Vollständige Version anzeigen : Einschneidige Waffen/Messer
Baltasar
29-12-2007, 15:36
Hallo!
Da ich noch ein relativer Laie auf dem Gebiet der einschneidigen Schwerter bzw. Messer (keine Säbel) bin, möchte ich mich in diesem Bereich weiter informieren.
Grundsätzliche möchte ich fragen, wo genau der Vortel bei solchen Waffen liegt.
Quasi: warum benutzt man eine einschneidige Waffe, wenn man ein Schwert haben kann, das Hau und Stich miteinander vereint?
Welche wurden hauptsächlich benutzt und in welchem Bereich.
Desweiteren würde ich mich über Literaturangaben freuen, sofern es spezielle Literatur gibt, die sich nur auf einschneidige Waffen bezieht. Bisher kenne ich nur die DVD von den Ochsen übers Messer und eben die Fechtbücher ( beides noch nicht durchgearbeitet).
Über Antworten würde ich mich freuen.
Der große Vorteil war juristischer Natur: Nicht alle Stände durften Schwerter ("Waffen") tragen. Lange Messer waren rechtlich gesehen "Messer".
Eine kurze Rückenschneide ist technisch gesehen völlig ausreichend, um den Gegner damit zu erledigen.
Wenn man eine Waffe auch als Werkzeug einsetzt, wie es mit Falchions und Faschinenmessern gemacht wurde, ist eine zweite Scheide eher hinderlich.
Apfelbaum
30-12-2007, 14:41
ein stumpfer Rücken mindert auch die Verletzungsgefahr, außerdem benutzt man eh nur eine Seite ...
Der Contraveganer
30-12-2007, 14:47
Das ist so nicht richtig. Bei Schwertern spricht man von der langen und der kurzen Schneide. Die lange weißt uaf den Gegener. Wenn man einen Säbel in die Hand nimmt, dann versteht man auch, woher die Begriffe lang udn kurz kommen. In der Deutschen Schule (Liechtenauer/Meyer) wir ddie kurze Schneide sehr oft eingesetzt (so genennate Meisterhaue) auf der HP von Dreynschlag, kann man sich als Laie ganz gut darüber informieren. Siehe "Zwerchhau" /"Krumphau"/...
T. Stoeppler
30-12-2007, 22:19
Quasi: warum benutzt man eine einschneidige Waffe, wenn man ein Schwert haben kann, das Hau und Stich miteinander vereint
WENN man ein Schwert haben kann, würde man eins nehmen, ausser man hat eine ebenso qualitativ hochwertige einschneidige Waffe.
Das Messer war im allgemeinen die "Bauernwehr" d.h. einfacher herzustellen und trotzdem noch furchtbar effekiv.
Zur kurzen Schneide:
Ein Langes Messer hat auch eine kurze Schneide (okay, die ist sehr kurz) und einen spitzen Ort; in der Messerfechtlehre wird beides dem Langen Schwert ähnlich eingesetzt.
Später bei der entwicklung des Kavalleriesäbels waren Kamptechniken mit der kurzen Schneide eh unpraktikabel, also wurde die kurze Schneide komplett weggelassen.
Zur Fechtkunst:
Das Messer gilt als Vorläufer der Fechttechniken mit dem Langen Schwert, und daher gibt kaum elementare Unterschiede. Praktisch alle Langschwert Techniken kann man auf das Messer übertragen, ausser vielleicht die Nachreissen am Schwert, die gehen mit längeren Waffen einfach besser.
Gruss, Thomas
Baltasar
31-12-2007, 08:59
@ Gasmann
Das ist ja genau der Punkt. Auch "Unterschichten" durften Schwerter benutzten, taten dies, aus mir nicht bekannten Gründen aber nicht immer.
@ T.Stoeppler
Was heißt "wenn"? Unterschied sich ein Schwert vom Preis her so deutlich von einem Langen Messer?
Das kann ich kaum glauben, denn im SPäMi waren Schwerter nachweislich recht günstig bzw. ist deren Aufbau ja nur geringfügig anders als bei Messern.
Ist der Unterschied nicht eher in der Klingengeometrie zu suchen, die eine unterschiedliche Schnittkraft erlaubt?
Ist der Unterschied nicht eher in der Klingengeometrie zu suchen, die eine unterschiedliche Schnittkraft erlaubt?
Auf die Ausgangsfrage (einschneidig vs. zweischneidig) bezogen: nein
Die Einschneidigkeit erlaubt jedoch gewisse Klingenformen mit vom Schwert abweichender Trefferwirkung. Zum Beispiel der Schnitt beim Säbel oder der hackende Hieb beim Falchion.
ein stumpfer Rücken mindert auch die Verletzungsgefahr, außerdem benutzt man eh nur eine Seite ...
Im Systema gibt es ein paar Techniken, bei denen man sich mit einer zweischneidigen Klinge böse weh machen kann.
T. Stoeppler
31-12-2007, 15:07
Baltasar,
Natürlich ist es einfacher ein "Messer" herzustellen! Es muss ja auch nicht qualititativ besonders hochwertig sein. Eine lange, schlanke zweischneidige Hieb- und Stichwaffe stellt eben einfach gewisse Anforderungen an den Schmied und den Stahl.
Es gab/gibt natürlich auch "Messer" deren Qualität sehr gut ist.
Von der Schnittwirkung hat man bei dem Messer den Vorteil des etwas längeren Schneidekeils, der ist aber praktisch gesehen ohne Relevanz - ausser man möchte eben z.B. Jagdwild zerteilen, da ist man mit einem Messer deutlich besser dran.
Gruss, Thomas
gepanzertes wild auf 2 beinen...
Natürlich ist es einfacher ein "Messer" herzustellen!
Hab jemanden gefragt, der selbst schmiedet. Er konnte das nicht bestätigen. Am schwierigsten sei es, die Klinge gerade zu bekommen.
T. Stoeppler
01-01-2008, 22:12
Gasmann,
(Ich stand selbst schon stundenlang in einer Schmiede und bin mit den Schwierigkeiten diesbezüglich hinreichend vertraut.)
Das Messer heisst nicht umsonst "Bauernwehr" bzw der Vorläufer des Langen Schwertes und ist nicht umsonst in seiner Gänze einfacher konstruiert. Das Gehilz, die Auswichtung, der Stahl kann etwas weniger gut sein etc. Es ist eben eine einfache, funktionale Waffe.
ABER um ein hervorragendes Messer zu schmieden, ist natürlich das gleiche Geschick nötig, und es gibt ja ein paar wirklich tolle lange Messer in diversen Rüstkammern.
Gruss, Thomas
Hab jemanden gefragt, der selbst schmiedet. Er konnte das nicht bestätigen. Am schwierigsten sei es, die Klinge gerade zu bekommen.
Die Klinge gerade bekommen ist in der Tat eine Herausforderung...für einen Amateur. :rolleyes:
Trinculo
02-01-2008, 12:08
Hab jemanden gefragt, der selbst schmiedet. Er konnte das nicht bestätigen. Am schwierigsten sei es, die Klinge gerade zu bekommen.
Und das ist bei zweischneidigen Klingen einfacher?
@ Gasmann
Das ist ja genau der Punkt. Auch "Unterschichten" durften Schwerter benutzten, taten dies, aus mir nicht bekannten Gründen aber nicht immer.
Nein, so pauschal kann man das nicht sagen.
Waffenrecht war zumeist eine regionale Geschichte, zwar gibt es auch regional übergreifende Gesetze, aber oftmals gab es Regelung in den einzelnen Stadtverordnungen o.ä.
Und in vielen solcher Verordnungen wird eben dass Tragen von Schwertern irgendwie geregelt und eingeschränkt.
In manchen Städten früher, in manchen später, in anderen garnicht, das ist individuell.
Zur Preisfrage:
Das Problem mit der Graden Klinge kann schon einen Preisunterschied machen.
Bei einer einschneidigen Klinge läßt sich eine - evtl erst bei der Härtung aufgetretene - Krümmung zur Not noch kalt ausgleichen oder stört nicht wirklich, bei zwei Schneiden geht das nicht.
(Ich rede hier von Krümmung längs zur Schneidenrichtung, also quasi zu einer Säbel- oder Sichelform)
Außerdem bin ich mir nicht sicher, wie hoch in Relation zum Rest der Aufwand des Einsetzens der Schneide ist, und ob sich so die Anzahl selbiger preislich niederschlägt, ansonsten wäre das zumindest für die früheren Zeiten ein Argument.
Und das ist bei zweischneidigen Klingen einfacher?
Hab ich jedenfalls so verstanden. Man bearbeitet die Klinge auf beiden Seiten (Schneiden) gleichmäßig und kann Verformungen korrigieren. Aber ich will mich hier nicht als Experte aufspielen, bin nicht mal Laie...
Baltasar
22-01-2008, 15:05
Ich hätte da nochmals ne Frage:
Aus den Fechtbüchern kenne ich persönlich nur das Lange Messer.
Doch trifft man im Inet oft auf "Kriegsmesser" oder "Großmesser" und die Unterscheidung ist oftmals undurchsichtig.
Sind das moderne Bezeichnungen oder werden die Messer tatsächlich, also auch im historischen Sinne, unterschieden (z.B. der Unterschied einer ein- oder zweihändigen Führung)?
Worin grenzt sich ein Messer vom Falchion ab, bis auf dem Design des Griffes und dem Rüstnagel?
Ich hätte da nochmals ne Frage:
Aus den Fechtbüchern kenne ich persönlich nur das Lange Messer.
Doch trifft man im Inet oft auf "Kriegsmesser" oder "Großmesser" und die Unterscheidung ist oftmals undurchsichtig.
Sind das moderne Bezeichnungen oder werden die Messer tatsächlich, also auch im historischen Sinne, unterschieden (z.B. der Unterschied einer ein- oder zweihändigen Führung)?
Die Bezeichnungen sind m.E. moderner Natur; mir sind bislang nur die Begriffe 'Messer' oder 'langes Messer' untergekommen.
Was aber nicht heißen muss, daß es nicht auch andere Begriffe gab.
Worin grenzt sich ein Messer vom Falchion ab, bis auf dem Design des Griffes und dem Rüstnagel?
Alle mir bekannten Falchions haben Klingen, die sich zum Ort hin verbreitern, während alle mir bekannten Messer eine relativ gleichbleibende Klingenbreite haben.
Alle mir bekannten Falchions haben Klingen, die sich zum Ort hin verbreitern, während alle mir bekannten Messer eine relativ gleichbleibende Klingenbreite haben.
Bevor du jetzt sagst, daß meine Repro unhistorisch ist, verweise ich auf http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/38/Judith_Beheading_Holofernes_by_Caravaggio.jpg
Ich halte Falchion/Messer für eine künstliche Unterscheidung. Falchion ist einfach ein Fremdwort - als ob es keine deutschen kurzen Messer gegeben hätte. :rolleyes:
In Italien unterscheidet man m.W. nur zwischen Coltellacio (Messer lang) und Storta (Messer kurz)
Ich bezog mich nicht auf Abb., sondern auf Realien.
Falchion und Langes Messer entspringen meines Erachtens zwei unterschiedlichen Ansätzen, haben einiges gemein, vieles wiederum nicht, und Einzelstücke können bedingt durch individuelle Fertigung bekannterweise die Grenzen verwischen.
Betrachte ich aber die in der jeweiligen Frühzeit hauptsächlich verbreiteten Formen, kann eine grobe Charakterisierung so aussehen:
Falchion:
Gehülz zu den zeitgleichen Schwertern in Form und Größe identisch, Klinge mit starker Hieboptimierung, bauchig, nach vorne hin verbreiternd, keine nennenswerte Biegung in der Ausrichtung der Klinge.
Einsatz in sämtlichen mir bekannten Quellen alternativ zum Schwert, in identischen Anwendungsgebieten, also zumeist in Kombination mit Schild oder Buckler.
Langes Messer:
Gehülz ist ein eigener Typus, garkein oder kein ausgeprägter Knauf, oftmals aufgenietete Griffschalen, Überlänge, dazu ein Kreuz, oftmals vergleichsweise klein, mit Nagel.
Klinge eher grade, nach vorne hin verjüngend. Schneide kann dabei leicht bauchig sein, in der Regel ist die breiteste Stelle der Klinge aber direkt am Kreuz.
Einsatz breiter gefächert, als bürgerliche Seitenwehr in Friedenszeiten, als Zweitwaffe in der Schlacht, oftmals ohne Schild, dazu eigene Fechtweise.
Bedingt durch ihre parallele Existenz innerhalb der selben Gesellschaft beeinflussen sich die Waffen natürlich gegenseitig.
Auffällig ist aber, daß sämtliche Adaptionen offensichtlich erst später in die jeweiligen Waffen Einzug gehalten haben.
So sind mir etwa auch Waffen mit dem Gehülz eines Langen Messers mit eher Falchion-ähnlichen Klingen bekannt, diese aber erst aus dem fortschreitenden 16. Jhd.
Wie immer ist eine strikte Kategorisierung schwierig, eben weil selbige modern und damals ohne Relevanz ist.
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