PDA

Vollständige Version anzeigen : Zurfrieden und doch wieder nicht...



Friede
17-10-2002, 15:22
Guten Tag,

das folgende Problem stört mich schon seit längerer Zeit und nun erhoffte ich mir von erfahrenen Kkünstlern ein paar Ratschläge und/oder Tipps:
Also ich betreibe seit ungefähr 3/4 Jahren (wieder) Shotokan Karate, geh 2mal in der Woche ins Training, also insgesamt ca. 6 Stunden pro Woche, mache zusätzlich je nach Lust und Laune noch ca. 3-6 Stunden pro Woche ein bisschen Kraftraining, Stretching, Sandsacktr. für mich zuhause und versuche mich auch durch Bücher zu allen Themen rund um Karate, KK, asiat.Philosophie weiterzubilden.
Im Dojo wird auch viel aufs Aufwärmen, Strechting geachtet, ich laufe viele Formen...und mindestens 1,5h/Woche machen wir noch Pratzentraining, Technikübungen (für den praktischen Nutzen) und betreiben auch Sparring.
Womit wir beim Problem wären: Auf der einen Seite finde ichs total gut, dass wir als Shotokanschule Vollkontaktsparring machen, auf der anderen Seite sind Kopf-und Genitalientreffer nicht erlaubt. Im Prinzip ist alles wie im Muai Thai erlaubt, ausser eben Kopftreffer (mit Knien, Ellbogen ist alles erlaubt) und die Lowkicks sind als solche auch nicht erlaubt, nur wenn darauf noch irgendeine Technik folgt...sozusagen als Einleitung ist es erlaubt.

Nun, soweit so gut. Ich lese in diesem Forum aber immer wieder, wie wichtig ist Sparring und Vollkontakttraining zu betreiben und da komme ich mir mit "meiner" Sparringsmischung schon ein wenig komisch vor....
Ich weiss auch nicht, auf der einen Seite find ichs gut, dass keine Kopftreffer erlaubt sind, da ich keine Lust habe mir die Hirnzellen wegschlagen zu lassen, auf der anderen Seite fühle ich das Ganze ein wenig als zu "unvollständig".
Findet ihr diese Art von "Sparring" sinnvoll?
Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt noch zusätzlich einmal pro Woche ins Kickboxen oder Muai Thai zu gehen, doch habe ich dazu zurzeit schlicht kein Geld und keine Zeit. Deswegen vertröste ich mich immer wieder "ja in 2-3Jahren wirst du für eine zusätzliche KK schon Zeit und Geld haben". Doch im Prinzip, kommt diese "Ungeduld" immer wieder intervallweise....manchmal bin ich echt zufrieden mit dem was ich mache, und dann empfinde ichs wieder als "unkomplett" und sage mir, dass auf der Strasse im Ernstfall auch der Kopf sein Fett abkriegen wird.

Also, mir gefällt, die Atmosphäre, die Leute und alles, aber eben mit diesem Vollkontakt...

Vielleicht hört sich dies alles wie ein typisches Problem für einen Anfänger an, aber mich beschäftigt das echt von Zeit zu Zeit.
Was soll ich euerer Meinung tun?

hach, keine Ahnung wie ichs formulieren soll, es hört sich alles so übertrieben und kleinlich an....

irie

Joachim
17-10-2002, 15:34
Was Du tun sollst musst Du selbst enscheiden,
aber ich finde Sparring ohne Kontakt zum Kopf nicht besonders sinnvoll.
Vielleicht gehen wirklich ein paar Gehirnzellen flöten wenn man öfter was auf die Rübe kriegt, aber (so handhaben wir das) man kann auch relativ locker sparren ohne volles Programm auf die Birne zu hauen.
Wenn Du dich dort wohlfühlst, dann bleib dort und such Dir ein paar Kollegen die eine ähnliche Meinung haben wie Du und mach mit denen Sparring (je mehr Schutz umso besser).


Grüsse,

Joachim

Friede
17-10-2002, 15:45
ja, danke für die rasche Antwort.

Also, dass ich im Club bleibe ist für mich (mittlerweile) sonnenklar. 1. gutes Training, 2. Aussicht auf Wettkämpfe, 3. nette Leute (mit Kampferfahrung), 4. Vollkontaktsparring (einfach ohne Kopf)

Hm, hab erst kürzlich gesehen, dass an der Uni Taekwondo angeboten wird. Inwiefern ist Taekw. sinnvoll für die SV? Da sind doch auch Kopftreffer erlaubt, oder?

Werd wohl mal ein paar Leute ausm Verein und n paar Kollegen fragen, ob sie Lust haben auch mal "Ganzkörper"Sparring zu betreiben.

irie

sportler
17-10-2002, 15:56
Original geschrieben von Friede
...Vielleicht hört sich dies alles wie ein typisches Problem für einen Anfänger an, aber mich beschäftigt das echt von Zeit zu Zeit.
Was soll ich euerer Meinung tun?


Ich würde an deiner Stelle einfach so weiter trainieren wie bisher. Das hört sich doch schon recht gut an. Ich glaube, dein Hauptproblem besteht darin, dass du die Aussagen von Leuten auf Internetforen, besonders in bezug auf Trainingshärte, viel zu ernst nimmst. Vieles, was hier über Trainingsintensität und Härte geschrieben wird, entspricht oft eher dem Wunschdenken einiger Leute, denn dem realistischen Trainingsalltag. Schau einfach mal bei möglichst vielen Systemen im Training zu und vergleiche das mit den Aussagen einiger Leute im Internet. Da wirst du wahrscheinlich feststellen, dass du mit deinem eigenen Training gar nicht so falsch liegst. Im Internet ist jeder ein "harter Hund".

Und mal ganz nebenbei. Nur weil es einige Leute gibt, die wirklich meinen sich im Training die Schei...e aus dem Leib prügeln zu müssen und das in der Öffentlichkeit propagieren, muss das noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

cu
sportler

DieKlette
18-10-2002, 10:08
Grüss Dich Friede,
das Problem ist, dass im realen Kampf fast auschließlich zum Kopf geschlagen wird. Ich habe mal wie Du eine Zeitlang so trainiert. Als ich dann mit einem Kickboxer trainierte, bekam ich ständig einen auf die Schnauze. Das lag daran, dass ich gar kein Gefühl für de Deckung des Kopfes hatte, weil ich gewohnt war nur Attacken gegen den Oberkörper abzuwehren.

Mit deiner jetzigen Trainingsmethodik bring dann der Clinch auch nichts. Ohne Ellbogentechniken zum Kopf, kann man das nicht wirklich trainieren.

Mit Respekt

Oss

Julian

Friede
20-10-2002, 11:55
@Klette
hm, was räts du mir denn?
Also ich dachte mir, da ich ja noch ein relativer Anfänger (resp. Wiedereinsteiger) im Shotokan bin, jetzt einfach mal ne zeitlang so weiter zu trainieren (2-4 Jahre) und danach, wenn ich ein bisschen mehr Erfahrung und fortgeschrittener bin und das Geld reicht evtl. mit Kickboxen noch anzufangen.
In den 2-4 Jahren dazwischen werde ich nebenbei keine andere KK mehr betreiben, vielleicht mal mit ein paar Kollegen locker sparren, die Hybrit Fighting (oder wie man das schreibt ;) ) Erfahrungen haben und evt. wenn die Zeit reicht an der Uni einmal pro Woche noch Taekwondo belegen, um die Fusstechniken zu perfektionienern.
Was haltet ihr davon?

irie

weudl
20-10-2002, 15:08
Hi,

@Friede,

Irgendwie hören sich diese Kampfregeln fast wie Kyokushin an (allerdings ist dort der Low Kick auch als eigenständige Technik erlaubt und zumindest Beintechniken zum Kopf sind zugelassen). Im Taekwondo sind meines Wissens jedenfalls Armtechiken zum Kopf auch nicht erlaubt.

Das von Dir geschilderte Problem wirst Du jedenfalls in jeder Kampfkunst wiederfinden. Mir ist eigentlich kein System bekannt, bei dem tatsächlich ohne Regeln gekämpft wird. Und selbst wenn nur Fingerstiche zu den Augen oder Schläge in die Weichteile ausgenommen sind, dann ist es bereits "unvollständig" wie Du es so schön formuliert hast.

Ich selber habe jedenfalls immer Randori ohne Technikeinschränkungen bevorzugt. Die einzige Regel ist die, dass der Partner nicht verletzt werden darf. Dies kann man natürlich nicht mit jedem Partner machen und es setzt eine Menge Kontrolle und Vertrauen voraus. Natürlich wird die Sache dadurch nicht wirklich realistisch, da auch hier der Stressfaktor fehlt, aber zumindest muss man mit jeder Technik rechnen und darf auch jede Technik einsetzen.

Friede
20-10-2002, 16:45
@weudl
ja, das ist gut möglich, dass es gewisse Gemeinsamkeiten zum Kyokushin-Stil hat....es sind jedoch auch sogenannte "Beinscheren zum Oberkörper" erlaubt....wenn ich recht überlege, alles was den Gegner zu Boden bringen kann, Beinsteller, Beine halten auch, sogar der Bodenkampf ist erlaubt wenn es soweit kommt, ist aber meistens nicht der Fall, d.h. man darf vom "Boden aus" den Gegner bekämpfen...ist noch schwierig zu erklären.
Im Grunde gehts mir auch nicht darum, so realistisch wie möglich zu kämpfen...ist ja wie du schon gesagt hast, aufgrund der Regeln nicht Möglich, aber ein Vollkörperkontakt (inklusive Kopf) sollte zu einem gewissen Grad halt schon erlaubt sein.
Aber langsam aber sicher sehe ich einfach ein, dass es kein "perfektes" Selbtsverteidigungssystem gibt, genauso wie es keine "perfekte" KK gib. Man sollte oder muss wohl einfach mehrere KK kennenlernen, betreiben, um ein möglichst grosses BLickfeld, einen möglichst grossen KK-Horizont zu bekommen.
Mal schauen, vielleicht findet sich irgendwo noch eine billige Kickboxschule....aber dort wird auch wieder das Problem sein, dass ich dann auch Katas, Formen usw. lernen muss.

Gibt es eigentlich keinen Kampfsport, bei dem man keine Formen laufen muss, sondern sich nur im Vollkontakt üben kann?

irie

Benji
20-10-2002, 17:42
Boxen

weudl
20-10-2002, 20:11
@Friede

Naja, die Sache mit den "Formen" ist gar nicht so einfach. Im Boxen oder Kickboxen trainiert man ja auch Kombinationen ein, und was sind diese Kombinationen anderes als "Formen"? Dass es im Kickboxen aber "richtige" Formen gibt, ist mir neu.

Beim Kickboxen hast Du zwar den Kontakt zum Kopf, aber dafür hast Du wieder riesige Handschuhe, die den Realitätsbezug verzerren.

Die Problematik mit dem Katatraining liegt ganz einfach darin, dass einerseits nur wenige die Anwendungen trainieren und andererseits, dass sich die Kumiteregeln bereits zu weit vom ursprünglichen Karate (oder welcher KK auch immer) entfernt haben. Natürlich findet ein Karatewettkämpfer daher in einer alten Kata keine brauchbaren Trainingsansätze mehr. Wenn man aus SV-Gründen trainiert, sieht die Sache da schon anders aus. Entscheidend ist allerdings, dass man die Kataanwendungen auch tatsächlich trainiert und nicht nur darüber bescheid weiß (wenn überhaupt)...

Oyama wurde einmal darauf angesprochen, ob es nicht eine Schwäche darstellt, dass man im Kyokushin ohne Armtechniken zum Kopf kämpft. Er hat darauf geantwortet, dass der Wettkampf eben nur einen Teilaspekt darstellt und dass man im Kihon und in der Kata sehr wohl auch lernt, derartige Angriffe abzuwehren... Ich bin da zwar nicht ganz seiner Meinung, aber irgendwie ist da auch etwas dran.