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Vollständige Version anzeigen : Shaolin- schwarz-weiß-Sichtweise?



scarabe
07-02-2008, 11:52
MAn hört ja viel Schlechtes über Shaolin.... vor allem über Kung Fu und Geschäftstüchtigkeit...

Wir wissen- die Politik ist problematisch und der Tempel besteht aus Menschen, und Menschen machen Fehler.

Aber wir müssen auch bedenken, daß es noch immer viele gute, stille Mönche gibt, die versuchen, die Traditionen und Werte trotz politischer Stürme zu erhalten... nur sieht man die als Laie kaum... weil sie meist im Inneren des Klosters zurückgezogen leben...

Es gibt eine deutliche Splittung zwischen Außen und Innen-
was der Tourist und einfache Schüler nicht versteht...
zum einen mokieren wir uns, daß Shaolin vermarktet wird, beschweren uns aber auch über die Grenzen der Vermarktung, wenn wir vom Inneren Geschehen/Lehren nichts gezeigt bekommen
-und schließen daraus, daß es nicht behr bestünde....

Was man sieht ist der Abt in seiner politischen Rolle und die Show-Truppe, sowie jede Menge negativer Äußerungen- laut und äußerlich, die leisen Töne der Meister und Schüler bei Meditation, TCM und Qi Gong kennt kaum einer...

Es gibt viele Irrungen, die kursieren, z.B. die Idee, daß Formen grundsätzlich schnell eingetrichtert würden- ich habe erlebt, wie langsam gerade bei Unerfahrenen jede Bewegung geübt wird bis der Schüler sie nicht nur beherrscht, sondern auch fühlt, was sich da eigentlich tut...
Wer fortgeschritten ist und erste innere Prozesse fühlt, damit umgehen kann und auch viele Bewegungen schon kennt, kann diese natürlich schneller aneinander reihen... aber auch das ist nur das, was der Außenstehende mitkriegt...

Ich kenne in China einen Meister, Ex-Mönch, der schon allein deshalb dem Tempel und dem Rummel, der gemacht wird, kritisch gegenüber steht. Ein guter Lehrer mit vielen erfolgreichen Schülern, der sagt, ein Mönch ist nur der, der auch im Herzen Mönch ist.

Aber auch der - und der Mann hat wirklich was drauf, das kann ich nach vielen Jahren Einblick in Kampfsport beurteilen (war z.B. schon mit drei Jahren bei den Ringern mit meinem Vater dabei)- verdammt nicht pauschal alles, was da jetzt geschieht in einer wenig objektiven schwarz-weiß-Sichtweise, sondern weist ganz sachlich auf einige Tatsachen hin, die ihm nicht gefallen- sagt aber auch im gleichen Atemzug, daß Shaolin immer noch Vieles zu geben hat.

Warum sind wir, die wir viel weniger Einblick haben, dann so schnell dabei mit Verurteilungen?
Weil es nicht schick ist, identzifiziert zu werden mit einem publicity-trächtigem Shaolintempel, versagen wir Shaolin an sich und somit auch denjenigen "übriggebliebenen" Mönchen unsere Unterstützung, die sie gerade jetzt mehr denn je benötigen würden...???

Machen wir den Fehler, daß wir den richtigen Mittelweg nicht finden?
Daß wir allzu geneigt sind, denen zu glauben, die eine sensationelle (Unterhaltungswert) oder von uns bereits vorgefaßte Meinung verbreiten, während wir dem, was wir nicht hören wollen, auch keinen Glauben schenken?
Entweder ist alles super oder alles ist schlecht... und vom Gerede anderer lassen wir uns oft ohne eigene Überprüfung völlig naiv anstecken....

Vergessen wir manchmal, daß die vielen Meister mit eigenen Schulen ihre Schulen voll kriegen müssen, was sie nicht tun, wenn sie die Leute zum Tempel schicken....?
Auch haben wir keine Garantie, daß jedem Ex-Mönch Unrecht geschehen ist. Wenn. z.B. jemand selbst etwas Unrechtes getan hat, keine Disziplin zeigte, Frauen nachstieg, betrog oder ihm die dauernde Selbstbeherrschung schlichtweg auf die Nerven ging... und deshalb den Tempel verließ, wird er uns das nicht auf die Nase binden, sondern ebenfalls sagen, es läge an der neuen Politik...

Shaolin als Ganzes hat es nicht leicht mit der Politik und den Auswirkungen, aber es hat über viele Generationen hinweg schon Schlimmeres überstanden-
und es hat immer noch einen enormen Reichtum an Wissen und Können, der erhaltenswert ist....
Wenn es mehrmaliges Niederbrennen und Morden überstanden hat- wieso sollte es dann nicht auch ein paar Jahre politischer Irrungen überstehen?

(Es wäre allerdings leichter zu überstehen, wenn es nicht auch noch durch jede Menge abfälliger Äußerungen von westlichen Laien zusätzlich belastet würde...)

Helena
07-02-2008, 12:09
Ich respektiere die Entscheidung von Dao,
er hat als Moderator hier einen zeitlich begrenzten Schlußstrich gezogen,
damit wir uns noch einmal in Ruhe Gedanken zu unserem Standpunkt machen und auch den Standpunkt von anderen vielleicht noch einmal überdenken können.

Sorry, Scarabe, aber jeden hier als Laie und Shaolin als mißverstanden hinzustellen, dass ist eine sehr einseitige Sicht.
Ich werde aufjedenfall jetzt mir bis Montag in Ruhe die Argumente von den verschiedenen Seiten nochmal durchlesen und darüber nachdenken.

Ich wünsche ein schönes, ruhiges und entspanntes Wochenende.

LBH1876
07-02-2008, 13:05
@ Helena:

Damit wir alle Dich vielleicht etwas besser verstehen können, schildere uns doch mal, was DU unter traditionellem Shaolin verstehst. Du argumentierst ja, dass das alte Shaolin tot sei. Es wäre nett, wenn Du uns daran teilhaben lassen könntest, was genau denn jetzt "tot" ist. Ich persönlich verstehe das im Moment nicht so recht, was Du eigentlich rüberbringen willst.

Klaus
07-02-2008, 13:39
Letzten Endes ist das was "Shaolin" für die Leute ist, die da von aussen hingehen und "was lernen" wollen, ein Curriculum. Die Frage ist jetzt ausschliesslich, wie sieht das aus, und wie sah es mal aus. Und ich bekomme Brechdurchfall wenn ich Leute höre die auf ihren Reisewebseiten "extremes, prudahles Dehnen" als Shaolin verkaufen. Und empfehle JEDEM der solche Äusserungen von seinen Veranstaltern hört, von diesen unverzüglich Abstand zu nehmen. Da kenne ich auch keine Verwandten in der Art "aber vielleicht ist deren Programm ja doch noch ein bischen gut".

Was alle anderen Schulen in, um und wegen Shaolin angeht, ist es logischerweise IMMER eine Frage des Einzelfalls. Der Unterricht von De Cheng zum Beispiel soll ja tatsächlich gut sein, und er wird vermutlich nicht der einzige sein. Was ich mir aber dann nicht anhöre sind Verallgemeinerungen der anderen Art, vonwegen dass "wir Westler" ja sowieso keine Ahnung haben, blablablabla. Und der "Muttertempel", und dieser Tempel, und der Grossmeister Sowieso. Das ist alles eine Kindergartenargumentation. Mich interessiert, was in der Schule XYZ unterrichtet wird, und nicht ob der Meister ZXY bei der Einweihung war, Tee getrunken und alles für gut befunden hat.

Was das langsame Lernen angeht, da geht es nicht um langsames Lernen bis man es "versteht". Sondern die Bewegungen EXTREM langsam auszuführen, um innere Kraft zu entwickeln, da diese von solch extrem langsamen Bewegungen GRUNDSÄTZLICH und narrensicher stimuliert wird. Physikalisch, ohne Denkdenk. Mich interessiert, ob diese Trainingsmethode heute noch erhalten ist oder nicht. Wenn nicht, ist das nicht authentisch, aber nicht vollkommen tragisch, solange derjenige mehr an turnerischen Dingen interessiert und glücklich damit ist. Als "original hochgradig authentisches einzig wahres vom MutterundVatertempel notariell mit Blut beurkundetes Shaolin" lasse ich mir das trotzdem dann nicht verkaufen, oder verargumentieren, schon gar nicht mit dem Totschlagargument "Du Westler Du, Du Elender!". Der Witz ist, diese Art von Training ist BRUTAL EINFACH. Und überhaupt kein Aufwand.

leopan8
07-02-2008, 13:41
Hy Helena

In diesen und in anderen Foren wurde über dieses Thema schon seit mehreren Jahren diskutiert, es ist nur wenig dabei herausgekommen.

Du und ich und andere Leute haben ein anderes Verständnis von Tradition innerhalb der Kampfkünste.

Für mich ist eine traditionelle Kampfkunst, eine die seit Jahrhunderten ununterbrochen und ohne einschneidende Veränderung,Verluste über Generationen weitergegeben wurde.

Wenn jedoch ein Stil im großen Umfang umgestaltet,modifiziert und die alten Konzepte,Formen usw. nicht weitergegeben werden, so ist er meiner Meinung nach nicht mehr als traditionell zu bezeichnen sondern als modern.

Es gibt noch Shaolin Lehrer die Traditionen(nicht alles ist erhalten) unverändert weitergeben andere haben sich dem Markt,Kommerz angepasst.

scarabe
07-02-2008, 16:45
Klar gibt es die extrem langsamen Bewegungen noch, zur Ewntwicklung der Inneren Prozesse, die werden aber hauptsächlich in eigenen Stunden geübt- oft auch in Qi Gong-
im Tempel Berlin gehört z.B. auch 10 Min stehende Säule mit Armen auf Schulterhöhe mit zuletzt Zusammendrücken und Auseinanderziehen zum Standard Taiji... ohne großes Aufhebens über Innere Kraft und so weiter....oder langsames, inneres Kung Fu/ Rou Quan zum Aufwärmen. Standard.
Auch Inneres Qi Gong... Stehen, in Zeitlupe bewegen-
Mag nur nicht jeder, darum ist das Angebot lang nicht so groß, wie es sein könnte. Aber viele Mönche habens gelernt...

Der Untschied ist auch, daß wir hier bei uns eben Kung Fu machen oder dies oder jenes... Aber nicht so umfassend, wie es die Mönche in ihrer Ausbildung erfahren können.
Auch ein Jahr Training in China ist nicht dasselbe...
Es gibt es dann eben Stunden, wo die äußere Bewegung unterrichtet wird und andere Einheiten, die sich mehr aufs Innen konzentrieren. Viele junge Mönche wollen das aber gar nicht mehr und konzentrieren sich mehr aufs Äußere...
andere hingegen legen den Schwerpunkt auf Inneres...

Da besteht natürlich schon ein Unterschied zwischen der Ausbildung der Mönche und der "Touris", zumal die meisten westlichen Schüler das große Meckern kriegen, wenn sie etwas so langweiliges, Anstrengendes tun müssen- das verkauft sich halt schlecht. Aber genau genommen- schuld daran sind auch die Schüler selber....

Ich befasse mich seit langem mit dem Innen und obwohl ich nicht so besonders weit bin, war es absolut kein Thema, das Lebendige, Traditionelle von Shaolin zu erfahren auch jenseits der lauten, kommerziellen Version- (die sich zugegeben viel Mühe gibt, es zu überdecken)... man muß nur mal seinen Focus verändern-
Aber das Innen kann man mit dem Außen eben nicht wahrnehmen...

Dao
07-02-2008, 16:59
Hi scarabe,
das ist schon ziemlich schlechter Stil. Mache um ca. 13.00 Uhr den einen Shaolin Thread zu und eine Halbe- oder Dreiviertelstunde später eröffnest du wieder einen Thread darüber.

~closed~