Stil vs. Effektivität? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Stil vs. Effektivität?



BLackDragon
30-11-2002, 14:26
Hi an alle!


Eine Frage, die mich schon seit langem beschäftigt:
Was ist wichtiger Stil zu bewahren oder Effektivität?

mit "Stil bewahren" meine ich jetzt ordentlich zu kämpfen und, dass, wenn man eine Kampfkunst erlernt (hat), dies auch von aussenstehenden erkannt wird!
Denn das, was ih schon manchmal auf Turnieren gesehen habe, sah mehr nach einer Kneipenschlägerei aus als nach Kampfsport!

Mag ja sein, dass es effektiv ist, aber "stilvoll" und "elegant" zu kämpfen ist doch einfach besser/schöner oder?!?!

karlo
30-11-2002, 16:07
Hi BlackDragon,

das mit dem Stil bei Wettkämpfen kann ich bestätigen, was man da manchmal sieht läßt einen zweifeln, ob man in der richtigen Veranstaltung ist.

Also ich persönlich würde Stil im Wettkampf schon bevorzugen(mache selbst aber keinen KK-Wettkampf).

In einer SV-Situation würde ich Effektivität bevorzugen.

Mars
30-11-2002, 16:10
Hallo,

echtes Kämpfen sieht nur selten(eher nie) ästhetisch ansprechende aus. Sorry. Wenn Dein Gegner sehr viel schlechter ist als Du, kannst Du es auch schaffen ihn "künstlerisch wertvoll" umzuhauen. Im Kampf ist Effektivität und Effizienz das A und O.
Stil im Sinne von Eleganz ist meiner Meinung nach schön und gut.(Koordination, etc.) Eine gute Grundschule ist (intelligent angewandt) im Kampf nützlich (im Kampf werden große und saubere Bewegungen eh kleiner und schlampiger).
Und wenn Du kämpfst, um gut auszusehen, liegt Dein Problem ganz wo anders.

Mit Wettkämpfen kenne ich mich nicht so aus. Da dürfte es aber stark auf das Regelment ankommen. (Haltungsnoten beim Kampf wären mir aber neu.)
Gruß
Mars

Andreas Weitzel
30-11-2002, 16:18
Hallo, BlackDragon,

ich finde die Fragestellung nicht ganz gelungen. So wie Du das formulierst soll jede Kampfkunst, die in ihrer Ausführung gut aussieht, uneffektiv sein. Und jede effektive SV soll einer besoffenen Kneipenschlägerei gleichen.

Ich denke, eine gute SV könnte nie nach einem Tanz aussehen, aber sie würde trotzdem eine gewisse Schönheit durch die Exsaktheit und Präzision der Bewegungen haben.

Gruß
Andreas

redy
30-11-2002, 16:24
hallo,

kommt darauf an . so eindeutig ist das aus meiner sich nicht zu beantworten.

als ich noch aktiv silat trainierte war der stil sehr wichtig, da er bei turnieren in die bewertung eingeflossen ist. man kassierte bei der sportart neben reinen trefferpunkten auch punkte fuer die eleganz (da war ich aber nie so besonders gut :-) ).

nach laengerer pause bin ich jetzt bei kmm gelandet und da zaehlt nur die effektivitaet. da sich diese kampfkunst (eigentlich mag ich dieses wort nicht besonders) als reine sv definiert, sind sachen wie philosophie, stil u. tradition nur unnoetiger ballast.

abschliessend kann ich aus meiner sicht nur sagen das tradition/stil od. reine effizienz alle ihre daseinberechtigung haben. es kommt nur darauf an, was du willst oder machen moechtest.

wenn du deinen stil als sport ausuebst, dann ist auch das gewissen zwaengen unterworfen. bspw. wenn zwar einige techniken sehr elegant aussehen, aber dich in deinem sport nicht weiterbringen, sprich du damit keine kaempfe gewinnst, so musst darauf reagieren und nur die techniken einsetzen die erfolgreich sind. dasselbe gilt auch fuer die sv.

wenn du es allerdings als lebensweise oder aus anderen nicht erfolgs orientierten gruenden ausuebst, dann kannst du es machen wie du willst. ;-)

cu
rene

BLackDragon
30-11-2002, 16:48
@ Andreas Weitzel

Ich wollte damit nicht sagen, dass eine elegante Kampfkunst uneffektiv und eine effektive SV unelegant ist!
Nehmen wir doch einfach mal als Beispiel Jackie Chan! Ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen aber ich hoffe ihr wisst was ich damit meine!


Seht euch doch mal seine Kämpfe an! Ist zwar nur gestellt da es alles Filmszenen sind aber er hat doch wirklich STIL und EFFEKTIVITÄT kombiniert! Das gleiche ist es mit Bruce Lee...

Es ist das gleiche wie mit Autos: natürlich kann man mit einem alten Käfer fahren! Fährt ja auch also ist auch effektiv (in seinem Rahmen) aber ich glaube die meisten von uns würden lieben nen Ferrari oder sonst nen schönen Flitzer fahren! Der fährt ja auch (und wie :D ) UND sieht auch noch gut aus!

Kais0n
30-11-2002, 21:07
glaubts oder glaubts nicht...
aber wofür glaubt ihr sind vor teilweise hunderten von jahren komplizierte techniken entwickelt worden? Um effektiv zu sein! Koplizierte Techniken oder Stiele sind kein hinderniss für effektivität sie sind Grundvorrausetztung.

Zambo
30-11-2002, 21:24
@Black Dragon

Wie Du gesagt hast, ist es bei Jackie Chan gestellt. Wie beurteilst Du dann, das es effektiv ist, auch wenn es danach aussieht?
Jet Li zum Beispiel, ist durch seine Filme ja auch zum Kampfkunst-Gott geworden, dabei hat er öffentlich in einem Interview gesagt, dass er nicht kämpfen kann und auf der Strasse keine Chance hat, jedenfalls nicht gegen einen der kämpfen kann.

BLackDragon
30-11-2002, 22:17
@ KaisOn

Da stimme ich dir absolut zu und so seh ich es auch!
Immerhin hat man sich damals ja nicht gedacht "wir machen etwas das toll aussieht und vieleicht auch zur SV nützt" sondern eher "hey die Bewegung ist effektiv, daraus kann man was machen!"

@ Zambo

Ich weiss was du meinst und ich hoffe du weisst auch was ich meine! Hab ja schon gesagt, dass es ein schlechtes Beispiel ist aber du musst zugeben, egal ob Bruce Lee, Jackie Chan oder Jet Li es sieht auf jedenfall geil aus :D
Und solch ein Stil ist meiner Meinung nach auch auf jeden Fall erstrebenswert!

@ alle

Natürlich sollte man in erster Linie darauf achten, dass das, was man macht, effektiv ist! Aber man sollte halt nicht vergessen, dass man immernoch Stil bewahren sollte!

Damit meine ich nicht nur, wie man kämpft, sondern das ganze Verhalten während eines Kampfes!

Dazu gehört zum Beispiel einen wehrlosen Gegner nicht mehr zu attackieren...und solche Dinge!

DieKlette
30-11-2002, 22:46
Kampfkunst ist nur augenscheinlich untauglich zu Verteidigung. Dem Anfänger bleibt das erkennen des Stiles verborgen. Erst nach einigen Jahren kommt die Erkenntnis. Jemand der dies nicht weiß verliert den Weg. Aber der westliche Mensch will immer gleich alles haben......

Mit Respekt

Oss

Julian

"Der Weg kennt keine Abkürzung." Tanaka Sensei

kalimaniac
30-11-2002, 23:07
@KaisOn

Koplizierte Techniken oder Stiele sind kein hinderniss für effektivität sie sind Grundvorrausetztung. (so per CUT AND PASTE ausgeschnitten, nicht abgeschrieben...)
Hast Du schon einmal so eine Technik in einem Wettkampf, in dem es wenige Kampfbeschränkungen durch Regeln gibt, gesehen? Oder frag mal irgendeinen Security-Menschen, ob er sich diesen Luxus in einer SV-Situation leisten möchte, anhand von Stil oder so seine Zähne (oder sonstwas) zu verlieren, da er ja seiner gelernten Kunst einen ästhetischen Tribut zollen möchte?
Bei aller Wertschätzung, ich glaube, hier sind wir in einem Träumer-Topic gelandet...zieh Deinem Trainingspartner Boxhandschuhe an und sag ihm, er kriegt 5 Euro, wenn er Dein Kinn trifft, ich glaub nicht, das Du dann noch was ästhetisches hinbekommst...Keep it simple...

Nitram
30-11-2002, 23:29
Hallo,
ich kann Kalimaniac voll zustimmen.
Alle Kung Fu / Karate - Schöngeister : schaut euch mal die Videos im Board / Netz an.
Stichwort Boztepe gegen Cheung oder den spanischen BJJ - Mann gegen den Karateka.

Je mehr Regeln, desto schöner der Wettkampf ?

;)
Gruß Nitram

kalimaniac
30-11-2002, 23:35
@Nitram:

Je mehr Regeln, desto schöner der Wettkampf

Damit hast Du wohl den Nagel auf den Kopf getroffen

DieKlette
01-12-2002, 16:40
@Kalimaniac
Hakt nur daran, dass ich als Karateka Vollkontakt mit Lowkicks und Bodenkampf trainiere.

Aber was die kontaktlosen Karate-Wettkämpfe angeht gebe ich euch klar recht. Nur man bedenke auch hier, diese öffentlichen Turniere repräsentieren nicht Karate auf der ganzen Welt.

Mit Respekt

Oss

Julian

Hausmeister
01-12-2002, 17:06
Sind nicht Stile daraus entstanden, daß irgendjemand gemerkt hat, daß einige Techniken und Konzepte effektiv sind, und man sie systematisieren könne, um sie besser zu verbreiten? Muß sich dann nicht der Stil dem Ziel anpassen, und nicht das Ziel dem Stil angepaßt werden?

DieKlette
01-12-2002, 17:59
Ede,
völlig richtig, dann kann aber in der momentanen Entwicklung etwas nicht stimmen, weil alles versportlicht wird.

Aber ich kann trotzdem die Milchgesichter nicht mehr sehen, die einen Kampfkunststil an Grundschule und Kata messen, obwohl sie diese noch nichteinmal verstanden haben.

Ist immer wieder Klasse, wie ein Teenager im alter von 16 Jahren z.B. Karate als untauglich entlarvt, obwohl ganz andere Jahrzehnte bis Jahrhunderte daran gedreht und gefeilt haben.

Diese jungen Leute trainieren dann wie verrückt das kämpfen um ihre Angst und ihr schwaches Selbstbewußtsein zu überspielen. Das ist aber ein bitterer Trugschluss.

Da kann man nur hoffen, dass sie irgendwann lernen sich selbst objektiv zu sehen und an sich zu arbeiten.

Aber wenn ich ehrlich bin, dann war ich auch mal so ;).
Gott schütze die Unwissenden :D .

Mit Respekt

Oss

Julian

BLackDragon
01-12-2002, 19:42
Also ich kann dem Hausmeister auch nur zustimmen!

Ok...vielleicht hab ich den Titel des Threads falsch gewählt und es sollte besser "Stil UND Effektivität" heissen!

Hausmeister
01-12-2002, 21:05
BlackDragon, Deine Fragestellung ist schon verständlich. Ich habe vielleicht etwas an der Frage vorbei geantwortet ;) .

Sicher wäre es für den Zuschauer schöner, wenn immer elegant gekämpft würde. Aber effektives Kämpfen ist eben nicht unbedingt elegant. Oberstes Ziel sollte ja die Effektivität sein, denn ich will mein Ziel erreichen, egal, wie der Zuschauer das findet. Wer kann also Schönheit und Eleganz brauchen?

Ein traditioneller Formenläufer im Wettkampf muß sich streng an seinen Kampfstil halten und gewissermaßen "schön" laufen. Theoretisch sollten die Formen effektiv sein.

Ein Show-Formenläufer muß möglichst schön und ästhetisch turnen. Was er macht, muß nicht einmal theoretisch effektiv sein.

Ein Wettkämpfer muß insofern einen gewissen Stil zeigen und "schön" kämpfen, als es die Regeln verlangen. Wenn etwas unschön, aber effektiv und erlaubt ist, würde er Potential verschwenden, wenn er es nicht anwendet. Außer, ihm ist die ästhetische Freude der Zuschauer lieber, als sein Sieg.

In der Selbstverteidigung interessiert Schönheit und Ästhetik keinen, da geht es darum, Deine Haut zu retten, und wenn Du das als Boxer mit einer Art Judowurf schaffst, der Dir mehr schlecht als recht gelingt, ist es OK. Stilfremd und unschön, aber es hilft der Gesundheit. Wie schön das die Umstehenden finden, ist Nebensache.

Oft gehen Schönheit, Ästhetik und Effektivität auch einher: wenn ein Kämpfer technisch und taktisch versiert ist, und ihm das effektiv was bringt. Eine Bierzeltrauferei zwischen zwei Lausbuben ist nicht so ästhetisch wie ein Boxkampf zweier gelernter Boxer. Auch hier geht aber die Effektivität der Schönheit vor: es ist effektiv, und nebenbei schön, weil die Kämpfer ihr Handwerk gelernt haben. Schönheit im Sinne von guter und effektiver Technik und Taktik sollte, wenn möglich, schon sein.

Effektivität kann schön sein, und das ist dann im Interesse der Zuschauer. Aber Schönheit muß nicht effektiv sein. Ich würde auch darauf achten, möglichst schön und ästhetisch zu kämpfen, um etwaigem Publikum ein schönes Bild zu liefern. Egal ob im Training, im Wettkampf oder auf der Straße. Das setzt aber voraus, daß der Gegner das auch mit sich machen läßt. Daß das Oberziel, die Effektivität, erreicht wird.

Kais0n
01-12-2002, 21:27
hmm kalimaniac würdest du einen Sec-Typen als Sifu bezeichen nur weil SV zu seinem Beruf zählt? Würdest du jemand der an einem Wettbewerb teilnimmt als Sifu bezeichnen?Gerade hier unterscheidet sich der Schüler vom Lehrer der Lehrer vom Meister.
Nur sehr wenige haben die chance von einem Sifu unterrichtet zu werden noch weniger Nutzen sie. Um es hart zu sagen uns fehlt es hier an geeigneten Lehrern und(!) Schülern und(!)Trainingsmethoden um einen solche Perfektion zu erreichen. Was wir lernen(leider) sind "flowery fists and embroidery kicks".

xyto
01-12-2002, 22:08
Auf Wettkämpfe bezogen ergibt sich auch folgendes Problem:
Es wäre zwar sicher schön anzusehen und vermutlich auch um einges spannender wenn sich z.B. im Karate zwei Kontrahenten einige Sekunden in Nekoashidachi ruhig gegenüberstehen würden um dann eine entscheidende Technik zu starten anstatt wild drauf los zu hopsen und zu versuchen bestmöglich eine Chodan Fußtechnik anzubringen, weil das ja drei Punkte bringt...

Nun ist es natürlich so, dass es Regeln gibt, und die gleichen sich in den meisten Kumite Veranstaltungen (keine Tiefschläge, Fußtechniken bringen mehr Punkte...) das Sahnehäubchen ist dann noch die "Angriffsverpflichtung" innerhalb von 3 Sekunden, so filtert sich allmählich ein "Stil" heraus, der für diese Anforderungen am besten geeignet, aber für die Augen eines "Klassikers" weder gut aussieht noch effektiv ist.

Andererseits bleibt schön kämpfen ohnehin Illusion, da ein realer Kampf nie schön ist, und Techniken die in der Grundschule vielleicht schön wirken (z.B. irgendwelche "Kranich - Washide" Techniken) in der Wirklichkeit eine fatale Wirkung entfalten; Ästhetik gäbe es dann wohl nur noch in den Augen eines Sadisten...

Freundliche Grüße,

xyto

Hausmeister
01-12-2002, 22:23
"Ästhetik 'in den Augen' des Sadisten" ist in Verbindung mit Washide sehr zweideutig... :D

R.E.
01-12-2002, 22:36
Hi Grüßt Euch!

Zitat Paul Vunak - PFS:

"Einen Kampf gewinnt man nicht mit einer schönen Technik, sondern der mit den besser entwickelten Eigenschaften!"

Was sind Eigenschaften: Geschwindigkeit, Koordination, Timing, Distanzgefühl, Killer-Instinct, Kondition etc............

Nette Grüße

Ralf

Tengu
02-12-2002, 13:22
Nur so nebenbei...hatte von Euch, egal wie gut er ist, mal jemand Zeit, wärend eine Kampfes, seine Haltungsnoten zu überdenken? Ich meine, es ist schon wichtig, seinen, vor Haß geifernden Gegner zur geziemenden Ruhe zu bitten, damit man erstmal die ästhetische Würde eines aufsteigenden Kranichs darstellen kann. So etwas beeindruckt ihn schon und wird ihn außerdem dazu zwingen, sein Wertesystem neu zu überdenken.

Man sagte von ihm,...er ist so schön...gestorben... .

:respekt:

Gruß

Tengu

Nitram
02-12-2002, 14:10
Sorry, da war wohl ein Fehlerteufel :devil:

xyto
02-12-2002, 14:20
@ Hausmeister

Hehe ja, vielleicht sollte man besser sagen für die Augen eines Sadisten und in den Augen eines echt kranken Masochisten =)

Hausmeister
02-12-2002, 16:31
@xyto
Hehe

@Tengu
Schön anschaulich erklärt :D . Das habe ich versucht, zum Ausdruck zu bringen. Wenn ich mit einem stark unterlegenen Gegner übe, versuche ich sehr wohl, mit ihm zu "spielen" und toll auszusehen und Technik wie aus dem Lehrbuch zu machen. Das klappt nicht mehr, sobald der Gegner ein bisserl was kann, und in einer ernsten Kampf-Situation gleich dreimal nicht.

Viele Grüße,
Hausmeister

kalimaniac
02-12-2002, 20:09
@KaisOn

hmm kalimaniac würdest du einen Sec-Typen als Sifu bezeichen nur weil SV zu seinem Beruf zählt? Würdest du jemand der an einem Wettbewerb teilnimmt als Sifu bezeichnen?Gerade hier unterscheidet sich der Schüler vom Lehrer der Lehrer vom Meister.

...Stellt sich die Frage: Wann ist ein Sifu ein Sifu?
Auch ein Lehrer von Lehrern und Meistern wird in einem Fight, indem es UM SEINE HAUT GEHT, auf die einfachsten Dinge zurückbesinnen, egal gut und flüßig seine jahrelang geübten Traumparaden kommen. Ein Fight um "Alles oder Nichts" sprengt halt die Fassade...
Aber um nicht mißverstanden zu werden: Ich will hier niemanden absprechen, diese Techniken zu trainieren - jeder hat ein Anrecht, das zu trainieren, was ihm SPASS macht (habe mich im Filipino-Bereich dieses Forums deswegen schon mal weit aus dem Fenster gelehnt, als ich mich offen und ehrlich als Freizeitsportler outete), noch will ich irgendwelchen Sifus, Senseis, Grandmastern etc. irgendetwas absprechen!!!

Aber JEDEM KAMPFSPORTLER sollte klar sein, das die Fights von Jet Lee, Jackie Chan oder auch dem sicherlich von uns allen verehrten Bruce Lee MOVIE-FIGHTS sind. Wer sich Gedanken über Stil und Ausdruck in einem ECHTEN FIGHT macht, ist ein Träumer, das weiß auch ich als WEICHEI und HOBBY-MARTIAL-ARTIST. HONKONG-MOVIES sind HONKING-MOVIES und Partner-Kata sind Partner-Kata !!! Auch der beste Lehrer, SIGUNG, GREATGRANDMASTER, Sensei oder was weiß ich wird niemanden zeigen können, wie er so "Stilvolle Technik" selbst "nur" im Kontakt-Training gegen einen halbwegs gleichwertigen, aber entschlossenen Gegner, der sich auf erprobte "Simple-Techniques" verläßt, umsetzen kann.

Diese Meinung widerspricht aber nicht Respekt vor den Alten Meistern, und auch nicht vor Kata, Hyong, Kuen etc., vorausgesetzt, es wird auch der SINN und die ANWENDUNG vernünftig weitergegeben, egal in welcher Kampfkunst.
Klassik ist Klassik und Praxis ist Praxis, wurde da (zum Glück) schon oft genug "desillusioniert"...

Andreas Weitzel
02-12-2002, 20:58
Hallo,

ich erlaube mir, etwas neugierig zu werden: Wer von Euch hat bereits einen Kampf "auf Leben und Tod" und kann berichten, wie schön/unschön, sauber/unsauber, effektiv/uneffektiv, einfach/kompliziert Euere Bewegungen und die des Gegners waren? Dann könnte dieser Bericht eine oder andere Meinung hier bestätigen bzw. dementieren. Danke im voraus.

Gruß
Andreas

Hausmeister
02-12-2002, 23:34
Nö. Mein Licht wollte noch keiner auslöschen. Deins schon mal?

Tengu
03-12-2002, 08:48
Hehe, der Vorletzte der das versucht hat, hats auch geschafft. Ich habe nicht mal den Ansatz des Schalges gesehen und schon hatte ich links ein Feilchen. Und als die Sterne aufhörten, sich zu drehen, auch rechts. So ein Knasti und erfahrener Schläger halt und wir hatten schon ein paar Bier. Gut war, das er von der alten Schule war und aufhörte, als ich am Boden lag. Dann habe ich mir geschworen, nie mehr in so einer Situation fair zu kämpfen. (Immerhin mußte ich mir ziemlich lange Hohn und Spott gefallen lassen).

Beim letzen habe ich garnicht an Gefahr gedacht. Ist auch schon 3 Jahre her. Da war ich einfach nur genervt und sauer. Und zu meiner Schande habe ich auch als erster angegriffen. Das Bürschel hatte eigentlich keine Chance. Ohrfeige, Fußfege, Arm arretiert , Knie in die Nieren und erst dann Deeskalation (als ich auf seinem Rücken kniete). Er hat es dann auch eingesehen, daß es blöd war, vor meinen Augen etwas aus meiner Reisetasche nehmen zu wollen.

Nun weiss ich nicht ob daß jetzt ein Kampf "auf Leben und Tod" war. Ich habe mich nur nachher sehr über mich selber geärgert, weil der Computer nicht hochgefahren war. Vielleicht wäre es auch ohne Gewalt gegangen.

Gruß

Tengu

Grushnak
05-12-2002, 12:15
Was das Internet so alles hergibt.
Mit einem Augenzwinkern betrachtet steckt da sogar einiges an Wahrheiten und Halbwahrheiten drinnen:




Ich hatte schon immer ziemliche Probleme, nun genau zu sagen, was der
Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport ist. Alles, was ich so an
Definitionen geh rt habe, l ste sich bei n herem Hinsehen dahin gehen
d
auf, da einige Leute (ich etwa) sich eher als Kampfk nstler sehen, and
ere
eher auf den Begriff Kampfsportler stehen. Einige Beispiele:

Gern genommen wird eine Unterscheidung nach Techniken. So wird z.B.
gesagt, da Judo ein Sport ist, weil da ja keine "vernichtenden" Technike
n
mehr drin vorkommen. Aber das ist nicht wirklich wahr. Selbst der
wettkampforientierte Judoka kann Arme brechen, Leute auf ihr Genick
werfen oder sie erw rgen. Auch ist es sehr merkw rdig, einem Thai Boxer
,
der mit Handschuhen anderer Leute Gesicht zuschanden schl gt zu erz hle
n,
seine Techniken seinen ja nur "Sport", w hrend aber der WT-ler, der seine
KFS mit etwas d nneren Handschuhen auf das Brustbein setzt (damit ja kein
Schaden entsteht) nun "Kunst" macht.

Dementsprechend ist auch die Unterscheidung "SV oder Wettkampf"
kein Kriterium f r Sport oder Kunst. Ich w rde in einer SV Situation
ganz gerne den Ringer, der nebenher Kickboxen betreibt (beides Wettkampf),
dabei haben. Und sind die Ju Jutsuka, die sich SV orientiert geben aber
Wettk mpfe machen nun Sportler oder nicht? Was ist mit den UFC K mpen,
sind das nun Sportler weil sie Wettk mpfe machen und damit SV untauglich
sind? Wohl kaum. Abgesehen davon finden sich selbst im Judo SV Lehrinhalte
einschlie lich Messerabwehr und pipapo, wird Judo dadurch vom Sport zur
Kunst?

Traditionell gegen modern funktioniert auch nicht. Rossi bezeichnet sein
traditionelles Karate als Sport, aber das moderne JKD w rde ich nicht als
"Sport" bezeichnen. Auch "Do"-lastiges als Kampfkunst zu bezeichnen
funktioniert nicht, Aikido ist sicher Kampfkunst, aber Judo? Und wo
sortieren wir dann Eskrima ein? Und wird JKD zum Kampf sport , nur
weil sich deren "Do" Ambitionen in Grenzen halten? (Der Name Jeet Kune
Do ist brigens ein echter Br ller...) Auch die Definition der Kunst
als
"stetiges Bem hen um Verfeinerung der Technik" oder so ist schlicht eine
Beleidigung f r die Kampfsportler, die das nat rlich ganz genauso mache
n.

Am Wochenende habe ich nun endlich die Definition geh rt, die den
Sachverhalt kl rt:

"In der Kampfkunst wollen wir den Gegner arrogant l chelnd besiegen!"

Genau. Das ist es. Bei "Sport" denke ich an: Fairness, sch ner Kampf,
guter Sieger/Verlierer, H flichkeit, ehrlicher Wettbewerb, Siegesjubel un
d
sich beim Verlierer bedanken, der Gegner ist ein Partner, ...
Der optimale sportliche Kampf ist der Wettstreit zweier fast gleich
guter Sportler, die ihre Kr fte sauber messen und bei dem schlie lich
einer auf faire Weise regelgerecht als der bessere ermittelt wird. Bilder
von schwitzenden K rper, konzentrierten Mienen, Handschlag und
Gemeinschaftsgef hl tauchen vor dem geistigen Auge auf...

Dagegen Kampfkunst - der alte Meister, der den jungen Spund m helos durch
die Luft schmei t. Der fiese Griff in die Weichteile wenn der andere scho
n
denkt die Kontrolle zu haben. Das den Gegner austreten wie eine Zigarette
von Bruce Lee. Das Ideal ist die totale Unfairheit. Das Blut
herunterschlucken damit man zum vernichteten Gegner sagen kann "Das war
Drunken Boxing." Der andere soll idealerweise machen und tun und er kann
noch nicht mal den Rockzipfel ber hren, er wird mit beleidigender
L ssigkeit massakriert. Und wenn man selbst kassiert hat ohne Ende wird
das heruntergew rgt. Kein anerkennendes Wort f r die Leistung des
Verlierers, draufspucken und einen coolen Spruch reindr cken. Unschlagbar
und unbesiegbar m chte man gerne sein und dazu ist jedes noch so
abgefeimte Mittel recht. Und die Untersuchung von Konzepten wie "die Kraft
des Gegners nutzen" dient hier dem Genu , den Gegner sich selber schlagen
zu sehen.

Nun soll das nicht hei en, da Kampfk nstler so auch mit ihren
Trainingspartner umgehen. Offensichtlich m ssen sie mit denen Kampf sport

trainieren, damit sie sie als Trainings partner behalten. Aber die
Zielsetzung ist eine andere. Genauso kann man mit obiger Definition leicht
erkennen, da z.B. die Dog Brother Turniere mit dem "be friends at the en
d
of the day" klar Kampf sport sind, aber wohl die Teilnehmer eher
Kampfkunst auf ihre Fahnen geschrieben haben.

Nun kann jeder f r sich entscheiden, ob er Sportler oder K nstler ist.
Ich
bin nat rlich K nstler, wozu hat man schlie lich
Minderwertigkeitskomplexe? =o)

Ciao,
Ingo
---
"It is not enough to succeed. Others must fail." Gore Vidal