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Vollständige Version anzeigen : Muskeldehnung



Rocher
27-11-2002, 18:49
Ist das klassische Dehnungsprogramm zur Verbesserung der Beweglichkeit, bzw. zur Muskelverlängerung noch sinnvoll ?
Neue Forschungen haben ergeben, dass man durch das intensive Dehnen eher die Muskulatur schädigt, als ihn geschmeidig zu machen.
Wie macht ihr das ??

Rocher
(Thema wurde angeregt durch die "Spagat"frage)

Alfons Heck
28-11-2002, 07:27
Folgende Fragen stellen sich mir nach kurzem suchen im web und meinen Büchern:

Gibt es einen Unterschied zwischen dehnen und stretchen?
Ist beides definiert, wenn ja wie?

Wir sind über diese web-Seite (http://www.nostretch.de/) auf das Thema gekommen. Hier wird allerdings auch recht stark polemisiert und keine sinnvollen Praxistipps vermittelt.

Aufgefallen ist mir die starke Ähnlichkeit von diesem (http://www.nostretch.de/zum_Thema/Zitate/zitate.html) und diesem (http://www.kieser-training.ch/de/wissen/topic/06.html) Inhalt. Wer hat da die Quellenangabe vergessen??? :p :p :p

Fragen über Fragen!!!

Mars
28-11-2002, 11:53
Hallo,

Dehnen wirkt einfach Tonus senkend. Weiter nichts. Daher ist es nicht sinnvoll vor dem Training länger zu dehnen (eher gefährlich). Klar. Nach dem Training ist die Tonus senkende Wirkung meist erwünscht (fördert unter anderem die Regeneration). Unmittelbar nach einer starken mechanischen Belastung (intensives Krafttraining, Sprünge etc.) ist Dehnen von manchen Medzinern als problematisch eigestuft worden (beziehen sich auf die mechanischen Belastungen, die ja auch bei intensivem Dehnen auftauchen).

In der Praxis kann man es ja so halten, dass man einfach vor dem Schlafengehen dehnt. Ums Krafttraining (Gegenspieler mitkräftigen!) kommt man nicht herum.

Dehnen und stretchen ist eigentlich das gleiche.

Gruß
Mars

Rocher
28-11-2002, 14:13
Korrekt !
Hier musste mal wieder ein englisches Wort für eine deutsches eingesetzt werden, damit es nicht so angestaubt klingt.

Die Kräftigung der Muskelgegenspieler wird in der Physiotherapie und im Sport übrigens als Dehnungsmethode eingesetzt, man nennt das dann "Reziproke Relaxation". Durch die volle Anspannung eines Muskels (z. B. M. triceps brachii oder Armstrecker) wird der Gegenspieler (M. biceps brachii) automatisch im Tonus gesenkt und auf seine volle Länge gebracht. Dieses Prinzip verhindert dann auch sog. Muskuläre Dysbalancen, die dann zu orthopädischen Problemen führen können.

Rocher

Lemartes
28-11-2002, 18:25
wenn man nur die Schmerztoleranz erhöht - wieso wird meine passive Dehnung dann nach und nach auch besser?
Früher konnte ich meine Beine halt ein bisschen spreizen. Jetzt ist es schon ein ganzes Stück, ohne sie gedehnt zu haben. Das lag aber nie an Schmerzen, sondern es ging einfach nicht weiter(wobei in keinem Fall Schmerzen auftraten).
Hat da jemand eine Antwort drauf?

Rocher
28-11-2002, 22:12
Zwei Möglichkeiten:
1. Das Gelenkspiel deiner Hüftgelenkkapsel hat sich erweitert.

oder

2. in jedem Muskel befindet sich eine sogenannte Muskelspindel, die an das vegetative Nervensystem (Rückenmark, verantwortlich für Reflexe) die jeweilige Länge meldet. Ist der Muskel untrainiert (in Bezug auf Stretching) auf Länge gebracht worden, meldet diese Spindel: "Stop, Verletzungsgefahr, gegenhalten, anspannen." Das schmerzt während der Dehnung natürlich, wenn der Muskel kontrahiert.
Ein Stretching gewohnter Muskel hingegen, merkt sich die neuen hinzugewonnenen Längenausmaße und bleibt entspannt und schmerzfrei.

Rocher

Schmerzen sind nur Erinnerungen...

Skyguide
29-11-2002, 09:06
Zu diesem Thema will ich als erstes mal darauf hinweisen, dass die nostretch Seite sich mehrheitlich auf Aussagen bezüglich Dehnen in der therapeutischen Praxis bezieht und vorschlägt doch die Ursache anzugehen. Solche Aussagen direkt auf ne prophylaktische Anwendung im Sport zu übertragen ist IMHO unzulässig.

Ich habe mir die Mühe gemacht und alle Beiträge auf besagter Seite im Detail durchzuackern. Grundsätzlich sind da sehr schön (wenn auch für nen Laien wohl nicht besonders gut verständlich) die verschiedenen Mechanismen dargestellt.

Neue Erkenntnisse sehe ich darin jedoch überhaupt keine, geschweige denn ein vernünftiges Fazit für die Sportpraxis.

Ich werde versuchen in mehreren Postings detailliert auf einzelne Aussagen einzugehen.

Gruss Skyguide

Alfons Heck
29-11-2002, 10:16
Original geschrieben von Skyguide
...Ich werde versuchen in mehreren Postings detailliert auf einzelne Aussagen einzugehen...

:klatsch: :klatsch: :klatsch:

Ich denke das die meisten das Dehnen vor dem Training eigentlich so verstehen, daß die Muskeln entspannt werden und auf ihre "maximale" Länge streckbar sind. Wobei ich unter "maximal" die individuell mögliche Streckung verstehe die halt durch einseitige Belastung im Alltag reduziert wird.
Anders ausgedrückt dient mein Dehn- und Aufwärmtraining dazu den Muskeltonus zu ändern um eine "gesündere" Körperhaltung zu bekommen. Das ganze geht natürlich nur wenn man über längere Zeit regelmäßig trainiert ;)
Das es funktioniert bestätigen mir meine Schüler mit Aussagen nach dem Training wie: Meine steifer Hals ist weg, Meine Verkrampfung im Rücken- oder Schulterbereich ist weg...
Es werden also im Alltag aufgebaute "Muskelverkrampfungen" wieder abgebaut.

Das erweitern der maximalen Bewegungsamplitude kommt so nebenbei wird aber nicht erzwungen.

Rocher
29-11-2002, 20:36
He, hast du schon mal darüber nachgedacht, dass das Wohlbefinden deiner Schüler durch einfache Mehrdurchblutung und Entspannung in der Übung erzeugt wird und NICHT durch die Dehnung.

(Nur so eine These, denn ich mache auch mit meinen SchülerInnen Dehnungsübungen und glaube auch, dass es seinen Teil zum Wohlbefinden beiträgt.)

Rocher

Ein Sieg, von dem du nicht weißt, wie er gelang, ist kein Sieg (Bruce Lee)...

Alfons Heck
29-11-2002, 22:43
Hi Rocher,

genau das habe ich ja geschrieben. Die Dehnung dient mE dazu einen "verkürzten" oder zu stark angespannten Muskel auf einen "neutralen" Tonus zu bringen. Ich kenne keinen der wirklich nach Anderson dehnt mit diesem ewigen (30sec und länger) halten einer maximalen Amplitude und das dann auch noch mehrmals. Was ich eher mal erlebe sind diese wippenden Bewegungen zur maximalen Amplitude und davon halte ich gar nix.
Aber nochmal auf Deine Frage: Ich denke das dehnen und entspannen eigentlich nur zwei Ansichten der gleichen Sache sind. Wenn ich einen Muskel wirklich entspannen kann erreiche ich die aktuell maximal mögliche Amplitude und dehne den Muskel um seine natürliche Länge.

Zur Mehrdurchblutung: Sicher wird durch Aktivität die körpliche Vitalität erhöht aber dies führt nicht zwangsläufig zu einem besseren Wohlbefinden es kann genauso zu einem Gefühl des "ausgepowert" sein und der Erschöpfung führen.

Rocher
30-11-2002, 13:10
Ausgepowert oder entspannt; je nachdem wie der Trainer es mit einem gutmeint.;)

Das wippende oder federnde Dehnen ist übrigens zur Vorbereitung auf schnelle Techniken manchmal gar nicht sooo schlecht (Man spricht dann von dynamischen oder ballistischen Dehnen).
Problematisch wird es erst dann, wenn man es mit Gewalt probiert oder mit Unverstand.
Daher rate ich meistens auch davon ab.


Rocher