Vollständige Version anzeigen : Fallbeispiel: Verteidigung mit Messer in der Praxis
Hallo,
Hier mal ein kurzer Zeitungsartikel als Fallbeispiel, um daraus für das eigene SV-Training zu lernen.
Was könnt ihr für euch von diesem (tragischen) Einzelfall ableiten?
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Der Standard, 26.09.2007
Ex-Freund mit Messer erstochen: Drei Jahre Haft
29-jährige Steirerin wegen Totschlags verurteilt - Angeklagte erbat sich Bedenkzeit - Urteil nicht rechtskräftig
Graz - Zu drei Jahren Haft wurde am Dienstagabend eine Obersteirerin von einem Geschworenensenat im Landesgericht Leoben verurteilt. Die Frau hatte heuer im Mai ihren Exfreund mit einem Messer erstochen, nachdem er sie zuvor tätlich angegriffen hatte. Die Beschuldigte war von Anfang an geständig gewesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Anklage lautete nur auf Totschlag, da die Frau laut Staatsanwaltschaft in "allgemein begreiflicher heftiger Gemütsbewegung" gehandelt hat. Die Obersteirerin, die geschieden ist und zwei Kinder hat, hatte ihren Freund 2006 über das Internet kennen gelernt. Einige Monate später zog das Paar zusammen. Als die Frau ungefähr ein halbes Jahr später ihre Beziehung beenden wollte, wollte ihr Freund nichts von Trennung wissen. Er drohte mit Selbstmord und wurde für kurze Zeit in die Grazer Nervenklinik Sigmund Freud eingeliefert.
Am 18. Mai dieses Jahres erschien der Mann alkoholisiert bei der Frau. Er ging auf sie los, schlug ihr mehrmals ins Gesicht, warf sie auf den Boden und zerriss ihr das T-Shirt. Anschließend holte er ein Messer aus der Küche, setzte es ihr an den Hals und forderte sie auf, ihn zum Auto zu begleiten. Zuvor musste die Frau ihrem Vater telefonisch bestätigen, dass alles in Ordnung sei. Doch der Vater schöpfte Verdacht und fragte, ob er die Polizei rufen sollte, was die Tochter mit "ja" beantwortete.
Drohung
Nach dem Telefonat kündigte der Mann an, er werde die 29-Jährige jetzt umbringen. Da erfasste die Frau das Messer und stieß es ihrem Ex-Freund in den Bauch. Als er bereits am Boden lag, versetzte sie ihm noch weitere zwölf Stiche, die zum Tod des Opfers führten.
Die Frau hatte von Anfang an erklärt, sie hätte ihren ehemaligen Lebensgefährten getötet, weil sie Angst um ihr Leben und das ihrer Kinder gehabt hätte. Notwehr billigte ihr die Anklage nicht zu, da sie laut Staatsanwalt mehrmals die Möglichkeit gehabt hätte, die Wohnung zu verlassen, ohne dem Opfer die tödlichen Messerstiche zu versetzen.
Die Geschworenen befanden die Frau für schuldig, gingen mit der Strafe aber unter die Mindeststrafe von fünf Jahren. Die 29-Jährige wurde zu drei Jahren Haft verurteilt und erbat sich Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtkräftig. (APA)
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Kurz was mir dazu einfällt:
Ich hatte bis jetzt Messer als eher ungeeignet für SV angesehen (langfristig zu tödlich, kurzfristig zu wenig mannstoppend) – anscheinend darf aber die psychologische Schockwirkung nicht unterschätzt werden, wenn man sieht wie einem ein Messer in den Bauch gestoßen wird; der Typ lag ja nach dem ersten Stich bereits am Boden
Meine Ansicht bis jetzt: Wenn mich einer mit einem Messer bedroht und umbringen will, brauche ich mir keine Gedanken mehr über Verhältnismässigkeit machen – anscheinend ist das wohl doch kein Freibrief bis zum Äußersten zu gehen
Man sollte sich schon im Vorfeld gründlich überlegen, wie man mit Gewalt umgeht wenn man konfrontiert wird. Und dabei vor allem nicht das Nachspiel vergessen (Versorgung von Verletzungen, Umgang mit Polizei, Aussagen etc., auch unter dem Gesichtspunkt was das Gesetzt bzw. der Richter dazu sagen könnte.
Und die interessanteste Frage: Auch ohne spezielles Messerkampf-Training kann frau einen Psycho entwaffnen und das Messer zur Selbstverteidigung einsetzen – warum ist das möglich, eurer Ansicht nach?Es gibt in diesem Artikel natürlich noch viele andere interessante Infos (Umgang mit Stalkern, Richtiges Beenden solcher Beziehungen, Verhindern zu einer „secondary crime scene“ gebracht zu werden, Würdigung der „heftigen Gemütsbewegung, Entscheidung der Geschworenen, ev. Codewörter am Telefon, ...)
lg
nito
enraged_Clown
30-12-2007, 11:37
erstmal bin ich wieder begeistert wie eine hand voll sesselfurzern beurteilen kann wie man mit einem messer am hals angemessener hätte reagieren können.
Ich hatte bis jetzt Messer als eher ungeeignet für SV angesehen (langfristig zu tödlich, kurzfristig zu wenig mannstoppend) – anscheinend darf aber die psychologische Schockwirkung nicht unterschätzt werden, wenn man sieht wie einem ein Messer in den Bauch gestoßen wird; der Typ lag ja nach dem ersten Stich bereits am Boden
gegen einen aggressiven angreifer im blutrausch ist das messer sicherlich nicht unbedingt mannstoppend. in dem fall spielen da aber wohl noch faktoren wie stress, angst, furcht und die gewissheit "shit das steckt was in mir drin" eine rolle.
Meine Ansicht bis jetzt: Wenn mich einer mit einem Messer bedroht und umbringen will, brauche ich mir keine Gedanken mehr über Verhältnismässigkeit machen – anscheinend ist das wohl doch kein Freibrief bis zum Äußersten zu gehen
ich sags ja, den sesselpupern fällt immer wieder ein was man hätte anders machen können. auf der anderen seite muss man sagen das es hier nur verlierer geben kann.
Und die interessanteste Frage: Auch ohne spezielles Messerkampf-Training kann frau einen Psycho entwaffnen und das Messer zur Selbstverteidigung einsetzen – warum ist das möglich, eurer Ansicht nach?
glück! die eine freie sekunde genutz und zugeschlagen. nicht nachgedacht sondern gehandelt. ich glaube auf der ganzen welt gibts es nichts gefährlicheres als ein weibchen das ihre jungen beschützen will.
im ernst, ich würde daraus nicht unbedingt schliessen das jeder laie unter gewisser bedrohung einen solchen angriff abwehren kann, aber manchen reagieren eben in extrem situationen einefach nur richtig. was mich nur interressieren würde ist wie die frau das ganze physisch überstanden hat.
So ganz genau wissen wir ja nicht wie es zu den 12 Stichen kam, daß könnte man schon so auslegen das es nicht mehr um Verteidigung ging. Was ich nicht verstehe ob die Kinder in der Wohnung waren, da gesagt wurde sie hätte die Wohnung verlassen können
Vielleicht hat sie sich durch ihre eigenen Aussagen in die Pfanne gehauen
Als er bereits am Boden lag
Knackpunkt.
Angriff war hier wohl beendet.
Ich denk mir, dass sie ihm das Messer dann ein paar Mal in die Rückseite gerammt hat und das nicht mehr wirklich erklären konnte.
Überraschend ist für mich, dass ihr vorgeworfen wurde, dass sie die Wohnung hätte verlassen können. Entweder hat der Schreiberling des Berichts Mist gebaut oder es gelten in Ö andere Regeln als in D.
Knackpunkt.
Angriff war hier wohl beendet.
Ich denk mir, dass sie ihm das Messer dann ein paar Mal in die Rückseite gerammt hat und das nicht mehr wirklich erklären konnte.
Naja, hätte ja immer noch brüllen können daß er sie umbringt und versuchen ihr an die Wäsche zu gehen. Ich weiß nicht wie es aussähe in D, wenn sie glaubhaft darstellen kann das sie zu dem Zeitpunkt gedacht hat wenn er nochmal aufstehen würde wäre sie tot. Und wie soll eine Frau in der Situation abschätzen das die Gefahr nicht mehr gegenwärtig ist?
Wir kennen halt die Aussage der Frau nicht. Vielleicht hat sie ja gesagt das als der Mann wehrlos da lag sie sicherstellen wollte das er sie nie mehr bedrohen könne. Das wär natürlich schlecht für sie
Eben, wir wissens nicht.
Ich wollte aber schonmal gegenhalten gegen das wohl kommende allgemeine "die blöden Juristen". ;)
Aus dem Text oben lese ich
Betrunkener hält Messer an Hals incl Drohung -> bekommt eigenes Messer in den Bauch -> geht zu Boden -> der Angriff ist hier beendet. Bis hier hin dürfte sie nen Rechtfertigungsgrund haben -> Frau sticht weiter auf ihn ein -> hups, jetzt wirds schwierig.
Da die Strafe gemildert wurde, könnte das österreichische Gegenstück zum 35 II 2 angewandt worden sein.
Insgesamt bietet der Artikel nicht die nötigen Informationen, um sich tatsächlich ein Urteil bilden zu können. Er zielt vielmehr darauf ab beim Leser Emotionen hochkommen zu lassen, getragen von "der hats doch verdient, die Sau".
Ich finde das Urteil auch aus juristischer Sicht SCHEISSE. Mit fünf S. Kackdreiste Dämlichkeit, auf dem Niveau von Kölner Richtern die "armen Jugendlichen" die Wohnungen mit Leuten drin verwüsten und in Brand stecken und schon 40 Straftaten verübt haben eine "Verwarnung" erteilen. Es gilt hier halt auch das Krähenprinzip mit den Augen. Da muss ein Richter schon die Kollegen beklauen und mit deren Frauen schlafen, oder das falsche Parteibuch haben, dass mal einer versetzt wird.
Worauf es hier angekommen wäre, was man so leider nicht herauslesen kann, ist ob die Frau den Typen erstmal verlassen hat, sich das ÜBERLEGT hat, und dann nochmal zurückkam und ihm bewusst (auch in Rage) den Rest gegeben hat um ihn zu töten. Oder ob, was wahrscheinlicher ist, sie unmittelbar nachdem der Mann zu Boden ging noch im Affekt zwölfmal weitergestochen hat. Selbst wenn da eine Sekunde oder zwei dazwischen war, in dem Zustand ist niemand in der Lage, abzuwägen oder zu denken, das ist eine reine Affekthandlung, und hätte so auch gewürdigt werden müssen. Wäre natürlich dumm wenn die Frau zugegeben hätte dass da ein paar Minuten zwischen gewesen sind.
Allerdings, wenn man sieht wie beknackte männliche Richter und Staatsanwälte sich für asoziale Penner ins Zeug legen die mit der Axt bei ihrer Frau oder beim Nebenbuhler oder irgendwem den sie nicht leiden können aufkreuzen mit dem festen Vorsatz sie umzubringen, und dann wird Anklage wegen "Totschlags im Affekkkkkt" erhoben und der Typ ist nach 4 Jahren wieder draussen (mit einer neuen Axt und einer anderen Frau), dann kann man nicht mehr über solche Urteile lachen. Oder der Fall über den letztens im Fernsehen berichtet wurde, wo ein Berliner Richter kackdreist einem einschlägig vorbestraften rückfälligen Kinderschänder über den massiv Videomaterial härtester Güte vorlag "wegen der günstigen Sozialprognose" (das Geld im Umschlag hat scheinbar gereicht) eine BEWÄHRUNGSSTRAFE von 2 Jahren gibt. Ich selbst war auch schonmal von der Glanzleistung einer solchen Kammer getroffen, die sich hinter verschlossenen Türen mit gewissen Interessengruppen im Sinne ihrer Karriere auf eine "Linie" geeinigt hatte, die jeglicher Rechtssprechung, Logik und dem Buchstaben des Gesetzes widersprach, aber eben der Beklagten ungefähr 2 Milliarden Euro gespart hat, bei 14000 Klagen. Da bliebt für die Richter auch ein bischen übrig, für "Seminare" in denen sie ihre "Haltung" "erläutern" konnten, für 6stellige Beträge. Und die Staatsanwalt spricht davon dass sowas natürlich keine Vorteilsnahme oder gar Bestechung ist, sondern das "Recht jedes Bürgers, sich an der Fortentwicklung des Rechts auch gegen Entgelt zu beteiligen". Dreister geht es nicht.
Darum soll man mir bitte auch nicht mit der Weisheit und Richtigkeit von juristischen Entscheidungen kommen, da wird mehr geschoben und aus dem Ärmel entschieden wie man gerade lustig ist, ohne die Gesetze auch nur im Entferntesten dabei zu achten.
Hey Clown, auch wenn der Text ziemlich dürftig ist... hab ein bisserl mehr Vertrauen in die Justiz. Ich weiß, is dein persönliches rotes Tuch... ;)
Ich denke wohl, dass Panikattacken und Affekthandlung berücksichtigt wurden. Wie gesagt, erhält man durch den Text oben nicht einmal eine vage Vorstellung der Sachlage. Da stehen auseinandergerissene Fakten.
Ich gehe mal davon aus, dass der Mann nach dem Bauchstich noch gelebt hat. Aber natürlich kampfunfähig war. Es fehlen sowohl exakte Zeitangaben wie auch nähere kausale Zusammenhängen zwischen Bauchstich und den tödlichen Folgestichen. Hat der Mann noch etwas gesagt? Wenn ja: Hat er sie weiter bedroht oder um Hilfe gebeten? etc. pp.
Bevor man hier Kritik üben kann, muss man erst einmal eine gewisse Falltransparenz besitzen...
Apfelbaum
30-12-2007, 14:43
"Natürlich achte ich das Recht. Aber auch mit dem Recht darf man nicht so pingelig sein." Konrad Adenauer
Prinzipiell muss jeder für sich selbst entscheiden was richtig und was falsch ist, unabhängig irgendwelcher Gesetze.
Der Mann war psychisch krank, hat sie verletzt und gedemütigt und hat sie mit einem Messer bedroht. Die Frau wollte sich schützen. Die Frau hat sich verteidigt. Ende.
Nach meinem Rechtsverständnis war es Notwehr, egal was irgend ein Richter entscheidet.
EDIT: DAS IST KEIN AUFRUF ZUR GEWALT! Sondern meine persönliche Meinung zum Fall, aufgrund der dürftigen Informationen!
Der Contraveganer
30-12-2007, 15:36
Ich denke auch, dass die Frau richtig gehandelt hat. Umgekehrt, haben auch die Richter richtig entschieden. Richtig heißt hier nicht gerecht, aber auch sie sind an Gesetze gebunden. Wenn der Notwehrparagraph in Ö ähnlich aussieht wie in D, dann fällt alles, was nach der akkuten Gefahrenabwehr stattfand nicht mehr unter Notwehr im juristischen Sinne. Wichtig ist hier wieder der Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit. Und ich würde nicht allen Richtern pauschal Korruption unterstellen, obwolh es sicher einige Schwarze Schafe gibt.
Ogami Itto
30-12-2007, 15:48
Das Urteil betätigt genau die erfahrungen von denen meine Freunde bei der Polizei immer erzählen.
Meine Meinung: Frau hat richtig gehandelt, Kerl ist selbst schuld es hat ihn ja wohl keiner gezwungen so zu handeln.
Was meine Konsequenz daraus ist schreib ich hier besser nett.
Allerdings frag ich mich echt langsam was mit uns in Europa eigentlich verkehrt läuft.
Der Contraveganer
30-12-2007, 15:50
Wer weiß... Bürokratie... Willkür... Diktatur?
Ogami Itto
30-12-2007, 16:46
Ich meinte ehr was in Richtung:
Ein Typ vergewaltigt ne alte frau und geht stiften,
Polizei schick großaufgebot und schnappt den Kerl. Davor greift der sich allerdings noch ne kleine ( die war glaub ich nicht mal 20 )und versucht sie auch zu vergewaltigen.
Später bei Gericht wurde die Schuld das der Wi... auf die Idee gekommen ist die kleine auch zu missbrauchen aufs Opfer geschoben ( durch eine abenteuerliche argumentation der aber durch das gericht stattgegeben wurde ).
Ergebnis: Der Ar.... lebt im gleichen Ort wie das Opfer muss trotz Uteil ( das aber nicht rechtskräftig ist ) noch nicht in den Bau und da laut Gericht keine Wiederholungsgefahr besteht ( bei nem Typen der innerhalb von 12 Stunden oben genanntes getan hat) muss er sich lediglich einmal die Woche bei den Cops melden. ( denen leider durch die Gerichte die Hände gebunden sind ).
Also was läuft falsch bei uns? Kommt ihr selber drauf? Ich denke schon.
PS: Für mich definiert sich der Wert einer Gesellschaft dadurch wie sie mit ihren Schwächsten Mitgliedern umgeht und wie hart sie gegen Kriminelle vorgeht.
Gruß Ogami itto
PS: Für mich definiert sich der Wert einer Gesellschaft dadurch wie sie mit ihren Schwächsten Mitgliedern umgeht und wie hart sie gegen Kriminelle vorgeht.
Gruß Ogami itto
du meinst mit wieviel fürsorge und verantwortung eine gesselchaft die schwächsten behandelt? was sind kriminelle wenn nicht die schwächsten? die feinde der gesselschaft?
lg
Der Contraveganer
30-12-2007, 18:04
PS: Für mich definiert sich der Wert einer Gesellschaft dadurch wie sie mit ihren Schwächsten Mitgliedern umgeht und wie hart sie gegen Kriminelle vorgeht.
Ein Freund des Sozialismus?
shenmen2
30-12-2007, 22:33
Die Juristen hatten sicher mehr Informationen als der Leser dieses Artikels (in dem keinerlei Fluchtmöglichkeiten für die Frau ersichtlich sind). Und sie haben immerhin das mildeste Urteil gefällt, das überhaupt möglich war. Besonders tragisch finde ich es, daß die unschuldigen Kinder mitverurteilt werden, zu drei Jahren ohne Mutter (hoffentlich nicht im Heim).
PS: Wenn die Kriminellen und die Schwachen immer so einfach zu unterscheiden wäre, würde ich Ogami bedingungslos zustimmen...
Die sind normalerweise einigermassen zu unterscheiden. Die einen sitzen wie ein Häufchen Elend auf der Anklagebank und es tut ihnen leid, und der andere brüstet sich noch damit und erzählt jedem der es nicht wissen will dass die Polizei sowieso nichts machen können weil er so einen tollen Anwalt hat. Und ruft das Opfer noch nachts um 3 an und droht, und taucht bei denen auf der Arbeit auf und dergleichen. Bei sowas einen Euphemismus aus dem Hintern zu ziehen von den armen schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft ist das Letzte. Die Schwächsten der Gesellschaft sind die, die sich gegen sowas nicht wehren können und solchem mordgierigen Abschaum zum Opfer fallen.
Es wäre überhaupt nicht schwierig gewesen, auch rechtlich einwandfrei ein pychiatrisches Gutachten einzubringen, das klar zeigt dass jemand nach einem Mordversuch durchaus länger als ein paar Sekunden nicht fähig ist, zu überlegen. Das ist ein Ausnahmezustand ähnlich dem durch Drogen oder Alkohol, was ja auch alle Nase lang als Grund für Schuldunfähigkeit eingebracht wird, obwohl das noch ein selbstverursachter Zustand ist bei dem einem bekannt ist dass man da schon mal durchdreht. Es sind ja auch Drogen, nur körpereigene. So ein Schockzustand klingt erst ab, wenn man lange von der akuten Bedrohung getrennt ist, und das wäre eher am nächsten Tag als nach 30 Sekunden der Fall gewesen. Man müsste dafür nur begreifen dass jemand nachdem er eine Waffe am Kopf hat nicht "analysiert" was gut, falsch oder richtig ist. Jeder der mal mit geschockten Leuten zu tun hatte weiss, dass selbst jemand der nur einen beknackten Autounfall erlebt hat teils minutenlang überhaupt nicht ansprechbar ist. Aber eine Frau die gerade von einem Verrückten überfallen wurde der sie umbringen wollte, die ist natürlich überhaupt nicht geschockt. Es wäre einfach mal an der Zeit, dass die entsprechenden Gutachten in solchen Fällen auch erstellt und verwendet werden, und nicht immer nur in dem Scheissfall "durchgeknallter Serienmörder hat vorher mal was getrunken und ist dann natürlich auf keinen Fall schuldfähig". Der organisierte Wahnsinn vor Gericht hat jedenfalls eine Bekannte von mir nach dem Jurastudium bewogen, sich diesen Klüngel nicht anzutun, und stattdessen einen normalen Beruf zu ergreifen der einen nicht durchdrehen lässt.
Sag mal Klaus, bist du in irgendeiner Hinsicht persönlich betroffen?
Du schlägst ganz schön über die Stränge.
der zeitungsbericht ist wirklich ein wenig dürftig um derartige thesen zu erstellen.
xy-Realist
31-12-2007, 12:10
Zu demFall aus Ö: Wir kennen natürlich nicht alle Details aus der Gerichtsverhandlung. Daher kann man schlecht sagen, ob juristisch alles ok ist.
In Deutschland wäre das vermutlich anders ausgegangen. Es ist klar, dass hier einen Notwehrlage für die Frau bestand. Sie hatte das Recht, sich zu wehren. Hier gilt der Grundsatz: Recht muss Unrecht nicht weichen. Anders als scheinbar in Ö wird der Frau in Deutschland zugestanden, sich aktiv an Ort und Stelle zu verteidigen, obwohl sie fliehen konnte. Die Frau hat also dem Mann das Messer in den Bauch gerammt und so wohl den Angriff gestoppt. Bis hierher alles ok. Dann hat sie weitere zwölf Mal auf ihn eingestochen aus Furcht um ihr Leben, wie sie sagt. Das wird in D als Notwehrexzess gewertet (§ 33 StGB). Der ist u.U. strafbar. Eine Wertung des Einzelfalls kann nur ein Gericht vornehmen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Frau in D freigesprochen wird.
Langsam, langsam.
Deine Schilderung der Umstände entspricht meiner. Messer in Bauch -> Angriff beendet.
Als die Frau weiter zustach, bestand zeitlich keine Notwehrlage mehr. Die zeitliche Überschreitung wird in der Lehre als (nachzeitiger) extensiver Notwehrexzess bezeichnet.
Es gibt Stimmen, die den extensiven Exzess gelten lassen wollen. Die Rechtsprechung lehnt ihn jedoch (zu diesem Zeitpunkt) ab.
In Frage käme eventuell ein Erlaubnistatbestandsirrtum. Dafür gibt der Artikel aber keine Hinweise, wenn man davon absieht, dass die Bestrafung unter dem Mindestmaß lag.
Ich weiß ja nicht, ob du vom Fach bist. Wenn ja, ist die Subsumtion des extensiven Exzesses unter 33 für Laien stark verwirrend.
In D könnte das Urteil durchaus ebenso ausfallen.
Selbst wenn das Gericht zu der Ansicht gelänge, dass zum Zeitpunkt der weiteren 12 Messerstiche eine Notwehrlage bestand, müssten die nötigen asthenischen Affekte auch ersteinmal nachgewiesen werden. Das allein ist schon schwierig.
Hallo,
Was nix bringt:
-Auf die böse, korrupte, realitätsfremde Justiz zu schimpfen: auch wenn ev. berechtigt ist das eine rein passive Opferhaltung = die Umstände oder irgendwelche Trottel sind schuld, dass es mir schlecht geht (ich im Knast sitze)
-Im Nachhinein und aus der Ferne darüber zu diskutieren was die Frau anders hätte machen sollen
Entscheidend ist hier nur was WIR persönlich daraus für unsere Vorbereitung auf den Ernstfall lernen können und wie wir mit so einer Situation umgehen.
Dabei das Justizsystem zu ignorieren, ist nur was für Amateure: Ihr müsst nach dem eigentlichen Kampf auch den juristischen Kampf gewinnen können.
Einige Beispiele:
-Wenn sich Probleme mit Ex-Partnern abzeichnen (Gewalttätigkeit, Drohungen etc.) für eine gute Dokumentation sorgen (Anzeigen bei Polizei bringen zwar unmittelbar nix, stärken aber die eigene Position vor Gericht)
-Strategie für den Ernstfall die auch im Einklang mit dem Gesetz steht. z.B. so schnell als möglich abzuhauen ist oberste Priorität, Gewalt dient mir nur dazu, um mir das zu ermöglichen
-Nur wenn ich im Groben weiß wie Staatsanwälte und Richter ticken und wie das Gesetz ausgelegt werden kann, kann ich auch die richtige Story erzählen. Der Kerl war tot – keiner konnte widersprechen, dann darf man sich aber nicht selbst um Kopf und Kragen reden.
-Was ist meine Strategie für danach? Wen rufe ich an? Hab ich bereits einen guten Anwalt der mich kennt? Was sind meine Rechte in so einem Fall? Was darf ich auf keinen Fall tun? (immer unter dem Gesichtspunkt wie das dann bei der Verhandlung aussehen wird)
-Zeige ich auch wirklich das Musterbeispiel eines braven, harmlosen Bürgers dem etwas Schreckliches passiert ist oder erscheine ich den Beamten als „ein Mann sieht rot“?
-Was werde ich dem Beamten sagen, wenn sie mich vorläufig festnehmen und mein Anwalt ist noch nicht da? Wie kann ich gleichzeitig Kooperation signalisieren und mich dabei nicht in die Scheiße reiten (Das Ganze schon mal unter Stress im Rollenspiel durchgespielt? Getestet ob es glaubwürdig rüberkommt?)
- ....
Ich möchte damit nur zum Nachdenken anregen.
Eine Bedrohung für mich und meine Familie wird beseitigt – ob bei der Verteidigung oder vor Gericht.
Es hat ihr ja keiner angekreidet dass sie ihm das Messer reingerammt hat als er sie angegriffen hat - aber wer einen wehrlosen auf dem Boden liegenden weiter attackiert macht sich strafbar, völlig egal was vorher war.
Hätte sie ihn nach dem einen Stich verbluten lassen wär ihr nix passiert.
Die Frage ist auch, wie gezielt die Stiche waren... Wenn das jetzt beidhändiges Hick-hack mit geschlossenen Augen war, steckt da sicherlich weniger selbstkontrolle hinter als gezieltes stechen in lebenswichtige organe. Sowas müsste sich doch vom Gerichtsmediziner feststellen lassen?
Die Frage, die wir uns noch stellen sollten wäre:
Was macht unsereins in dem Falle, dass man nach beendigung der Notwehsituation nicht fliehen kann, aber eine erneute (akute) Bedrohung vermeiden will?
Sprich: Man hat den typen angepiekt, er liegt am boden, aber man weiß nicht ob er vll. noch aufsteht, während man auf die Polizei wartet?
Fesseln? Doch abstechen? Sehnen durchtrennen? (neuer thread?)
C ya
K4in
Ogami Itto
01-01-2008, 18:48
@ der Contraveganer:
Nein, bin kein Sozialist, aber für mich ist der Staat dafür da die zu schützen die es nicht selbst können und ein rechtssicheren Raum für alle herzustellen.
Und Leute die denken in grober Art und Weise dagegen verstoßen zu müssen würde ich zwar nicht als Feind, aber zumindest temporär ( manche auch dauehaft ) als Gefahr sehen.
Da ist dann ein hartes eingreifen von staatlicher Seite zugunsten der Opfer nach meiner Meinung angebracht.
Wie gesagt es ist in den meisten Fällen den Leuten ja freigestellt sich zu entscheiden wie sie sich verhalten und da wir das Gewaltmonopol ja bis auf wenige Ausnahmen an die Cops delegiert haben ( mit recht ) muss halt der Staat ran.
Doomhammer
05-01-2008, 19:31
Auch wenn die Darstellung des Sachverhalts oben sicher Lückenhaft sein mag.Wenn der Heini sie wirklich auf ihr Leben bedroht hat, finde ich die Tötung des Angreifers als Affekthandlung durchaus der Notwehr würdig.
Das man in Deutschland bei SV Situationen als Verteidiger sowieso immer der gearschte ist, dürfte ja nicht wirklich neu sein.
Ich werde nach wie vor mein drei Finger Karambit mit mir tragen und es wenn es sein muss auch einsetzen. Da es extrem klein ist und gut in der Hand liegt kann man das auch gut als Schlagwaffe einsetzen und das hat dann auch stoppwirkung :D
Hoffe allerdings ich werde es nie zum Einsatz bringen müssen...
Vor gericht ist sowieso so einiges Auslegungssache
Es geht nicht darum ob man das als Notwehr auslegen kann, das kann man nach unseren Auslegungen des Gesetzes leider nicht.
Worum es geht ist, dass jemand nach einem MORDVERSUCH mit einer erheblichen Vorgeschichte und dokumentierten Anlaufphase sich in einem solchen Ausnahmezustand befindet, dass er für eine bestimmte Zeit vollkommen unzurechnungsfähig ist. Gib mal einem Unfallopfer das gerade aus dem Auto geschnitten wurde einen Bogen und lass es einfache Aufgaben lösen, da kommt nur Unfug raus. Unter den Umständen, weil man a) ahnungslos ist, und b) nicht bereit ist sowas jemals zuzugeben oder auch nur in Erwägung zu ziehen bei der Beurteilung von Fakten, von einer "sachlichen" Entscheidung und "Güterabwägung" auszugehen ist einfach nur Schwachsinn, egal ob in Österreich, hier, oder in der Mongolei. Wenn ausreichend Zeit vergangen ist und man dann noch zurückgeht und denjenigen abmurkst ist anzunehmen dass es keine Affekthandlung ist. Leider ist nicht ersichtlich wieviel später es passiert ist, aber grundsätzlich zu verlangen dass man nach 3 Sekunden wenn der Angriff "unmittelbar" vorbei ist, ist wissenschaftlich unhaltbar.
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