Kettlebell-Training schädlich? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Kettlebell-Training schädlich?



Stoiker
07-11-2007, 11:12
Hallo,

immer, wenn ich Leuten, die seit mehreren Jahren Kraftsport betreiben, von Kettlebells erzähle, winken diese ab und meinen, KB-Training sei gesundheitsschädlich.

Es gibt hauptsächlich zwei Argumente:
(1) Schwungbewegungen mit Gewichten (wie beim „KB Swing“) sind schlecht für die Sehnen und Gelenke.
(2) Verdrehungen der Wirbelsäule mit Gewichten (z.B. beim „KB Windmill“) belasten die Wirbelsäule zu stark.

Fazit: KB-Training schadet dem Körper mehr, als dass es nutzt.

Immer, wenn ich nun nach fundierten Stellungnahmen gesucht habe, ob und wann KB-Training schädlich oder nicht-schädlich sei, bin ich nur auf Erfahrungsberichte im Stile von „in der XY Armee trainiert man schon seit Jahrzehnten damit“ oder „Pavel macht nichts anderes und ihm geht es gut“ oder „das ist nicht schädlich, das ist eben so“ oder „ich habe es letztes Wochenende ausprobiert und ich fühle mich gut“ gestoßen.

Da die meisten in unseren Breitengraden erst seit ein paar Jahren (wenns hochkommt) KB Training machen, halte ich diese Erfahrungswerte aber (noch) für begrenzt nutzbar.

Da ich nicht weiß, wie Pavels Wirbelsäule aussieht und ich hingegen die Meinung und Erfahrung von Kraftsportlern, die „klassisches“ Krafttraining schon seit Jahrzehnten machen, nicht ignorieren will und kann, interessiert mich das jetzt:

(a) warum sollen Schwungbewegungen (aus Sicht der Kritiker) schädlich sein?
(b) warum soll die Verdrehung der Wirbelsäule (aus Sicht der Kritiker) schädlich sein?
(c) falls KB-Befürworter die Punkte (a) und (b) prinzipiell zustimmen, worin unterscheiden sich dann KB-Schwünge und KB-Verdrehungen von denen im klassischen Training (was dann aus Sicht des „klassischen“ Trainings ein falsches Training wäre).

Gibt es zu diesen Punkten (d.h. die Behauptungen beider Parteien) sportmedizinische Grundlagen, die über einfache Erfahrungswerte hinausgehen?

Ich könnte mir vorstellen, dass in der ehemaligen Sowjetunion (wenn es denn stimmt, dass KB ein Standardtrainingsgerät dort ist/war) viele derartige Untersuchungen gemacht wurden, ich bin des Russischen aber nicht mächtig.

Vielleicht gibt es ja auch neue amerikanische Sportuntersuchungen, da habe ich aber noch nichts gefunden.

Wie gesagt, wenn mir einer fundierte Untersuchungen nennen kann (ich wäre schon über Quellenangaben froh), dann wäre das prima.

Viele Grüße
Stoiker

Mars
08-11-2007, 06:26
Ich würde die Frage anders angehen: Die Frage liegt nicht im Trainingsmittel, sondern in der Art der Übungsausführung. Auch bei Hanteln ist Training "mit Schwung" oft genug zu beobachten.

Ich weiß nicht, was "die Kritiker" unter "Schwung" verstehen. Allgemein sehe ich das als eine Übungsausführung, die an den Enden der Bewegungsphase das Gewicht nicht mehr mit den Muskeln stabilisiert, sondern die Last kurze Zeit nur von passiven Strukturen halten lässt. Beispiel: in der unteren Phase der Kniebeuge auf der Muskelspannung gehen und die Last alleine von Gelenken, Sehnen und Bändern halten lassen, um dann "Schwung" zu benutzen, um wieder hoch zu kommen;
Es wird also keine konstante Spannung aufrecht erhalten. Das kommt beim klassischen KB-Training sicherlich recht häufig vor. Auf die Dauer wird das sie Gelenke sicherlich "abarbeiten", wenn die Lasten in den Endphasen dauernd auf die Strukturen "krachen." Je höher die Lasten, desto problematischer (Man denke an die Knie von schwergewichtigen Läufern).
(Bei Bewegungen, bei denen das Gewicht kurz alleine von der Schwungkraft "in der Luft hängt", entstehen solche Belastungen freilich nicht.)

Verdrehen der Wirbelsäule wird erst ein Problem, wenn man das mit einer hohen Last auf dem "Buckel" oder mit extremer "Wucht" tut. Leider kenne ich mich mit den KB-Übungen nicht so aus. Daher halte ich mich mit Kommentaren zu irgendwelchen Übungen zurück.
Doch ich hoffe, dass ich etwas helfen konnte.

Gruß

the_ANSWER
08-11-2007, 07:34
@mars: Wie sieht es denn beim Swing aus: crossfit Swing (http://www.youtube.com/watch?v=4CAeO8OUkvs)
Sollte man den Schwung, hier kreiert durch die Hüften, nicht unterscheiden vom Schwung, der beim Abfälschen von Übungen benutzt wird?

Bent Press (http://www.youtube.com/watch?v=FYW749haYAQ)

Und noch eine Videonachfrage, weil ich mit beiden Übungen arbeite. Doch ist die Ausführung der Bent Press sehr langsam und kontrolliert. Wie ist deine Meinung dazu?

Mars
08-11-2007, 08:12
Der "Swing" wird auf dem Video gut ausgeführt: Der Rücken ist fast ständige unter Spannung (nur in der oberen Phase lässt sie die Spannung raus, besser wäre es, die Spannung auch hier zu halten, was aber sehr schwer ist, wenn man das Ding so "wirbelt") und die Hantel "zerrt" in den "Flugphasen" nicht an den Armen. Nur die Knie drückt sie zu stark durch. Sie sind manchmal arg durchgestreckt (mit Wucht). Aber ansonsten recht sauber.
Zur Übung selbst: Eine der eher unbedenklichen Übungen (gute Ausführung vorausgesetzt). Über den Nutzen kann man streiten. Für KKler und KSler mit Wurfelementen sicherlich eine Funktionsübung ( vergleichbar mit Reißen, Umsetzen, etc. im Hanteltraining).

Der "Side-Bent" gefällt mir nicht so sehr: Die Verdrehung belastet die Wirbelsäule schon sehr stark. Hinzu kommt das Vorwärtsbeugen (wenn aufrechter Stand 100% Belastung für die Wirbelsäule bedeuten, sind es beim Vorbeugen mindestens 150%). Wegen der Verdrehung können außerdem die Rumpfmuskeln kaum gut arbeiten. Dann noch ein Gewicht oben drauf. Naja. Wegen der koordinativ anspruchvollen Übung dürfte das Gewicht wenigstens nicht so hoch sein. Doch es reicht.
(Die Ausführung ist allerdings beeindruckend, ohne Frage. Doch das ändert nichts an der Belastung der Wirbelsäule).
Außerdem erschließt sich für mich nicht ganz der Zweck dieser Übung.

Gruß

kecks
08-11-2007, 20:08
Das Durchstrecken von Gelenken unter Last ist nicht prinzipiell schädlich; man denke nur ans Olympische Gewichtheben, bei dem alle Endpositionen im Lockout sind. Funktionales Krafttraining - gerade mit der Zielstellung Kampfsport - kommt zu großen Teilen um "schwungvolle" (maximal schnelle Bewegungen mit Last (Kurzhantel, Langhantel, Kettlebell, Medball etc.) nicht herum. Wenn man es korrekt erlernt und mit angemessenen Lasten arbeitet, dann ist daran ohne Vorschäden auch nichts schädlich.

(Bei besagter Übung geht es darum, die Rumpfmuskulatur im "Verdrehen" zu trainieren. Viele Verletzungen passieren nämlich in der ungewohnten Rotation...).

Mars
09-11-2007, 06:27
Wenn man mit ungebremst mit voller Wucht in die Gelenke knallt, ist das schon bedenklich. Auf dem Video kann man allerdings nicht erkennen, ob sie hier eine entsprechende "Bremsung" mit den Beinen macht.
Der "Lockout" ist ja anderes.
Die Betonung bei Lasten sollte auf maßvoll liegen.

Es ist also eine Koordinationsübung. Dann ist es natürlich sinnvoll, die Last recht niedrig zu halten.

Gruß

kecks
09-11-2007, 08:04
Naja, also beim Olympischen Heben hast Du absolute Grenzleistungen, jeden Tag im Training (meistens zweimal täglich). Diese werden immer bei durchgestrecktem ("glattem") Gelenk (Ellbogen...) stabilisiert. Du hast schon recht, das ist was anderes, als mit voller Wucht auf ein durchgestrecktes (das ist "lock out", würde ich sagen) Gelenk zu springen (z.B. passiert das manchmal beim Turnen --> Knie gebrochen) oder ins Gelenk zu schlagen (Boxen...); der Unterschied besteht aber nur darin, daß das ganze beim Olyheben eben kontrolliert abläuft. Weder ist die Last niedrig, noch bleibt das Gelenk leicht gebeugt.

Ist halt wie immer: Man muß wissen wie und braucht kompetente Anleitung (gerade auch bei Kettlebells), dann ist es auch nicht gefährlich.

Mars
09-11-2007, 08:13
Bei Hochleistungsathleten (Gewichtheben) sehen die Abnutzungen allerdings stets recht übel aus. "Merken" tut man das erst, wenn man im "Sportpensionsalter" mal seine Röntgenbilder sieht. ;)
Daher: Maßvolle Last bei solchen Übungen.

Gruß

Stoiker
09-11-2007, 13:01
Hi,
ich klinke mich mal kurz wieder ein ;)



Doch ich hoffe, dass ich etwas helfen konnte.
Gruß

Ja, auf jeden Fall! Vielen Dank schon mal.



Der "Side-Bent" gefällt mir nicht so sehr [...] Außerdem erschließt sich für mich nicht ganz der Zweck dieser Übung.

Hier ein interessanter Artikel zur Bent Press:
How to Bent Press: A Strength Training and Powerlifting article from Dragon Door Publications (http://www.dragondoor.com/articler/mode3/282/)

Nochmal einer aus Wikipedia:
Bent press - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Bent_press)

Nach diesem Artikel dient die Bent Press eigentlich nur dazu, mit einem Arm mehr Gewicht zu bewegen als z.B. bei der Military Press.


Und hier noch eine Diskussion (www.fighterfitnessforum.com/viewtopic.php?p=76978), was damit eigentlich trainiert wird:

Auszüge daraus:
[...] core, lat und natürlich die drückmuskeln, denke dass der bent press auch die hüftflexibilität verbessert da er ja der windmill ein wenig ähnelt[...]

[...] die bent press ermöglich es, den lat mit in die pressbewegung einzubeziehen.[...]


Gruß
Stoiker

kecks
09-11-2007, 13:11
Naja, ich finde, der macht da mehr Windmill plus Press, weniger Sidepress... ich bin dann im Zweifelsfall immer für Windmill :D.

Mars
09-11-2007, 13:33
Wenn man in der Militaypress besser werden will, soll man diese üben und nicht diese "Verreckung." Und wer gezielt einen Arm verwenden will, kann ja Kurzhanteln nehmen, oder im "Speerstil" eine Langhantel nehmen (letztes setzt aber eine gute Technik und das ausgeglichene Training beider Seiten voraus.)
Und warum "künstlich" den Lat ins Spiel bringen?

Gruß