Vollständige Version anzeigen : Umwandlung traditioneller Formen in Wushu Taolu
Hy
In der Kampfkunstszene in der VR China gibt es 3 verschiedene Formen Arten.
1.Traditionelle Formen(Quan/Kuen usw.) die innerhalb eines traditionellen Stiles als ein Teil eines Gesamtkonzepts gelehrt werden.
2.Moderne sport Wushu Formen die in Wushu Schulen,Internaten und Sporthochschulen gelehrt werden(Taolu).
Seit einigen Jahren aber werden auch Formen unter traditionellen Namen geübt,vorgeführt die aus den traditionellen Stilen von Wushu Sportlern aus dem Gesamtkonzept herausgenommen und für den Wushu Wettkampf verändert wurden um spektakulärer und akrobatischer zu wirken um von den Schiedsrichtern mehr Punkte für die Darbietung zu bekommen oder um in Kampfkunstshows dem zahlenden Publikum vorgeführt zu werden.
YouTube - Wushu Eagle Claw (Yingzhao Quan) (http://www.youtube.com/watch?v=HCofHaCBa04)
Was haltet ihr von diesen angeblichen "traditionellen" Formen.
Werden Traditionen verwässert oder ist es eine legitime Entwicklung die unseren Zeiten
entspricht?
Gruß
leopan8
Nichts. Für den Mann ist Wechsel von Anspannung und Entspannung ein Fremdwort, weil er kunstturnt. Das entkernt die Übung nicht nur formal, sondern auch vom körperlichen Wert, und der Formung des Körpers. Solange die Prinzipien erhalten sind, die sich mit der Spannung im Körper, dem Entspannen, Sinken, und innerer Kraft befassen, kann man von mir aus die Formen auch mit ein paar Akrobatikelementen anreichern, macht mir auch oft Spass, solange es nicht wirklich Turnen ala Dreifachsalto mit Sukahara ist. Jemand der mangels Balanceübungsanteilen, bzw. KORREKTER Formung der Körperspannung dann rumwackelt, ist kein Kung-Fu-ler mehr. Mal abgesehen davon dass so jemand von einem der über all diese Attribute verfügt dann auch vor die Mappe bekommt, aber das kommt eh selten vor, dass zwei solche Kandidaten sich mal hauen. In einer richtigen Auseinandersetzung in der Bahn bekommt man mit solchen Pseudofähigkeiten dann aber auch die Hucke voll.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich dazu etwas schreiben soll, weil meine Erfahrung ist, dass gerade hier im deutschsprachigen Raum kaum jemals eine sinnvolle Diskussion in Gang kommt (siehe auch die leidigen Shaolin-Diskussionen, die meist Lagerkämpfe sind und selten zum eigentlichen Kern der Diskussion vorstossen).
Ich versuche es mal an einem Beispiel aus dem Chen-Stil Taijiquan zu verdeutlichen. Ich habe dieses Beispiel gewählt, weil ich es am Besten verdeutlichen kann, es gilt aber sinngemäss auch für andere traditionelle Wushu-Formen, die nach Eurem Verständnis nicht traditionell sind.
Im ersten Beispiel sehen wir Lei Muni, ein Schüler von Chen Fake (17. Generation Chen-Stil). Er demonstriert in diesem Video die Xin Jia Er Lu, so wie sie Chen Fake unterrichtet hat:
Lei Muni (http://www.youtube.com/watch?v=hrWdC-TiTUQ)
Im zweiten Beispiel sehen wir das offizielle Chen-Stil 56er Wettkampfform-Video, vorgeführt von Ding Jie, dem besten Taiji-Athleten der 80er Jahre in China. Die Form wurde von Kan Guixiang entwickelt, die ebenfalls Schülerin von Chen Fake war. Ding Jie war unter anderem Schüler von Chen Xiaowang.
Ding Jie- 56er Wettkampfform (http://www.youtube.com/watch?v=M3LOwaP8iig)
Wenn man diese Formen nun vergleicht, sieht man, dass die Struktur der Formen ähnlich ist. Ding Jie verfolgt aber einen ästhetischeren Ansatz, was nicht per se schlecht sein muss. Für mich spielt es keine Rolle, ob die Form modern oder traditionell ist, sondern es kommt darauf an, wie man sie ausübt, sie sozusagen mit Inhalt füllt oder nicht, ob man den Sinn der Bewegungen verstanden hat oder nicht usw. Und wie im vorangegangen Beispiel deutlich wird, liegen Tradition und Moderne oft gar nicht so weit auseinander, wie man gerne glauben machen möchte.
Hy
Wenn man diese Formen nun vergleicht, sieht man, dass die Struktur der Formen ähnlich ist. Ding Jie verfolgt aber einen ästhetischeren Ansatz, was nicht per se schlecht sein muss. Für mich spielt es keine Rolle, ob die Form modern oder traditionell ist, sondern es kommt darauf an, wie man sie ausübt, sie sozusagen mit Inhalt füllt oder nicht, ob man den Sinn der Bewegungen verstanden hat oder nicht usw.
Nun da sind wir einer Meinung!;)
Ich habe nichts gegen moderne Interpretationen oder neue Formen solange sie einen Sinn haben,Prinzipien vermitteln,anwendbar sind usw. .
Was mir an einigen modernen sport Wushu Interpretationen nicht gefällt, ist dass sie oft nur eine leere Hülle sind und die Sportler wie beim Bodenturnen nur Techniken aneinander reihen ohne einen Sinn, um bei Wettbewerben Punkte,Medalien zu bekommen, sie aber Namen von traditionellen Formen,Stilen für ihre blumigen,verwässerten Interpretationen benutzen.
Wenn man die Geschichte des Wushu/Quan fa betrachtet, so wurden über Generationen hinweg auch Stile,Formen usw. modifiziert ,neu erschaffen.
Das modifizierte,neue Konzept hatte einen Sinn und wurde im Kampf getestet.
Der Zweck der Kampfkünste war damals Kampf,Selbstverteidigung und nicht Show.
Ich würde nicht von verwässert sprechen, da Bewegungen eher nicht kleiner werden, sondern "verändert". Oft in der Art dass jemand wie beim olympischen Turnen ein Hohlkreuz an einer Stelle macht wo die Leute vorher gesunken stehen. Oder so Sachen wie ständiges Grinsen, den Kopf neckisch anwinkeln, eine völlig andere Körperspannung, sowie Details völlig verändern. Im Chen-Beispiel sah das immer noch nach Taiji aus, nur grösser, tiefer.
Hy
Um Missverständnisse auszuräumen!
Mir geht es nicht um ästhetische oder kleine Veränderungen traditioneller Formen,
sondern um die Benutzung von traditionellen Namen, um das herausreißen von Formen aus einem Stil Gesamtkonzept und um große einschneidende Veränderung zu kosten der Anwendbarkeit,Prinzipien usw. um in Wushu Wettbewerben zu glänzen.:sport146:
Diese kastrierten Formen werden von einigen Wushu Sportlern als traditionell verkauft.
Gegen diese Entwicklung bin ich.:flop:
Und wie im vorangegangen Beispiel deutlich wird, liegen Tradition und Moderne oft gar nicht so weit auseinander, wie man gerne glauben machen möchte.
Dem kann ich als Chen-stil-Übender nicht so wirklich zustimmen. Vermutlich ist das ganze streitbar, aber wenn man von den Grundprinzipien des Chen-stils ausgeht, liegen doch Welten zwischen den beiden Demos. Wobei Ding Jie im Vergleich zu manch anderem modernen Athleten schon recht gut ist. Es hängt eben doch ab, von welchem Blickwinkel man das ganze aus betrachtet. Wirklich ähnlich werden sich beide Versionen nur, wenn man nur die Bewegungen betrachtet, und die Eben von Körperhaltung und -mechanik ausblendet.
Dem kann ich als Chen-stil-Übender nicht so wirklich zustimmen.
Das ist Deine Meinung, meine Meinung ist wie gesagt eine andere. Da ich selbst auch Chen-Stil-Übender bin, masse ich mir auch etwas Beurteilungsvermögen an.
Das eigentliche Problem ist, dass viele der heutigen Wushu-Praktizierende die dazu gehörende Grundschule eines Stil nicht durchlaufen haben, d.h. sie spulen einfach die Form ab. Bei einem Ding Jie, der von Chen Xiaowang gelernt hat, oder seinem Nachfolger Wang Erping, dem führenden Taiji-Athleten der neunziger Jahre war dies nachweislich anders. Wang Erping beispielsweise war Schüler von Chen Zhenglei und hat wie Ding Jie auch, Chen-Stil von der Pike auf gelernt. Wenn so jemand eine Standardform macht, weiss er was er tut.
Da ich aber eh nie Alle überzeugen kann, lasse ich das jetzt so stehen und überlasse Euch das Feld.
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