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Vollständige Version anzeigen : Explosive Bewegungen und Atmung?



Scary99
30-10-2007, 15:01
Ich habe 2 Fragen zum Thema Atmung vor und während eines Fauststoßes im Taijiquan.

Wenn ich Explosive Bewegungen sehe, wie zum Bsp. beim sicherlich schon bekannten Clip von Chen Xiaowang:
YouTube - Chen Xiaowang -fajin (http://www.youtube.com/watch?v=zxxebP0u31g)

frage ich mich ob es eine bewusste Atemführung bei der Ausführen gibt, weil ja häufig gesagt wird das der Atem sich natürlich anpassen sollte und man ihn nicht immer zwingend an Gesetze wie Heben=Ein / Senken=Aus binden muss.

1. Aber wie ist das genau beim Fauststoß. Ich habe jetzt oft gehört das hier die paradoxe Bauchatmung verwendet wird.
Stimmt dies? Oder auch nur in bestimmten Stilen und in anderen wieder nicht?

2. Und was mich ebenfalls noch interessiert, ist ob die Atemluft bei Energieabgabe am Ende der Bewegung bewusst (also mit forciertem Nachdruck) nach außen geschleudert wird, oder ob sie passiv durch die ruckartige Explosion nach außen schießt?
Anders gesagt, ein bewusstes jetzt bringe ich die Luft raus, oder die Bewegung bringt die Luft passiv aus den Lungen durch den explosiven Ruck am Ende?

Wie auch im Clip von Chen Xiaowang hört man sehr oft dieses tiefe röchelnde Endgeräusch in der Explosiven Bewegung wenn die Luft die Lungen verlässt. Daher auch meine Frage ob ein besonderer Atemablauf benutzt wird...

..ich danke für jede Antwort

Klaus
30-10-2007, 15:22
In dem Fall stimmt was häufig gesagt wird. Atmung mag in irgendeiner Form involviert oder synchronisiert werden, aber nicht notwendigerweise als Stossatmung. Typischerweise kann jemand der wirklich Fa und Jin benutzt an irgendwelchen beliebigen Punkten der Atmung mit Fajin reagieren, da man schlecht im Fall eines plötzlichen Angriffs sagen kann "Ey, Du, warte bis ich eingeatmet habe damit ich pressatmen kann!!!". Meine Atmung hat sich angepasst, eventuell abhängig davon in welcher Phase die Atmung war. Meistens habe ich überhaupt nicht geatmet, sprich, es fühlt sich so an als macht die Muskulatur die die Atmung besorgt gerade irgendwas anderes. Also nicht drüber nachdenken, und Atemübungen und Kraftmethodiken nicht gemeinsam üben.

T. Stoeppler
31-10-2007, 09:06
Das typische "röchelnde" Atemgeräusch kommt einfach nur von dem schnellen Spannungswechsel in der Rumpfmuskulatur.

Gruss, Thomas

Karl-Heinz
31-10-2007, 12:59
Man kann bewusst mit Atmung arbeiten, aber es geht auch mit ganz natürlicher Atmung.

Wenn man beim Atmen Laute von sich gibt, ist je nach Frequenz die Stimmritze weiter oder enger. Bei einem hohen Ton ist die Stimmritze eng, bei einem tiefen Ton ist sie weit.

Je enger die Stimmritze, je höher ist die Kompression im Körper. Eine hohe Kompression stabilisiert die Struktur. Es gibt IMA Stile die spezielle Worte wie "Heng" benutzen. Heng zum Beispiel lässt durch das H erstmal viel Luft durch und das G am Ende verengt die Stimmritze und sorgt für ordentliche Kompression im Körper und trägt damit damit zur Stabilisierung bei.

Das Extrem ist das Valsalva-Manöver, was Gewichtheber zum Beispiel zur Stabilisierung machen. Da wird bei geschlossenen Mund und Nasenwegen der Atem gepresst.

Ich glaube wie Klaus, dass man sich im Kampf die Atmung nicht aussuchen kann. Von daher ist die Beschäftigung damit Geschmackssache.

BanYan
31-10-2007, 21:41
Hallo,


Man kann bewusst mit Atmung arbeiten, aber es geht auch mit ganz natürlicher Atmung.
...
Ich glaube wie Klaus, dass man sich im Kampf die Atmung nicht aussuchen kann. Von daher ist die Beschäftigung damit Geschmackssache.

ja, stimmt.

Und nach dem, was ich im letzten Jahr erfahren, gelesen und erlebt habe, ist esnoch viel krasser:
Man kann sich die Art und Weise seiner persönlichen Atmung noch nicht einmal aussuchen.

Überraschenderweise ist sie für jeden fest vorgegeben:
Entweder man ist "Einatmer", dann entwickelt man die stärkste Kraftentfaltung beim Einatmen (in die Brust, ohne Bauch), oder man ist "Ausatmer", dann entwickelt man seine maximale Kraft beim Ausatmen (Luft rauspusten).

Dies korrespondiert mit den zwei verschiedenen Körpertypen, über die ich im "Kopfhaltungs"-Thread schon mal geschrieben habe.

Von daher hilft es nichts, es genauso zu machen wie ein Vorbild, Meister oder sonstwer. Dabei ist die Chance nur 50%, daß er derselbe Körper- oder Atemtyp ist. Wenn man sich etwas abschaut oder antrainiert, was dem eigenen Typ nicht entspricht, wird es beim Bemühen bleiben.

Da kommt dann wieder die o.a. "natürliche Atmung" ins Spiel. Aber nicht in dem Sinne "is halt so, lass mal, kommt schon ...", sondern wenn man seine eigene natürliche Atemweise kennt, kann man die Bewegungen so steuern, daß sie 100%-ig dazu passen. Die daraus resultierenden Effekte sind dann kein Zufall mehr.

Von daher bin ich der Meinung, daß man fast damit beschäftigen muß, um das optimale aus seinen Bewegungen herauszuholen.

Gruß
BanYan
P.S. genau das haben wir im letzten Push-Hands-Training geübt. Jeder auf seine Weise ... Der eine ein, der andere aus: die Effekte sind verblüffend.

nagual
31-10-2007, 21:53
Ich würde zwar zustimmen, dass es immer eine individuelle Sache ist, was bei jedem optimal funktioniert, und welche für Trainingsregeln für jemanden richtig oder am besten sind, aber:


Entweder man ist "Einatmer", dann entwickelt man die stärkste Kraftentfaltung beim Einatmen (in die Brust, ohne Bauch), oder man ist "Ausatmer", dann entwickelt man seine maximale Kraft beim Ausatmen (Luft rauspusten).

Bei solchen Aussagen würde ich sehr gut aufpassen, wie sie gemeint sind.

Möglicherweise bezieht sich das auf Kraftsport und Muckibudentraining, wo es ja beim Gewichte stemmen auch bestimmte Atemregeln gibt, wie z.B. beim Drücken ausatmen, beim Nachlassen einatmen usw.

Solche Erkenntnisse in diesem Bereich kann man auf diffizile Sache wie IMA nicht einfach übertragen.

Wenn eine bestimmte IMA-Kraftentfaltungsmethode es erfordert, dass eine bestimmte Synchronisation mit bestimmten Atmenprozessen erforderlich ist, oder sich im optimalen Fall einfach intuitiv und automatisch ergibt, dann gilt das für jeden, und dann kann man das auch genau so von einem fähigen Lehrer lernen und direkt nachmachen.

Was für ein Atmungstyp man im Muckibudenbereich ist, ist dabei ganz egal.


genau das haben wir im letzten Push-Hands-Training geübt. Jeder auf seine Weise ... Der eine ein, der andere aus: die Effekte sind verblüffend.

Das hier wäre dann ein Beispiel, wo die IMA-Regeln nicht so streng sind, dass eine Synchronisation in einer ganz bestimmten Form erforderlich ist, denn sonst könnte die Synchronisation ja nicht in unterschiedlicher Weise realisiert werden, wie das hier ja offenbar gut geklappt hat.
Bei anderen Bereichen, nämlich den Explosionsbewegungen, sind die Regeln strenger, das kann nicht so einfach nach Typ X und Typ Y variiert werden.

BanYan
01-11-2007, 10:32
Hallo,


...
Bei solchen Aussagen würde ich sehr gut aufpassen, wie sie gemeint sind.

Möglicherweise bezieht sich das auf Kraftsport und Muckibudentraining, wo es ja beim Gewichte stemmen auch bestimmte Atemregeln gibt, wie z.B. beim Drücken ausatmen, beim Nachlassen einatmen usw.

Solche Erkenntnisse in diesem Bereich kann man auf diffizile Sache wie IMA nicht einfach übertragen.
...

die Aussagen habe ich nicht nur irgendwo aufgeschnappt, sondern ausprobiert bzw. ausprobieren lassen. Und es funktioniert immer.

Die Anweisung in der Muckibude stemmen->ausatmen, nachlassen->einatmen treffen nur für 50% der Leute zu. Ich habe mich immer blöd und schlapp gefühlt, wenn es ums Gewichte stemmen, Sit-Ups, Rudern, Oberkörper beugen mit Händen bis zum Boden etc. ging. Ich war beim Brustschwimmen genauso schnell wie meine Klassenkameraden beim Kraulen. Es gab aber nur eine 2, weil ich eben nicht Kraulen konnte ...
Jetzt, zig Jahre später, weiß ich, daß ich mit "Ausatmen" bei der Aktivität keinen Blumentopf gewinne. Aber Einatmen, ja, das gibt mir Power, Kraft, Wohlbefinden.

Kurzer passiver Luftschnapper, lange, geführte Ausatemphase, tödlich für mich (gut für "die anderen").
Langes intensives Einatmen, dann ggf. kräftiges Plopp und passives Ausatmen, fast Verduften, toll für mich (nix für die anderen).

Und da IMA nichts anderes sind, als die konsequente Fortführung von eigentlich natürlichen Bewegungsabläufen, so muß das da ganz genauso sein.

Für mich ist Pushhands die erste Erfahrung, was man mit dem Gelernten anfangen kann. Die logische Fortführung sind aus meiner Sicht die angesprochenen Fauststöße bzw. Fa-Jin-Effekte.

Gehen schon die Push-Aktivitäten nur mit typengerechter Haltung und Atmung optimal, so ist es zwangsläufig, daß Fauststoß und Fa-Jin ebenfalls typengerecht ausgeführt werden müssen.


...
Wenn eine bestimmte IMA-Kraftentfaltungsmethode es erfordert, dass eine bestimmte Synchronisation mit bestimmten Atmenprozessen erforderlich ist, oder sich im optimalen Fall einfach intuitiv und automatisch ergibt, dann gilt das für jeden, und dann kann man das auch genau so von einem fähigen Lehrer lernen und direkt nachmachen.
...

Für mich ist klar, es gibt nicht nur die eine Wahrheit (Synchronisation etc.) sondern mindestens zwei.

Imitiert man unkritisch den Lehrer, hat man eine 50%-Chance, richtig zu liegen. Kann man das gesehene auf seinen eigenen Typ übertragen (intuitiv), dann liegt man richtig. Findet man einen Lehrer, der es typengerecht erklären kann, dann hat man gewonnen.

Gruß
BanYan
P.S. bin nächste Woche Dienstag wieder in Münster ...

nagual
01-11-2007, 13:00
die Aussagen habe ich nicht nur irgendwo aufgeschnappt, sondern ausprobiert bzw. ausprobieren lassen. Und es funktioniert immer.

Wie gesagt, glaube ich dir, dass das bei dir bei bestimmten Übungen so ist, vor allem wenn es um Pushbewegungen o.ä. geht. Solche Sachen sind von Muckibudenaktivitäten nicht so weit weg, als dass Erkenntnisse von da nicht auch hier gültig sein könnten.

Was solche Erfahrungen angeht, bin ich andererseits immer auch etwas skeptisch, weil die Bestätigung solcher Ideen immer auch eine Suggestionswirkung sein kann, d.h. eine Self-Fullfilling Prophecy, weil eine Übungsgruppe eben gerade dran glauben will, und dann passiert natürlich auch nur das, was zur gerade angesagten Theorie passt.

Bei der Erzeugung von maximalen Kräften in Kombination mit bestimmten Atemphasen geht es aber nicht einfach darum, dass etwas dann NUR mit der einen Atemphase klappt und mit der anderen überhaupt nicht,sondern darum, dass bei der einen Hälfte der Leute der Kraftoutput bei der einen Atemtechnik nicht optimal ist, und bei der anderen Atemtechnik optimal, und bei der anderen Hälfte der Leute ist es umgekehrt.
Grundsätzlich funktionieren aber beide Atemtechniken bei allen Leuten, nur eben halt unterschiedlich gut.

Bei Explosionsbewegungen ist es aber so, dass bestimmte Atemtechniken funktionieren und bestimmte Atemtechniken nicht funktionieren, weil die Anforderungen für die Synchronisation einfach höher sind als bei gewöhnlichen Kraft- oder Pushaktionen.

Man kann meiner Meinung nach nicht einfach hingehen, und dann so eine Logik mit 50% der Leute so und 50% anders auf diese Sache münzen, weil die Sachen so einfach nicht vergleichbar sind.

Man kann jemandem, der zur einen Hälfte der Leute gehört, nicht sagen, hey, du musst dein Fajin jetzt so und so machen, und dabei eine Atemtechnik für Fajin erfinden, die überhaupt nicht funktioniert.

Zunächst müsste man mal herausfinden, ob es bei der korrekten Ausführung von Fajins bei verschiedenen Leuten überhaupt solche radikalen Unterschiede gibt, dass der eine gezielt zu einem bestimmten Moment einatmet, während ein anderer zu genau diesem Zeitpunkt ausatmet. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist.
Geringfügige Unterschiede kann es bei verschiedenen Leuten geben, allgemein würde ich sagen, dass künstlich intendiertes Einatmen nicht gut zu den Bewegungen passt.

Ich glaube nicht, dass Leute, die jetzt beim Pushen oder Stemmen beim Einatmen mehr Kraft aufbringen können, sich so eine künstliche Atemtechnik auf ihr Fajin legen sollten.

--

Sag doch Bescheid, wann du nächste Woche da bist!
(dann können wir diese verschiedenen Ideen evtl. besser durch Ausprobieren vergleichen).

BanYan
01-11-2007, 14:20
Hallo,


...
Bei der Erzeugung von maximalen Kräften in Kombination mit bestimmten Atemphasen geht es aber nicht einfach darum, dass etwas dann NUR mit der einen Atemphase klappt und mit der anderen überhaupt nicht,sondern darum, dass bei der einen Hälfte der Leute der Kraftoutput bei der einen Atemtechnik nicht optimal ist, und bei der anderen Atemtechnik optimal, und bei der anderen Hälfte der Leute ist es umgekehrt.
Grundsätzlich funktionieren aber beide Atemtechniken bei allen Leuten, nur eben halt unterschiedlich gut.

Bei Explosionsbewegungen ist es aber so, dass bestimmte Atemtechniken funktionieren und bestimmte Atemtechniken nicht funktionieren, weil die Anforderungen für die Synchronisation einfach höher sind als bei gewöhnlichen Kraft- oder Pushaktionen.

Man kann meiner Meinung nach nicht einfach hingehen, und dann so eine Logik mit 50% der Leute so und 50% anders auf diese Sache münzen, weil die Sachen so einfach nicht vergleichbar sind.

Man kann jemandem, der zur einen Hälfte der Leute gehört, nicht sagen, hey, du musst dein Fajin jetzt so und so machen, und dabei eine Atemtechnik für Fajin erfinden, die überhaupt nicht funktioniert.

Zunächst müsste man mal herausfinden, ob es bei der korrekten Ausführung von Fajins bei verschiedenen Leuten überhaupt solche radikalen Unterschiede gibt, dass der eine gezielt zu einem bestimmten Moment einatmet, während ein anderer zu genau diesem Zeitpunkt ausatmet. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist.
Geringfügige Unterschiede kann es bei verschiedenen Leuten geben, allgemein würde ich sagen, dass künstlich intendiertes Einatmen nicht gut zu den Bewegungen passt.

Ich glaube nicht, dass Leute, die jetzt beim Pushen oder Stemmen beim Einatmen mehr Kraft aufbringen können, sich so eine künstliche Atemtechnik auf ihr Fajin legen sollten.
...

Du recht, wenn Du die Effekte ein wenig relativierst. Wenn's passt, ist es optimal, wenn nicht, dann geht es nur bis zu einem bestimmten Grad. Aber wer wird denn die Art anwenden, bei der es nicht so optimal klappt ...???

(Über den Teameffekt, self fulfilling profecy, williges gestolpert werden wollen möchte ich hier nicht philosophieren. Damit kann man alles in Frage stellen ...)

Es geht nicht um künstliche Atemtechnik, es geht nicht um aufzwingen, sondern wechselseitiges Anpassen des Körpers an die Anforderungen der Bewegung und Anpassung der Bewegungsausführung und Koordination an den eigenen Körper.

Wenn man etwas aufstülpt oder aufzwingt, wird es nicht funktionieren.
Wenn man trainiert, ausprobiert, entdeckt, übt, dann klappt es.

Du schreibst ganz richtig: "Man müsste mal herausfinden ...". Bin gerade erst am Anfang ... (Und darf meinem Meister beim Ausprobieren "helfen".)

Gruß
BanYan

Pu Bär
10-11-2007, 17:20
Das typische "röchelnde" Atemgeräusch kommt einfach nur von dem schnellen Spannungswechsel in der Rumpfmuskulatur.

Gruss, Thomas

Da geh ich mit.
Z.B. schnelle Fausstöße. Wenn man sich nicht gerade verhält wie ein Klotz, dann verwindet sich der Körper ein wenig (Hüftabreit vorausgesetzt). Hab auf diese Art schonmal mehrere Minuten lang Fauststöße und andere Grundtechniken geübt "ohne zu atmen". Alles durch Verwindung des Leibs.

Beim Formüben vermeide ich Atemkontrolle damit die Technik losgelöst von meiner Atemsituation funktionieren kann. Atme ich mal "absichtlich", dann gerate ich auch schonmal außer Atem...

Bei Atemübungen sieht das ganz anders aus - gezielt geatmet und bewegt.
Elmar