Catch as catch can [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Frostvater
31-01-2003, 13:18
Hallihallo!

Immer wieder stößt man auf Andeutungen einer ursprünglichen Wrestling-Variante Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa und v.a. Amerika, die wohl im Vollkontakt und quasi regellos ausgetragen wurde - wer weiß Näheres?

CeKaVau
31-01-2003, 13:23
Hallo Frostvater,

ich habe hier mal eine kleinen Ausschnitt meiner HP:

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die beiden Stile, die das internationale Ringen heute dominieren: griechisch-römisch und ""catch-as-catch-can" (Freistil). Das griechisch-römische Ringen wurde zuerst in Frankreich beliebt und erhielt diesen Namen da man glaubte, daß die antiken Griechen auf diese Weise gekämpft hätten. Es sind, solange die Kämpfer noch stehen, nur Griffe oberhalb der Gürtellinie erlaubt. Ursprünglich ein Profisport wurde es durch die Weltausstellungen in Paris populär. Nach seiner Einführung bei den olympischen Spielen 1896, wurde es, außer 1900 und 1904, Teil des olympischen Programms.
Das "catch-as-catch-can" wurde hauptsächlich in Großbritanien und den USA populär. Zuerst ebenfalls ein Profisport, wurde es 1888 von der Amateur Athletic Association anerkannt und ist seit dem auch als Amateursport verbreitet.
"Catch-as-Catch-can" wurde 1904 in die Olympischen Spiele eingeführt. Es sind Griffe oberhalb der Gürtellinie aber auch zu den Beinen erlaubt. Gewonnen wird durch pin-fall.
Freistilringen ist eine künstliche Form des "catch-as-catch-can" und wurde, nachdem es 1920 in Antwerpen eingeführt wurde Teil des olympischen Programms. Freistilringen ersetzt den pin-fall durch den touch-fall.

Pin-fall: für eine bestimmte Zeit eine bestimmte Stellung oder Haltung einzunehmen

Touch-fall: für eine kurze Zeit eine bestimmte Stellung oder Haltung einzunehmen

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen.

Tschüssi
Ike

Frostvater
31-01-2003, 14:18
Vielen Dank, jetzt ist schon mal ein bißchen Ordnung in die Nomenklatur gebracht! Worauf ich aber eigentlich abziele, ist eine frühe Form des NHB, aus dem sich dann letztlich das heutige Show-Wrestling entwickelt hat - gab es das?

CeKaVau
31-01-2003, 14:32
Hallo Frostvater,

wie früh soll die Form den sein? Meinst Du vor Christus oder Mittelalter oder 20 Jh?

Meine Kenntnisse über das Ringen sind aber stark begrenzt. Ich habe nur mal vor Urzeiten einen Artikel drüber geschrieben. Ewig her.

Tschüssi
Ike

jeff heston
01-02-2003, 17:45
moin frostvater,
es gab wohl neben dem griechisch/römisch und dem freistil (als amateursport wie wir es heute kennen) noch einen weiteren stil.
er wurde als catch as catch can bzw. als berufsringen bezeichnet und war in deutschland von den 20er bis in die 50er jahre verbreitet, und in den 20ern auch einmal olympische disziplin.

die regeln dürften in etwa denen des heutigen catchens entsprochen haben (rundeneinteilung, kampf im boxring, tritte und schläge erlaubt). parallel dazu entwickelten sich in deutschland in den 50er jahren die, auch heute noch verbreiteten, showkämpfe.

in berlin gab es /gibt es immer noch (?) den "verband der berufsringer", der früher die "echten" ringkämpfe betreute, und später die showkämpfe (z.b. wanzens cwa). vielleicht können die dir weiterhelfen, eine anschrift habe ich leider nicht (die hatten auch eine verbandszeitschrift, die "catch revue").

ich hoffe dir etwas geholfen zu haben

jeff heston

Frostvater
01-02-2003, 22:55
Hallo zusammen!

Vielen Dank Jeff, genau das war es, was ich gemeint habe. Ich werde mal versuchen, mich an die Jungs in Berlin zu wenden - oder kennt die etwa irgendeiner der Mitlesenden?

Frostvater

Joachim
02-02-2003, 08:32
Original geschrieben von Frostvater
Worauf ich aber eigentlich abziele, ist eine frühe Form des NHB, aus dem sich dann letztlich das heutige Show-Wrestling entwickelt hat - gab es das?

Pankration. Damit haben sich schon die ollen Römer die Zeit vertrieben, ob daraus allerdings das Showwrestling entstanden ist???
Kommt Di Trapezkunst im Zirkus vom Reckturnen?


Grüsse,

Joachim

jeff heston
02-02-2003, 15:28
Original geschrieben von Frostvater
Hallo zusammen!

Vielen Dank Jeff, genau das war es, was ich gemeint habe. Ich werde mal versuchen, mich an die Jungs in Berlin zu wenden - oder kennt die etwa irgendeiner der Mitlesenden?

Frostvater

@ frostvater

du könntest dich auch an peter william wenden, der früher für das dsf wrestling moderiert hat (das dsf kann sicher kontakt zu ihm herstellen). der ist auf dem gebiet sehr bewandert.

jeff heston

p.s.: wenn du was rausgefunden hast, bitte posten!

Frostvater
02-02-2003, 16:21
@ Joachim:
Nene, wie ich im Einführungspost schrieb, beziehe ich mich ausschließlich auf das 19. und 20. Jahrhundert und den europäisch-nordamerikanischen Raum.

@Jeff:
Klar - sobald ich näheres weiß, lass ich Euch dran teilhaben!

Björn Friedrich
03-02-2003, 20:33
Das Catch Wrestling wie es heute in den Staaten genannt wird, ist eine sehr interessante Kunst. Man kann sie ungefähr mit dem Ungeheuer von Loch Ness vergleichen, einige sind völlig davon überzeugt, andere glauben überhaupt nicht daran.

Fakt ist das es vor 100 oder auch 150 Jahren Leute wie "Farmer Burns" oder Frank Gotch gab und das diese Leute auch Ringkämpfe bestritten. Wenn man sich alte Bücher und Kurse von diesen Leuten anschaut, sieht man, das es Hebeltechniken, besonders Knie, Fuß und Nackenhebel gab, die Frage ist jedoch, in wie weit diese angewendet und trainiert wurden.
Monte Saldo schreibt in einem seiner Bücher das er mit vielen guten Ringern trainiert hat (vor ungefähr 100 Jahren) und das viele der Feinheiten von Japanern kamen, die Jiu Jitsu machten und in die USA kamen. Es gibt auch Berichte darüber das Erich Rahn hierzulande einen Ringerchampion besiegt hat und ich habe zwar schon ein paar alte Videoaufnahmen gesehen, aber bisher waren diese professionellen Ringkämpfe, genau wie das heutige Catchen.

Es ist also wirklich schwer zusagen ob es diese Form des Kämpfens wirklich gegeben hat. Karl Gotch eine Ringerlegende, behauptet dies heute noch, auf der anderen Seite habe ich genug Berichte gehört, die die Glaubwürdigkeit, eines der bekanntesten Catch Wrestling Trainer in den USA in Frage stellt.

Ich habe auch schon Lehrvideos über diese "verlorene Kunst" gesehen und mein Eindruck war eigentlich ganz positiv, aber in wie weit diese Videos wirkliches Catch Wrestling darstellen, oder einfach nur abgekupferte BJJ und Grappling Sachen darstellen, ist wieder eine andere Frage.

Tschüß
Björn Friedrich
www.Kampfkunst-Training.de

Frostvater
04-02-2003, 12:15
Vielen Dank, Björn! Gut, nen Mann vom Fach dazuhaben. Weißt Du, ob bei diesen Catch Wrestling Kämpfen (so es sie denn gab) auch geschlagen wurde?

Björn Friedrich
04-02-2003, 13:48
Ich denke nicht das regulär geschlagen wurde, d.h. wenn Wettkämpfe, bzw. professionelles Ringen gezeigt wurde. Sicherlich gab es damals auch schon Kämpfe zwischen Boxern und Ringern, etc. Meine Meinung dazu ist, das das alte Ringen schon effizienter war als das heutige, gerade auch was das Kraft und Körpertraining betrifft, allerdings denke ich das auch viel übertrieben wird. Professionelle Ringer haben mit diesem Sport ihr Geld verdient, wenn die sich also andauernd die Knochen gebrochen hätten, wäre das nicht gut gewesen. Ich denke vieles war Show aber die Jungs kannten Griffe, die es im heutigen Ringen nicht mehr gibt, bzw. verboten wurden. Woher diese Griffe kamen ist eher Spekulation, aber man hört immer wieder das es eben japanische Jiu Jitsu Leute waren die die Ringer lehrten. Der Farmer Burns Home Studie Course, den der berühmte Ringer anfang des 20. Jahrhunderts herausgegeben hat, ist ganz interessant, zeigt aber nichts wirklich spektakuläres. Allerdings wie schon geschrieben, waren die alten bestimmt fitter als die heutigen Fitness Studio verwöhnten Kampfsportler.:-)

Tschüß
Björn Friedrich
www.Kampfkunst-Training.de

El Loco
08-02-2003, 12:00
Hi,

mal ne Frage von mir. Ab wann hatte sich dann das Professional Wrestling so wie es heute betrieben wird in seiner heutigen Form entwickelt (WWF, WCW/NWA usw.)? Kann es vielleicht sogar sein das Vale Tudo einen Einfluss auf Catchen hatte? Wäre mal interessant eure Meinungen zu hören. Noch was: Glaubt ihr nicht auch, dass europäische Techniken nicht vielleicht genauso wirksam waren wie asiatische, ich sage nur Pankration? Welchen anderen Grappling-Einfluss ausser Jiu-Jitsu meinst du noch?

Gruss

El Loco

El Loco
08-02-2003, 12:03
Noch was,

fragt mal TaMo, der recherchiert gerade in der Richtung. Hat mal erzählt, dass im England im 15ten Jh. NHB-ähnliche Kämpfe gegeben haben soll.

Gruss

Thorsten

Björn Friedrich
08-02-2003, 14:40
Ich denke das es schon immer Formen des freien Ringens gab, in Russland, gab es auch Stile die weitaus älter sind als Sambo z.B. Die Mongolen haben Ringen als Nationalsport. Die deutschen hatten das deutsche Freiringen und den Landsknecht Kampf. In Holland gibt es das Worstelen und in der Schweiz das Schwingen.
Das es also verschiedenste Systeme gab und das das Pankration und der römische Gladiatorenkampf direkte europäische Vorfahren des Grappling sind steht also ausser Frage.
Was allerdings ungeklärt ist, ist ob diese Künste auch schon so ausgereift waren wie heutzutage. Schwer zu sagen. Vom Krafttraining her, waren die Alten uns überlegen, da gab es nämlich noch keine Fitness Studios und das war ihr Glück.
Ich denkees gab schon einige effiziente Methoden, aber vieles war eben auch Sport oder Ritual.

Tschüß
Björn

Frostvater
08-02-2003, 15:17
Ringkampf ist ein weltweit verbreitetes Phänomen. Dabei gilt es aber zu unterscheiden: Auf der einen Seite der sportmässige Wettkampf - als solcher präsentieren sich heute die meisten regionalen europäischen Ringkampfkünste, wie z.B. das schon genannte Schwingen oder das isländische Glíma, aber auch asiatische Systeme wie Judo oder Sumo. Auf der anderen Seite steht der Ringkampf als Teil des völligen Kampfes ums Überleben, wie z.B. das phillippinische Dumog.

Sicherlich haben sich zu allen Zeiten beide Bereiche des Ringens gegenseitig beeinflußt. Dennoch hatten und haben viele Techniken, die schwere Verletzungen oder Verstümmelungen des Gegners nach sich ziehen können, keinen Platz im sportlichen Ringen. Von der Handvoll Zeugnisse her zu schließen, die uns das frühere kampfmässige Ringen vor Augen führen, denke ich allerdings schon, daß es ähnlich ausgereift waren wie heutige Systeme - man vergleiche z.B. die Ringkampftechniken in Talhoffers Fechtbuch.
Allerdings sind wir heute natürlich in einer unglaublich günstigen Situation, was das Erlernen der Kampfkünste angeht: Nie zuvor hatten Menschen die Möglichkeit, Systeme und Stile aus aller Herren Länder kennenzulernen, zu vergleichen und zu kombinieren. Dies mag der heutigen Generation einen Vorsprung vor ihren Ahnen verschaffen - dafür fehlt ihr wohl (glücklicherweise) größtenteils die Erfahrung des wirklichen Kämpfens.



Glaubt ihr nicht auch, dass europ?ische Techniken nicht vielleicht genauso wirksam waren wie asiatische, ich sage nur Pankration?

Ich denke, daran zweifelt hier niemand.