Vollständige Version anzeigen : Die 5 Familienstile
schüler-x
01-08-2007, 01:53
Hallo Forum!
Ich frage mich seit einiger Zeit, wie es dazu kam, dass sich das Taijiquan in die 5 (sind es 5 oder nicht?) Familienstile aufteilte. Also nicht, wann und in welche, sondern warum. SuFu ergab nichts, Google & Wikipedia ebenfalls. Aber eventuell befindet sich ja ein Wissender hier im Forum?
Danke im Voraus,
Gruß,
Arno
dagukimm
01-08-2007, 04:26
die 5 Familienstile werden nach den 5 Provinzen eingeteilt. Daher kommt dieser Name, ausserdem gibt es noch weitaus mehr Stile.z.B. Chen, Lee, Fu, Wu dang, Long Form, Short form 88 Movemetns, Wu, Peking Short form 125 Movemetns und Peking Long Form. U.S.W. :)
Aus dem gleichen Grund, aus dem sich andere Dinge auch verändern. Man sieht irgendwas neues, findet irgendwas nicht gut, vergisst was, macht was aus Zeitmangel nicht mehr und beschränkt sich auf bestimmte Dinge, denkt etwas ist anders besser, usw. Meine Vermutung wäre, daß das ursprüngliche Programm so umfangreich war, daß es zuviel war, um alles zu üben. Eventuell dadurch daß man eine Zeit lang alles gesammelt hat was man irgendwo aufgeschnappt hat. Also ist man irgendwann dazu übergegangen sich auf einige Kernaspekte zu beschränken, und lieber darauf zu bauen daß allein durch ständiges intuitives Üben jeder eigene Fähigkeiten entwickelt. Letzten Endes ist es auch sinnvoller, in einigen Aspekten wirklich hervorragend zu werden, als viele Dinge ein bischen zu können. Zumindest solange es um Bodyguards geht. Im Taiji gibt es verschiedene Strategien, und man hat sich jeweils auf bestimmte spezialisiert, und eine Systematik erarbeitet. Darum sieht ein Ma Jiangbao völlig anders aus als ein Chen Xiaowang, was das Verhalten im Push-Hands angeht, und somit auch in einer (hypothetischen) "Kampfsituation". Da waren einfach viele Köche mit verschiedenen Philosophien am Werk, und immer mal wieder kam jemand mit besonderen Skills der gesagt hat "allet Quatsch, mach dat lieber so, dat is besser", bzw. es wurden Dinge an neue Interessentenkreise angepasst (vom Wächter zur Hofschranze muß man ein paar Kompromisse machen). Ob es immer richtig ist, steht auf einem anderen Blatt, das lässt sich mit Sicherheit nicht mehr nachvollziehen.
schüler-x
01-08-2007, 12:47
die 5 Familienstile werden nach den 5 Provinzen eingeteilt.
Also danke für den Post, aber das sagt mir ja nur warum die Stile so heißen wie sie heißen, und nicht, warum sich das Taijiquan aufgeteilt hat.
Hat es sich denn aufgeteilt, oder gab es von Anfang an diese verschiedenen Stile? Also ich hab grad noch gelesen, dass der Yang-Stil von einem Schüler der Chen-Familie entwickelt wurde ("er entwickelte das gelernte weiter" oder so ähnlich), demnach also einfach aus dem Bedürfnis heraus, einen eigenen Stil zu haben (unterstell ich dem Herrn Yang jetzt einfach mal ;) ). Da bleiben aber immernoch einige Stile übrig. Haben etwa immer die Schüler, die ausgelernt hatten, einen eigenen Stil gegründet?
Die Auswahl-Theorie von Klaus find ich gar nicht so schlecht. Würde ja z.B. die Unterschiede in der Art der Bewegung erklären, so nach dem Motto: Im Ur-Taijiquan macht man eine Bewegung mal so, mal so, lernt aber alle Arten. Da kam eines Tages Herr XY und meint "Sooo, das machen wir jetzt mal weg, zum Verständnis brauch man in meiner Schule nur ... und ..."
Danke erstmal, ich freu mich aber über weitere (eventuell auch wissenschaftlich belegte?) Ideen
bluemonkey
01-08-2007, 13:45
Also ich hab grad noch gelesen, dass der Yang-Stil von einem Schüler der Chen-Familie entwickelt wurde ("er entwickelte das gelernte weiter" oder so ähnlich),
Die Familienstile (bis auf Wudang-Taiji) stammen vom Chen-Stil ab.
Je nach KK-Vorerfahrung, eigenen Vorlieben etc. haben die Meister individuelle Stile "entwickelt" wohl teilweise auch nach den Mechanismen, die Klaus beschreibt.
Yang Lu Chan war Großmeister des Chenstil, er hat beim öffentlichen Unterrichten die Form vereinfacht weitergeben (oder weiterentwickelt, wenn die Geschichte von Yang-Stil-Anhängern erzählt wird;)).
Der heute am weitesten verbreitete Yangstil wurde von Yang Lu Chans Enkel Yang Cheng Fu entwickelt.
Taijiformen verändern sich auch bei ein und der selben Person im Laufe der Jahre. Um so größer sind die Veränderungen, wenn die Formen über mehrere
Generationen ohne Videos weitergebeben werden. Irgendwann sieht die Form dann ganz anders aus und wird von den Kennern der alten Form als etwas neues bezeichnet.
Ein interessantes Beispiel ist der "neue Rahmen" im Chenstil von Chen Fake.
Chen Fake ging Anfang des letzten Jahrhunderts von Chenjiagou nach Bejing, um dort Taiji zu unterrichten. Als begnadeter Meister entwickelte er die Form(-en) weiter (der neue Rahmen ist tatsächlich anspruchsvoller als der alte). Als die Leute in Chenjiagou dann später die weiterentwickelten Formen sahen, nannten sie sie "neuen Rahmen", da sie die Unterschiede zu den alten Formen bemerkten. Für die Chen-Stilisten in Bejing gibt es allerdings keinen alten oder neuen Rahmen.
Wenn die Veränderung außerhalb der Ursprungs-Familie geschieht, entsteht eben ein neuer "Familienstil" (auch diese Bezeichnung wird dann oft später von Außenstehenden vergeben).
Der Stil ist letztlich jedoch egal, die Formen sind nur Übungshilfen. Wenn das Taiji-Prinzip verstanden und umgesetzt wird, ist es Taijiquan, wenn das Prinzip nicht umgesetzt wird, ist es kein Taijiquan.
bluemonkey
01-08-2007, 14:25
Hat es sich denn aufgeteilt, oder gab es von Anfang an diese verschiedenen Stile?
Klick hier mal unter "Tai Chi Stile", dort findest Du einen vereinfachten Stammbaum:
Karlsruhe - Tai Chi (Taichi - Taiqi) - Traditioneller Yang Stil (http://www.yang-taichi-karlsruhe.de/)
schüler-x
01-08-2007, 17:23
Danke Danke, ich glaub das reicht an Information :)
--edit--
Darf ich mal - ganz OT - fragen, welche Stile ihr betreibt?
Karl-Heinz
01-08-2007, 19:28
Darf ich mal - ganz OT - fragen, welche Stile ihr betreibt?
Sun Taijiquan und Liu He Ba Fa
bluemonkey
02-08-2007, 06:48
Darf ich mal - ganz OT - fragen, welche Stile ihr betreibt?
früher Yang (nach John Ding), jetzt Chen (nach Chen Xiaowang)
bluemonkey
03-08-2007, 08:39
Hier noch ein Link, der in einem anderen Forum gepostet wurde, zu einem lesenswerten Artikel von Jan Silberstorff zu dem Thema (natürlich "pro Chen";)):
Ein historischer Überblick von Shifu Jan Silberstorff (http://dacascos-schwerin.de/chenhistory.htm)
Mal unprovokativ gesagt, den Inhalt kann ich nicht unterstützen. Auch vor Chen Wangting gab es schon Leute die langsame weite Formbewegungen gemacht haben, und die namentlichen Ähnlichkeiten mit Formen die ein gewisser Qi Jiguang in seinen Büchern aufgelistet hat sind ein bischen zu frappierend um zu behaupten vor Wangting gab es "niemanden". Das stimmt schlicht nicht. Auch die Chen-Familie hat schon Sachen vor ihm gemacht, das geht vermutlich bis zu Herrn Chen Bu zurück, der soweit ich das gelesen habe ebenfalls ein Militär war, der das eine oder andere gelernt haben wird. Es schreibt sich natürlich schöner, vor Meister Chen X. gab es NIEMANDEN! Wer hat's erfunden ? Die Schweizer ...
Für einzelne Übungen wie Reeling Silk wird es sicher jemanden gegeben haben, der es sich ausgedacht hat. Da viele Übungen aber recht naheliegend sind, sind parallele Mehrfachschöpfungen eher die Regel, als die Ausnahme.
bluemonkey
03-08-2007, 12:33
Für einzelne Übungen wie Reeling Silk wird es sicher jemanden gegeben haben, der es sich ausgedacht hat. Da viele Übungen aber recht naheliegend sind, sind parallele Mehrfachschöpfungen eher die Regel, als die Ausnahme.
Das ist wahrscheinlich, ist ja auch die Darstellung der Chenfamilie;). Wo das Wudang-Taiji herkommt weiß man ja auch nicht so genau(?), trotzdem sind Ähnlichkeiten unübersehbar.
Das Chen Wanting sich maßgeblich an den Büchern von Qi Jiguang orientiert hat, bestreitet auch niemand, nur soll er eben die dort enthaltenen Kampfkünste mit der inneren Arbeit aus dem Huang Ting Jing verknüpft haben.
(http://www.wctag.de/artikel.html#frau) (http://www.wctag.de/artikel.html#frau)
Oder waren die Künste des Qi Jiguang auch schon Neigong?
Davon abgesehen denke ich aber, die Darstellung der weiteren Verbreitung und des Entstehens der weiteren Familienstile in Jans Artikel ist im Zusammenhang mit dem Thema interessant.
Ich wage mal zu behaupten daß "Wudang-Taiji" das in seinen Formen verdammt nochmal so aussieht wie die anderen Taiji-Stile auch, genau daher kommt wo auch die anderen herkommen. Unterscheiden würde ich da nur das was irgendwer "Wudang-Taiji" nennt, aber ganz anders aussieht, also ganz andere Elemente die nur eben auch langsam und würdevoll durchgeturnt werden. Alle Neijia-Stile mit langsamen Elementen sind sich sehr ähnlich, das ist halt einem vertraut, arbeitet immer mit den gleichen Methoden, nur anders aneinandergehängt. Die erzeugen alle die Energie aus der gleichen Methodik, die geht halt dann in andere Gimmicks. Alle verwinden sich, drehen sich ein, haben Open/Close, Streckungen, Sinken, usw. Daß es Jin gibt wissen alle die auf einem Pferd Reiterspiele mit schwierigen athletischen Elementen und Kopfständen usw. gemacht haben, oder sich mal bewegungslos in den Wind gestellt haben um zu meditieren, eventuell mit erhobenen Armen. Was der Einzelne dann als Übung zusammengestelt hat, ist das was unterscheidet, aber es wurde halt viel abgeschaut, und so hat es sich vermischt. Erzähl mal jemandem der sich nicht auskennt, er soll eine Taiji-Form von einer Liuhebafa-Form unterscheiden.
Und wer ganz tief durchblickt, wird dann auch sehen, dass ÜBERHAUPT ALLES GLEICH IST und sich lediglich durch ein paar Gimmicks mehr oder weniger unterscheidet.
Alles im Universum dreht sich, windet sich, dehnt sich (manchmal) aus, usw.
Ist ja nicht zuletzt auch eine der Kernaussagen von Daoismus und Buddhismus, nicht zu vergessen, wo sich der Kreis dann ja auch schließen kann!
Danke Danke, ich glaub das reicht an Information :)
--edit--
Darf ich mal - ganz OT - fragen, welche Stile ihr betreibt?
Chen Stil Tai Chi :)
Halli-hallo, ich bin Neuling hier im Forum und hoffe Gleichbegeisterte kennen zu lernen :)
BTW: Gehört Liu He Ba Fa auch zu den "Inneren Kampfkünsten"?
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