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Vollständige Version anzeigen : nicht schon wieder: KAMPF !



useless
18-03-2007, 10:33
Hosianna,

Geliebte Gebrüder, Genossen, Capoeiristas y Capoeiriillas !

Ich weiß. Das Thema Capoeira in der SV und im Kampf hängt vielen zu den Ohren heraus, und eigentlich ist es von mir eine freche Heit, einfach einen neuen Fred aufzumachen. Und dann auch noch so respektlos.

Aber ich MUSS es einfach tun.

Ich hab mir neulich von Capoeiristas die ersten Basics zeigen lassen (JINGA oder wie dieser "Wiegeschritt" sich schimpft) und bin einigermaßen begeistert. Erstens stelle ich fest, dass das mit das beste Training für meinen kränkelnden unteren Rücken und meine Hüfte ist, welches ich je hatte. Zweitens hab ich die JINGA gleich im MMA-Sparring mit einem Kumpel getestet und siehe: Sie funkt ! Wenn er mich fegen oder lowkicken wollte, waren meine Hax´n immer plötzlich woanders, wenn er mich schlagen wollte war mein Kopp und O-Körper im Wiegeschritt plötzlich aus der Schusslinie und wenn er mich treten wollte tauchte ich ab, drehte mich und konterte vom Boden aus mit einem Kick.
!Caramba !

Was mich aber noch mehr beschäftigt ist die Rolle des Bodenkampfs in der Capoeira-Technik. Nun gibt es den Capoeira-Bodenkampf ja garnicht, soweit ich das bislang sehen konnte. Dennoch ist Capoeira scheinbar nur so gespickt mit Techniken, die auf ihre Wurzeln im Bodenkampf zu verweisen scheinen. Viele Moves sehen aus, als seien sie direkt abgeleitet aus den "Spider"- und Brücke-Techniken des BJJ und des Ringens, und auch die Leg-Takedowns des Capoeira weisen grundlegend Parallelen zu Beinangriffen der anwendungsorientierten SV- und Wettkampfstile auf. Akrobatische Bodenturn-Elemente wie Handstand, Flikflak, Rad usw. mögen zwar keine direkte Kampf-Relevanz haben, dürften aber Basics für das Groundfighting entwickeln, was Körperbeherrschung und Oberkörperkraft angeht. Nicht umsonst sind so Turnübungen Standardrepertoire in vielen Ringer- und Judovereinen.

Daher mal meine Frage an die Capos an Board: Weiß man eigentlich was über die Rolle des Bodenkampfs für die Entwicklung der heute üblichen Capoeira-Technik ? (Anm: Hier dürfte eine Unterscheidung zwischen Angola-Regional o.ä. überflüssig sein, meine Fragen sind eigentlich stilübergreifend gemeint.)

Kurzum: Ich bin vom C-Virus befallen und denke derzeit daran, eines Tages mit Capoeira zu beginnen, und zwar tatsächlich mit dem Hintergedanken, dadurch meine SV- und Vollkontakt-Fähigkeiten zu bereichern und meine muskulären und motorischen Grundlagen für den Bodenkampf zu verbessern ! :ups:

Findet ihr das hirnrissig oder kann jemand das irgendwie nachvollziehen ? Hat jemand Erfahrungen, Wissen, Ideen zu den hier angerissenen Gedankenfetzen ? Oder ist das eh alles kalter Kaffee für die Alteingesessenen ? ;)

Ave Maria

Ligeirinho
18-03-2007, 11:24
Weiß man eigentlich was über die Rolle des Bodenkampfs für die Entwicklung der heute üblichen Capoeira-Technik ?
Soviel ich weiß sind ein paar Elemente des Freistilringens und des JiuJitsus in der Capoeira Regional enthalten. Der Arrastao hat Ähnlichkeit mit dem Singeleg-Takedown, die Vingativa habe ich (in etwas anderer Ausführung) auch beim Ringen gesehen. Boca de calca ähnelt dem Doubleleg. Tessouras sieht man auch beim Sambo und JiuJitsu. Die Ausführung ist etwas höher als beim Ringen - wahrscheinlich weil es beim Capoeira verpönt ist, daß die Knie den Boden berühren. Einen eigentlichen Boden-Kampf gab es aber meines Wissens beim Capoeira nicht. Vielleicht deshalb, weil dann immer auch der Spielfluß unterbrochen wird. Allerdings gibt es Gruppen, die noch zusätzlich JiuJitsu trainieren, um ihre Lücken zu schließen, oder weil der jeweilige Trainer eine Vorliebe dafür hat, oder weil gerade die neuste DVD von Pride rausgekommen ist und er auf einem Vale-Tudo-Trip ist. Wie auch immer, jedenfalls ist meine Erfahrung, daß einem die Körperschule beim Capoeira eine gute Grundlage für andere Stile verschafft, insbesondere fürs Grappling.

unproVoked
18-03-2007, 11:32
Capoeira ist doch von den Sklaven als als Tanz getarnte Kampfübung entwickelt worden, oder?
Von daher wär's ja logisch, wenn's im Capoeira keinen Bodenkampf gibt/gab, weil es dann offensichtlich gewesen wäre, dass die Sklaven da nicht tanzen, sondern kämpfen üben.

Apollo13
18-03-2007, 21:08
Bimba hat Elemente des Judo's ins Capoeira aufgenommen, als er das Regional schuf. Aber richtiger Bodenkampf wie beispielsweise im BJJ wird nicht trainiert - stört wohl den Spielfluss (siehe oben). Ist ja wohl auch erst eine Erfindung, bzw. erste Priorität bei den Gracies (klärt mich auf wenn ich falsch liege).

Prinz_P
18-03-2007, 22:13
Je nach Gruppe kann es sein, dass Bodenkampf ZUSÄTZLICH trainiert wird. Bei meiner Gruppe, allerdings nur in Brasilien und nicht in Deutschland hat BJJ mit zum Trainingsplan gehört und wenn Gruppenintern "gespielt" wurde gings auch aufm Boden weiter bis zur Aufgabe.
Es gibt ja auch Vollkontakt-Capoeira, da gehts sehr hart zur Sache.


Achso du hast noch was vergessen, neben der Verbesserung der motorischen und muskulären Fähigkeiten.... SPASS!!! Ich bin selten so glücklich wie in der Roda und spiele immer mit einem fetten Grinsen im Gesicht!

Also ruhig weiter trainieren und ruhig mal bei ein paar verschiedenen Gruppen reingucken, gibt da teilweiße sehr große Unterschiede!

itto_ryu
19-03-2007, 06:57
Soweit ich weiß war ja Capoeira im 19. Jahrhundert auch übelster Straßenkampf und unterschied sich dabei wohl ziemlich vom heutigen Capoeira. Bodenkampftechniken wurden in meiner Quelle speziell nicht erwähnt, aber das es u.a. hieß, dass ein großer Unterschied auch der EInsatz von "Ringtechniken" war, glaube ich schon, dass das auf dem Boden auch weiterging. Ich meine Straßenkampf unterliegt ja nicht wirklich den strengen Passagen eines Systems.

Ligeirinho
19-03-2007, 07:57
Ich weiß nicht, ob der Begriff "Ringtechnik" da nicht von einem Übersetzer falsch interpretiert wurde. Ich habe ein paar Bücher von Jorge Armado, in denen der Begriff Capoeira im Glossar als "eine Art Ringkampf" erklärt wurde. Vielleicht aus Unwissenheit des Übersetzers, der Roda mit Ring gleichsetzt, vielleicht auch weil beide Bücher in der damaligen DDR erschienen sind und dort Judo bis in die späten 80er offiziell als einzige Budo-Sportart (im Sinne von Breitensport) ausgeübt werden durfte.

Y2kProblem
19-03-2007, 10:33
Also wir trainieren auch Techniken aus dem BJJ (neben Techniken aus dem Kung-Fu und Judo und noch vielen anderen) die auch Bodenkampf miteinschließen und ich kenne viele Gruppen bei denen das ähnlich ist.

Allerdings wird das nur bei uns nur selten in der Roda gemacht. Nur wenn einer frech ist:D
Ist einfach schöner nen fließendes Spiel zu haben.
Und wenn dann nur bei Bimba oder Benguala Contempora...
Bei Benguela de Bimba und Iuna (und Santa Maria) ist ja jede Form der Berührung verboten und bei Angola gibts zwar auch Kampftechniken, aber auch die sind eher selten und wenn dann nicht statisch am Boden.
(Wenn einer am Boden liegt wird nur draufgetreten, nicht gegrappelt^^)

Wie schon gesagt hängt das sehr von der Gruppe ab. Da muss ich Prinz_P rechtgeben..probieren geht über studieren.

Capoeira hat halt im Laufe der Zeit immer mehr aus anderen KKs übernommen bzw. die Techniken an Capoeira angepasst.
Und wie schon gesagt, ursprünglich war Capoeira ein blutiger Straßenkampf, der sich nicht wirklich an Regeln oder System gehalten hat.
Wenn es da zum Bodenkampf kam wurde halt am Boden gekämpft.

Ich halte es für wichtig das solche Sachen auch trainiert werden, es soll ja "Gruppen" geben die nur Akrobatik-Capoeira machen, nicht zuletzt damit nicht immer und immer und immer und immer und immer wieder ein Capoeira-SV Threat aufgemacht wird.

Übrigends hast du es ja selbst gemerkt, wie nützlich Capoeira dir beim Sparring war, useless. Da kann ich mich nur wiederholen : Probieren geht über Threat-Posten...

Ich hoffe du hast weiterhin viel Spaß an Capoeira (den Virus hast du ja schon, jetzt muss nur noch das Fiber ausbrechen;) ) und dass du eine Gruppe findest die deinen "Anforderungen" entspricht!

In diesem Sinne...
AXE!

Gafanhoto

itto_ryu
19-03-2007, 11:19
Ich weiß nicht, ob der Begriff "Ringtechnik" da nicht von einem Übersetzer falsch interpretiert wurde. Ich habe ein paar Bücher von Jorge Armado, in denen der Begriff Capoeira im Glossar als "eine Art Ringkampf" erklärt wurde. Vielleicht aus Unwissenheit des Übersetzers, der Roda mit Ring gleichsetzt, vielleicht auch weil beide Bücher in der damaligen DDR erschienen sind und dort Judo bis in die späten 80er offiziell als einzige Budo-Sportart (im Sinne von Breitensport) ausgeübt werden durfte.

Nee, nee, das war schon auf Hebel und Würfe bezogen.

Mandrake
20-03-2007, 10:22
Wie ich es in erinnerung haben wurden in den älteren überlieferungen Capoeira so beschreiben das es eine Reihe brutaler Kopfstösse und beinfeger war. somit denke ich das Arrastao und bandas durchaus ein sehr traditioneller teil von Capoeira sind.

Alles an Capoeira ist auf Bewegung aufgebaut. und oft eher ein Kick-and-run taktik. Die meisten bei uns im Capoeira trainierten 'abschlüsse' von würfen sind das wir versuchen dem anderen das knie oder den Fuss an den kopf zu hauen. Bodenkampf an sich wurde bei uns nie trainiert.

Die Vorteile der Ginga liegen auf der hand, es ist ein 'stand' mit seher hoher beweglichkeit und flexibilität. Das ist aber auch wieder ein kleiner natchteil da man z.B. die ausrichtung ändert und auf einmal den starken arm vorne hat. was z.B. Boxtechnisch verpönt währe :) Ein vieleicht etwas gravierenderer nachteil ist das man beim paralelen abstellen des beins seine Weichteile sehr schön präsentiert..... aua.