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Vollständige Version anzeigen : Bujinkan und Judo?



hobbes_s
14-10-2006, 08:55
Hallo Leute,

nachdem ich mich in den letzten Jahren immer mal wieder in verschiedenen Stilrichtungen umgeschaut und betätigt habe (mußte wegen Umzügen etliche Male meinen jeweiligen Verein aufgeben und aus beruflichen Gründen die eine oder andere Pause einlegen), bin ich vor einiger Zeit beim Bujinkan gelandet.

Training ist bei uns dreimal die Woche, weiterhin bin ich noch in einer dienstlichen SV-Trainingsgruppe im Kollegenkreis aktiv, die einmal wöchentlich trainiert. Leider kann ich bedingt durch meine Tätigkeit im Schichtdienst bei weitem nicht alle Trainingseinheiten mitnehmen, denn meine freien Abende sind immer unterschiedlich verteilt.

Da ich aber ganz gerne meine Freizeit optimal ausnutzen möchte, bin ich nun ernsthaft am Überlegen, mir einen Zweitverein zu suchen, so daß ich immer eine Trainingsmöglichkeit habe, egal auf welchen Tag meine freien Abende fallen. Wegen der Angebotsbreite bei den Vereinen in meiner Gegend hatte ich an Judo gedacht, außerdem wollte ich schon länger mal was in Richtung Grappling machen.

Verträgt sich Judo mit BBT bzw. macht es Sinn, sowas parallel zu trainieren? Hättet ihr evtl. andere Vorschläge? (Und nein, es gibt keine der aktuellen Trendstilrichtungen in meiner Gegend... kein BJJ, kein KM, kein Systema etc. :D)

kennin
14-10-2006, 09:32
Natürlich kann man BBT mit Jūdō kombinieren, wenn man BBT denn schon mit etwas kombinieren möchte!
Es hilft einem im BBT sogar eventuell die Würfe zu verbessern.

2 Sachen die Probleme verursachen dürften:

Wettbewerbe. Indem man im BBT auf automatische Reflexe trainiert... oder zumindest trainieren sollte... wird man diese Reflexe normalerweise auch auf der Matte haben. Kann nie gut sein! Bodentechniken: die Bodentechniken im Jūdō funktionieren sehr oft sehr gut... bei Jūdōka... Es gibt im JD einige Techniken die nur funktionieren im Regelsystem des JD, da man bei manchen haltetechniken noch eine Hand frei hat bei der man nur noch ein Ding machen kann, wie zum Beispiel ins Gesicht des Gegners greifen. Dass das bei BBT selbstverständlich ist, ist klar. Beim Jūdō ist das jedoch verboten. Auch zu bedenken: beim Jūdō reicht es wenn man den Punkt macht... in der Realität aber gewiss nicht. Haltetechniken am Boden sind deshalb grundverschieden in realitätsbezogene Kampfkünste gegenüber leistungsbezogene Kampfsporte.


Summa summarum: wenn Du es rein rekreativ betreiben möchtest rate ich es Dir. Wenn Du damit auch an Wettbewerben teilnehmen möchtest, dann seh ich ein wenig Schwarz.

hobbes_s
14-10-2006, 11:19
Nö, irgendwelche Wettkampfambitionen habe ich absolut nicht, das lebe ich woanders aus ;)

Mir geht es darum, mich zu bewegen und mal was in einem Bereich zu machen, mit dem ich mich bis jetzt noch nicht beschäftigt hab (Grappling/Boden). Ich sehe das also rein breitensportlich.

Außerdem hoffe ich, dabei noch das eine oder andere für meine dienstliche Tätigkeit mitzunehmen.

Luggage
14-10-2006, 11:29
Judo ist eine tolle Sache - die Techniken sind meistenteils praktikabel und weil mit vollem Einsatz geübt auch auf der Straße anwendbar. Historisch gesehen ist Judo ja sozusagen ein Sportlicher Auszug aus dem Ju-Jutsu, was ja wiederum im Nujinkan enthalten ist. Sogesehen nimmst du nur einen Teil des Bujinkan und trainierst ihn noch etwas eingehender mit Judo. Judo ist sehr viel stärker auf Würfe ausgelegt, als auf Bodenkampf (meistens jedenfalls), was für die dienstliche Tätigkeit absolut nicht verkehrt ist. Die Gleichgewichtsmanipulationen und Würfe die dort gelehrt werden funktionieren prächtig, und wenn man es ein bisschen drauf hat, kann man gut dosieren, wie hart man einen unbedarften Angreifer werfen möchte.
Daneben ist Judo toller Sport, sprich es ist ungemein gutes Ganzkörpertraining (was beim BBT oft zu kurz kommt).

Grüße,
Judo-Fan Luggage ;)

JIGOKU
15-10-2006, 18:11
Judo und Bujinkan ist durchaus kompatibel; Hatsumi war ein guter Judoka und Doron Navon, einer der ersten Nicht-Japaner, der bei Hatsumi trainierte, baute bei seiner Rückkehr nach Israel sehr viele Elemente des Judo in sein Trainingsprogramm (Doron war 4.Dan Judo und ging ursprünglich nach Japan um im Kodokan zu trainieren).

tom herold
16-10-2006, 10:07
Ergänzung: Kano und der Meister von Hatsumi (komm jetzt grade nicht auf den Namen) kannten sich und waren, wie es heißt, sogar befreundet.
Soweit ich informiert bin, trägt Hatsumi auch den 6. Dan im Judo, nur mal so nebenbei.
Interessant vielleicht auch, daß der als Hiza-Guruma bekannte Wurf aus einem Ryu stammt, welches heute Bestandteil des Bujinkan ist ...
Grüße
Tom

Dein Meister
16-10-2006, 12:06
Ergänzung: Kano und der Meister von Hatsumi (komm jetzt grade nicht auf den Namen) kannten sich und waren, wie es heißt, sogar befreundet.
Soweit ich informiert bin, trägt Hatsumi auch den 6. Dan im Judo, nur mal so nebenbei.
Interessant vielleicht auch, daß der als Hiza-Guruma bekannte Wurf aus einem Ryu stammt, welches heute Bestandteil des Bujinkan ist ...
Grüße
Tom

meinst du ?

Griphes
16-10-2006, 20:55
jupp Takamatsu (Hatsumis Lehrer) hat Kano Gikan Ryu Koppjutsu demonstriert.

Hatsumi hat 10.Dan Aikido, 9. Dan Judo, 9. Dan Karate, laut http://www.ninjutsu-hh.de/, ... ok das klingt auch für mich etwas unglaubwürdig ;)

gion toji
17-10-2006, 11:20
Die einzige grosse Inkompatibilität zwischen Judo und BBT, die mir einfällt, sind die Falltechniken. Die Judo-Lehrer sind da ziemlich dogmatisch bez. des Abklatschens (naja, zumindest die 2, die ich kannte). Das Problem ist: man gewöhnt es sich rel. schnell an - leider ist es nicht BBT-konform.


Wettbewerbe. Indem man im BBT auf automatische Reflexe trainiert... oder zumindest trainieren sollte... wird man diese Reflexe normalerweise auch auf der Matte haben. Kann nie gut sein!Was das für furchtbare Reflexe sind, die da von einem Besitz ergreifen, würde ich gerne wissen. Ich hab zwar nicht an Wettkämpfen teilgenommen, aber im Training nach Wettkampfregeln gekämpft und kann mich an keine Beschwerden erinnern. Man muss sich halt beherrschen.


Bodentechniken: die Bodentechniken im Jūdō funktionieren sehr oft sehr gut... bei Jūdōka... Das stimmt allerdings. Auf Anhieb fällt mir keine Judo-Bodentechnik ein, die gegen einen kratzBeissHaareziehenden Gegner funktioniert. Na und? Viele BBT-Techniken funktionieren nur gegen den Einarmigen-Banditen-Tsuki.


Haltetechniken am Boden sind deshalb grundverschieden in realitätsbezogene Kampfkünste gegenüber leistungsbezogene Kampfsporte.
so schnell aus der Hüfte würde ich sagen, Haltetechniken am Boden glänzen in realitätsbezogenen KKs vor allem durch ihre Abwesenheit. Ob ausgerechnet BBT zu diesen KKs gehört??? :gruebel:


Wenn Du damit auch an Wettbewerben teilnehmen möchtest, dann seh ich ein wenig Schwarz.Ich nicht. Du darfst halt nur nicht mit der Special-Forces-Streetfighter-Einstellung in die Wettkämpfe reingehen

Das gute an Judo ist, du lernst, mit einem widerspenstigen Gegner umzugehen - ist nie verkehrt, kommt aber in BBT leider zu kurz (kommt aber auch sehr auf den Lehrer an)


Interessant vielleicht auch, daß der als Hiza-Guruma bekannte Wurf aus einem Ryu stammt, welches heute Bestandteil des Bujinkan ist ...
welcher Ryu?

hobbes_s
17-10-2006, 12:11
Na und? Viele BBT-Techniken funktionieren nur gegen den Einarmigen-Banditen-Tsuki.

Wie geil... *gröhl

Ich finde BBT tatsächlich klasse (sonst würde ich es ja nicht ausüben), aber mit dieser Formulierung hast du meinen humoristischen Nerv getroffen :D

Häufiges freies Randori mit unkooperativen Gegnern ist tatsächlich einer von den Gründen, weswegen ich noch eine zweite Kampfkunst betreiben möchte.

Yabu_Kentsu
17-10-2006, 13:24
Häufiges freies Randori mit unkooperativen Gegnern ist tatsächlich einer von den Gründen, weswegen ich noch eine zweite Kampfkunst betreiben möchte.
Da ist Judo wirklich super. Das Kämpfen ist deutlich direkter, als bei vielen anderen Kampfsportarten und (wird häufig vergessen) immer vollkontakt! Besodners die Wettkämpfe sind nicht ohne. (Spätestens) da lernt man auch einzustecken. Der Realitätsbezug ist nicht so wichtig. In die Augen stechen braucht man nicht übermäßig trainieren und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das im BBT immer voll durchgezogen wird! :confused:

hobbes_s
18-10-2006, 11:28
So, war gestern beim Probetraining und hatte jede Menge Spaß. Hab zwar in der Fallschule etwas Mecker gekriegt, weil ich nach der Vorwärtsrolle immer wieder sofort auf den Beinen war, anstatt brav abzuklatschen und über die Matte zu schlittern.

Aber nachdem ich das einige Male gemacht hatte, meinte der Trainer, wenn das bei mir nunmal so drin wäre und funktionieren würde, würde er mich nicht umerziehen wollen.

Ansonsten haben wir noch ein paar einfache Würfe und zwei Haltetechniken gemacht. Ich war zwar als "Gehaltener" beim Kesa-gatame einige Male arg in Versuchung, meinem Gegner einfach die freie Hand durchs Gesicht zu ziehen, aber ich hab mich beherrscht :)

Insgesamt war der Spaßfaktor enorm hoch, weil das fröhliche Rumtoben mit kräftigem Rangeln das "innere Kind" bei mir eindeutig massiv anspricht :) Der Trainer ist selber Polizeibeamter mit SEK-Erfahrung, so daß ich ihn durchaus mal auf Sachen ansprechen kann, die weniger wettkampfsportlicher Natur sind :D

Ich werde da auf jeden Fall wieder hingehen, allein schon wegen der körperbetonten Trainingsform.

tom herold
19-10-2006, 11:10
So, ich habe mich nochmal schlau gemacht: Kano war befreundet u.a. mit TODA Shinryuken Masamitsu, dem ehemaligen Fechtlehrer des letzten Shogun.
TODA Shinryuken Masamitsu war der 32. Großmeister des Togakure Ryu und Großmeister des Kukishin Ryu.
Aus dem Kukishin Ryu nun stammt der Hiza-Guruma / Momo-Guruma, der uns heute im Jûdô begegnet und fast immer völlig falsch ausgeführt wird.
Dabei ist das so eine schöne und vor allem einfache Technik ...
MfG
Tom

gion toji
19-10-2006, 12:33
danke
was wird denn an dem Wurf heute falsch ausgeführt?

kennin
19-10-2006, 14:06
Kano war befreundet u.a. mit TODA Shinryuken Masamitsu, dem ehemaligen Fechtlehrer des letzten Shogun.
TODA Shinryuken Masamitsu war der 32. Großmeister des Togakure Ryu und Großmeister des Kukishin Ryu.

Gibt es da Beweise ausserhalb den X-kanquellen?

Dass der Jūdōwurf nicht korrekt sei, ist eine recht starke Anmerkung. Ich würde es diplomatisch auf "anders" halten. ;)

tom herold
20-10-2006, 10:52
Zu den Quellen: man kann diese Dinge u.a. bei S. Cunningham lesen, der nicht nur Jûdô praktiziert (Schüler von Sone Sensei), sondern auch zwei Ryu des Koryu praktiziert - ich hab jetzt nicht parat, welche das sind.
Zum Hiza-Guruma: ich glaube nicht, daß diese technik nun überall im Jûdô falsch ausgeführt wird - aber was ich in den letzten zehn Jahren in unendlich vielen Dojos erleben mußte, war ... zumindest unschön.
Warum? Weil der Hiza-Guruma, aus einer bestimmten Perspektive fotografiert, so aussieht, als ob man die Fußsohle unter Ukes Kniescheibe legt und Uke dann genau da drüber zieht (von mir aus auch mit einer Drehung).
Das aber ist nix anderes als 'ne sehr arme, ineffektive Variante des Sasae-Tsuri-Komi-Ashi.
Zudem ist es der Beweis dafür, daß in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland Jûdô aus Büchern gelernt wurde - und die dabei gemachten fehler haben sich erstaunlich flächendeckend bis heute erhalten.
Mein Sensei Frank Thiele (der einzige deutsche Jûdôka mit dem 9. Dan, wenn man von dem in den 80er Jahren verstorbenen Horst Wolf absieht) hat diese
Zeit miterlebt und weiß Unglaubliches zu berichten ...
Hiza-Guruma ist, korrekt ausgeführt, noch heute eher ein Tritt, der den Uke sofort zu Boden schickt - genau so schnell wie ein korrekter De-Ashi-Barai ...
MfG
Tom

Yabu_Kentsu
20-10-2006, 11:22
Zudem ist es der Beweis dafür, daß in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland Jûdô aus Büchern gelernt wurde - und die dabei gemachten fehler haben sich erstaunlich flächendeckend bis heute erhalten.


Kampfsport aus Büchern zu lernen ist ja nichts Neues. War hier Anfangs beim Karate und Kung Fu auch nicht anders. Im Zweifel besser als gar nichts. Das eigentliche Problem liegt darin, dass viele nicht umdenken wollen und die Fehler immernoch (trotz besseren Wissens) unvermittelt weitergeben. Schließlich hat man das schon immer so gemacht! :mad:

tom herold
21-10-2006, 09:43
@Yabu Kentsu: Stimmt genau! Da kann man sich den Mund fusselig reden - es nützt nix. Und selbst dann, wenn man auf der Matte zeigt, wie es richtig gemacht wird, kommt oftmals ein "Ja, aber ...!" :mad:
Ich habe mir inzwischen (ein wenig mühsam, gebe ich zu) angewöhnt, jeden nach seiner Fasson selig werden zu lassen ...
MfG
Tom

Yabu_Kentsu
21-10-2006, 11:12
[QUOTE=tom herold
Ich habe mir inzwischen (ein wenig mühsam, gebe ich zu) angewöhnt, jeden nach seiner Fasson selig werden zu lassen ...
[/QUOTE]

Anders geht es auch nicht. Sonst holt man sich nur Margengeschwüre. ;)

leopan8
21-10-2006, 12:31
Hy Tom


Hiza-Guruma ist, korrekt ausgeführt, noch heute eher ein Tritt, der den Uke sofort zu Boden schickt - genau so schnell wie ein korrekter De-Ashi-Barai ...


Also wenn ich dich richtig verstanden habe ist er ein Fußfeger/Fegetritt der in der Nähe des Knies ausgeführt wird!

Wird er auf diesem Video aus den USA richtig ausgeführt?
http://www.judoinfo.com/video/gokyo/HizaGuruma.wmv




Stimmt genau! Da kann man sich den Mund fusselig reden - es nützt nix. Und selbst dann, wenn man auf der Matte zeigt, wie es richtig gemacht wird, kommt oftmals ein "Ja, aber ...!"
Ich habe mir inzwischen (ein wenig mühsam, gebe ich zu) angewöhnt, jeden nach seiner Fasson selig werden zu lassen ...

Dieses Phenomen der "Stillen Post" gab und gibt es auch in anderen Kampfkünsten!
Die Korrektur der Fehler ist oft dann unmöglich oder Kano selber müsste es Diesen Leuten zeigen und erklären!

Gruss
leopan8

Yabu_Kentsu
21-10-2006, 15:21
Dieses Phenomen der "Stillen Post" gab und gibt es auch in anderen Kampfkünsten!
Die Korrektur der Fehler ist oft dann unmöglich oder Kano selber müsste es Diesen Leuten zeigen und erklären!


Also ich kenne einige, die selbst Kano bei sowas die Kompetenz absprechen würden! :narf: