arnisador
15-03-2003, 13:39
Da ja viel von Privatisierung öffentlicher Aufgaben und Dienstleistungen die Rede ist, hier mal ein Beispiel aus Großbritannien:
...
Das zeigt das Beispiel Großbritannien, wo man schon lange weiß, dass mit Wasser viel Geld zu verdienen ist.
Schon vor rund zwanzig Jahren wollte Nicholas Ridley, der verstorbene damalige Tory-Umweltminister, die Wasserversorgung privatisieren. Der Guardian bezeichnete ihn daraufhin als "thatcheristisch bis in die nikotingelben Backenzähne".
Bevor er sein Lieblingsprojekt umsetzen konnte, musste zunächst ein Umweltskandal vertuscht werden, der bis heute nicht aufgeklärt ist. Im Juli 1988 gab es in Camelford im südwestenglischen Cornwall Trinkwasseralarm: 20 Tonnen Aluminiumsulfat waren ins öffentliche Wassersystem eingeleitet worden, 20.000 Menschen waren betroffen. Eine Reihe älterer Menschen starben. Die Tory-Regierung setzte nur widerstrebend eine Untersuchung ein. Um die geplante Privatisierung nicht zu gefährden, war sie nicht öffentlich. Ergebnis: Eine so weit verbreitete Substanz wie Aluminiumsulfat kann keinesfalls negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Weil die Betroffenen keine Ruhe gaben, wurde vor anderthalb Jahren eine neue Untersuchung eingeleitet - wieder nicht öffentlich. Kritische Wissenschaftler wie Doug Cross, der als Biologe für die Weltbank gearbeitet hat, oder Richard Newman und Neil Ward, die damals Gewebeproben der toten Tiere untersuchen wollten, wurden von der Regierung vorsorglich als "Pseudo-Wissenschaftler" diffamiert.
Die Wasserindustrie wurde 1989 schließlich wie geplant privatisiert, jedenfalls in England und Wales. In Schottland und Nordirland blieb sie staatlich. Die neuen Unternehmen machten in den ersten sieben Jahren Riesenprofite, sie griffen den Verbrauchern ungeniert tiefer in die Taschen - ohne die versprochenen Summen zu investieren. Das ging auf Kosten der Gesundheit: Im Jahr 1990 - ein Jahr nach der Privatisierung - wurden in England und Wales noch 2.756 Ruhr-Fälle gezählt, im Jahr darauf waren es schon 9.935.
Der Anstieg der Krankheitsfälle, die meist durch mangelnde Hygiene ausgelöst werden, hing mit der Praxis der Wasserindustrie zusammen, bei Zahlungsrückständen den Kunden sofort den Hahn abzudrehen. Die Zahl der Haushalte, denen das Wasser abgestellt wurde, hatte sich im selben Zeitraum nämlich ebenfalls verdreifacht: von 7.273 Fällen im Jahr 1990 auf 21.586 Fälle ein Jahr später.
Erst 1999 schritt die staatliche Aufsichtsbehörde ein. Die Unternehmen müssen bis 2005 insgesamt 15 Milliarden Pfund investieren, um die Wasserversorgung zu sichern, Umweltauflagen zu erfüllen und Lecks vorzubeugen. Außerdem dürfen sie bis dahin auch die Preise, die seit der Privatisierung um inflationsbereinigte 40 Prozent gestiegen waren, nicht weiter erhöhen. Jetzt denken einige Unternehmen bereits laut darüber nach, dem Staat das Wasser zurückzureichen.
taz Nr. 7005 vom 15.3.2003, Seite 7, 122 Zeilen (TAZ-Bericht), RALF SOTSCHECK
Gruß
Martin
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Das zeigt das Beispiel Großbritannien, wo man schon lange weiß, dass mit Wasser viel Geld zu verdienen ist.
Schon vor rund zwanzig Jahren wollte Nicholas Ridley, der verstorbene damalige Tory-Umweltminister, die Wasserversorgung privatisieren. Der Guardian bezeichnete ihn daraufhin als "thatcheristisch bis in die nikotingelben Backenzähne".
Bevor er sein Lieblingsprojekt umsetzen konnte, musste zunächst ein Umweltskandal vertuscht werden, der bis heute nicht aufgeklärt ist. Im Juli 1988 gab es in Camelford im südwestenglischen Cornwall Trinkwasseralarm: 20 Tonnen Aluminiumsulfat waren ins öffentliche Wassersystem eingeleitet worden, 20.000 Menschen waren betroffen. Eine Reihe älterer Menschen starben. Die Tory-Regierung setzte nur widerstrebend eine Untersuchung ein. Um die geplante Privatisierung nicht zu gefährden, war sie nicht öffentlich. Ergebnis: Eine so weit verbreitete Substanz wie Aluminiumsulfat kann keinesfalls negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Weil die Betroffenen keine Ruhe gaben, wurde vor anderthalb Jahren eine neue Untersuchung eingeleitet - wieder nicht öffentlich. Kritische Wissenschaftler wie Doug Cross, der als Biologe für die Weltbank gearbeitet hat, oder Richard Newman und Neil Ward, die damals Gewebeproben der toten Tiere untersuchen wollten, wurden von der Regierung vorsorglich als "Pseudo-Wissenschaftler" diffamiert.
Die Wasserindustrie wurde 1989 schließlich wie geplant privatisiert, jedenfalls in England und Wales. In Schottland und Nordirland blieb sie staatlich. Die neuen Unternehmen machten in den ersten sieben Jahren Riesenprofite, sie griffen den Verbrauchern ungeniert tiefer in die Taschen - ohne die versprochenen Summen zu investieren. Das ging auf Kosten der Gesundheit: Im Jahr 1990 - ein Jahr nach der Privatisierung - wurden in England und Wales noch 2.756 Ruhr-Fälle gezählt, im Jahr darauf waren es schon 9.935.
Der Anstieg der Krankheitsfälle, die meist durch mangelnde Hygiene ausgelöst werden, hing mit der Praxis der Wasserindustrie zusammen, bei Zahlungsrückständen den Kunden sofort den Hahn abzudrehen. Die Zahl der Haushalte, denen das Wasser abgestellt wurde, hatte sich im selben Zeitraum nämlich ebenfalls verdreifacht: von 7.273 Fällen im Jahr 1990 auf 21.586 Fälle ein Jahr später.
Erst 1999 schritt die staatliche Aufsichtsbehörde ein. Die Unternehmen müssen bis 2005 insgesamt 15 Milliarden Pfund investieren, um die Wasserversorgung zu sichern, Umweltauflagen zu erfüllen und Lecks vorzubeugen. Außerdem dürfen sie bis dahin auch die Preise, die seit der Privatisierung um inflationsbereinigte 40 Prozent gestiegen waren, nicht weiter erhöhen. Jetzt denken einige Unternehmen bereits laut darüber nach, dem Staat das Wasser zurückzureichen.
taz Nr. 7005 vom 15.3.2003, Seite 7, 122 Zeilen (TAZ-Bericht), RALF SOTSCHECK
Gruß
Martin