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Vollständige Version anzeigen : preemptive strike juristisch vertretbar?



Yasha Speed
25-01-2008, 11:50
aus mehr oder weniger aktuellem anlass (bin neujahr mit nem halbrussischen messerstecher aneinander geraten):
ist n preemptive strike juristisch in ordnung, wenn man im begriff ist, abgestochen zu werden? oder muss man trotz allem auf den ersten angriff warten?

marq
25-01-2008, 12:04
du darfst dich verteigigen, sobald der angriff unmittelbar bevor steht.....

Yasha Speed
25-01-2008, 12:05
ok, dann war ich wohl auf der sicheren seite :D

chfroehlich
25-01-2008, 13:05
Und sonst berufst du dich auf Putativnotwehr

Putativnotwehr - Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Putativnotwehr)

Greets

Christof

Yasha Speed
25-01-2008, 13:12
Und sonst berufst du dich auf Putativnotwehr

Putativnotwehr - Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Putativnotwehr)

Greets

Christof

aaaah cool, danke. genau nach sowas hab ich gesucht :)

Peaceful Warrior
25-01-2008, 19:34
aus mehr oder weniger aktuellem anlass (bin neujahr mit nem halbrussischen messerstecher aneinander geraten):
ist n preemptive strike juristisch in ordnung, wenn man im begriff ist, abgestochen zu werden? oder muss man trotz allem auf den ersten angriff warten?

wenn Georg W. Bush das kann, damit der Irak ihn nicht angreift..............:D

YiShen
25-01-2008, 19:35
wenn Georg W. Bush das kann, damit der Irak ihn nicht angreift..............:D

Yasha hat aber kein Militär hinter sich :D

chfroehlich
28-01-2008, 10:10
aaaah cool, danke. genau nach sowas hab ich gesucht :)

Du solltest trotzdem einen Anwalt konsultieren, du kannst dich bei sowas relativ leicht um Kopf und Kragen reden.

Greets

Christof

Luggage
28-01-2008, 10:37
Und sonst berufst du dich auf Putativnotwehr

Putativnotwehr - Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Putativnotwehr)

Die Leute zitieren das immer, als sei ein Erlaubnistatbestandsirrtum (=Putativnotwehr) in irgendeiner Form grundsätzlich straffrei. Welche Schuldtheorie anzulegen ist, ist streitig, die herrschende Meinung geht aber von einem vorsatzausschließenden Erlaubnistatbestandsirrtum aus und wendet §16I StGB analog an, indem eine Strafbarkeit aus Fahrlässigkeit unberührt bleibt.

Putativnotwehr ist ein Erlaubnistatbestandsirrtum, d.h. jemand nimmt bei seinem Handeln irrig Umstände an, die bei vorhandensein sein Tun gerechtfertigt hätten. Dabei muss geprüft werden, ob aus Sicht des Handelnden Notwehr gem. §32 vorliegt. Ist dem so, hat er subjektiv in Notwehr gehandelt, objektiv aber Unrecht getan. Deswegen ist der Hinweis von Christof "und sonst berufst du dich..." falsch, denn dies suggeriert, dass man auf Putativnotwehr plädieren könne, falls keine Notwehrbefugnis auf Grund fehlender Gegenwärtigkeit bei Yasha vorlag. Fehlt aber die Gegenwärtigkeit, kann auch subjektiv keine Notwehrhandlung erfolgen, es also keinen Erlaubnistatbestandsirrtum geben. Läge aber ein ErlaubnisTBirrtum vor, führt das dann nach herrschender Meinung (den Meinungsstreit erspare ich euch), wie erwähnt, zu einer Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit (gem. §16), weil der Tatbestandsirrtum nach h.M. vorsatz(schuld)ausschließend wirkt, aber eben nicht rechtfertigend.

Ein Bsp. zum Verständnis:
A und B diskutieren erhitzt an der Theke einer Kneipe. B gestikuliert plötzlich ausladend um seine Argumente zu unterstreichen. A hält dies für einen Angriff des B und schlägt dessen Arm zur Seite, wobei B einen blauen Fleck davon trägt.

A hat objektiv eine Körperverletzung gem. §223 begangen. Dies ist nicht durch §32 gerechtfertigt, da kein rechtswidriger Angriff vorlag. A hat aber im Erlaubnistatbestandsirrtum gehandelt, weil er irrig angenommen hat, sich einem gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff gegenüber zu sehen. Diesen hat er mit erforderlichen Mitteln abgewendet und in Verteidigungswillen gehandelt. Somit hätte er bei Vorliegen einer Notwehrsituation gem. §32 in Notwehr gehandelt und wäre gerechtfertigt. Analog zu Deliktstatbestandsverwirklichungen wird gem. §16 bei Vorliegen der obj. Tatbestandsmerkmale, aber Fehlen der subjektiven (Vorsatz) eine Vorsatzstrafbarkeit ausgeschlossen und eine solche wegen Fahrlässigkeit geprüft.

Was die Frage eingangs anbelangt, die schon zutreffend, aber sehr kurz beantwortet wurde:

Notwehr hat folgende Voraussetzungen:
1) Notwehrlage:
a) Angriff
b) auf ein rechtl. geschütztes Gut
c) gegenwärtig
d) rechtswidrig
2.) Notwehrhandlung
a) Verteidigung (d.h. nur gegen Güter des Angreifers)
b) Erforderlichkeit
b.1) Geeignetheit
c) Gebotenheit
3.) sub. Seite der Notwehr
a) Verteidigungswillen
b) Kenntnis der Notwehrlage und -handlung

Der Fall eingangs ist zu verkürzt geschildert, um ihn vollends beurteilen zu können. Der geschilderte Sachverhalt läßt lediglich die Gegenwärtigkeit (1.c) zur Betrachtung zu. Gegenwärtig ist ein Angriff, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade erfolgt oder noch andauert. Der "Messerstecher" wollte dem Sachverhalt nach gerade zustechen (hat also alle Kriterien des Versuchsbeginns erfüllt), der Angriff (so es einer war) stand also unmittelbar bevor. Folglich war die Gegenwärtigkeit gegeben.

-Ares-
28-01-2008, 10:48
Die Leute zitieren das immer, als sei ein Erlaubnistatbestandsirrtum (=Putativnotwehr) in irgendeiner Form grundsätzlich straffrei...
In diesem Zusammenhang.
Wäre das nun Folgende theoretisch Notwehr?
Drei Typen bauen sich vor einem auf und suchen Ärger. Man ist sich seiner Chancenlosigkeit bewusst zieht sein Messer um der Situation aus dem Weg zu gehen. Einer der Anderer greift in die Hosentasche und holt ein Messer raus. Man selber greift präventiv an...

Luggage
28-01-2008, 11:27
In diesem Zusammenhang.
Wäre das nun Folgende theoretisch Notwehr?
Drei Typen bauen sich vor einem auf und suchen Ärger. Man ist sich seiner Chancenlosigkeit bewusst zieht sein Messer um der Situation aus dem Weg zu gehen. Einer der anderer Greift in die Hosentasche und holt ein Messer raus. Man selber greift präventiv an...
Also, man muss bei solcherlei Prüfungen immer ganz genau auf den Einzelfall eingehen, weswegen pauschale Aussagen nur sehr bedingt Gültigkeit haben können.

Ich würde sagen, in dem geschilderten Fall wäre ein Zustechen als erster gem. §32 gerechtfertigt. Ich gehe davon aus, dass das "Ärger suchen" der drei (objektiv) deutlich ist und es sich um schuldfähige Personen handelt (älter als 14 und zurechnungsfähig). Ferner setze ich voraus, dass keine schuldhaft zu vertretende Notwehrprovokation seitens des Angegriffenen vorliegt.

1.) Notwehrlage: der Angriff muss gegenwärtig und rechtswidrig sein und auf ein rechtlich geschütztes Gut erfolgen. Davon ausgehend, dass im "Ärger-Suchen" der Drei eine Gefährdung objektiv deutlich wird, liegt ein Angriff vor. Dieser richtet sich auf die Freizügigkeit, die Entscheidungsfreiheit, sowie Leib und Leben des Angegriffenen und damit auf notwehrfähige Rechtsgüter. Gegenwärtig ist ein Angriff, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade erfolgt oder noch fortdauert. Die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit und der Freizügigkeit erfolgt gerade. Prügel und Waffeneinsatz seitens der Drei stehen unmittelbar bevor (hier setze ich voraus, dass die Situation dergestalt ist, dass das ein objektiver Betrachter zum Tatzeitpunkt genauso sehen würde!). Damit ist der Angriff auch gegenwärtig. Es kommt darauf an, ob die Chancen des Gutserhalts durch ein weiteres Warten (nach Ziehen des eigenen Messers) erheblich verschlechtert werden*. Diese Verschlechterung ist zu erwarten, ließe man den Dreien den ersten Stich/Schnitt.

2.) Notwehrhandlung: Die Notwehrhandlung ist die durch Notwehr gebotene Verteidigung, die duch Einsatz der relativ mildesten Mittel (Erforderlichkeit) unter allen sofort zur Beendigung des Angriffs und der Gefährdung der betroffenen Rechtsgüter tauglichen (Geeignetheit) erfolgt. Der Messerstich müßte erforderlich sein. Die Frage ist also, ob es zumutbare mildere Mittel gegeben hätte, die den Angriff gleichermaßen sicher abgewehrt hätten. Der Verteidiger muss sich keiner besonderen Eigengefährdung aussetzen, er muss sich nicht auf Kämpfe mit ungewissem Ausgang einlassen und sich nicht auf weniger gefährliche Mittel verweisen lassen, wenn deren Wirkung für die Abwehr zweifelhaft ist. Die Verwendung einer Waffe ist dagegen regelmäßig zunächst anzudrohen, wenn dies nach Kampfeslage möglich ist. (*2) Dies ist in dem vorliegenden Fall geschehen - das Messer wurde gezogen, ohne es sofort einzusetzen und offen ersichtlich gehalten. Dass die Drohung für die Angreifer ersichtlich wurde, wird durch das daraufhin eigene Ziehen einer Klinge deutlich. Dier erste Stufe milderer Abwehr wurde also durch Ziehen und Drohen mit dem Messer erfolglos durchlaufen, die Aggressoren lassen nicht in ihrer Angriffsintensität nach, sondern steigern diese noch erheblich durch Ziehen einer Waffe. Durch die Zahlenmäßige Überlegenheit und bewaffnungstechnische Gleichgestelltheit der Angreifer ist ein weiterhin abgestuftes Verhalten nicht zumutbar und der Angriff mit dem Messer grundsätzlich erforderlich.

An dieser Stelle gälte es zu diskutieren, wie sich der weitere konkrete Kampfverlauf ausnimmt und was genau mit dem Messer angestellt wird. Hierbei darf natürlich auch weiterhin Erforderlichkeit und Gegenwärtigkeit nicht überschritten werden. Lassen die Angreifer nach dem ersten Stich ersichtlich in ihrer Angriffsintensität nach, und steht auch keine erneute Aufnahme der Angriffshandlung unmittelbar zu befürchten, sind weitere Messerstiche o.ä. nicht gerechtfertigt!

Die Verteidigung ist ebenfalls durch Notwehr geboten, die Notwendigkeit zum individuellen Schutz ist gegeben und nicht anders zu erlangen. Wie erwähnt gibt es keinen Anlass, davon auszugehen, dass die Angreifer in irgendeiner Form nicht schuldhaft handeln.

Folglich handelt der Verteidiger durch den Stich in Notwehr.

3.) subjektive Seite der Notwehr: Die Verteidigung des Angegriffenen muss von Verteidigungswillen getragen sein und in Kenntniss der Notwehrlage erfolgen. Beides ist zu bejahen, soweit das der geschilderte Sachverhalt zuläßt. Der Verteidiger zeigt kein Interesse daran, die Angreifer zu verletzen, sondern möchte nur seiner Wege ziehen. Er droht zunächst mit einer bewaffneten Verteidigung, was unterstreicht, dass ihm der Nicht-Einsatz vorzugswürdig erscheint und eine gewaltfreie Lösung lieber wäre. Angenommen, er läßt wie oben angesprochen von seinen Angreifern ab, sobald deren Angriffswillen gebrochen ist, ist kein Mangel bzgl. des Verteidigungswillen ersichtlich. Ferner ist er sich des Angriffes und der Notwendigkeit der Verteidigung voll bewusst und handelt dementsprechend.

Somit sind alle Voraussetzung einer Rechtfertigung gem. §32 StGB erfüllt.

___________________________________________
*: Kindhäuser, Strafrecht AT, §16, Rn 18
*2: Kindhäuser, Strafrecht AT, §16, Rn 28ff., mwN etlicher BGH-Urteile

-Ares-
28-01-2008, 11:36
Danke für die kompetente Antwort, da hab ich anscheinend einen Jurastudenten erwischt :)

Wenn du mal Infos von einem Hauptschullehrer brauchst… :o

Luggage
28-01-2008, 11:39
Danke für die kompetente Antwort, da hab ich anscheinend einen Jurastudenten erwischt :)

Jau - aber wie gesagt, ich kann hier nur grundsätzliches wiedergeben und auch nicht alles. Es gibt etliche Feinheiten bei der Notwehr (einige klangen bei den Vorannahmen an, die ich getroffen habe) und Rechtsprechung bleibt immer Einzelfallbetrachtung!

Hachimaki
28-01-2008, 11:50
Yasha hat aber kein Militär hinter sich :D

Und kein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat...

Yasha Speed
28-01-2008, 16:10
ok scheint nichts mit anzeige zu werden, er hat sich bisher ruhig verhalten. da kommt wohl nix mehr, trotzdem danke :)

YiShen
28-01-2008, 16:11
ok scheint nichts mit anzeige zu werden, er hat sich bisher ruhig verhalten. da kommt wohl nix mehr, trotzdem danke :)

Naja, wenn rauskommt dass der n Messer dabei hatte, würde es für ihn wohl auch nicht so glimpflich abgehen. Gehe mal von aus, dass er das weiss.

criscrasp
31-01-2008, 23:33
"preemptive strike"??? Man und ich dachte wir hätten uns aus dem Irak-Krieg rausgehalten. Aber Medien hinterlassen auch so ihre Spuren...

Dubois
31-01-2008, 23:36
und ich dachte wir hätten uns aus dem Irak-Krieg rausgehalten

:rolleyes: