbaut.

Armin
08-10-2002, 06:42
Hallo Hausmeister Ede,

Mann, was eine Kopfnuss! Jetzt muss ich auch noch weiter nachdenken :D

Also, mal sehen, ich versuch's mal in Kurzform zu bringen: Der Meister wendet's an und ihm ist dabei (eigentlich) egal, warum's funktioniert.

Der Lehrer wendet's nicht an, versucht aber herauszubekommen, warum's funktioniert. Er muss also zumindest mal grundsätzliche Kenntnisse von der Materie haben, um zu plausiblen Ergebnissen zu kommen.

Der Stift (Auszubildende) hat zuerst mal überhaupt keine Ahnung, um was es geht. Deshalb erhält er in seiner Ausbildung in der Schule das grundsätzliche theoretische Wissen und bekommt nebenher in der täglichen Praxis (neben dem Hof-fegen versteht sich :) ) die grundlegenden praktischen "Anwendungen" vermittelt.

Sicher muss man, um seine Meisterprüfung im Handwerk zu bestehen, auch sehr fundierte Kenntnisse in der Theorie haben. Die Frage ist aber, ob das nicht eher eine Anforderung der Ausbildungsbefähigung ist - rein praktisch hat das meistens keine Auswirkungen. Schliesslich kann sich der Meister nicht erst mal stundenlang hinsetzen und überlegen, wie er jetzt am geschicktesten die Gasleitung verlegt - er wird viel eher auf seine durch jahrelang erworbene berufliche Erfahrung und die dadurch erworbene Routine zurückgreifen.

Ähnlich ist es doch in den Kampfkünsten: Irgendwo gibt's den Spruch, dass ein guter Lehrer (in den meisten Fällen) kein guter Kämpfer ist und umgekehrt. Der Lehrer muss sich ständig neue Konzepte und Methoden zum Unterrichten ausdenken. Der Meister würde Dir einfach nur etwas zeigen und erwarten, dass Du das dann selbst in anwendungsfähiges Wissen umsetzt. Siehe dazu (vielleicht) auch Yip Man, der seinen Leuten nur was gezeigt haben soll (!) und dann erwartete, dass sie das von selbst kapieren (Achtung! Hörensagen!!!).


Bis dann,

Armin.

weudl
08-10-2002, 08:25
@Deshi


Und wenn ich nicht weiss was ich lernen muss, woher weiss ich dann was ich lernen muss????

Hier drängt sich bei mir die Frage auf: Wenn Du nicht weißt, was Du lernen musst (willst), warum trainierst Du dann überhaupt? Erst wenn Du Dir diese Frage beantworten kannst, kannst Du entscheiden ob Du von Deinem Lehrer etwas lernen kannst oder nicht. Andernfalls verschwendest Du mit ihm nur Deine Zeit.

(Verzeih den direkten Ton. Ich denke, dass Du sehr wohl weißt warum Du trainierst)

Armin
08-10-2002, 17:39
@ Deshi:

Na ist doch klar woher ich das weiss: Indem ich mich im Internet auf bestimmten einschlägigen HPs informiere und meine Fragen in Foren stelle.

Immerhin kann man über dass Internet auch sehr leicht zu bestimmten Meistern und Grossmeistern Kontakt aufbauen, die einem dann zu dem einen oder anderen neuen Gedanken und/oder Ansatz verhelfen.


Bis dann,

Armin.

tofu
09-10-2002, 22:09
meister bist du, wenn alle deiner schüler meister geworden sind,
großmeister bist du, wenn alle schüler deiner schüler meister geworden sind.

chinesische weisheit

weudl
10-10-2002, 03:59
Mit anderen Worten: nie. Denn für meine Schüler gilt dann wohl die selbe Definition und sie werden erst dann zum Meister wenn deren Schüler Meister geworden sind und die wiederum erst wenn deren... usw...

Und was ist, wen man selber gar keine Schüler hat? Kann man dann nie Meister sein, ganz egal über welche Fähigkeiten man verfügt?

Michael Kann
10-10-2002, 10:14
@ Armin ... Deinen Vergleich mit dem Meister - Lehrer im Handwerk möchte ich nochmal aufgreifen ...

Habe ja auch mal ne Ausbildung im Handwerk genossen und da fallen mir gleich n paar Sachen dazu ein die mir durch Gespräche mit Mitschülern/Azubis, also Gleichgesinnten, auch so angetragen wurden.

Für mich waren meine Meister immer auch meine Lehrer, warum? Weil sie diejenigen waren, die mir zeigten was in der Wirklichen Arbeitswelt läuft. Dabei habe ich feststellen dürfen, dass es vor allem nach dem Abschluss als Geselle noch lang nicht vorbei ist mit dem Lernen, sondern jetzt eigentlich erst begann. Vor allem die neue Technik ... PC Steuerungen usw. haben ein fortwährendes lernen unumgänglich gemacht. Den Göttern sei Dank, ich habe noch bei Kleinstbetrieben mein Handwerk gelernt und obwohl meine Meister (drei an der Zahl und das jeweils in anderen Betrieben!) aus meiner Lehrlingszeit alle bereits verstorben sind, bin ich ihnen bis heute ewigen Dank schuldig. Ich habe den direkten Vergleich durch spätere Jobs in Großbetrieben ebenso kennenlernen dürfen und kann heute noch sagen, die Ausbildung dort und in einem Kleinstbetrieb ist ein Himmelweiter unterschied! Kleinstbetrieb = Allrounder ... eigene Erfahrung!

Der Lehrer, im Handwerk also vermutlich erst einmal der Berufsschullehrer und damit hoffe ich meinst Du den Lehrer der für den Praktisch umsetzbaren Teil zuständig ist (?), war (hoffentlich) vorher auch in einem Handwerksberuf tätig (habe zwar auch schon von Ausnahmen gehört, aber keinen kennenlernen dürfen). Warum? Weil er die PRAKTISCHE Seite des Handwerks mit beleuchten soll ... dabei ist nicht nur mir aufgefallen, dass uns in der Berufsschule vieles erklärt wurde, was sich im richtigen Leben = Arbeitswelt, nicht umsetzen lies! Daher habe ich bereits Vorort mit diesen Lehrern gesprochen und ihnen versucht die Problematik die wir Lehrlinge haben - oftmals, nicht immer, fehlender Praxisbezug - klar zu machen! Antwort ... "Es steht so im Lehrplan ... Ende der Diskussion!" Kurz und Bündig ... diese Lehrer haben zwar meist einmal in der Praxis gearbeitet, aber sind meist nicht mehr up to date!

Vielleicht liegt es auch genau daran, dass ich davon überzeugt bin, nur jemand der Lehren kann, der aus der Praxis kommt, ist ein Meister. Wobei ich den Begriff Meister anders definiere ... für mich ist es derjenige, der mich anleitet, mir hilft, mich unterstützt, mich begleitet ... das ist nämlich seine ursprüngliche Bedeutung "Anführer" bzw. "Anleitung-gebender" ... wobei ich viel Wert auf das Wörtchen GEBENDER lege. Dabei sehe ich es wie Luggage und Weudl ... das aus dem Begriff Meister abgeleitete Abstraktum Meisterschaft und wie es heute eben definiert wird, kann von niemanden erreicht werden. Daher sehe ich mich persönlich heute mehr den je als Schüler und meine besten Lehrer sind meine eigenen Schüler, denn mit ihnen verbringe ich die meiste Zeit!

Gruß
Mike

Armin
10-10-2002, 20:00
Hallo Mike,

also gut, ich geb' mal ein Beispiel aus meinem Berufsfeld: Steuerfachangestellter. In der Berufsschule lernt man z. B. mit welchen Buchungssätzen ein Warenkonto abgeschlossen wird. Also irgendwie einen Wareneinsatz ermitteln, etc. usw. Da ist auch richtig so, immerhin ist das gesetzlich verankert. Und noch ein Beispiel: Man lernt z. B. die Gewerbesteuer per Divisormethode zu ermitteln - damit lässt sich locker eine Seite Papier füllen.

Die Lehrer dort sind meistens irgendwie aus dem Steuerfach und müssen sich durch Kurse und Literatur ständig auf dem Laufenden halten.

Im Büro dagegen wird das alles ganz anders gemacht: Wo die Azubis 5 oder 10 Buchungssätze buchen müssten, wird das ganze mit einer einzigen Buchung erledigt - für die Gewerbesteuer gibt's den PC oder im Zweifel eine Formel, die aus genau einer Unbekannten und einer Zahl besteht.

Ich denke, dass mein Beispiel mit dem Handwerker nicht genau den Kern trifft, aber doch eine ungefähre Aussage über mein (persönliches) Verständnis wiedergibt.

Wie gesagt, für mich ist Meister oder Meisterschaft eine reine Bezeichnung für Können, Lehrer dagegen eine Bezeichnung für jemanden, der unterrichtet. Wobei man da natürlich noch weiter unterteilen könnte/müsste, wie z. B. ein Lehrer, der nur Grundlagen zeigen kann, ein Lehrer der auch fortgeschrittenen Kram zeigt, usw.


Bis dann,

Armin.

Der Suchende
11-10-2002, 00:31
Hallo zusammen!

Meiner Meinung nach ist das höchste Ziel in der Kampfkunst, zum Einfachsten zurückzukehren, ohne Technik auszukommen, den Impuls des Gegners verwenden, auf eigene Aktivität zu verzichten, der Bewegung des Gegners folgen und ihn durch Nicht-Tun besiegen. Kämpfen und Philosophie werden eins.
Dies sollte das höchste Ziel eines jeden Kampfkünstlers sein.

Gruß,
Der Suchende.

samabe
11-10-2002, 06:39
Für mich ergibt sich die Tatsache, ob im Dojang ein wirklicher Meister steht auch daraus, wie er auftritt und was er für seinen Sport geleistet hat. Nur durch eine Dan-Prüfung zeichnet sich für mich kein Meister aus - er sollte auch außerhalb der Prüfung entsprechendes geleistet haben und leisten.

@ Armin
Ich verstehe Dein Beispiel des Steuerfachangestellten nicht so ganz. Normalerweise wirst Du keinen Meister für Steuerfach, sondern einen Steuerfachwirt antreffen.

Und trotzdem kann man bei den kaufmännischen Berufen auch ohne Meister leben - halt mit Fachwirten und Fachkaufleuten.

Aber Dein Beispiel finde ich trotzdem ganz gut - gerade in diesem Bereich hakt es doch - da dürfen Betriebe Büro- oder Großhandelskaufleute ausbilden, obwohl sie selbst nicht mal diesen Beruf gelernt haben (z. B. in Autohäusern die Bürokraft etc.).
Und Dein Beispiel mit den Buchungssätzen paßt noch besser: Jemand, der sein Fach gelernt hat, weiss, was im Hintergrund abläuft. Er kennt die Buchungssätze, die automatisch im System durchgeführt werden und ist in der Lage, dieses Wissen weiterzuvermitteln. Schade, dass in vielen Betrieben anscheinend dieses Wissen nicht an die Auszubildenden gegeben werden kann. Ein Handwerksmeister hat sein Wissen aus der Praxis - bei kaufmännischen Berufen kommt es eher, wenn es dann überhaupt da ist - oft von der Theorie und wenn es nicht reicht, macht der Computer eh alles von selbst - man kann ja jedem Vertrauen, wenn man sich dafür selbst keine Gedanken machen muss.... Ach ja, ich bin Betriebswirt........

Man könnte ja auch im Dojang Computer einsetzen - dann müßte der "Meister" nicht seine Rübe anstrengen und er könnte sich auf seinen wahren Meister PC verlassen - es gibt doch schon genug Leute, die von Videos Kampfsport lernen.

Armin
11-10-2002, 17:06
@Samabe:

Kurze Richtigstellung: Über dem Steuerfachwirt steht noch der Steuerberater und darüber der Wirtschaftsprüfer - von denen die meisten (hüstel) leider auch nur noch einen marginalen Rest des theoretischen Wissens besitzen, das sie mal aufgrund der Vorbereitung zu den Berufsexamina lernen mussten.

Aber ich stell' mir gerade den Einsatz eines PC im Unterricht vor: So mit Breitwandmonitor, auf dem dann ein Lauftext läuft mit z. B. "Mensch, Dein Stand ist heute ja immer noch scheisse!!!" PIEP "Mensch, Dein ..." PIEP ... :D

Was für eine Vorstelleung!


Bis dann,

Armin.