Soft-Nunchakus nun endgültig verboten [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Soft-Nunchakus nun endgültig verboten



oliverk71
07-07-2006, 22:04
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat am 24.04.2006 ein Urteil gefällt: alle Nunchakus, auch die Softnunchakus, sind nun verbotene Waffen nach dem Waffengesetz!

Hier das Urteil (http://home.arcor.de/oliverk71/Pro-Nunchaku/Dokumente/SNC%20Urteil.zip) als zip-Datei. Sind sieben einzelne pdfs.

schotte
07-07-2006, 23:42
Super Urteil... Zwei Polsterstäbchen sind verboten, aber mit ner normalen Eisenstange darf man noch auf die Straße...
Ts deutsches Recht...

oliverk71
08-07-2006, 10:23
In einem Gutachten hat das Brandenburgische Landesinstitut für Rechtsmedizin doch tatsächlich die Soft-Nunchakus mit Sollbruchstelle als zum Drosseln geeignet eingestuft. Der Argumentation der Klägerin folgend müßten dann aber auch Springseile verboten sein. Dieses Argument ist natürlich nicht gut, da Springseile keine Waffen sind. Zudem ist das Gericht der Auffassung, daß der Gesetzgeber durch den Klammerzusatz "(z.B. Nun-Chakus)" in Anlage 2 Abschnitt 1 Verbotene Waffen Ziffer 1.3.8 des WaffG klargestellt hätte, daß sämtliche Nunchakus verboten seien.

Nun, wenn man sich das mal überlegt, dann könnte man doch einfach ein paar Freizeit-Akrobatik-Stangen herstellen. Diese sind dann ja keine Nunchakus. Allerdings ist die Handhabung und die grundsätzliche Konstruktion dann immer noch dieselbe. Ein Springseil hat zwar auch eine ähnliche Konstruktion, wird aber anders gehandhabt. Wenn man ein Springseil kürzt, wird es wohl in dem Moment zu einem Nunchaku, in dem man es wie eines handhabt. Allerdings ist festzuhalten, daß die Freestyle-Handhabung sich von der Handhabung im Kumite oder der SV unterscheidet, wenngleich es auch eine Schnittmenge gemeinsamer Techniken gibt. Nur, wer hat Lust auszuprobieren, ob "Freizeit-Akrobatik-Stangen" vor Gericht nicht als verbotene Waffe eingestuft werden?

Wie auch immer. Meines Erachtens ist die Beschreibung im Waffengesetz unter 1.3.8. nicht zutreffend für Freestyle/Artistic- oder Soft-Nunchakus, denn sowohl "Beschaffenheit und Handhabung" müssen dazu "bestimmt" sein, "durch Drosseln die Gesundheit zu schädigen". Der Klammerzusatz kann daher bei wörtlicher Auslegung nur für die zutreffend beschriebene Waffe gelten.

Das Problem ist, daß Juristen gerne die "teleologische Auslegung" benutzen:

Die teleologische Auslegung wird heutzutage häufig als das Kernstück der Auslegungsmethoden angesehen, die im Zweifel den Ausschlag gebe. Sie erfordert, den Sinn des Gesetzes danach festzusetzen, was für ein Ziel (als Sinn und Zweck) mit der Norm erreicht werden soll. Dabei meint sie aber nicht den Willen des Gesetzgebers im Sinne der subjektiven Auslegung, sondern den objektiv in der Norm zum Ausdruck kommenden Zweck, der sich bei älteren Normen im Laufe der Zeit auch geändert haben kann. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass kein Gesetz in seinem Anwendungsbereich auf die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Fälle begrenzt ist, "denn es ist nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten will, solange dies nicht die Form sprengt, in die er gegossen ist" (BGHSt 10, 157, 159 f.).
Diese Form der Auslegung läßt dem Richter ziemlich viel Spielraum. Eigentlich darf das aber nicht sein, da für den Normalbürger nicht mehr ersichtlich ist, was verboten ist und was nicht:

Da Gegenstand der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen immer nur der Gesetzestext sein kann, markiert der mögliche Wortsinn des Gesetzes die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Weil Art. 103 Abs. 2 GG Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit der Straf- oder Bußgeldandrohung für den Normadressaten verlangt, folgt daraus, daß dieser Wortsinn aus der Sicht des Bürgers zu bestimmen ist (BVerfGE 71, 108 <115>).
Allerdings gehe ich davon aus, daß die Klägerin keinen Widerspruch eingelegt hat, die Frist ist nämlich vorbei. Ich bin leider auch kein Rechtsanwalt, sonst würde ich vielleicht eine Verfassungklage einreichen. Allerdings sollte man sich auch nicht zuviel von einer solchen Klage versprechen, denn die kann nur fordern, daß sich der Gesetzgeber klarer ausdrückt. Ob das Gesetz bis zur Überarbeitung außer Kraft gesetzt würde, weiß ich leider nicht.

KarateIai
11-07-2006, 14:52
Aber warum gibt es keine Nunchakus, die als Sportwaffe gelten?


Nr. 1.9 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz (WaffVwV)
Hieb- und Stoßwaffen (§ 1 Abs. 7 WaffG)
Keine Hieb- oder Stoßwaffen sind solche Geräte, die zwar Hieb- oder Stoßwaffen (§ 1
Abs. 7 WaffG) nachgebildet, aber wegen abgestumpfter Spitzen oder stumpfen Schneiden
offensichtlich nur für den Sport oder als Zierde geeignet sind...

Laut diesem Abschnitt müssten Softnunchakus mit Bruchstelle doch als Sportgerät gelten, oder? Mir kann doch keiner erzählen, das man damit jemanden erwürgen oder totschlagen kann!

oliverk71
11-07-2006, 18:45
Gute Frage!

Zu deinem Zitat: ich habe diese Version gefunden. Die ist auf jeden Fall aktuell.

Keine Hieb- und Stoßwaffen sind solche Geräte, die zwar Hieb- und Stoßwaffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1) nachgebildet, aber wegen abgestumpfter Spitzen und stumpfer Schneiden offensichtlich nur für den Sport (z. B. Sportflorette, Sportdegen, hingegen nicht geschliffene Mensurschläger), zur Brauchtumspflege (z. B. historisch nachgebildete Degen, Lanzen) oder als Dekorationsgegenstand (z. B. Zierdegen, Dekorationsschwerter) geeignet sind.

Also, in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a steht:

2. tragbare Gegenstände,

a) die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
Kommt nicht so ganz hin.

In Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1 steht:

1.1

Hieb- und Stoßwaffen (Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen),
Das paßt ja. Leider gibt es aber noch Nr. 1.2.6:

1.2.6

die nach ihrer Beschaffenheit und Handhabung dazu bestimmt sind, durch Drosseln die Gesundheit zu schädigen,

Daher kann man diese Verwaltungsvorschrift leider nicht als juristisches Argument heranziehen.