Strafbarkeit von Techniken [Archiv] - Kampfkunst-Board

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DocDog
16-03-2007, 12:36
Angeregt durch den "Heel-Hook"-Thread hat sich mir folgende Frage gestellt und bis jetzt konnte ich keine endgültige Aussage bekommen:

Ist es strafrechtlich belangbar, wenn ein Teilnehmer den anderen absichtlich verletzt?

Ich rede hier nicht von den Fällen, in denen ich der KV im Rahmen des Sports einwillige.

Sonder z.B.:

- Anwenden einer durch das Regelwerk verbotenen Technik. Z.B. Heel-Hook ist verboten, aber der Teilnehmer setzt das Ding trotzdem an und zieht voll durch.

- Vorsätzliches Durchziehen eines Hebels, ohne dem Gegner Gelegenheit zum Abschlagen geben zu wollen.

Wie gesagt, es geht nicht darum, was der Veranstalter für Sanktionen anwenden kann oder um zivilrechtliche Belange. Mir geht es lediglich um die strafprozessualen Maßnahmen.

Schöne Grüße,
DocDog

Kreuzfahrer
16-03-2007, 12:49
Müsstest du das nicht besser wissen als andere hier???????:confused: :D

Bin ich auch überfragt,bei manchen Leuten sollte das Strafrechlich verfolgt werden,gibt ja Leute die nicht verlieren können und dann versuchen "unfair" zu gewinnen oder übertrieben hart sind.Soll ja sportlicher Wettkampf bleiben und kein reales Gemetzel:cool:
Aber nebenbei ist es doch so das es wenn was passiert das man selbst mit die Verantwortung trägt,weil man sich ja darauf eingelassen hat,Körperverletzung mit Einwilligung,wenn es jetzt durch etwas was laut Regelwerk verbotenes passiert ist,glaub ich nicht das man da groß was machen kann.Dann müßte man ja beweisen das es Absicht war diese Technik angewendet zu haben,oder in böser Absicht etc Das beweiß mal jemanden"ich stand unter Adrenalin,ich hab Panik gekriegt,ich wollte das nicht,war keine Absicht...............BlupBlupBlup":krank011: :aufsmaul:

FASUHZELKAM
16-03-2007, 13:06
hi,
als ich meinen ersten wettkampf hatte, habe ich ausversehen, (es war keine absicht) kin geri getreten. Das ist im Karate ein Tritt zwischen die Beine. (Vollkontakt) Ursprünglich hätte es ein lowkick werden sollen auf die innenseite des schenkels, ging schief :-(
ich wurde disqualifiziert aber ansonsten wars das.
aber ich werde mal nachfragen, bei uns ist ja auch viel verboten. (Schläge zum Kopf, Hals, Weichteile, Wirbelsäule, Kniegelenk)


Andy Hug hat mal in einem Wettkampf sogar zum Kopf geschlagen. Wurde sofort disqualifiziert.

mfg,
fasuhzelkam.

Michael1
16-03-2007, 13:54
Wenn vorsatz bei einer nicht regelgerechte Handlung vorliegt sollte das Strafrecht imho greifen.

Haftung bei Sportverletzungen (http://www.123recht.net/article.asp?a=420)
http://www.dsg.uni-paderborn.de/_pdf/smi_material/1288-0.pdf


Interessant dürfte da aber auch die Frage nach (zivilrechtlichem) Schadensersatz sein weil das unter Umständen teuer sein könnte...

Dudeplanet
16-03-2007, 15:02
Die Beweisführung wird, wie schon zuvor erwähnt, der Haken sein. Körperverletzung lässt ja nun mal nicht den Index "fahrlässig" zu. Ergo kann es nur bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Handlung bestraft werden. Vorstz kann ich mir beim besten Willen auch nicht als auf einen sportlichen Wettkampf anwendbar vorstellen. Will heißen: es ist nicht davon auszugehen, dass ein Teilnehmer einen anderen vorsätzliche verletzen will. Dafür gibt es kaum ein wirksames Motivkonstrukt.

Bleibt also noch grobe Fahrlässigkeit. Dies schließt aber nicht die wissentliche Regelzuwiderhandlung ein, denn damit hat es nichts zu tun. Es musss dem Sportler bewusst sein, dass ein Durchziehen gefährlich ist und die Folgen müssen bekannt sein. Das sollte aber gegeben sein. Wenn man es darauf anlegt, kann das bestimmt bestraft werden.

Zivilrechtlich ist ein ganz anderes Paar Schuhe. Denke da kommt eher eine Regelzuwiderhandlung zum Tragen. Also Schmerzensgeld ist sicher drin.

Dudeplanet
16-03-2007, 15:08
Haftung bei Sportverletzungen (http://www.123recht.net/article.asp?a=420)

Danke für den Link:
Ich zitiere mal:

Aber selbst wenn die Regeln übertreten wurden, führt das nicht automatisch zu Ansprüchen des Verletzten. Mit einer sog. "sport-typischen" Übertretung der Spielregeln muss jeder Sportler rechnen und daher auch das Risiko einer Verletzung eingehen. "Sport-typisch" sind Regelwidrigkeiten, die nahezu jeder Sportausübende selbst begeht und folglich auch bei sich selbst in Kauf nehmen muss. [...] Sollte die Regelübertretung allerdings besonders grob sein, muss eine Haftung des Verletzers in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung darüber ist vom Gericht im Einzelfall zu treffen. Das OLG München hat z.B. das Verschulden eines Torwarts festgestellt, der "in Art eines Weitspringers mit vorgestreckten Beinen in Kniehöhe gegen das rechte Standbein eines Stürmers gesprungen war, ohne eine Chance gehabt zu haben, den Ball zu treffen".
Ich würde das so interpretieren: Ein durchgezogener Hebel kann passieren und passiert jedem mal - ergo kein Schadenersatz. Eine eindeutige Regelwidrigkeit - z.B. Heelhook - könnte teuer werden.

BBQ1
16-03-2007, 15:43
Also lieber DocDog


du hattest nur nach der strafrechtlichen Relevanz von regelwidrigem Verhalten gefragt. Habe mal wieder im Netz keine vernünftige Quelle finden können. Vorbehaltlich einer Nachprüfung anhand Fachliteratur würde ich jedoch Folgendes sagen:

KV in die eingewilligt wurde sind nicht strafbar. Eingewilligt wird meiner Meinung nach nicht (nur) in Verletzungen die durch regelkonformes Verhalten entstehen, sondern in typischerweise bei dem Sport auftretende Verletzungen. Muskel/Bänderabrisse -wie sie typischerweise- bei Twistern aufreten, gehören meiner Meinung nach dazu, auch wenn sie zwar nicht häufig, aber dennoch regelmäßig vorkommen, weil irgendein Irrer es immer wieder mal übertreibt. Gleiches gilt meiner Meinung nach für das sofortige Durchziehen anderer Techniken.

Anders dürfte es bei einer Genickverletzung nach Suplex aussehen.

Die beste Analogie dürfte man wohl beim Eishockey finden. Schlägerei auf dem Eis gehört nicht zum Regelwerk, wohl aber zum Alltag-ebenso die daraus resultierenden Nasenbeinbrüche. Anders aber bei Schädelbruch durch Soccerkicks mit Schlittschuhen.:ups:

Grenze der Einwilligungsmöglichkeit (die Fähigkeit dazu Vorausgesetzt) ist wie immer die Sittenwidrigkeit der Einwilligung. Könnte beim Vale Tudo ein Problem sein aber nicht beim SW.

Um sicher zu gehen, muß man aber wohl ein dickeres Buch zum Sportrecht heranziehen.

Grüße

P.S. Natürlich kann auch eine nur fahrlässige KV straf und zivilrechtliche Folgen haben. Und natürlich ist auch jeder gezielter Wurf/ Submittversuch eine vorsätzliche KV,die aber idR. über die Einwilligung gedeckt ist. Die Probleme fangen erst da an, wo die Einwilligung fraglich wird.

DocDog
16-03-2007, 22:23
Danke für die bisherigen Antworten:) Michael1, das hilft mir schon mal etwas weiter. Zivilrechtlich können auf jeden Fall hohe Forderungen entstehen.

@BBQ1
Genau bei Deinem letzten Satz beginnt meine Fragestellung. Der Rest ist bekannt.

@Dudeplanet
Natürlich ist auch die fahrlässige KV durchaus strafbar. Die Beweisführung: Zeugenaussagen, Videoanalyse u.ä. könnten da helfen.

Wie gesagt, es geht um Fälle, in denen bewußt Techniken angewandt werden, um das Gegenüber zu verletzen. Ich weiß, dass wir nicht beim Hallenhalma sind, sondern beim Kampfsport. Aber: SPORT!

Daher berufe ich mich nochmals auf die beiden Beispiele meines Eröffnungsposts. Nur um diese in Verbindung mit strafrechtlichen Folgen geht es.
Alle anderen Möglichkeiten (aus Versehen usw.) sind nicht gemeint.

redondo
16-03-2007, 22:33
In der NHL (Eishockey) wurden soviel ich weiss schon Leute für brutale Fouls mit Verletzungsfolge von Strafgerichten verurteilt (Bob Probert?).

FrAgGlE
17-03-2007, 04:34
- Bei Kampfantritt sind KVen aufgrund des Regelwerkes zugelassen (man ist ja einverstanden, z.B. wie auch bei Operationen)

- vorsätzlich ausserhalb des Regelwerkes ist straftbar...

Dudeplanet
19-03-2007, 09:40
Sorry, habe mich ungünstig ausgedrückt. Das meinte ich:


Nach § 229 StGB macht sich wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar, wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht. Im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, bei der eine Person verletzt wird, kommt es oftmals zu Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die Tat wird aber grundsätzlich nur auf Antrag des Verletzten verfolgt.

Allerdings kommt es in der Praxis regelmäßig zu einem Strafantrag des Verletzten, weil die Polizei den Verletzten ausdrücklich danach fragt, ob Strafantrag gestellt werden soll. Dann stellt erfahrungsgemäß der Verletzte den Strafantrag, auch wenn dies letzlich oftmals völlig überflüssig ist und vor allem dem Verletzten nichts bringt.


Die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) ist wie die einfache vorsätzliche Körperverletzung ein Antragsdelikt (§ 230 StGB). Das heißt, die Strafverfolgungsbehörden schreiten erst mit Stellung eines Strafantrags ein, sofern nicht das besondere öffentliche Interesse durch die Staatsanwaltschaft bejaht wird. Andernfalls wird das Opfer auf den Privatklageweg verwiesen.