Goju Ryu Karate Do [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Goju Ryu Karate Do



Andreas
21-11-2002, 13:03
Weiß jemand etwas genaueres über diesen Stil???

xyto
21-11-2002, 13:26
Tja, kommt drauf an was und wie detailliert du es wissen willst, aber ein paar grundsätzliche Fragen kann ich dir rudimentär schon beantworten (also Gründer, Herkunft, Unterschiede zu Shotokan, Besonderheiten....).
Allerdings findet man das sicher auch durch Google...
Deine Wahl.

grüsse,
xyto

Andreas
22-11-2002, 15:14
Über die Geschichte habe ich schon einiges gefunden ich suche bloß etwas über den Stil Ob man z.B nur Schläge und Tritte macht oder auch Würfe etc.).
Gibt es für Goju Ryu eigentlich einen Verband??

Luggage
22-11-2002, 15:22
Ist glaube ich im DKV organisiert. Soweit ich weiß, beinhaltet Goju Ryo sowohl harte Techniken stammend aus dem Okinawa-Te, sowie weiche, eher aus der chinesischen Tradition. Kicks sind selten über der Gürtellinie, es gibt viel Atemschule und es gibt auch den einen oder anderen Wurf, mehr jedenfalls als im Shotokan.

mfg,
Luggage

xyto
22-11-2002, 16:12
Hmm
Also dem was Luggage gesagt hat kann ich weitgehend zustimmen, ergänzen möchte ich noch folgendes:

Grundsätzlich kann man sagen, dass Goju Ryu ein ähnliches Schicksal ereilt hat wie Shotokan, also im Bezug auf Verlust des "klassisches Anteils" allerdings in bei weitem nicht so starker Form, d.h. es finden sich wohl noch mehr Schulen die "traditionelles", also nicht zu sehr auf Wettkampf ausgerichtetes, Goju Ryu unterrichten.

Die Übersetzung von "Goju Ryu" ist "Hart - Weich - Schule", und wie schon im Namen enthalten und von Luggage erwähnt ist dies ein fundamentaler Bestandteil. So auch die Schwerpunktsetzung auf Atmung (beispielsweise die Katas Sanchin und Tensho)
Würfe, Hebel sind zwar (wie auch in Shotokan) durchaus enthalten, allerdings es ist doch stark Trainer-abhängig ob sie auch praktiziert werden, also hierbei sollte man sich bei den jeweiligen Schulen umsehen.
In den Katas kommen Fußstöße nur chudan und gedan vor, im Kumite wird aber meist auch chodan geübt

Wie die Verbandsstruktur in Deutschland aussieht kann ich nicht sagen, da ich aus Österreich komme *g*, aber auf internationaler Ebene gibt es den "Goju Kai" und den "Sewa kai" Verband; die meisten nationalen Verbände (v.a. auch jene die an Wettkämpfen teilnehmen) sind meist Mitglied in beiden, der Unterschied ist folgender (zumindest wurde es mir einmal so erklärt):
Sewa kai beschränkt sich auf Europa und Goju kai ist von Japan ausgehend, agiert aber auch global (also so ähnlich wie JKA); Dan Prüfungen sollte man zb zuerst im Sewa kai ablegen und danach erst im Goju kai weil das irgendwie "schwerer" ist/sein soll. Weiters muss man um den 4.dan aufwärts zu erreichen nach Japan fahren weil eine bestimmte Zahl an Großmeistern anwesend sein muss... hmm bevor ich zuviel abschweife mach ich lieber schluss *g*

grüsse,

xyto

weudl
23-11-2002, 12:22
Ergänzend zu meinen Vorpostern könnte man noch anmerken, dass das "Ju" im Goju so aussieht, dass Abwehrtechniken generell rund und weich (was nicht kraftlos heißen soll) ausgeführt werden. Das Gefühl heirbei wird von Morio Higaonna (Okinawa Goju Ryu) als Muchimi bezeichnet und kann durch Übungen wie Kakie entwickelt werden. Angriffstechniken werden im Gegensatz dazu hart (Go) und mit Kime ausgeführt.

Grundsätzlich ist Goju Ryu eher auf nähere Distanzen ausgelegt als zB Shotokan. Die Stellungen sind höher, wobei zentrierte Stellungen wie Sanchin Dachi und Shiko Dachi vorherrschend sind. Viele Bewegungen in den Kata lassen sehr deutlich Würfe und Hebel erkennen. Ich denke daher, dass derartige Techniken immer schon einen wesentlichen Bestandteil dieses Stiles dargestellt haben.

Bezüglich Organisationen muss man zwischen japanischem Goju Ryu und dem Goju Ryu Okinawas unterscheiden. Das japanische Goju Ryu geht primär auf Gogen Yamaguchi zurück und ist im bereits erwähnten Goju Kai und den diversen Unterorganisationen organisiert. Auf Okinawa gibt es einige größere und kleinere Richtungen, welche mehr oder minder weltweit organisiert und verbreitet sind. Während das japanische Goju Ryu bereits von Anfang an die Wettkampfentwicklung mitgetragen hat, blieb das Goju Ryu Okinawas hier doch eher zurückhaltend und konzentrierte sich eher auf "traditionelle" Werte (gilt auch für andere Karatestile).

Dojokun
25-11-2002, 15:35
Hallo!

Kanazawa-Shihan sagte uns einmal, dass die Ibuki-Atmung, wie sie im Goju-Ryu unterrichtet wird, sehr ungesund sei...

Was sagt Ihr dazu?


Oss

Dojokun

xyto
25-11-2002, 17:06
Grüsse,

Also ich bin mit dem Terminus "Ibuki Atmung" nicht vertraut, d.h. bin ich mir nicht sicher was darunter zu verstehen ist, obwohl ich eine Vermutung habe.

Meinst du dieses übertrieben laute Ausatmen, bei dem "der Gaumen zum Vibrieren" gebracht wird? Jenes, was oft bei der Kata Sanchin Anwendung findet?

MfG,

xyto

Ps: Bin gerade meinem eigenen Rat gefolgt und habe mich mit google schlaugemacht *g*

Also ich kann nur folgende Dinge dazu sagen: Als ich vor einem Monat auf einem Seminar mit Shuji Tasaki und Seichi Fujiwara (Trainer von Weltmeister Abe) war, wurde spezielle bei Sanchin Ibuki Atmung "gefordert", wobei wiederum bei anderen (z.B. Seiyunchin am Anfang) darauf geachtet werden sollte, dass man die Atmung überhaupt nicht hört, auf spezielle gesundheitliche Aspekte wurde nicht eingegangen...

Unser Trainer hält eigentlich nicht nicht viel davon und ich schließe mich ihm an und Schäden nicht aus *g*
Es ist das eine sich auf die Ausatmung zu konzentrieren um einen Stärkungseffekt zu erzielen und etwas anderes dabei krampfhaft diverse innere Weichteile zusammenzudrücken (mit Ausnahme von Zwerchfell und Lunge)...

Es kann aber durchaus sein, dass es gute Gründe davor gibt, ich selbst bin auch alles andere als ein Experte diesbezüglich weil ich eigentlich selbst Shotokan mache, und nur ca. 2 Monate im Jahr im Jahr Goju... es sollten sich also besser andere zu Wort melden.

Dojokun
25-11-2002, 20:58
Ah jo!

Ich hjabe auch mal kurz Goju Ryu trainiert.
Da wurde auch kein Wert auf Ibuki gelegt.

Hoffentlich findet sich ein Vertreter des Goju Ryu und klärt uns auf.


Oss

Dojokun

weudl
26-11-2002, 17:06
Da wir im Shito Ryu und im Kyokushinkai auch Goju Kata trainiert haben, ist mir die Ibuki-Atmung natürlich auch untergekommen. Ich kann zwar nicht sagen, ob diese zu gesundheitlichen Beschwerden führt, habe sie aber immer als unnütz und eher hinderlich erachtet. Es gibt für mich keinen ersichtlichen Grund die Atmung in der Kehle zu "behindern", nur um einen Laut zu erzeugen. Stärker wird die Technik durch dieses Geräusch wohl kaum. Möglicherweise wollte Miyagi, den ich als "Erfinder" des Ibuki erachte, seinen Schülern damit nur hörbar zum Ausdruck bringen wann bei der Kata ein- und ausgeatmet wird...

Bezüglich Atmung gibt es ja die unterschiedlichsten Philosophien (bis hin zum Luft anhalten), aber mir ist kein wissenschaftlicher Beleg über deren gesundheitliche Auswirkungen bekannt (wenn jemand einen kennt, dann bitte posten).

Rettungsschwimmer
08-12-2002, 13:42
Original geschrieben von Dojokun
Hallo!

Kanazawa-Shihan sagte uns einmal, dass die Ibuki-Atmung, wie sie im Goju-Ryu unterrichtet wird, sehr ungesund sei...

Was sagt Ihr dazu?


Oss

Dojokun


Hi, die Aussage scheint nicht so weit hergeholt. Ibuki Atmung hast du hauptsächlich in der Sanchin Kata des Goju Ryu. Sehr langsames gepresstes Ausatmen unter maximaler Anspannung aller Muskelgruppen. Die Idee gepresster Atmung ist den Körper gegen schwere Treffer abzuhärten, dh. reflexartig den Körper unterstützt durch festigende Ausatmung maximal zu verhärten wenn ein Angiff durchgehen sollte. Die Sanchinkata im Ursprung ist nicht im Goju Ryu entstanden sondern erwiesenermassen aus China, vermutlich von Sensei Hiagonna, mit nach Okinawa gebracht worden. In China gibt es hunderte verschiedener Interpretationen dieser Atem- Kata. In diesem Zusammenhang wird sie traditionell mit leichter steuerneder Atmung und offenen Händen ausgeführt sicherlich um Blutzirkulation und Akkupunkturpunkte zu stimulieren, zumindest die offenen Hände sieht man heute noch im Uechi- Ryu, dem wohl "chinesischsten" Karatestil;) Warum Sensei Myagi diese Kata zur Entwicklung des "Eisenkörpers" modifizierte kann sicherlich nur vermutet werden, hängt nach meiner Vorstellung mit der konsequenten Perfektionierung der "Go", der harten Seite der Go Ju Ryu zusammen.
Der Druck dem die inneren Organe bei dieser Art Pressatmung ausgesetzt sind soll in der Tat langfristig ernste Gesundheitsschäden hervorrufen können und nach Auffassung chinesischer Akkupunkturlehre lebenswichtige Energieflüsse behindern oder sogar töten. Gemessen an chinesischen Vorstellungen der gesundheitlichen Aspekte einer Kampfkunst hat keiner der unvergessenen alten Goju Ryu Meister ein sehr hohes Alter erreicht.

Beste Grüsse Ole

Dojokun
08-12-2002, 14:21
Vielen Dank für die Infos!!

Sehr kompetent geschrieben!!

Schön, dass Du meinen Horizont erweitert hast!!

OSS

Dojokun

Lino
26-12-2002, 22:55
Werner Lind behauptet auch, dass Goju Ryu Ausüber kürzer leben als andere Karate-Ka wegen der Ibuki-Technik.

Wie gut recherschiert das ist, ist jedoch fragwürdig.

Wenn an di ganzen Biografien in seinen Büchern durchstöbert wird man feststellen, dass man z.B. nur wenige findet, die so alt wurden wie G. Yamaguchi.

Was aber zu Ibuki zu sagen ist, wie ich es gelernt habe, ist wie folgt: Dass Ibuki wird ja intensiv gemacht bei der Kata Sanchin. Man sollte jedoch nicht dazu verfallen die Kata Sanchin zu trainieren ohne im gleichen Maß auch die Kata Tensho auszuführen. In Kata Tensho wird auch eine intensive Atemtechnik trainiert, die ähnlich aber viel weicher ist. Einige (hochgraduierte) Karate-Sensei vergleicht die auch mit der Atmung schwangere Frauen lernen um die Geburt zu erleichtern.

Ich bin selber der Überzeugung, dass dieses Wechseln zwischein hart und weich den entscheidenden Unterschied macht, ob dieses Training nun gesund oder ungesund ist.

Außerdem kann alles auch in Übermaß gemacht werden. Dies natürlich aus.

Ich trainiere zwar JKD und es ist ca. 15 Jahre her, dass ich Goju Ryu verlassen habe. Die o.g. Kata habe ich aber die ganze Zeit regelmäßig trainiert.

Lino

weudl
26-12-2002, 23:28
@Lino

Dass die Ibuki Atmung bei Sanchin ungesund sein soll und daher Goju Ryu Karateka nicht so alt werden sollen wie die Verteter anderer Stile habe ich einmal in Mark Bishops "Okinawa Karate" gelesen. Möglicherweise hat Werner Lind seine Aussage auch von dort übernommen. Argumentiert wird dort primär mit der Ganzkörperspannung und der Pressatmung in der Kata, welche sich ungünstig auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken soll. Hierbei handelt es sich aber nur um Aussagen von Vertretern anderer Stile und nicht um medizinische Untersuchungen. Ich denke allerdings nicht, dass man auf Grund des doch recht frühen Todes von einigen frühen Naha Te Vertretern (Higashionna, Miyagi) behaupten kann, dass dieser Stil ungesund ist. Außerdem hatte Higashionna die Sanchin noch ohne Ibuki praktiziert. Um an Hand von Statistiken die Gesundheit von Stilen beurteilen zu können, gibt es jedenfalls ganz einfach viel zu wenige Vergleichswerte.

ich denke, dass die moderne Tensho nicht viel weicher ist als Sanchin. Betrachtet man die meisten Goju Ryu Karateka so bekommt man den Eindruck, dass der einzige Unterschied in punkto Körperspannung in der Weichheit der Handgelenke liegt. Angeblich hat Miyagi diese Kata noch wirklich Tai Chi mäßig weich ausgeführt, würde aber als feminin verspottet und hat sie darauf hin verändert und härter gemacht.

Lino
27-12-2002, 21:53
Hmmm, "die moderne Tensho" ... die kenne ich dann bestimmt nicht, weil da ist - wie ich Goju Ryu gelernt habe - ein erheblicher Unterschied in der Atmung.
Davon abgesehen habe ich auch mit der Zeit den Eindruck bekommen, dass so wie ich Goju Ryu gelernt habe sehr, sehr traditionell war. Mein Sensei hatte schon als teenie angefangen bei einem sehr alten Sensei in Sydjapan. Dieser sei extrem gut gewesen und es habe in seinem Dojo keinerlei modernes Graduierungssystem gegeben.
Shiatsu haben wir übrigens auch gelernt.

Lino

weudl
27-12-2002, 23:19
@Lino

Wie hast Du den Unterschied zwischen der Atmung in Sanchin und Tensho gelernt?

Ich habe Sanchin so gelernt, dass die Luft beim Ausatmen gänzlich aus dem Körper "gepresst" wird, während der Körper komplett unter Spannung gehalten wird. Beim Einatmen wird der Körper wieder entspannt.

Bei Tensho ist die Spannung ähnlich, allerdings nicht so extrem stark (vielleicht 1/3 so stark). Prinzipiell würde ich die Atmung und Spannung aber ebenfalls als hart beschreiben (außer der Handgelenke). Rein "technisch" kann ich bei der Atemmethode aber nicht viel Unterschied erkennen.

Ich muss allerdings anmerken, dass ich selber mittlerweile beide Kata eher weich und ohne Ibuki ausführe, da ich mich mit der harten Spannung und Atmung einfach nicht wohl fühle.

Lino
29-12-2002, 16:31
Ich habe keine Hoffnung, dass ich das unmissverständlich in Text rüber bringen kann. Solltest du mal nach Hamburg kommen, zeige ich es dir.

Trotzdem ein verbaler Versuch:

In Kata Sanchin haben wir ja die harte Atmung. Wichtig ist da - wie auch in Kata Tensho - dass die Spannung im Körper sich von unten nach oben aufbaut. Hier muss man besonders darauf achten, ob das "Zischen" beim Ausatmen oben in der hinteren Mundhöhle entsteht, oder da unten wo ein geschulter Sänger die Töne moduliert. Ich will jetzt nicht Worte wie "richtig" oder "falsch" benutzen, sondern nur kurz beschreiben was passiert. Das Zischen beim Ausatmen ist nichts anderes als ein Kiai in Zeitlupe. bei der ersten Möglichkeit baut sich die Körperspannung erst im mittleren Bereich, gleich unter dem Thorax auf. Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass es auf Herzbeutel und Lungen drückt. Was aber unmittelbar fest zu stellen ist, ist dass die Muskulatur im unteren Bereich meistens nicht Fest ist und man kann nicht die Körperspannung erhalten und gleichzeitig Sprechen. Im Kehlenbereich ist man verspannt. Hat man dort Schleimhaut-Probleme, wuchert eine Halsentündung o.ä. verschlimmet sich oft den Zustand dadurch.
Die zweite Möglichkeit: Spannung baut sich von ganz unten auf, man kann eine Münze mit dem ***** festhalten, Unterleibmuskulatur ist auch im Becken-Bereich so fest, das man darauf hauen kann mit einem Brett, das Zischen entsteht wie erwähnt viel tiefer. Am besten macht man ein bisschen "Cross-Training" und läßt sich die Atemtechnik von einem geschulten Sänger vorführen. Da gibt es unheimlich viele Parallele - und denk daran: Das ist ein so wichtiger Bestandteil der Technik eines Sängers, dass die Chancen groß sind, dass er es besser Beherrscht als jeden Karate-Menschen, den man finden kann.

In Kata TENSHO unterscheidet sich die Technik in folgender Weise: Zwar ist die Körperspannung aufgebaut wie in Kata Sanchin - die Atmung muss also so weich sein, dass kein Laut von der Kehle entweicht. Dazu kommt noch, dass die Spannung im oberen Körperbereich durch die Ausführung von anderen dynamischeren Techniken ohnehin anders sein wird. (Also kein Ibuki-Atmung bei Tensho-Uke und Koken-Uke - im Gegenteil; das sind schnelle geschnappte Bewegungen). Die schnellen Bewegungen dienen auch der Entladung - so wie man es auch in Chi Gung und Tai Chi lernt.
Außerdem öffnet man für einen freieren Fluss in den Lungenmeridianen, durch die anderen Bewegungen und durch die geringere Spannung im oberkörperbereich.

Das war zumindest ein kurzer Versuch einer Beschreibung. Wie auch immer andere diese Kata gelernt haben - ich hatte auch Kata Sanchin bei Shito-Ryu "gelernt" (aber lange nicht so detailliert) bevor ich zu Goju Ryu kam - finde ich das das Wechselspiel zwischen hart und weich sehr gut mit dem grundprinzip im Goju Ryu übereinstimmt. Auch wenn es wichtig ist beide zu Üben, glaube ich aber nicht, dass man dogmatisch sagen kann "wenn du Sanchin ein Mal ausgeführt hast musst du auch Tensho ein mal ausführen". Dass gillt höchstens nur bis man das Gespühr dafür entwickelt hat, zu entscheiden was beim momentanen körperlichen Zustand gerade das beste ist.

Lino

weudl
31-12-2002, 19:27
@Lino

Danke für Deine ausführlichen Erläuterungen. Deinen Bemerkungen bzgl. der Atemtechnik von ausgebildeten Sängern kann ich nur voll und ganz zustimmen.

Wo ich mir selber aber nicht ganz sicher bin, ist dieses typische 'Zischen' (bei manchen auch Röcheln;)) beim Ibuki. Natürlich soll der Atem, wie beim Kiai, von ganz unten aus dem untersten Bauchraum kommen. Wenn man aber den Atem einfach nur fließen lässt, ergibt sich bestenfalls ein Geräusch wie wenn man hauchen würde. Jeder andere Laut würde (zumindest bei mir) aus einer Verengung im Kehlbereich resultieren und darin sehe ich eigentlich wenig Sinn.

Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Ausführungsformen dieser beiden Kata. Ich schaue mir eben gerade nebenbei wieder einmal die Lehrvideos von Morio Higaonna an und dort hat man eigentlich den Eindruck, dass bei Tensho sogar der Atemrhythmus gleich ist wie bei Sanchin. Schnelle oder geschnappte Bewegungen gibt es bei ihm bei Tensho jedenfalls keine. Er meint, dass der weiche Aspekt bei Tensho hauptsächlich in den weichen Handgelenken und damit eigentlich auch im Bunkai ('weiche', aufnehmende Abwehrtechniken) zu finden ist. Die Spannung im Rumpf soll jedenfalls bei beiden Kata gleich sein.

Lino
04-01-2003, 13:21
Interessant. Dann macht der Higaonna Kata Tensho wirklick ganz anders als ich die gelernt habe.
Übereinstimmung: Spannung im Unterleib und Beine wie Sanchin.

NIcht übereinstimmend: Von Mittelsektion und aufwärts Spannung weicher (also nicht locker, aber weicher), was sich aus den anderen Techniken auch ergibt. Die Koken und Teisho Bewegungen aber schnell und Peitschenmäsig wie man die auchin Kumite machen würde. Da, aber, muss der Arm locker sein, sonst ... nicht Eisenstange - whammm, sondern Eisenkette mit einer Kugel am Ende - whongggg.

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Ursprünglich habe ich übrigens Sanchin Kata in einem Shito Ryu Dojo gelernt. Oberflächlich gesehen genau das Gleiche. Aber wie die dann von dem Goju Ryu Sensei ins kleinste Detail gezeigt, erklärt und nachgeprüft wurde, war es wie eine andere Kata - und für mich viel wertvoller, weil ich auch halbwegs spüren konnte was da abgeht.

Dieser Sensei war übrigens ein sehr experimentierfreudiger Mensch. Ich glaube nicht, dass er nur eine Technik über die Jahre ausführen würde über die Jahre hinweg, wie er die einmal gelernt hat, ohne genau zu wissen warum. Dass kann natürlich auch bedeuten, dass wenn etwas letztendlich Sinnlos vorkam, wurde es verworfen oder so geändert, dass es Sinn machte. und das sein Goju Ryu Karate nur oberflächlich gesehen mit dem übereinstimmt, was andere lernen.

DEr war übrigens extrem gut. Obwohl ich nicht ganz unerfahren war, als ich bei ihm anfing, musste ich 3-4 Jahre bei ihm trainieren, bevor es mir gelang einen vorangekündigten oi-tsuki von ihm zu parieren - ausgangsposition heiko-dachi, 2,5 m Entfernung.

Lino

weudl
04-01-2003, 22:27
@Lino

Danke für Deine interessanten Ausführungen. In etwa erscheint mir Deine Beschreibung von Tensho so wie ich selber sowohl Sanchin als auch Tensho zu machen versuche. Die Spannung im Unterbauch halten, aber sonst gerade so viel Spannung im Körper um die Kraft-Verbindung der Arme mit dem Unterbauch aufrecht halten zu können. Eigentlich mache ich die beiden Kata sogar fast Tai Chi mäßig... Mit der Idee eines komplett angespannten Körpers kann ich jedenfalls nicht wirklich viel anfangen.

Ich kenne auch einige Tensho-Varianten mit schnelleren Bewegungen. Offen gestanden gefällt mir die Higaonna Tensho wegen der harten Bewegungen auch nicht besonders (obwohl mich sein Karate sonst schon sehr beeindruckt). Mir selber gefallen die von Dir erwähnten peitschenhaften Bewegungen jedenfalls auch weit besser.

Mit Deinem Goju Ryu Lehrer scheinst Du ja damals echt Glück gehabt zu haben. Gerade bei einer Kata wie Sanchin sind die Details (von der Fusssohle bis zum Scheitel) von essentieller Wichtigkeit, da man sonst durch falsches Training viel Zeit vergeudet. Leider gibt es nicht viele Lehrer, die über ein entsprechend tiefes Wissen verfügen und dieses auch an ihre Schüler vermitteln (können)...

Lino
13-01-2003, 19:30
Du hast recht, ich habe extremes Glück gehabt - aber nicht nur mit meinem Goju Ryu Sensei. Auf diesem Punkt habe ich so viel Glück gehabt seit ich vor ca. 20 Jahren anfing - und es hat auch nicht aufgehört.

Du hast auch recht mit deinem Kommentar zur Körperspannung.

Wenn du locker sprechen kann und jemand knallt dir einen Mawashigeri in den Bauch in Nabelhöhe oder geringfügig darunter, und du sagst dabei nur kurz "HAIIII" und redest weiter, dann stimmt die Spannung perfekt.

Ich habe übrigens fest gestellt, dass wenn ich aus irgend einem Grund eine Weile kein Konditionstraining machen kann - wg. Arbeit, Reisen oder so - und dann Kata Sanchin täglich 3 bis 5 mal mache, spüre ich auch nach 2 Wochen keinen Leistungsverlust.

Lino