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Vollständige Version anzeigen : Mein persönliches Selbstverteidigungskonzept



nito
12-08-2007, 18:19
Mein Ziel ist jeden Tag am Abend gesund zu meiner Familie heimzukommen und damit alt, grau und weise zu werden.
Dazu gehört defensives Fahren im Straßenverkehr, ein gesunder und aktiver Lebensstil, eine gute Unfallversicherung, Stressmanagement, Erste Hilfe Kenntnisse, ... und ein Konzept wie ich mit Gewalt gegen mich und meine Familie umgehen werde.

Basisüberlegung dabei ist, dass eigene Gewaltanwendung grundsätzlich zu vermeiden ist, weil

vom Gesetz verboten
von der Gesellschaft nicht gerne gesehen
mit hohem persönlichen Risiko verbunden (Verletzung, Tod, Freiheitsstrafen, Schadenersatzforderungen, Post-Traumatisches Stress-Syndrom, ...)
moralisch nicht leicht zu rechtfertigen
Thema ist also kein Opfer zu sein, ohne gleich Täter werden zu müssen.

Das funktioniert dann gut wenn Selbstverteidigung viel, viel früher anfängt als mit dem Einsatz der eingesprungenen Faustwatschen. Eine umfassende Betrachtungsweise ist notwendig.

Ich hab mal versucht mein persönliches SV-Konzept stichwortartig zu skizzieren:

1.Sich mit den richtigen Dingen im Leben beschäftigen: Worauf kommt es in unserer Gesellschaft an, um Erfolg zu haben (Bildung, guter Job, stabile Kontakte, Familie etc. oder möchte ich der krasseste Gangsta am Schulhof sein?!) Hängt stark damit zusammen was meine Ziele bzw. Werte im Leben sind und ob ich solche überhaupt habe. Daraus folgt dann die Wahl seiner Freunde, seiner sozialen Umgebung, seiner Freizeitbeschäftigungen etc.

2.Seine Einstellung und Glaubenssätze überprüfen. Bin ich Opfer? Lass ich mir alles gefallen? Will ich es immer recht machen? Nett sein? Oder das Gegenteil: Alle Menschen sind A..löcher? Jeder will mich nur bescheissen? Nur die Stärksten überleben? etc.
Sind meine Einstellungen hinderlich oder förderlich, um mich in dieser Gesellschaft, aber auch bei Auseinandersetzungen zu behaupten?
Wie gehe ich mit Ärger, Frustration um? Wie gehe ich mit Angst um? Kenne ich die Effekte von Adrenalin auf meinen Körper?

Woher hole ich mir schlussendlich die Motivation um mich zu wehren, mit Zähnen und Klauen wenn’s zum Äußersten kommt?

3.Selbstwertgefühl, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das damit verbundene Auftreten aber genauso Grundzüge der Höflichkeit, Umgangsformen, Einfühlungsvermögen in andere Menschen.
Worauf baut mein Selbstwertgefühl? Wo sind meine Knöpfe, die ein anderer drücken kann, damit ich tanze wie eine Marionette (ey, deine Mama ist eine xxxxx)?

4.Grundlegende Kommunikationsfähigkeiten, Körpersprache erkennen und einsetzen, Fähigkeit Konflikte mit Worten zu lösen, höflich und klar auszudrücken was ich will und was nicht, Grenzen setzen – und das alles auch unter Stress.

5.Generelle Aufmerksamkeit und Situationsklarheit: Bewusstsein über mögliche Gefahrenquellen und kriminelle Vorgehensweisen, „Straßenwissen“, Täterverhalten, Psychologische Abläufe in Konfliktsituationen, Gefahrensignale, Dynamik von gewalttätigen Situationen, Vermeiden von potenziell gewalttätigen Situationen / Orten, Gefahren aus dem Weg gehen, Sicherung seines Hauses, Verhaltensregeln für Familienmitglieder, ...

6.Körperliche Leistungsfähigkeit im Sinne einer allgemeinen, funktionalen Basisfitness (z.B. CrossFit)

7.Echte Deeskalationsfähigkeiten im Konfliktfall (Verständnis für die Probleme des anderen, Emotionen steuern, Situation beruhigen, WIN-WIN für beide schaffen)

8.Auch mal zurückstecken und die Situation von anderen klären lassen (Polizei, Zivilrechtsklage, Security, Beschwerden beim Arbeitgeber, etc.)
Konflikte werden in unserer Gesellschaft nicht mehr mit dem Schwert ausgetragen, sondern vor Gericht – seid ihr darauf vorbereitet? (Rechtsschutzversicherung, Wissen über gesetzliche Grundlagen, Gängige Rechtssprechung, Jurist des Vertrauens, Was ist nach einer Auseinandersetzung zu tun, Umgang mit Polizei etc.)

Geschätzte 96 % aller potenziell gewalttätigen Situationen lassen sich so vermeiden oder bewältigen, ohne dass auch nur ein Finger geknickt werden muss.

Bei den 4% Soziopathen habe ich nun einen großen Vorteil: Ich habe wirklich alles getan um Gewalt zu vermeiden und kann es jetzt moralisch, juristisch und vor allem emotional rechtfertigen wenn ich dem Hurensohn einen Bleistift ins Auge ramme.

Und damit erst sind wir bei der Spitze der Pyramide: beim Kämpfen.

Fazit:
Ich möchte mich in meinem Leben mit wichtigeren Dingen beschäftigen, als mir ständig Gedanken über SV zu machen.
D.h. dieses Thema muss möglichst effizient abgehandelt werden:

Daher konzentriere ich mich auf jene Punkte mit der höchsten Wahrscheinlichkeit mich im täglichen Leben vor Gewalt zu schützen. Der körperliche Aspekt hat da geringere Priorität (und kann auch nicht einen Großteil meiner verfügbaren Zeit in Anspruch nehmen)
Das zwingt mich dazu sich auch beim Training der körperlichen Verteidigung nur auf das Wirksamste zu konzentrieren. Dazu später mehr.

Kurz gesagt: Die Dinge die nicht so **** sind, bringen beim umfassenden Schutz vor Gewalt am meisten.


lg
nito

PS: Natürlich kann man SV auch aus reiner Freude am Training betreiben – darum geht’s in diesem Post aber nicht

desperadinho
12-08-2007, 18:47
Sag mal bist du nichte ein wenig paranoid?

Ich Zäume das Pferd mal von hinten auf.
Du solltest dir mal die Frage stellen ob das intensive beschäftigen mit diesen Themen und die dadurch resultierende, wenn auch unterdrückte Angst dein Leben lebenswerter machen.

Ich kann das was du da schreibst vollkommen nachvollziehen. Ich mache mir selber manchmal Gedanken darüber und selbstverständlich bin ich versicherungstechnisch komplett abgesichert. Man sollte wenn man sich mit soetwas beschäftigt allerdings einen gesunden Mittelweg finden, sonst besteht die Gefahr das man sich in irgendwas verrent. Und dann kann oftmals nurnoch professionelle psychologische Hilfe einen auf den rechten weg zurück bringen.

Dubois
12-08-2007, 18:56
einen auf den rechten weg zurück bringen.

Wer bestimmt was der richtige Weg ist? Du!?

Icheben
12-08-2007, 18:59
Sag mal bist du nichte ein wenig paranoid?
Ich Zäume das Pferd mal von hinten auf.
Du solltest dir mal die Frage stellen ob das intensive beschäftigen mit diesen Themen und die dadurch resultierende, wenn auch unterdrückte Angst dein Leben lebenswerter machen.

Wieso paranoid? Weil sein Beitrag über 5 Zeilen geht? Ist schliesslich die gesamte Sammlung an Erkenntnisen seines SV Werdegangs. Das was er da schreibt, lässt sich in 3 Minuten lesen. In 5 Minuten denkst du jeden seiner Punkte in 3 Richtungen weiter und hast je 3 Beispiele dazu. Intensiv ist was anderes...
Seit dem "das kann doch nicht gesund sein" Thread, wittert ihr "nicht-paranoiden" hinter jedem Gedankengang zum Thema Sv, klinische Paranoia. Pure Ironie...:rolleyes:

desperadinho
12-08-2007, 19:10
Kann sein das ich den ganzen Thread vollkommen in den falschen Hals bekommen hab... Ich hab das ganze irgendwie als in den Raum gestellte Frage betrachtet. Wollte niemandem zu nahe treten.

Ich wollte nur eine Warnung aussprechen da ich jemanden kenne der sich zu viel Gedanken über das Thema gemacht hat und sich vollkommen da reingesteigert hat.

Der schließt jetzt jede Nacht JEDE Tür in seinem Haus ab und pennt nur bei Licht mit Waffe in greifbarer Nähe (Angst vor bewaffneten Einbrechern). Ausserdem sieht der jetzt noch draussen hinter jeder Ecke einen bis an die Zähne bewaffneten Serienkiller.

Daher warne ich immer gerne Leute das die sich nicht in diesen "die Welt ist unwahrscheinlich gefährlich" Gedanken hinein steigern sollen. Ich weiß das in dieser Welt viel Scheiße passiert aber wenn einem die Angst über den Kopf wächst kann man so werden wie der bekannte von mir.

dominik777
12-08-2007, 19:35
@nito

sehr schöne abhandlung. kann ich so nur unterschreiben.

kämpfen ist wie immer die spitze der pyramide, sv und gewaltprävention beginnt früher.

in allen brenzligen situationen bin ich bisher auch mit deinen genannten vorsichtsmassnahmen am besten gefahren:
- potentiell gefährliche gebiete meiden (zürich langstrasse in der nacht)
- körpersprache lesen und einsetzen (bei aggressiven anzeichen weg gehen, selbst freundlich auftreten (handflächen nach vorne))
- "nicht verstehen" bei anpöbelein, weggehen (letzte woche, als mich drei besoffene auf der strasse anpöbelten -> kopf schütteln, lächeln, schultern zucken, handflächen nach vorne, weiter gehen, auf verfolgung achten -> es gab keine)

Helmchen
12-08-2007, 19:43
Hi auch,

also ich kann den gedanken teilweise schon nachvollziehen, habe diesen nämlich auch manchmal ohne das ich paranoid bin. Bringt der Job und vielleicht die Sachen die man dort schon erlebt mit sich.

Im Dienst immer sehr aufmerksam sein und aufpassen und wenn Feierabend ist shcon einwenig runterfahren, aber mit Sicherheit nie den Hintergedanken außer Acht lassen, dass man dich auch privat wiedererkennen kann oder das man, vielleicht etwas überspitzt, auf deine Familie ausweitet.

Wie gesagt, kann dass nachvollziehen. Sehe mich aber auch jedesmal durch Kollegen dieser Angstthoerie ausgesetzt und das ich paranoid bin und und und.


Just my 2 cents



Helmchen

enraged_Clown
12-08-2007, 19:43
Basisüberlegung dabei ist, dass eigene Gewaltanwendung grundsätzlich zu vermeiden ist, weil


* vom Gesetz verbotenwieso? ich habe doch das recht mich zu verteidigen!

* von der Gesellschaft nicht gerne gesehen in dem moment nicht mein problem!

* mit hohem persönlichen Risiko verbunden (Verletzung, Tod, Freiheitsstrafen, Schadenersatzforderungen, Post-Traumatisches Stress-Syndrom, ...) nicht zu vergleichen mit den risken die ich eingehe wenn ich zögere oder nicht angemessen reagiere!

* moralisch nicht leicht zu rechtfertigen
pffffm moral kann man sich nicht leisten.

mein sv konzept setzt sich aus 2 hauptüberlegungen zusammen. 1. nicht da sein wenns passier und 2tens wenn es passiert und ausweichen unmöglich ohne rücksicht vorwärtsgang!

Dubois
12-08-2007, 19:46
1. nicht da sein wenns passier und 2tens wenn es passiert und ausweichen unmöglich ohne rücksicht vorwärtsgang!


100% Zustimmung http://www.kampfkunst-board.info/forum/images/icons/icon14.gif

Sturmfalke
12-08-2007, 19:56
Nito ist hier halt sehr stark auf die nicht-kampf Aspekte eingegangen, und das (fast) jeder vermiedene Kampf ein Gewonnener ist sehen doch nahezu alle hier auch so. Gell?

Seine Ansichten bzgl. Justiz und Versicherungen (Punkt 8) find ich z.B. sehr gut.

Das mit dem aber Bleistift auch :D:D:D


Ein schöner beitrag darüber, das Selbstschutz VIEL mehr ist als ein paar Techniken gegen die Nase und Weichteile.

Branco Cikatic
12-08-2007, 22:03
Ich stimme eher enraged_Clown zu als nito!
Nito ist von Beruf wohl Beamter.:D
Das Leben ist kein Wunschkonzert und man kann sich Situationen nicht aussuchen.Ich haben einen guten Freund der eine sehr schöne
Frau hat und jedes Wochenende Stress hat mit Typen die
scharf auf Sie sind. Er hatte in den letzten 12 Monaten 6 Schlägereien
gehabt und alle waren Notwehrdelikte. In der Theorie sieht alles
schön aus, nur sieht das Leben anders aus.

nito
13-08-2007, 18:20
enraged_Clown und Hosenscheisser bringen meine Grundaussage gemeinsam auf den Punkt:

Wenn es zum Äußersten kommt und Gewalt der einzige Ausweg wird, gibt es kein langes Zaudern mehr (Gesetz, Gesellschaft, Moral, pers. Risiko spielen dann keine Rolle mehr). Kontrolliertes „Abwehren“, Festhaltetechniken und gezielte Schläge um den Täter „zur Vernunft zu bringen“ sind nix anderes als gefährliche Kampfkunstphantasien. Es zählt nur das möglichst schnelle Ausschalten des Täters.

Wenn ich allerdings in 12 Monaten 6 mal Gewalt anwenden musste, würde ich persönlich eben nicht an meinem linken Haken arbeiten, sondern mir die Punkte die ich angeführt habe genauer anschauen. Ist doch effektiver, oder?

In diesem Forum ist selbstverständlich allen klar, dass Vorbeugung in der SV der wichtigste Teil ist. Allerdings geht das lt. meiner Erfahrung bei vielen oft nicht über den Satz „Ja, Vorbeugen ist wichtiger als Kämpfen“ hinaus.

Ich hab einfach mal angerissen, was „nicht da sein“ konkret heißen kann.
Und das es mit dem Bewusstsein dafür noch lange nicht getan ist: Ich muss dafür auch aktiv werden, muss diese Dinge vielleicht auch mal trainieren.


Mal ehrlich: Wer übt schon im Rollenspiel eine Situation wirklich zu deeskalieren, mit anschließender genauer Analyse was gesagt wurde, welche Reaktionen, Emotionen das beim anderen ausgelöst hat, ev. mit Video um die Körpersprache zu sehen?



lg,
nito

Branco Cikatic
14-08-2007, 00:08
enraged_Clown und Hosenscheisser bringen meine Grundaussage gemeinsam auf den Punkt:

Wenn es zum Äußersten kommt und Gewalt der einzige Ausweg wird, gibt es kein langes Zaudern mehr (Gesetz, Gesellschaft, Moral, pers. Risiko spielen dann keine Rolle mehr). Kontrolliertes „Abwehren“, Festhaltetechniken und gezielte Schläge um den Täter „zur Vernunft zu bringen“ sind nix anderes als gefährliche Kampfkunstphantasien. Es zählt nur das möglichst schnelle Ausschalten des Täters.

Wenn ich allerdings in 12 Monaten 6 mal Gewalt anwenden musste, würde ich persönlich eben nicht an meinem linken Haken arbeiten, sondern mir die Punkte die ich angeführt habe genauer anschauen. Ist doch effektiver, oder?

In diesem Forum ist selbstverständlich allen klar, dass Vorbeugung in der SV der wichtigste Teil ist. Allerdings geht das lt. meiner Erfahrung bei vielen oft nicht über den Satz „Ja, Vorbeugen ist wichtiger als Kämpfen“ hinaus.

Ich hab einfach mal angerissen, was „nicht da sein“ konkret heißen kann.
Und das es mit dem Bewusstsein dafür noch lange nicht getan ist: Ich muss dafür auch aktiv werden, muss diese Dinge vielleicht auch mal trainieren.


Mal ehrlich: Wer übt schon im Rollenspiel eine Situation wirklich zu deeskalieren, mit anschließender genauer Analyse was gesagt wurde, welche Reaktionen, Emotionen das beim anderen ausgelöst hat, ev. mit Video um die Körpersprache zu sehen?



lg,
nito
:halbyeaha

Icheben
14-08-2007, 00:31
8-)

drexsack
14-08-2007, 08:59
Sehr schöner Eingangspost, und kombiniert mit deiner kleinen Ergänzung kann ich dir nur voll zustimmen :halbyeaha

DocDog
14-08-2007, 09:10
@Nito
Schönes Posting! Schau mal auch in unser Forum (siehe meine Signatur) rein, da wirst Du einige Gleichgesinnte finden:)

Beste Grüße,
Doc

Pancho Villa
14-08-2007, 09:25
Hallo Nito

ich finds auch klasse. :yeaha:

Ritter Sport
21-08-2007, 04:20
Hallo nito! :)

Ich finde deine Gedanken zum Thema ebenfalls wertvoll. Im Großen und Ganzen geben sie das wieder, was ich unter SV verstehe.


Wenn es zum Äußersten kommt und Gewalt der einzige Ausweg wird, gibt es kein langes Zaudern mehr (Gesetz, Gesellschaft, Moral, pers. Risiko spielen dann keine Rolle mehr). Kontrolliertes „Abwehren“, Festhaltetechniken und gezielte Schläge um den Täter „zur Vernunft zu bringen“ sind nix anderes als gefährliche Kampfkunstphantasien. Es zählt nur das möglichst schnelle Ausschalten des Täters. Hängt davon ab, was du unter "Äußersten" und "Ausschalten" verstehst...


Mal ehrlich: Wer übt schon im Rollenspiel eine Situation wirklich zu deeskalieren, mit anschließender genauer Analyse was gesagt wurde, welche Reaktionen, Emotionen das beim anderen ausgelöst hat, ev. mit Video um die Körpersprache zu sehen?
Danke! Du bringst es meiner Meinung nach auf den Punkt. Deeskalation ist etwas, was ebenfalls zu einem SV-Training gehört und was leider oftmals im technikorientierten Training eines Vereins/Dojos/etc. untergeht.

Um einen drohenden Konflikt zu deeskalieren gibt es beispielsweise den Trick "Ich"-Botschaften zu formulieren, anstelle von "Du"-Botschaften:

"Du"-Botschaften klingen oft provokanter, vorwurfsvoller und das Gegenüber fühlt sich eventuell persönlich Angegriffen, was als Folge zu reaktantem Verhalten führt. Mit einer "Ich"-Botschaft kann ich den gleichen Inhalt meiner Botschaft vermitteln, aber weit weniger provokant.

Beispiel:
"Du bist ein ignoranter Snob!" vs. "Ich fühle mich von dir nicht verstanden."
"Du bist fett und faul!" vs. "Ich finde, dass mehr Bewegung dir gut tun würde."

Für alle, die sich mit dem Thema eingehender beschäftigen möchten, kann ich dieses Buch empfehlen:
Lernfall Aggression. Wie sie entsteht - wie sie zu vermindern ist (Taschenbuch) von Hans-Peter Nolting (Autor) ISBN-10: 3499620804

Das Buch ist ein Klassiker, welches allerdings eher wissenschaftlich gehalten ist. Es lohnt sich jedoch die Zeit zu nehmen und sich eingehender mit mit der Materie zu beschäftigen. Es gibt zu diesem Thema sicherlich noch eine Reihe anderer Bücher, die ebenfalls lesenswert sind. Dazu einfach mal bei amazon stöbern.

Allerdings sei dazu gesagt, dass dieses Buch nicht auf eine spezielle SV-Situation vorbereitet, sondern Möglichkeiten und Perspektiven in der Kommunikation und Verhalten aufzeigt. Bei physischer Gewalt kann tatsächlich nur noch körperliche Gegenwehr helfen.

Sportliche Grüße :)
Ritter Sport

PS: Ein guter Link zum Thema: Gewalt am Arbeitsplatz : Deeskalationstraining (http://www.deeskalation-jetzt.de/theorie-deeskalationstraining/index.html)

Fit & Fight Sports Club
21-08-2007, 07:47
@nito

kann ich zu 100% unterschreiben, aber was gibt es schöneres als SV-Training?:D

DocDog
21-08-2007, 09:12
Noch mehr SV-Training:D Obwohl Szenarientraining auch cool ist:cool:

Octagon
21-08-2007, 12:18
Für alle, die sich mit dem Thema eingehender beschäftigen möchten, kann ich dieses Buch empfehlen:
Lernfall Aggression. Wie sie entsteht - wie sie zu vermindern ist (Taschenbuch) von Hans-Peter Nolting (Autor) ISBN-10: 3499620804

Das Buch ist ein Klassiker, welches allerdings eher wissenschaftlich gehalten ist. Es lohnt sich jedoch die Zeit zu nehmen und sich eingehender mit mit der Materie zu beschäftigen. Es gibt zu diesem Thema sicherlich noch eine Reihe anderer Bücher, die ebenfalls lesenswert sind. Dazu einfach mal bei amazon stöbern.

Allerdings sei dazu gesagt, dass dieses Buch nicht auf eine spezielle SV-Situation vorbereitet, sondern Möglichkeiten und Perspektiven in der Kommunikation und Verhalten aufzeigt. Bei physischer Gewalt kann tatsächlich nur noch körperliche Gegenwehr helfen.

Sportliche Grüße :)
Ritter Sport

PS: Ein guter Link zum Thema: Gewalt am Arbeitsplatz : Deeskalationstraining (http://www.deeskalation-jetzt.de/theorie-deeskalationstraining/index.html)
Das Buch ist zu Theoretisch aufgebaut und 18 Studenten spiegeln halt
nicht die Gesellschaft im Berufsleben wieder.
Zurück zum Thema. Deeskalieren kann man nur zu Beginn einer
verbalen Auseinandersetzung oder der Friedensstifter ist eine Kante,
so dass die Angreifer sich erstmal anhören was er sagt.:cool:

Kimi
21-08-2007, 12:38
Hallo nito! :)
Um einen drohenden Konflikt zu deeskalieren gibt es beispielsweise den Trick "Ich"-Botschaften zu formulieren, anstelle von "Du"-Botschaften:

"Du"-Botschaften klingen oft provokanter, vorwurfsvoller und das Gegenüber fühlt sich eventuell persönlich Angegriffen, was als Folge zu reaktantem Verhalten führt. Mit einer "Ich"-Botschaft kann ich den gleichen Inhalt meiner Botschaft vermitteln, aber weit weniger provokant.

Beispiel:
"Du bist ein ignoranter Snob!" vs. "Ich fühle mich von dir nicht verstanden."
"Du bist fett und faul!" vs. "Ich finde, dass mehr Bewegung dir gut tun würde."



Der Kommentar mit den "Du"-Botschaften ist ja richtig, aber die Beispiele sind etwas unglücklich gewählt.
Das erste hat etwas von Sozialpädagogik - das bringt mich schon als unbeteiligten auf die Palme. Das zweite ist gar keine wirkliche "Ich"-Botschaft, sonst könnte ich auch sagen "Ich finde, Du bist ein *** (hier beliebiges Schimpfwort einsetzen)!!"
Eine 'Beleidigung' oder Provokation ändert sich kaum dadurch, dass man sagt, es sei nur seine Meinung. Man erreicht auch nicht, dass nicht man selbst eins aufs Maul bekommt, wenn man an die Beleidigung noch ein "...hat Hänschenklein gesagt dranhängt." :D

Ritter Sport
21-08-2007, 14:37
Hallo zusammen! :)


Das Buch ist zu Theoretisch aufgebaut und 18 Studenten spiegeln halt nicht die Gesellschaft im Berufsleben wieder.
Zurück zum Thema. Wir sind die ganze Zeit beim Thema. Und was ist falsch daran sich über die Hintergründe von Gewalt und Aggression zu informieren? Je besser ich ein Problem durschaue, umso besser kann ich auch dagegen angehen.


Deeskalieren kann man nur zu Beginn einer
verbalen Auseinandersetzung... Das ist richtig. Je früher man in einen emotionalen geführten Konflikt eingreift, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Eskalation mittels Gewalt.

Außerdem sind der Deeskalation sicherlich Grenzen gesetzt. Das ist übrigens auch gut in dem Link beschrieben:

Gewalt am Arbeitsplatz : Deeskalationstraining (http://www.deeskalation-jetzt.de/theorie-deeskalationstraining/index.html)


...oder der Friedensstifter ist eine Kante,
so dass die Angreifer sich erstmal anhören was er sagt.:cool: Klar. Ein potentieller Täter überlegt es sich zweimal ob er einen 2m großen, durchtrainierten und möglicherweise bewaffneten Kampfsportler angreift.

Dem steht aber die Alltagserfahrung gegenüber, dass wir Menschen nunmal nicht durchgehend 2m groß sind und aus durchtrainierten Kampfsportlern bestehen. Und dass es sich einige Menschen aus beruflichen Gründen nicht leisten können jeden Konflikt mit (physischer) Gewalt oder der Androhung von (physischer) Gewalt zu beenden. (Ein Beispiel dafür sind Lehrer.) Oder Menschen die aufgrund von körperlichen Behinderungen nicht Kampfsport trainieren können respektive eine körperliche Konfrontation überstehen könnten.

Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass die Deeskalationsstrategien auch bei kleinen Menschen funktionieren, die dem Kontrahenten nicht unbedingt körperlich überlegen sein müssen. Ein Beispiel dafür sind Polizistinnen, die durch ein selbstbewusstes Auftreten, Menschenkenntnis und adäquates Verhalten ihre mangelnde Körpergröße wieder wett machen und in der Lage sind sich durchzusetzen. Darauf bauen übrigens auch Frauen-SV-Kurse auf, die nicht primär darauf abzielen aus den Frauen Killermaschinen zu machen, sondern auf eine Steigerung der Fähigkeiten im Bereich der Selbstbehauptung aus sind.


Der Kommentar mit den "Du"-Botschaften ist ja richtig, aber die Beispiele sind etwas unglücklich gewählt. Joah. :) Ich habe mir die Beispiele aus den Fingern gesogen, um das Prinzip einer "Ich-" und "Du-" Botschaft beispielhaft zu skizzieren. Sie entstammen nicht aus dem Buch.


Das erste hat etwas von Sozialpädagogik - das bringt mich schon als unbeteiligten auf die Palme. :D


Das zweite ist gar keine wirkliche "Ich"-Botschaft, sonst könnte ich auch sagen "Ich finde, Du bist ein *** (hier beliebiges Schimpfwort einsetzen)!!" "Ich fühle mich von Ihnen ungerecht kritisiert." :D :D :D

Sportliche Grüße :)
Ritter Sport

Computerworker
22-08-2007, 00:33
Mal ehrlich: Wer übt schon im Rollenspiel eine Situation wirklich zu deeskalieren, mit anschließender genauer Analyse was gesagt wurde, welche Reaktionen, Emotionen das beim anderen ausgelöst hat, ev. mit Video um die Körpersprache zu sehen?



lg,
nito

Wenn es das irgendwo geben würde am besten mit SV Training kombiniert könnte ich mir vorstellen das ich durchaus intresse daran hätte.
Ich will aber den Bösen Agressor spielen.

DocDog
22-08-2007, 00:35
Na dann, komm vorbei:D Bei uns gibt es das sogar gelegentlich mit Video-Auswertung. Wärst nicht der erste Taekwondoka, der zu uns gewechselt ist.

Und: Den Bösen wollen alle spielen. Das muss man sich aber erstmal verdienen:D

Schönen Gruss,
D.O.G.

Fit & Fight Sports Club
22-08-2007, 09:05
Und: Den Bösen wollen alle spielen. Das muss man sich aber erstmal verdienen:D

Schönen Gruss,
D.O.G.

:megalach::thx:

Octagon
22-08-2007, 14:27
Na dann, komm vorbei:D Bei uns gibt es das sogar gelegentlich mit Video-Auswertung. Wärst nicht der erste Taekwondoka, der zu uns gewechselt ist.

Und: Den Bösen wollen alle spielen. Das muss man sich aber erstmal verdienen:D

Schönen Gruss,
D.O.G.
Ich kann ganz gut den Psycho spielen als Angreifer!:D
Schade das Du im Norden wohnst sonst hätte wir das
durchspielen können.

Computerworker
22-08-2007, 17:07
Na dann, komm vorbei:D Bei uns gibt es das sogar gelegentlich mit Video-Auswertung. Wärst nicht der erste Taekwondoka, der zu uns gewechselt ist.

Und: Den Bösen wollen alle spielen. Das muss man sich aber erstmal verdienen:D

Schönen Gruss,
D.O.G.
Ich wohne derzeit in Holland bin froh wenn ich hier erstmal ne coole Taekwondo group gefunden habe bzw überhaupt zeit für Sport neben arbeiten.

Kann nichtmal die Sprache gut und Deutsch sein ist nicht unbedingt vorteil, wenn mir leute stressig entgegen kommen gebe ich mich sicherheitshalber als Däne aus, das passt vom Akkzent ca. Allerdings ist aus Hamburg kommen immernoch besser als wenn ich z.b. in Rotterdam sage ich komme aus Amsterdam oder umgekehrt denn dafür fängt man sich leicht mal eine ein.
In England ist Deutsch sein immer eher von Vorteil gewesen und leute haben verdammt respekt vor nem German Accent, "your voice sounds a bit like the Terminator"

Lap Sao
22-08-2007, 18:08
Sehr schön ... sag mal, was hast Du für ein Job ... entweder Bulle, Lehrer oder Sozialpädagoge / -arbeiter ...

1. Sich mit den richtigen Dingen im Leben beschäftigen ... Du sprichst von Erfolg ... eben wie wird man erfolgreich, ohne ein ********* zu sein ... genau ... nämlich garnicht. Und schau Dir doch mal unsere degenierte Gesellschaft an ... haben unsere Kinder da eine andere Wahl ... wohl
kaum ... ok, es sei denn Du bist eine Frau, die machen ihren Weg immer irgendwie ... nur wie, darüber möchte ich mich jetzt nicht weiter auslassen ...

Punkt 2., ok, da gebe ich Dir Recht - es ist wichtig eine Balance zu finden zwischen nett sein und angebrachter Unhöflichkeit.

3. Selbstwertgefühl muss erst erlernt werden, da entsprechende soziale und familiäre Kontakte dafür erforderlich sind. Hast Du die nicht, oder hast Du nie eigenes Selbstwertgefühl erlernen können (vllt. weil Dir andere immer alles abgenommen haben), dann reagierst Du auf manche Dinge anders, wenn man Dich "pusht" ... entweder machst Du zu oder reagierst Dich in einer Blutorgie ab ...

4. Ein sehr wichtiger Punkt. Dafür ist aber zunächst Punkt 3. notwendig.

5. "Straßenwissen" bekommst Du nicht durch "Aktenzeichen XY", sondern auf der Straße oder auf Deinem Arbeitsplatz, dem täglichen Bürokrieg ...
meine jetzt nicht die krassen Gewaltsituationen, sondern vielmehr die kleinen alltäglichen Betrügereien ...

6. Basisfitness ist überlebenswichtig ... nicht nur für die SV, sondern im Leben allgemein ... allein schon, um die heutzutage so oft zitierten sozialen Kontakte zu knüpfen ... Du weißt was ich meine ...

7. Deeskalation ist bis zu einem gewissen Grad richtig. Aber nicht generell.
Es gibt Situationen, die keiner Deeskalation bedürfen, weil nämlich schon eskaliert. Und es ist wichtig aus Vernunftsgründen zu deeskalieren und nicht aus Angst. Viele Menschen wollen aber nur deshalb eine win : win Situation, weil sie den Konflikt und Ärger vermeiden wollen, da sie evtl. Angst haben, alles zu verlieren. Ab einem gewissen Aggressionsgrad im körperlichen Kampf gibt es keine win : win Situation mehr, sondern nur noch eine life : death Situation ... und im übertragenen Sinne auch unabhängig von einer körperlichen Aggression, selbst im Alltag ... Mobbing, Ausgrenzung etc. ... selbst bei Beziehungen und Partnerschaften oder dem Versuch eine solche aufzubauen ...

8. Zurückstecken heisst verlieren ... so oder so. Es sei denn Du bist emotional befangen, kennst die Person, sie bedeutet Dir viel ... oder Du siehst Dich einer Übermacht entgegen, die Dich vernichten würde ... nur dann heisst zurückstecken evtl. und nur evtl. gewinnen ... ansonsten wer zurücksteckt wird generell noch mehr "gepusht". Dabei werden sowohl bei körperlichen Auseinandersetzungen als auch bei denen des zivilen Lebens, Urinstinkte freigesetzt nach dem Motto "ein Tier das Angst zeigt wird gefressen" ... ist leider so. Elementare Hundepsychologie ...
Abgesehen davon ... zwischen einem physischen Kampf und einer Zivilrechtsklage ... wo ist da heute noch der Unterschied ... es haben mehr Menschen ihre Existenzen vor Gericht verloren (wegen Falschaussagen etc.) als in einer Opfergewaltsstatistik erscheinen ...
Und dass die gesellschaftlichen Instanzen Dich immer schützen, ist das Märchen, in dem am Ende alles gut wird, aber nicht das reale Leben ...
"Gängige Rechtsprechung" ... redest Du von Rechtsprechung oder Gerechtigkeit, manchmal ist das u.U. ein erheblicher Unterschied ...
denk daran ... es zählt nicht was Du weißt, sondern was Du beweisen kannst ... überall wo Menschen sind, wird es menschlich, nämlich ego-bezogen und das auch in der Legislative, Judikative und
Exekutive ...

Mag sein, dass sich 96 % aller potenziell gewalttätigen Situationen sich vermeiden oder bewältigen lassen, ohne das ein Finger geknickt wurde ... aber dann bestimmt nicht, weil irgendwer "bitte" gesagt hat ...

Denkst Du, Du wärst in der Lage dem Hurensohn den Bleistift ins Auge zu rammen ... hörst Dich eher nach einer sehr sehr sehr sorgfältig abwägenden Person an ... und die Zeit für Abwägungen solcher Art hast Du nicht, denn der Hurensohn macht sich dazu keine allzugroßen Gedanken ...

Wobei jeder hat ein Trigger, bei dem aller Anstand über Bord geht ... selbst die höflichsten und korrektesten Menschen ... hast Du nicht zu Anfangs Deine Familie erwähnt ... auch das möchte ich nicht weiter ausführen ...

Der körperliche Aspekt hat geringe Priorität ... naja, dann hoffe ich, dass Du Dich in Deinem Leben nur mit Streitigkeiten wegen dem "Maschendrahtzaun" herumschlagen mußt ...

Naja "****" kommt von "Sex" was auch Geschlecht bedeutet, aber auch irgendwo etwas mit Potenz zu tun hat ... und größere Potenz, egal in welchem Sinne, schützt vor Gewalt am Besten ...