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Vollständige Version anzeigen : Aus "Karate in Japan" - Technik-Diskussion



Michael1
17-03-2003, 02:36
Original geschrieben von Michael1
Wozu steht man in Kata (oder Kihon) so tief? Bei den Ständen fällt das noch relativ leicht, bei anderen Sachen ist es leider nicht so offensichtlich. Wer hat schon mal Age-Uke im freien Kampf eingesetzt, und wenn ja wie oft? Warum trainieren wir sie so oft ? Was ist an einem Shoto-Uke so genial das er in einer relativ hohen Kata wie der "Sochin" 6 (!) mal hintereinander ausgeführt wird? Wozu ist Moroto-Jodan-Uke (Bewegung 22) in Bassai dai da?



Original geschrieben von Jens S.
P.S.: Auf Deine technischen Fragen, lieber Michael, bin ich nicht eingegangen, obwohl ich Antworten wüßte, da es mir beim Lesen Deines Postings so vorkam, daß diese Beispiele nur dazu gedient hatten, das Grundproblem zu beleuchten. Wenn ich mich irre, korrigier mich!


Original geschrieben von joetokan
@Micheal1
Shuto-Uke in Sochin: einmal Abwehr einmal Angriff. Nicht vergessen; In jeder Abwehrtechnick stekt auch ein Angriff. Genauso bei Age-Uke. Age-Uke als Angriff unter´s Kinn. Vorher mit der andern ausholenden Hand abwehren...eine kompromisslose Angriffstechnik für die SV aus kurzer Distanz. Und das ist nur eine Variante, diese wunderbare Technik einzusetzen.
Karate ist unerschöpflich und muss in langer Trainingspraxis erfahren, gelebt werden. Tja, und deshalb trainieren wir es so oft. Weil mit der Perfektionierung der Technik (vielleicht) die Philosophie und das Gefühl, die Verantwortung für die Anwendung kommt.
Gruß,
Joetokan

Meine technischen Fragen waren als Beispiel gedacht, ich habe darauf (meine) Antworten. Ob sie der Weisheit letzter Schluss sind kann ich nicht sagen - auch ob vor mir schon jemand in Japan, Okinawa oder China genau die gleichen Antworten hatte weiß ich nicht ;).

Die Erklärung für Shuto-Uke kenne ich, macht mich jedoch nicht wirklich glücklich.
Wir finden Shuto-Uke in einer 2er-Kombination in diversen Kata. Zum Beispiel in Hejan Nidan/Yondan, Empi, Kanku-Dai. Selbst wenn man annimmt das man vor Sochin evt. keine anderen Kata in der diese Kombination enthalten ist gelernt hat - was macht diese Technik so überragend das sie in Sochin nicht nur in einer oder zwei 2er-Kombinationen auftaucht wie in den anderen Kata, sondern gleich drei 2er-Kombinationen, also sechs mal hintereinander? Welche andere Technik kommt in einer Kata 6 mal vor (und das gleich hintereinander) ? Sonst übt man oft jede Seite (rechts/links) einmal, hier reicht das aber nicht ... warum?

Age-Uke:
Der Fingerstich zu den Augen verschafft mir etwas Zeit, Angriff gegen das Kinn wäre möglich. Mit dieser Variante habe ich aber drei Probleme.
Zum ersten wiederspricht die Kombination Fingerstich/Angewinkelter Arm in meinen Augen realen Abläufen. Wenn ich meine Hand/Finger ins Gesicht oder in die Augen meines Gegners bringe geht er in den meisten Fällen zurück oder dreht sich ab. Dann passt aber mein angewinkelter Arm von der Distanz aber nur noch schlecht, dessen Reichweite ist erheblich kleiner als die meines Armes der zum Kopf geht und den ich ausstrecken kann wenn der Gegner zurückweicht.
Zum zweiten öffne ich durch eine Age-Uke meine Deckung extrem. Meine dem Gegner zugewante Seite ist sehr offen, und das während ich keinerlei Kontrolle über die Arme meines Gegners habe. Selbst wenn er ungezielt (blind) um sich schlägt bestehen gute Chancen das er mich in meine ungedeckten Rippen trifft.
Zum dritten ist die Technik in ihrer Ausführung für einen Angriff so in meinen Augen nicht geeignet. Meiner Meinung nach entwickle ich mit einem Tate-Empi-Uchi (Ellenbogen von unten nach oben) oder einem Mawashi-Empi deutlich mehr Kraft, oder auch mit einem Ura-Zuki zum Kinn. Und bei diesen Techniken habe ich das oben beschriebene Problem der offenen Deckung z.T. weit weniger.
Blick in Nakayamas Bücher - er zeigt bei Age-Uke "nur" den Block jodan
Anders sieht das aus wenn schon die Aufwärtsbewegung der Hand zur Age-Uke ans Kinn meines Gegners geht und ich dann eine Ellenbogentechnik anfüge - dann würde aus dem Block "Age-Uke" aber eine reine Angriffsbewegung.

Dojokun
17-03-2003, 10:51
Das ist ja alles ganz schlüssig, keine Frage!

Aber warum hast Du einen eigenen Thread zu diesem Thema aufgemacht?

Und wie soll die Diskussion weitergehen?


Oss

Dojokun

Goshinsatori
17-03-2003, 11:01
HI,

nette Diskussion, aber....

DENKT BITTE MAL BEI DEN GRUNDSCHULBEWEGUNGEN AN DAS PRINZIP der GLEICHZEITIGKEIT !"!
Speziell in den Ausholbewegungen.

Dojokun
17-03-2003, 11:03
Richtig...
Stichwort:
Eine Technik beinhaltet sowohl Block als auch Gegenanngriff..... :D

Oss

Dojokun

Michael1
17-03-2003, 12:52
@Dojokun:
Ein eigener Thread um zu viel durcheinander im anderen zu verhindern. Ob/Wie die Diskussion hier weitergeht wird sich zeigen ;).


@alle:
Ich habe die von joetokan vorgeschlagenen Auslegungen hinterfragt (und mich um die beschreibung meiner Eigenen gedrückt ;)).
Dabei schlägt er bereits vor die Ausholbewegung der Age-Uke als Block zu verwenden.
Für mich bleiben folgende Fragen.

In Sochin sechs mal Shoto-Uke hintereinander. Warum?
Eine 2er-Kombination rechts üben, das gleiche links - und dann? Hat sich da jemand gelangweilt uns sich gedacht "ach, dann mache ich die vorwärts halt auch noch mal" ? Gibt es "überflüssige" Bewegungen in einer Kata?

Wenn sich "Gleichzeitigkeit" hierrauf bezog helft mir bitte auf die Sprünge. Warum es die dritte Kombination gibt erschließt sich mir dadurch nicht.

Age-Uke. Probleme die ich sehe stehen ausführlich oben:
Unnötig offene Deckung, wenig funktionale Technik, passt nicht zum erwartenden Verhalten des Gegners.
Auch hier helft mir bitte auf die Sprünge.
Warum macht "Gleichzeitigkeit" die Technik als Angriff zum Hals an sich effektiver? Warum spielt es bei Gleichzeitigkeit keine Rolle mehr das ich meine Deckung unnötig öffne?

Als Abwehrbewegung gegen Angriffe von oben (auch mit Stock) macht sie in ihrer Ausführung in meinen Augen Sinn (mit Distanzverkürzen). Als Abwehr gegen Angriffe von Vorne muss ich Bewegungsablauf/Kraftrichtung schon erheblich verändern damit sie für mich einsetzbar wird. Dann kann ich daraus in einem Fluss eine einarmige Block/Konter-Technik machen deren Endposition ähnlich der Age-Uke aussieht.

Jens S.
18-03-2003, 11:17
Hallo Leute,

hier meine Meinung:

Jedoch vorweg etwas Prinzipielles:

@ Michael
Es ist verständlich, daß Du einerseits sagst, daß Du mit dem Karate, welches von der JKA entwickelt wurde, nicht sonderlich zufrieden bist und dann andererseits auch mit den absolut typischen Charakteristika des JKA-Shotokan nicht so recht klarzukommen scheinst.
Dies meine ich vor allem auch wegen Deiner Zweifel bezüglich der Zweckmäßigkeit der tiefen Stellungen.

Die Crux mit dem JKA-Shotokan ist es, daß es einerseits der am meisten verbreitete Stil zu sein scheint, bezüglich der "Hard- und Softwareanforderungen" aber mit die höchsten Ansprüche stellt, die die wenigsten aber kennen.
- So gut wie keiner weiß um den Sinn der Shotokan-Technik als BuDO, kann mit Begriffen wie Ji-Geiko etwas anfangen oder hat Dinge wie Kan- oder Shochu-Geiko bis zur letzten Konsequenz durchgezogen.
- Nur wenige durchdenken sich das kämpferische Konzept des JKA-Shotokan als "Samurai-Karate" und erkennen damit die Notwendigkeit langer Einzeltechniken und ausgeprägter Körperlichkeit.
- Vielmehr ist Shotokan (und damit leider die JKA-Technik) das typische Vereins-Karate, wo alle irgendwie ein bißchen mitmachen, wo ihre Kontakte zu großartigen Lehrern auf Wochenendlehrgänge beschränkt sind, wo ein Makiwara bestenfalls als Begriff bekannt ist, wo ehemalige Weltmeister für die weltbesten Karateka und Lehrer gehalten werden ... und nicht erkannt wird, DAß ES SO NICHT GEHT, zumindest angesichts des auf der anderen Seite vorhandenen Anspruchsdenkens.

Michael, ich unterstelle Dir all diese Manko's nicht! Wirklich! Wenn Du aber all dies kennst, verstehst und erfahren hast, aber nicht teilst, bist Du mit der JKA-Technik falsch bedient. Man kann sie dann schlicht und ergreifend nicht richtig ausüben. Was nix Schlimmes ist, denn es gibt ja Alternativen.


Zu den technischen Problemen:

1. Shuto-Uke in Sochin (19. bis 24. Bewegung)
Ich glaube nicht, daß es zwischen den ersten vier Shuto-Uke's und den "zusätzlichen Zwei" eine tiefere, innere Verbindung gibt. Vielmehr glaube ich, daß die ersten Vier ein eigenes Konzept darstellen, und die nächsten zwei im Kontext mit der folgenden Sequenz (bis zum ersten Kiai) ein weiteres Konzept bilden.
Somit halte ich die Fragestellung "Warum 6 Shuto-Uke's nacheinander?" für neben der Sache.
Genauso wie ich die Frage "Warum Shuto-Uke in einer hohen Kata, und dann auch noch so oft!?" für daneben halte, denn es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, daß es so etwas wie Anfänger- und Fortgeschrittenen-Karate gibt. Vielmehr ist das Karate immer das Gleiche, nur der Karateka ändert sich.
Und wenn ihr micht fragt, dann ist Shuto-Uke wirklich eine der genialsten Techniken, was offensichtlich nicht nur Funakoshi/Nakayama so gesehen haben müssen, denn diese Technik ist in allen Stilen mit wenigstens teilweisem Shorin-Bezug sehr, sehr, sehr häufig.

2. Ryowan Age Uke in Bassai Dai (22. Bewegung)
Diese Bewegung ist ebenfalls im Kontext mit den nachfolgenden zwei Bewegungen zu sehen. Dabei ist die Art der Armbewegung sogar nebensächlich (es könnte z.B. auch ein beidarmiger Oshi-Uke oder sonstwas verwendet werden), denn es kommt nur auf eine Hebebewegung der Arme unter GLEICHZEITIGEM Heben des Köperschwerpunktes an. Deswegen ist es in der Technik so wichtig, Arm-, Bein- und Rumpfbewegungen absolut gleichzeitig auszuführen und die Aufstehbewegung parabelförmig zu gestalten. Weil es unheimlich schwer ist, diese Technik richtig auszuführen und weil sie nicht notwendigerweise (technischen) Kime's bedarf, wird sie langsam ausgeführt. Wenn sie schnell wäre, wäre nicht immer für den Übenden zu erkennen, ob er richtig handelt. Kein anderer Grund. Schon gar nicht, um damit irgendetwas zu stimulieren, damit morgen schönes Wetter wird. ;-)
Dies alles führt dazu, daß man mit der beidarmigen Abwehr einen Gegner nach vorn/oben strecken kann, aber nur, um sofort danach einen typischen "Ringerangriff" zu starten, nämlich den eigen Körperschwerpunkt fallen zu lassen, die Beine des Gegners zu umklammern und ihn entweder durch Einsatz des Kopfes oder der Schulter nach hinten zu Fall zu bringen, um schließlich ansatzlos mit Tsuki zu den Genitalien (oder anderswohin) zu schlagen.
Natürlich muß es kein "Ringerangriff" sein, sonder kann auch Hasami-uchi bedeuten (der ja auch in der Kata so ausgeführt wird), dann aber wird das Erfordernis des ansatzlosen Schlages nach Hasami-Uchi nicht so recht einsehbar.

3. Zweckmäigkeit von Age-Uke
Michael, ist Dir schon einmal aufgefallen, daß Age-Uke die einzige Abwehrtechnik ist, zu der man aus Jiyu-Gamae nicht ausholen muß? Weißt Du um das Konzept von Waki, welches unnötige Öffnungen, selbst bei erhobenen Armen, vermeiden soll?

4. Uke Kime Ichijo (Gleichzeitigkeit)
Dies bedeutet letztlich die "Entscheidungsfähigkeit" der Abwehrtechnik, nämlich daß Abwwehr und Entscheidung eins sein sollen.
In der Praxis kann sich das u.a. so zeigen, daß man nicht nach dem typischen 1-2-Schema abwehrt und dann kontert, sondern dies gleichzeitig ausführt, wofür die vielen beidarmigen Techniken in unseren Kata's ein Indiz sind.
Der Gleichzeitigkeitsgrundsatz kann aber auch bedeuten, daß die Uke-Technik selbst, also Ukete und Hikite, irgendwie geeignet sein sollen, die Entscheidung zu bewirken.
Dafür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten:
a.) Ukete ist eine reine Schlagtechnik, also Age-Shobu-Uchi anstatt Age-Uke, Uchi-Komi anstatt Soto-Uke, Shuto-Uchi anstatt Shuto-Uke ...
b.) Ukete ist gleichzeitig Schlag- und Abwehrtechnik, also Hiji-Suri-Uke (Tsuki-Uke) anstatt Age-Uke, Soto-Mawashi-Uke anstatt Soto-Uke, Kake-Shuto-Uke anstatt Shuto-Uke ...
c.) Ukete blockt in der Ausholbewegung und schlägt danach in der "Blockbewegung" (nicht zu verwechseln mit b., denn dort findet dies gleichzeitig statt!).
Also:
Die Age-Uke-Hand zieht zur gleichseitigen Hüfte zurück und führt dabei beiläufig eine Tekubi-Kake-Uke-ähnliche Bewegung aus, um danach mit Age-Shobu-Uchi zu schlagen.
Die Soto-Uke Hand führt Haiwan/Gaiwan-Nagashi-Uke aus, um dann mit Uchi-Komi zu schlagen (ähnlich wie in Tekki).
Die Shuto-Uke-Hand blockt zuerst ähnlich Te-Nagashi-Uke, um dann Shuto-Uchi zu schlagen.
...
d.) Unter Einbeziehung von Hikite ergeben sich weitere Möglichkeiten, wie: Hikite blockt u./o. schlägt und Ukete blockt u./o. schlägt (allein hieraus ergibt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten), ...

MfG
Jens Streich

Dojokun
18-03-2003, 12:33
Hallo Jens!!

Sehr gutes Posting!

OSS

Dojokun

Michael1
18-03-2003, 16:07
Hallo Jens,
ich wollte diese Art der Diskussion eigentlich von der Technik abkoppeln und hatte die Techniken deshalb aus dem „Karate in Japan“ - Thread herausgeholt. Das hat offenbar nicht so richtig viel gebracht ... ;)

Es ist richtig das ich mit dem JKA-Karate nicht mehr sehr viel anfangen kann, deshalb hat sich mein Karate im Laufe der Zeit deutlich geändert.
JKA-Shotokan hat in Europa eine Vorreiterrolle eingenommen, das ist überhaupt keine Frage. Mit den hohen Anforderungen... ich weiß nicht... ich habe nicht den Eindruck das es sich in dieser Hinsicht wesentlich von anderen mir bekannten Stilen unterscheidet.

Ich bezweifele nicht den Sinn der tiefen Stellungen an sich, die haben in meinen Augen sehr wohl eine Funktion. Nicht nur aus Trainingsgründen sondern auch in der Anwendung (die für mich immer eine Rolle spielt). Aber ich habe erhebliche Probleme mit dem „dauer-tief-stehen“ wie ich es kennen gelernt habe, statt dessen will ich an der „richtigen Stelle“ tief stehen oder mein Gewicht nach unten oder vorne nehmen können.
Ich kenne Ji-Geiko nicht, den unterschied zwischen Winter- und Sommertraining aber schon alleine dadurch das unsere Halle schlecht isoliert ist ;), da hat man gar keine Wahl als sein Training daraufhin abzustimmen. Eisbaden, etc. gehört aber nicht dazu :o.
Beziehst du dich mit „Samurai-Karate“ auf die geistige Haltung des Ausführenden oder meinst du das es gegen Samurai eingesetzt wurde? Letzteres macht überhaupt nur dann Sinn wenn man in die Vor-JKA-Zeit zurückgeht und auch dann halte ich es ehr für Blödsinn. Samurai waren „Profikämpfer“, geübt sowohl mit als auch ohne Waffe. Welcher „Amateurkämpfer“ entwickelt (waffenlose) Konzepte gegen solche Gegner?
Das meine Probleme mit dem JKA-Karate auch an meinem individuellen Training gelegen haben kann will ich gar nicht bestreiten. Allerdings habe ich verschiedene Eindrücke nicht nur von Lehrgängen sondern auch von regulärem Training bei unterschiedlichen Trainern auch in unterschiedlichen Vereinen, kenne sowohl das Training von Wettkämpfern als auch Anwendungsorientiertes, sowohl von DKV als auch des DJKB, Vertreter aus der Yoshitaka-Linie (zu denen auch Kase, Shirai und Fugazza gehören), wir haben Makiwara in unserer Halle an denen ich in der letzten Woche noch Trainiert habe, ich bin ohne Lehrgänge meistens 11 Stunden pro Woche in der Halle (ich gebe auch Training, Konzepte + Theorie kommen dazu) ... und aus dieser Erfahrung heraus bin ich mit der JKA-Technik falsch bedient.
Deshalb mache ich sie ja auch nicht mehr und orientiere mich mehr an Funakoshi oder besser an dem was ich bei ihm zu erkennen glaube. In seinen Büchern steht er deutlich höher bei den Kata, er hat sich nicht auf einen Lehrer festgelegt und war auch bereit von Stilfremden zu lernen (bei Kano vom Judo)).

Ich glaube in dem Punkt haben wir unsere Meinungen bald aber auch hinreichend ausgetauscht. Die unterschiedlichen Positionen sind deutlich geworden, weitere Grundsatzdiskussionen in einem Forum dürften wohl nicht viel daran ändern.






So, jetzt zurück zur Technik-Diskussion



1. Shuto-Uke in Sochin (19. bis 24. Bewegung)
Ich glaube nicht, daß es zwischen den ersten vier Shuto-Uke's und den "zusätzlichen Zwei" eine tiefere, innere Verbindung gibt. Vielmehr glaube ich, daß die ersten Vier ein eigenes Konzept darstellen, und die nächsten zwei im Kontext mit der folgenden Sequenz (bis zum ersten Kiai) ein weiteres Konzept bilden.
Somit halte ich die Fragestellung "Warum 6 Shuto-Uke's nacheinander?" für neben der Sache.
Genauso wie ich die Frage "Warum Shuto-Uke in einer hohen Kata, und dann auch noch so oft!?" für daneben halte, denn es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, daß es so etwas wie Anfänger- und Fortgeschrittenen-Karate gibt. Vielmehr ist das Karate immer das Gleiche, nur der Karateka ändert sich.
Und wenn ihr micht fragt, dann ist Shuto-Uke wirklich eine der genialsten Techniken, was offensichtlich nicht nur Funakoshi/Nakayama so gesehen haben müssen, denn diese Technik ist in allen Stilen mit wenigstens teilweisem Shorin-Bezug sehr, sehr, sehr häufig.
Ich wollte mit „6 Shuto-Uke’s hintereinander“ nicht darauf hinaus das sie alle zusammen gehören, sondern darauf das man sich eine Technik die so oft wiederholt wird sehr genau ansehen sollte. Shuto-Uke ist auch in meinen Augen eine, wie du schreibst „der genialsten Techniken“, sie alleine steht für ein gesamtes Technik-Konzept. Da greift „erste Block, zweite Konter“ für mich zu kurz. Auch glaube ich das in verschiedenen Kata die gleiche Bewegung unterschiedliche Bedeutungen haben (können) weil der Kontext und das Gesamtkonzept der Kata ein anderes ist.

Bei der Unterteilung von Anfänger- und Fortgeschrittenen – Kata bin ich anderer Meinung. Spätestens seit Itosu gibt es so etwas wie eine empfohlene Reihenfolge in den Kata. Bei Pinan/Hejan oder Tekki wird „durchgezählt“ (ShoDan, NiDan, SanDan, YonDan, GoDan), aber auch bei Bassai oder Kanku gibt es dai und sho. Das man sie auch in anderer Reihenfolge lernen kann stimmt natürlich, es macht vom Ablauf der stilisierten Form keinen so gravierenden unterschied. Aber von der Interpretation in meinen Augen schon, eine Bassai dai ist wesentlich komplexer in ihren Inhalten als eine Hejan Sandan.



2. Ryowan Age Uke in Bassai Dai (22. Bewegung)
Diese Bewegung ist ebenfalls im Kontext mit den nachfolgenden zwei Bewegungen zu sehen. Dabei ist die Art der Armbewegung sogar nebensächlich (es könnte z.B. auch ein beidarmiger Oshi-Uke oder sonstwas verwendet werden), denn es kommt nur auf eine Hebebewegung der Arme unter GLEICHZEITIGEM Heben des Köperschwerpunktes an. Deswegen ist es in der Technik so wichtig, Arm-, Bein- und Rumpfbewegungen absolut gleichzeitig auszuführen und die Aufstehbewegung parabelförmig zu gestalten. Weil es unheimlich schwer ist, diese Technik richtig auszuführen und weil sie nicht notwendigerweise (technischem) Kime's bedarf, wird sie langsam ausgeführt. Wenn sie schnell wäre, wäre nicht immer für den Übenden zu erkennen, ob er richtig handelt. Kein anderer Grund. Schon gar nicht, um damit irgendetwas zu stimulieren, damit morgen schönes Wetter wird. ;-)
Dies alles führt dazu, daß man mit der beidarmigen Abwehr einen Gegner nach vorn/oben strecken kann, aber nur, um sofort danach einen typischen "Ringerangriff" zu starten, nämlich den eigen Körperschwerpunkt fallen zu lassen, die Beine des Gegners zu umklammern und ihn entweder durch Einsatz des Kopfes oder der Schulter nach hinten zu Fall zu bringen, um schließlich ansatzlos mit Tsuki zu den Genitalien (oder anderswohin) zu schlagen.
Natürlich muß es kein "Ringerangriff" sein, sonder kann auch Hasami-uchi bedeuten (der ja auch in der Kata so ausgeführt wird), dann aber wird das Erfordernis des ansatzlosen Schlages nach Hasami-Uchi nicht so recht einsehbar.
Beim „stimulieren damit schönes Wetter wird“ könnten wir streiten ... schließlich mag ich schönes Wetter ;). Aber du stimulierst durch gleichzeitiges Anspannen von Brust- und Rückenmuskulatur lediglich Zentral- und Governeursgefäß, beides eine Art "energetische Hauptsicherung" des Körpers. Das man darduch die Sonne anknippst wäre mir neu...bei mir scheint sie übrigens :).

Bemerkenswert finde ich an der Bewegung wie sie sich in der Kata „anfühlt“, wie sie eingebunden ist. Sie stellt für mich einen Bruch mit den vorhergehenden Bewegungenabläufen dar, passt „irgendwie“ nicht. Der Begründung „langsam ausführen damit’s richtig wird“ stimme ich zu. Die Idee mit dem „Ringerangriff“ ist an der Stelle für mich neu, durchaus überlegenswert ... der Gegner läuft kommt auf mich zu, z.B. mit der Absicht zu klinchen/greifen. Nachgeben und dabei aufrichten und dann weiter vor mit greifen des Beines... doch, hat was.
Aber folgendes zu bedenken. Ich brauche das Bein/die Beine meines Gegners und ich muss diese unter seinen Körper wegziehen (oder seinen Körper wegdrücken und die Beine festhalten), das willst du auch. Davon ist diese Bewegung aber schon ziemlich weit entfernt (stilisierung ?) weil sie in diesem Stück ausschließlich vorwärts arbeitet und nicht die Beine fixiert oder zurückzieht wehrend der Oberkörper vorwärts arbeitet. In Chinte gibt es eine Stelle die dem schon ehr entspricht, letzter Bewegungsablauf vor der letzten Wendung. Da gehen die Arme zurück und der Oberkörper vorwärts. Außerdem gehe ich bei einem solchen Angriff oft mit zu Boden, auch bei etwas leichteren Gegnern (sind die meisten, bin ~ 95 kg). Da ist dann ehr Bodenkampf als ansatzloser Zuki angesagt.
Mit deiner Auslegung bist du aber auch schon ziemlich weit entfernt von dem was ich an JKA-Karate kennen gelernt habe... Einleitung zum Bodenkampf, was würde Nakayama sagen ;). Du solltest dir wirklich einmal Kakie intensiver anschauen, es könnte sein das es dir gefällt :-).



3. Zweckmäigkeit von Age-Uke
Michael, ist Dir schon einmal aufgefallen, daß Age-Uke die einzige Abwehrtechnik ist, zu der man aus Jiyu-Gamae nicht ausholen muß? Weißt Du um das Konzept von Waki, welches unnötige Öffnungen, selbst bei erhobenen Armen, vermeiden soll?
Jiyu-Gamae sagt mir im Augenblick nix, vielleicht kenn ich auch bloß andere Schreibweisen (Gamae=Kamae=Bereitschaftshaltung denke ich, aber bei Jiyu macht es deshalb trotzdem nicht klick...). Aber bei welcher Abwehrbewegung holt man denn aus?
Das Konzept „Waki“ kenne ich nicht. Wenn damit die seitliche Haltung gemeint ist so bleibt das trotzdem eine in meinen Augen unnötige Öffnung gegen einen jodan-Angriff von vorne.



4. Uke Kime Ichijo (Gleichzeitigkeit)
Dies bedeutet letztlich die "Entscheidungsfähigkeit" der Abwehrtechnik, nämlich daß Abwwehr und Entscheidung eins sein sollen.
In der Praxis kann sich das u.a. so zeigen, daß man nicht nach dem typischen 1-2-Schema abwehrt und dann kontert, sondern dies gleichzeitig ausführt, wofür die vielen beidarmigen Techniken in unseren Kata's ein Indiz sind.
Der Gleichzeitigkeitsgrundsatz kann aber auch bedeuten, daß die Uke-Technik selbst, also Ukete und Hikite, irgendwie geeignet sein sollen, die Entscheidung zu bewirken.
Dafür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten:
a.) Ukete ist eine reine Schlagtechnik, also Age-Shobu-Uchi anstatt Age-Uke, Uchi-Komi anstatt Soto-Uke, Shuto-Uchi anstatt Shuto-Uke ...
b.) Ukete ist gleichzeitig Schlag- und Abwehrtechnik, also Hiji-Suri-Uke (Tsuki-Uke) anstatt Age-Uke, Soto-Mawashi-Uke anstatt Soto-Uke, Kake-Shuto-Uke anstatt Shuto-Uke ...
c.) Ukete blockt in der Ausholbewegung und schlägt danach in der "Blockbewegung" (nicht zu verwechseln mit b., denn dort findet dies gleichzeitig statt!).
Also:
Die Age-Uke-Hand zieht zur gleichseitigen Hüfte zurück und führt dabei beiläufig eine Tekubi-Kake-Uke-ähnliche Bewegung aus, um danach mit Age-Shobu-Uchi zu schlagen.
Die Soto-Uke Hand führt Haiwan-Nagashi-Uke aus, um dann mit Uchi-Komi zu schlagen (ähnlich wie in Tekki).
Die Shuto-Uke-Hand blockt zuerst ähnlich Te-Nagashi-Uke, um dann Shuto-Uchi zu schlagen.
...
d.) Unter Einbeziehung von Hikite ergeben sich weitere Möglichkeiten, wie: Hikite blockt u./o. schlägt und Ukete blockt u./o. schlägt (allein hieraus ergibt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten), ...
Die Idee der Gleichzeitigkeit war mir schon klar :), auch wenn ich nicht alle Namen kenne die du hier aufgeführt hast (Tekubi-Kake-Uke sagt mir z.B. so nichts...). Aber ich komme auch mit dem Gleichzeitigkeitsprinzip nicht von meinen aufgezählten Problemen im Bezug auf joetokans Vorschlag weg. Auch wenn meine Age-Uke Abwehr und Angriff in einer Bewegung ist, ich bin ein Feigling und gehe möglichst wenig Risiken ein. Eine dem Gegner zugewante Seite bei der sich Ellenbogen und Handgelenk über Schulterhöhe befinden ist für mich ein Risiko (oder eine bewußt aufgebaute Falle für den Gegner). Ich mag meine Rippen nicht als „offenes Tor“ wenn es dafür nicht sehr gute Gründe gibt. Und diese guten Gründe sehe ich bei einem gerade von vorne kommenden Schlag sicher nicht, deshalb verwende ich diese Technik im Randori/Kumite nicht zur Abwehr solcher Schläge.

joetokan
19-03-2003, 00:11
Hi Jens, hi Michael1,
was ich schön finde an dieser Diskussion, ist, dass sie zeigt, welcher Reichtum im Shotokan Karate zu finden ist. Es kann viele, teilweise völlig konträre Ansprüche und Wegbeschreitungen ermöglichen. Irgendwo sind meiner Meinung nach alle gar nicht so weit voneinander entfernt. Jens und ich sind eher der JKA-Tradition (die nicht statisch ist, sondern sich weiterentwickelt) verbunden und dafür dankbar, dass sie es uns durch ihren fast missionarischen Eifer ermöglicht hat, diese Kampfart kennenzulernen und Du, Michael, hältst es halt eher mit Funakoshi. Bislang war das für mich im Übrigen kein Widerspruch, aber ich verstehe, worauf Du hinauswillst.

Nur eine kleine Anmerkung zu Funakoshi: Viele seiner Bücher sind entstanden, als er weit über 65 Jahre alt war. Wer kann in dem Alter noch eine Elastizität aufweisen und so kraftvoll mit tiefem Schwerpunkt stehen wie ein 20-45jähriger? Außerdem, das mit dem tiefen Stehen (eher tiefer Körperschwerpunkt!) ist, wenn man in die Nakayama-Bücher schaut, ganz natürlich, elegant und beileibe nicht so übertrieben tief, wie es teilweise von vielen im Westen praktiziert wird. Es ist nur ein tiefer Schwerpunkt und nicht unfunktional weites Auseinanderstehen der Füße, fast im Spagat, wie man es auch oft beobachten kann. Wie man den tiefen Körperschwerpunkt persönlich umsetzt, ist doch eher eine Alters- und eine Geschmacksfrage, als dass es Anlass zu "ideologischen " Diskussionen bieten sollte.

@Michael1: Offene Seite beim Angriff mit Age-Uke:
Habe Deinen Einwand interessiert zur Kenntnis genommen. Sag mir aber bitte mal, welche Komplettversicherung es gegen einen Konter bei irgendeiner beliebigen Technik oder bei einer anderen Kampfkunst (Boxen, Ringen, Judo, Taekwondo...) gibt. Kakie ist doch kein Allheilmittel. Versuch das doch mal bei einem, der 30 Kilo schwerer ist und 20 cm größer als Du. Vorausgesetzt, er kann etwas, wird er Dich trotz Kakie in den Boden treten. Ein letztes Risiko, abgekontert zu werden, wirst Du immer haben. Außer Du hast einen Vollpanzer und bist unbesiegbar.

Was eine winzige Anmerkung zu EINER möglichen alternativen Anwendung von Age-Uke so an Diskussionen entfachen kann, überrascht mich ja schon etwas...
Beste Grüße,
Joetokan

Michael1
19-03-2003, 01:28
Hallo Joetokan,

zur tiefe der Stände schau dir vielleicht mal http://www.nbkarateclub.it/gichin/H2.html an. Das sind Bilder aus einem von Funakoshis Büchern, er ist dort sicher noch nicht so alt das er nicht weiter runter kann.
Man sieht hier Kokutzu und Zenkutzu-Dachi, und sie scheinen mir doch um einiges kürzer zu sein als bei Nakayama.
Das ganze ist später sicher noch weiter in's extreme getrieben worden... wenn ich heute sehe wie die Leute bei Kata auf Wettkämpfen stehen liegen da welten dazwischen.
Auf den anderen Bildern die ich von Funakoshi kenne steht er ähnlich.
Es gibt da auch noch einige andere interessante sachen zu sehen, z.B. wo sich beim Shuto-Uke die zweite Hand befindet (sieht man besonders schön bei den 4 Shoto-Uke ziemlich die "quer" zu Blickrichtung gelaufen werden) oder auf welcher höhe der Nukite gemacht wird.


Age-Uke:
Es gibt keine Komplettversicherung. Aber gegen eine Gerade zum Kopf gibt es in meinen Augen andere Techniken die weniger riskant sind. Im Freikampf nutze ich gegen Geraden keine Age-Uke als reinen Block, das mache ich nur bei (abgesprochenen) Partnerübungen bei denen ich weiß "jetzt kommt ein jodan-Zuki und sonst nix". Nagashi-Uke, also ein bloßes wegschlagen zur Seite, damit fahre ich gegen eine Gerade in meinen Augen schon besser.
Kakie ist für mich kein Allheilmittel, aber es eröffnet mir neue Möglichkeiten gerade gegen Gegner die viel Kraft in einen Schlag stecken oder mich überrennen wollen. Aber gegen schnelle Leute funktioniert es bei mir schlecht. Ich halte das auch nicht ausschließlich für meine persönliche Schwäche sondern denke dass das Konzept Kakie gegen schnelle, bewegliche Gegner nicht so geeignet ist wenn die äußeren Bedingungen zulassen das sie ihre Stärken ausspielen können (genügend Platz und geeigneter Untergrund).

Dojokun
19-03-2003, 10:04
Erst einmal:
Wir wissen mittlerweile alle, an wem sich wer orientiert.
Das ist auch alles völlig in Ordnung.
Aber keiner wird den anderen von seiner Richtung abbringen.

Also etwas Toleranz bitte...



Zu den tiefen Stellungen:

Kanazawa erzählte uns einmal folgendes:
Funakoshi sagte, wenn man jung ist, solle man tiefer stehen.
Im Alter stehe man automatisch höher... (nix neues, aber stammt schon von Funakoshi!!)
Aber man solle einen starken Körper entwickeln.
Und wer etwas mehr über Funakoshi weiß, wird mir zustimmen, dass für ihn ein starker Körper sehr wichtig war...


Und die Tatsache, dass Funakoshi nicht tief steht (auch wenn er es vielleicht könnte):
1) Spekulation. Keiner von uns weiß, ob er es könnte oder nicht...
2) Er war ein bescheidener Mann. Warum mit "Akrobatik" auf sich aufmerksam machen?



Oss

Dojokun

xyto
19-03-2003, 21:20
Vielleicht kann man das Problem des tiefen Standes auch noch von einer anderen Seite beleuchten:

In dem Buch "27 Shotokan Katas" von Albrecht Pflüger, das wohl den meisten hier ein Begriff ist, ist die Rede von einem Prinzip, welches Ursprünglich aus dem Kendo stammt, das aber seiner Meinung nach auch sehr gut auf das Karate zutrifft:

Zitat:

"Shu - bedeutet, alles zu lernen, genau so wie es der Lehrer zeigt. Das erfordert viele Jahre Übung, sonst gibt es keine Basis für die nächste Stufe."

"Ha bedeutet die Ketten der Tradition zu brechen, seine eigene Entwicklung zu suchen. Das beginnen viele zu früh, weil sie sich falsch einschätzen."

"Ri bedeutet, sich von all dem Bisherigen zu entfernen und einen übergeordneten Standpunkt finden."

"Für die Kata bedeutet das, dass das schließliche Ziel in der völlig freien Ausführung der Kata liegt, frei von den Fesseln standardisierter Bewegungen. ..."

Zitat Ende

Ich weiß zwar nicht ob Funakoshis dieses Prinzip bekannt war, da er ja aus Okinawa stammt, oder ob er es befürwortet hat, glaube aber es spiegelt wohl die Entwicklung der Kata eines Karateka ganz gut wider.
Zu Beginn, am Anfang der Technik sozusagen, steht man tief um die Muskulatur und Koordination etc zu schulen (wie auch schon von Dojokun erwähnt) und hat man diese Stufe überwunden, entwickelt man eben auch seine eigene Form.

Weiter glaube ich aber doch, dass die Form der Kata in Japan einige Änderungen erfahren hat, sie unter der Überschrift "schneller, tiefer, weiter" zu subsumieren, ist aber wohl zu einfach.

Eigentlich ist das alles ja auch relativ gleichgültig, wir können es ja schließlich machen wie wir wollen, Bauchweh habe ich allerdings oft wenn ich Trainer ihre Schüler dazu antreiben sehe ihr Knie unbedingt in einen spitzen Winkel zu bringen weil es ja BESSER AUSSiEHT *g*....
Wie man es macht ist also wohl nicht so wichtig solange es nicht gesundheitsschädlich ist ...


Freundliche Grüße,

xyto

Jens S.
19-03-2003, 23:00
Hallo Forum, Hallo Michael,

endlich habe ich Zeit, auf die im Zusammenhang mit meinem Posting von Michael aufgeworfenen Technikfragen euinzugehen.

Also:

1. Tiefe Stellungen
Wenn man wissen möchte, wie die Stellungen eines Systems aussehen, sollte man, so denke ich, so nah wie möglich an der Quelle forschen. Wenn man daher etwas über das hier in Rede stehende JKA-Shotokan wissen möchte, ist Nakayama Sensei wohl die richtige Adresse.
Sowohl im Dynamic Karate als auch im Karate perfekt sind die Stellungen recht moderat und decken sich nahezu perfekt mit vielen Bildern Funakoshi Senseis, wie kürzlich auch anhand von Bildern eines Links in einem anderen Thread hier im Forum nachgewiesen wurde. Wettkampfkarate, vor allem europäisches, sind hier eine ganz andere Sache.
Ausdrücklich ausklammern muß man hier Funakoshi Sensei's Karate Jutsu - dort steht er tatsächlich außergewöhnlich hoch. Warum gerade dieses Buch so von anderen Quellen abweicht, weiß heute kein Mensch mehr, es gibt jedoch jede Menge Mutmaßungen, von denen auch hier im Thread schon welche angeklungen sind. Ich jedenfalls habe schon Filmaufnahmen von Funakoshi Sensei aus seiner Zeit an der Keio-Universität (ca. 1924) gesehen und kann sagen, daß er dort, zumindest im Vergleich zu Karate Jutsu, ausgesprochen tief steht.

Da ich das JKA-Karate einigermaßen gut kenne, unter vielen seiner herausragendsten Exponeneten üben durfte und nicht zuletzt einige Zeit direkter Schüler eines seiner besten Lehrer war, kann ich sagen, daß keiner dieser Vertreter extremes Stehen gelehrt hat. Fast alle JKA-Instruktoren benutzen unisono einen Satz, wenn es um's "richtige" Stehen geht: Stellungen müssen zuallererst natürlich sein.

2. Ji-Geiko
Dieser Begriff hat im Karate eine andere Bedeutung als im Kendo, wo er für so etwas ähnliches wie Freikampf, oder freies Üben steht.
Ji-Geiko bedeutet bei uns, sich einer Sache durch und durch zu widmen und meint damit Praxis, nicht Theorie und Verstehen durch Verstand, sondern Erfahren durch den Körper. Hartes, hinwendungsvolles, leidenschaftliches, kompromißloses ... Training. Nicht fragen sondern machen, das umschreibt es ganz gut. Dies ist die traditionelle Lern- und Lehrmethode im JKA-Shotokan.
Shochu- und Kan-Geiko, also Sommer- und Wintertraining, verfolgen nur einen Zweck: wahres Ji-geiko zu ermöglichen. Man lebt für diese Zeit im Dojo (meist eine Woche) und trainiert, wenn man so will, eigentlich den ganzen Tag. Man tut nicht unbedingt extreme Dinge in dieser Zeit (also Eisbaden im Winter u.ä.), obwohl auch dies möglich ist. Ich habe es jedoch so kennengelernt, daß man normale Dinge extrem tut. Dies ist demzufolge genau die richtige Zeit für Sute-Geiko, also Üben bis zum Umfallen. Ein und diesselbe Technik, Stunde für Stunde, immer wieder. Eine geistige und körperliche Erfahrung.

Diese Herangehensweise eröffent (u.a.) den Blick für das praktische Budo im Shotokan, also gemäß der Devise Funakoshi Sensei's "Obwohl die Tür klein ist, gehe tief hinein." versucht man auf diese Weise, nicht viele Dinge halbwegs, sondern einige wenige Dinge richtig zu machen ... und so zu verstehen und daran zu wachsen.

Diese Herangehensweise hat auch eine philosophische Dimension, also das geistige Budo, indem man, einerseits zurechtgestutzt und andererseits gestärkt, seinen Platz als Mensch in der Gesellschaft findet.

Diese Herangehensweise zeigt darüber hinaus aber auch das praxisbezogene Element im Shotokan (Jutsu), nämlich seine Gestalt als

3. Samurai-Karate
Die Kampfauffassung im JKA-Shotokan (ich meine nicht den Wettkampf!) ist diesselbe eines Samurai's, die man in etwa so formulieren könnte: Deine erste Bewegung kann auch deine letzte sein. Du hast nur eine Chance. Jede Bewegung ist Risiko und Chance zugleich. Uke Kime Ichijo. Denke nicht an die Folgen deines Tuns und schlage direkt, konzentriert und stark. Wie ein Schwertkämpfer.

Vor kurzem las ich ein Interview mit Edmond Otis, einem der Chef's der AJKA, einem amerikanischen JKA-Karate-Verband, der mit der JKA als Organisation jedoch nicht allzu viel zu tun hat.
Otis vergleicht das JKA-Kampfkonzept mit dem der Revolverhelden im Wilden Westen. Diese benutzten nur eine Bewegung (schnell ziehen und schießen), immer gleich. Es geht darum, selbst ganz oben zu sein (stark, schnell, entschlossen), wenn die Chance gekommen ist, also der Gegner ganz unten ist. Diese wird genutzt, Ichibyoshi - in einem Atemzug und unserer ultimativen Bewegung. Einfach und schnörkellos. Eben wie ein Samurai (oder ein Revolvermann).

Klingt alles ein wenig pathetisch, ich weiß, aber genauso habe ich es kennengelernt.

4. Anfänger- und fortgeschrittene Kata
Ja sicher gibt es Kata, mit denen man beginnt und welche, die erst später kommen. Das ist aber lediglich ein didaktisches Konzept und hat ganz und gar nichts damit zu tun, ob Heian Shodan leichter ist als Unsu. Ist sie nämlich nicht, denn das Karate ist ganz genau das gleiche. Sie ist übersichtlicher und einfacher zu merken, das ist alles.
Dies kann man jedoch so richtig nur verstehen, wenn man richtig versteht, was oben bereits geschrieben steht (und es auch teilt!). Sogenannte fortgeschrittene Kampfkonzepte in den sogenannten fortgeschrittenen Kata sind eine Frage des Intellekts und des Geistes und haben mit der praktischen Karatefähigkeit nur wenig zu tun. Shuto-Uke ist immer Shuto-Uke, egal ob in Heian Shodan oder Kanku dai. Gemäß dem Motto: Der Anfang ist zugleich das Ende; die erste Technik ist zugleich die schwerste (Oi-Zuki) ...
Was mein Geist macht, ist jedoch etwas anderes.

5. Energetische Stimulation?
Du Michael, nimm es mir nicht übel, aber das spielt in meinem Karateleben schlicht keine Rolle.
Ich will nicht 'mal so sehr bezweifeln, ob es dies gibt. Es interessiert mich nur nicht.
Es ist mir schlicht und ergreifend zu anstrengend, beim Auf-die Toilette-Gehen darüber nachzudenken, ob der Druck der Klobrille auf mein Gesäß mein Wohlbefinden beim Fersehgucken positiv stimuliert oder dafür sorgt, daß mir irgendwann der Arm abfault. Ich will mich dann nur erleichtern - kein anderer Zweck! ;-)
Andere können das gerne anders sehen und wir werden eh sehen, wer älter wird.

6. 22 - 24. Bewegung in Bassai Dai
Bunkai-Beispiele sind immer das, was sie sind, nämlich Beispiele für ein Prinzip. Das Einzige, was zählt, ist das Prinzip.
Das Prinzip lautet hier wohl: Hoch, runter, vor. Und jetzt kannst Du Dir was ausdenken.
Ich denke, mein Bunkai trifft's auf den Kopf.

In Chinte hingegen lautet bei der 27. Bewegung das Prinzip lediglich "vor", so daß es sich hier wohl "lediglich" um ein beidhändiges Fassen, verbunden mit einem Kopfstoß, handelt. Von mir aus auch um einen rückwärtigen Hasami-Uchi. ;-)

I.Ü. ist das eben Gesagte auch der Grund dafür, warum ich entschiedener Gegner exzessiven Bunkai-Trainings bin. Alles was zählt, ist das Prinzip. Und das ist in der Kata ... und wird somit ausreichend in der Kata geübt. Wir sehen also auch hier wieder den Unterschied zwischen Karatefähigkeit/-fertigkeit und Intellekt.
Bunkai ist nur Intellekt.
Kann man natürlich auch anders ehen, so wie alles hier. ;-)

7. Kakie?
Gern in Hangetsu und auch als Anwendung z.B. für die wirklich mannigfaltigen Kake-Uke und Greiftechniken in den Kata. Darüber hinaus jedoch ...

8. Age-Uke
Jiyu-Gamae ist (zumindest die, die ich meine) die stinknormale Freikampfstellung. Nur Age-Uke funktioniert wie ein Tsuki, bedarf also keinerlei Ausholbewegung. Das macht ihn genial.
Waki heißt zunächst einmal nur Achselhöhle. Im JKA-Karate meint man damit jedoch zusätzlich als Technologie des "Schließen" der Achselhöhle als Folge einer bestimmten Ellenbogenhaltung. Schaue die einen Kendo-Meister an, wie er für Shomen-Uchi ausholt, und Du weißt, was gemeint ist. Dies führt, verbunden mit einer entsprechenden geistigen Bereitschaft, dazu, daß die Körperflanke bei Age-Uke keineswegs geöffnet ist.
Ist nicht leicht zu erklären.
Darüber hinaus: Wer sagt, daß man bei Age-Uke in Anwendung den Ellenbogen bis of Ohrhöhe heben muß? Keine Sau! Jede Art von stoßender Unterscher-Bewegung ist irgendwie auch Age-Uke. Ein brilliantes Konzept!
Und letztlich: Jede (!) Bewegung ist Risiko und Chance zugleich!

MfG
Jens Streich

xyto
19-03-2003, 23:42
@ Jens Streich

Wenn du dich mit deinem Teil über "Anfänger und fortgeschrittene Kata" auf mein Posting bezogen haben solltest (blick nicht mehr ganz durch bei diesen Monster Beiträgen O_o)
dann habe ich das durchaus in deinem Sinne, also im Sinne des großen Uranfangs (Taikyoku) verstanden.

Also die drei Stufen bezogen sich nicht etwa auf unterschiedliche Kata sondern auf die Ausführung ein und derselben.

Die späteren Katas werden wohl nur wegen der komplexeren Technik später gelehrt, hat man diese Stufe einmal erklommen lassen sich die darauf folgenden "Prinzipien" auf jede Kata gleich anwenden.

Jens S.
20-03-2003, 00:49
Hallo Xyto,

obwohl sich mein Posting nicht auf Deines bezieht, teile ich Deine Gedanken.

Bezüglich der Monster-Postings gelobe ich Besserung. Hab' eh schon alles gesagt. ;-)

MfG
Jens Streich

Dojokun
20-03-2003, 09:33
Hallo Jens!

Zu Deinem letzten "Monster-Posting":
Nahezu alle Punkte teile ich.

Aber zu Energetischer Stimulation habe ich eine andere Meinung.
Ich halte diese Sache für sehr interessant und wichtig.
Und die Techniken aus der TCM können das Karate bereichern...

Aber auch ich wehre mich dagegen, andauernd "geheime Technikender Vitalpunktstimulation", Kakie und solche Dinge überzubewerten und dabei des eigentliche Training außer Acht zu lassen.


Und kurz zu Nakayama und tief stehen:
Er sagte einmal, dass Osaka-Sensei das perfekte Karate verkörpere.
Und Osaka steht verdammt tief....
Was sich aber mittlerweile auch schon gerächt hat (er hatte bereits mehrere schwere OP´s).
Man bilde sich dazu seine eigene Meinung... ;)



Oss

Dojokun

Michael1
20-03-2003, 13:43
Erst einmal hallo alle miteinander :)

Hallo xyto,

das "schneller, tiefer, weiter" ist nach dem was Jens schreibt offenbar tatsächlich nicht zu verallgemeinern. Seine Aussage "Stellungen müssen zuallererst natürlich sein." kommt mir sehr entgegen.
Ich habe aber "stronger, faster, deeper" kennen gelernt, und nix mit "natürlich".


Hallo Dojokun,

unsere Positionen sind wohl jetzt bekannt. Aber wir müssen diese Wortgefechte ja nun noch irgendwie zu Ende bringen ;).

Das wir unsere Position dadurch nicht ändern stimmt vermutlich. Aber ich habe schon einmal mein Karate erheblich verändert, weniger der äußeren Form als vielmehr dem Verständnis nach... das trifft es nicht wirklich weil es nur bedingt etwas mit Verstehen zu tun hat... Da war ich schon ein paar Jahre dabei. Ich will also nicht ausschließen das ich Karate einmal ganz anders betrachten werde als ich es heute tue. Ich hoffe das sogar fast, denn alles andere wäre stillstand.
Das dies auf Grund einer Forumsdiskussion passiert halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber wer weiß... ;)

Wir haben hier einen sachlichen Tonfall und werden nicht persönlich. Ich habe nicht den Eindruck das es an Tolleranz fehlt, wir sind nur einfach unterschiedlicher Meinung :).


Hallo Jens,

1) Tiefe Stellungen
Ich habe in meinem vorletzten Posting geschrieben wie ich es damit halte.

Bilder auf denen Funakoshi ausgesprochen tief/lang steht kenne ich auch, Filme leider nicht. Auch in seinen Büchern weist er an einigen Stellen gezielt darauf hin das man hier tief oder mit gebeugten Knien stehen soll. Aber es gibt eben auch den kurz/hoch stehenden, und das nicht nur in "Karate Jutsu" sondern auch auf Bildern beim Unterrichten (Keio-Uni, ~1930) hab ich hier griffbereit.
Darüber warum er mal hoch und mal tief steht, auch unabhängig vom Alter (Karate Jutsu steht er hoch/kurz, im späteren Karate do Kyohan länger/tiefer) kann man trefflich spekulieren. Fest steht er hat beides gemacht.

@alle: Da wäre direkt eine Frage:
Wie steht ihr in eurem Training? So wie Funakoshi in Karate Jutsu, oder so wie in Karate do Kyohan, oder wie Nakayama in Karate perfekt, oder so das der Oberschenkel fast parallel zum Boden ist? Steht ihr immer gleich lang/hoch, oder variiert ihr bewußt und aktiv eure Position, je nach dem momentanen Ziel?

2) Ji-Geiko
Der Begriff war mir vollkommen unbekannt, danke für die Erklärung.
Aus dem Training kenne ich es, meiner Erfahrung nach kommt man aber manchmal an einen Punkt wo man Fragen muss. Nicht zwangsläufig andere, sondern vor allem sich selbst.

Sommer/Wintertraining habe ich anders kennen gelernt, als den äußeren Umständen angepasstes Training, entstanden da die alten Dojo's z.T. keine Heizmöglichkeit besaßen wie später die Sporthallen.
Das mit dem Eisbaden stammt aus einer Geschichte über Wintertraining über Kisagi (Goju-Ryu), da gibt es ein Foto wo er mit Lendenschurz im Winter unter einem Wasserfall steht. Fand ich extrem... :o

3) Samurai-Karate
Auch hier danke für die Erklärung, mir war nicht klar was du damit zum Ausdruck bringen wolltest.

Hälst du das von von dir beschriebene Konzept im waffenlosen Kampf für anwendbar?
Oder ist es ein Ziel des Trainings, in der Anwendung würdest du dich aber gegebenfalls auch darauf einstellen das deine erste Bewegung nicht ausreicht und du eine weitere benötigst?
Oder spielt eine mögliche Anwendung im Kampf in deinen Augen keine Rolle?

Noch eine Frage:
Bist du sicher das du mit dem Samurai-Vergleich richtig liegst?
Haben die Samurai wirklich darauf gesetzt mit einer einzigen (starken) Bewegung alles zu entscheiden?
So etwas wie "fließende Bewegungen" gab es also nicht?

4) Reihenfolge der Kata
Natürlich ist es ein didaktisches Konzept. Sowohl in der Ausführung als auch in der Analyse scheint mir eine Hejan Shodan einfacher als eine Unsu, man denke nur an den Sprung. Ich glaube ein Anfänger tut sich sowohl mit dem Erlernen des Ablaufs bei einer Unsu schwerer, aber ich glaube auch das es wesentlich schwerer fällt Anwendungen zu finden (zum Beispiel auch beim Sprung).

Wo ich dir widersprechen muss ist das Karate in allen Kata identisch ist. Da bin ich vollkommen anderer Meinung und ich habe zweifel daran das dies alleine mit dem nicht-nachempfinden des JKA-Karate zu tun haben soll.
Empi lehrt ein "anderes Karate" als Bassai dai, und das obwohl beide Kata in Teilen die gleichen Techniken enthalten. Da ist Shuto-Uke nicht gleich Shuto-Uke, die gleiche Technik hat in den beiden Kata eine vollkommen andere Bedeutung. Diese Unterschiede sind für mich Greifbar, haben unmittelbaren zusammenhang mit der "Karatefähigkeit", aber auch in den körperlichen Vorraussetzungen und sie haben zunächst einmal nichts mit Intellekt oder Geist zu tun. Darüber muss man nicht nachdenken, das wird beim durchführen der Kata klar ohne das man sich eine Sekunde Gedanken darüber machen muss wie man das jetzt anwendet.

5) Energetische Stimulation
Du musst dich ja nicht aktiv damit auseinandersetzen, ist dein gutes Recht :).
Ich habe an anderer Stelle schon einmal geschrieben das ich davon auch noch nicht viel Wissen und noch weniger Erfahrung habe. Ich bin aber zumindest so neugierig das ich mir fest vorgenommen habe mich noch deutlich Intensiver damit auseinanderzusetzen. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

Ich habe einige Wirkungen schon an mir selbst erlebt und auch bei Leuten die ich gut kenne, die mir also nichts vorspielen. Ich kann es ohne Anleitung aber nicht reproduzieren (jedenfalls nicht zuverlässig).
Die Grundlagen dahinter sind die gleichen wie z.B. bei der Akupunktur. Bei der ist es inzwischen weitgehend unbestritten das sie eine Wirkung hat, auch wenn die Wirkungsweise nicht klar ist.
Das Wissen was ich bisher habe liefert Erklärungen für einige Dinge für die ich bisher keine hatte, oder es liefert mir andere (einleuchtendere) Erklärungen als bisher. Ich kann diese bisher aber eben nur im Kopf nachvollziehen, nicht erleben. Sehr unbefriedigend....

Das was du da unten als mögliche Wirkungsweisen beschreibst... Vitalpunktstimulation hat auch etwas mit älter werden zu tun, im Sinne von Gesunderhaltung. Aber z.B. auch etwas mit Schmerzen und wie man sie erzeugt oder los wird, mit Regeneration nach einem Treffer... .
Du willst dich auf dem Klo nur erleichtern, sonst nix... in einer Kata will man nur den Umgang mit den Schmerzen durch einen Treffer erleichtern, sonst nix. Möglich? In meinen Augen ja.
Wenn du Spass daran hast lass dir mal einen harten Treffer auf den Solar Plexus verpassen, so das dir die Luft richtig weg bleibt. Und dann für mal die diskutierte Bewegung aus der Bassai dai aus und sag mir ob sie geholfen hat ;). (Wenn nicht schieb es erstmal darauf das ich da was falsch verstanden habe, wie gesagt habe ich da noch nicht so viel Wissen...und geh nicht deshalb davon aus das Vitalpunktstimulation scheiße ist... ;)).

Es gibt übrigens Leute sich damit auskennen und von der unter Karateka verbreiteten Literatur in der dieses Thema behandelt wird nicht sehr viel halten weil es abgeschriebene Theorie ist ohne es begriffen zu haben. Dadurch wird es ab einem gewissen Punkt einfach zu ungenau ist und verfälscht. Das kann ich aber nicht beurteilen... vielleicht auch nur Konkurenzkampf.

Aber ich erzähl hier Krempel obwohl du sagst das es dich nicht interessiert...sorry, ich find es einfach spannend :). Also zum nächsten...

6. Bunkai Bassai dai: Bewegung 22-24
Es ist ein Beispiel was du nennst, klar. Und ich sage nur wo es in meinen Augen nicht ganz passt.
In meinen Augen ist das wesentliche der Bewegung nicht "hoch, runter, vor" wenn es so eckig sein soll wie das jetzt klingt, sondern "Zurück und vor", und das wellenartig. Das ganze macht imho aber nur dann Sinn wenn man es im Kontext der restlichen Bewegungen sieht. Aber meine Auslegung wird dir vermutlich nicht gefallen weil sie viel mit Kakie, den 5 Elementen und sonstigem "chinesischen Kram" zu tun hat ;). Falls doch schicke ich sie dir gerne mal als pdf, für's Forum ist das entschieden zu lang....

Bei Chinte:
Teisho-Uke erst links dann rechts (greifen des rechten Beines). Dann bewegen sich die Arme nach hinten, der Oberkörper bewegt sich leicht nach vorne, dann eine Drehbewegung. Das ist genau das Prinzip das ich brauche um jemanden die Beine wegzuziehen. Einfach mal Ausprobieren, vielleicht auch von jemandem aus dem JJ, Ringen, etc. mal zeigen lassen.
Aber eben nur meine Meinung...

Bunkai ... für mich werden in Kata an Beispielen Prinzipien gelehrt.
Zuerst übt man die Bewegungen der Kata, dann versteht man irgendwann (mit etwas Glück) dahinterliegende Prinzipien und dann lernt man diese auch in ander Form als in der Kata umzusetzen. Das ist für mich Bunkai, so versuche ich es umzusetzen, das ist nicht nur Intellekt sondern ständiges, hartes Üben.
Eine Kata nur auszuführen um der Bewegungsimitation wegen, ohne zu fühlen welchen Karakter sie hat, was man da tut - und auch ohne sich tatsächlich im Kopf mit der Kata auseinanderzusetzen - das ist für mich Gymnastik.
Kann man aber auch anders sehen, so wie alles hier ;).

7) Kakie
Jo... wo auch sonst ausser in Kata und deren Anwendung... :)

8) Age-Uke:
Vielleicht bin ich zu blöd für die Freikampfstellung, aber ich Blocke Geraden meistens von der Seite und dafür hole ich nicht aus, egal ob mit dem vorderen oder hinteren Arm.
"stoßender Unterscher-Bewegung " ... ???
Gehört in diese Bewegungskategorie dann auch Uchi-Uke ?

Wegen Waki werde ich mir mal Shomen-Uchi von jemandem zeigen lassen der es kann, wenn ich dann begreife was du meinst melde ich mich noch mal.

Jens S.
20-03-2003, 22:16
Hallo Forum!

Eigentlich hatte ich gelobt, mein Exzessiv-Geposte zukünftig zu unterlassen, habe jedoch jetzt schon wieder ein Blatt mit einer Menge Notizen vor mir zu liegen.
Daher die Warnung: Es wird wieder ein Monster-Posting und bitte inständig Jeden, der so etwas nicht mag, es einfach zu ignorieren. Ich versuche auch, halbwegs gut zu gliedern, so daß ein "Überfliegen" oder "Kursivlesen" erleichtert wird.

@Dojokun

Ja, Bereicherung mag TCM (Warum muß ich dabei immer an die Tchibo-Läden denken? ;-)) sein. Ganz sicher.
Jedoch nur insofern, wie eben viele Dinge das Karate bereichern können.
Wie wäre es mit Astrologie? > Die positive/negative Wirkung der Sterne auf einen Zweikampf. Das klingt doch supi.
Oder Ernährung? > Die Wirkung von Bohnensuppe oder einer Magenverstimmung und ihr Einfluß auf einen Kampfverlauf. Darüber ließe sich sicher auch klug reden. Aber eigentlich könnte das schon wieder TCM sein.
Oder Farbenlehre? > Die Wirkung von Farben auf die menschliche Wahrnehmung und ihre Rolle in den ostasiatischen Kampfkünsten.
Oder auch Licht? Lichtstimmungen können so schön depressiv machen, daß man das doch einsetzen können muß!?
Wetter? Den Gegner vom Blitz treffen lassen, ja, das wär's ...
...
Oder nehmen wir Bun Bu Ichi. Komischerweise wird aber in keinem Karatebuch, -video oder -lehrgang der zarte Saitenschlag oder der Pinselschwung erläutert.
Jetzt höre ich förmlich den Einwand: Aber das benutzt man doch nicht zum Kämpfen!
Eben, ich benutze TCM auch nicht zum Kämpfen.

Und hier sehen wir, worum es geht: Die Frage ist, ob eine Sache zum Kernbereich einer Kunst gehört, so daß sich behaupten ließe, sie bereichere nicht nur, sondern gehöre zum Wesen, was bei Nichtbeachtung ihrer Inhalte zur Entstellung der Kunste führen würde.

Wer das, was ich zum JKA-Shotokan geschrieben habe, gelesen hat, weiß, daß TCM dieses Karate nur bereichert; notwendig ist sie dort nicht.
Auch wird hier wieder der Charakter des Shotokan als Samurai-Karate deutlich, denn der Samurai, der sein Schwert an den Hals seines Gegners setzt, interessiert sich für Meridiane nur insoweit, als daß er beabsichtigt, sie zu durchtrennen.
Ultimative Technik - nicht Bauchschmerzen und Fußpilz. ;-)

Stichwort Osaka Sensei: Und seine kaputten Ellenbogen hat er wohl auch vom tiefen Stehen? Will heißen: Es kann auch andere Gründe für kaputte Kniee geben.


@Michael

1. Tiefe Stellungen
Eben! Und deswegen stört mich die Behauptung der Revival-Leute, daß die tiefen Stellungen von der JKA verbrochen wurden.
Erstens sind, wie gesagt, dort die Stellungen, zumindest der Lehre nach, nicht extrem tief und dies wird, außer im Ausnahmefall zu Übungszwecken, nicht so vermittelt.
Eigentlich weiß ich nicht einmal so genau, warum die JKA diesbezüglich so den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt.
Die Meisten scheinen irgendwann mal ein Buch (Na? Von wem?) gelesen zu haben, in dem stand "JKA - verarmtes Karate - Sport - tiefe Stellungen - obermies - inhaltslos ..." und dies wird jetzt allerorten gebetsmühlenartig wiederholt, ohne den geringsten Gegencheck. Und dies nur, weil es in Deutschland der Karate-Realität entspricht, aber so gut wie Niemand jemals bei einem JKA-Instruktor richtig in die Lehre gegangen ist. Und daß die Autoren solcher o.g. Bücher Nakayama Sensei häufig, wenn überhaupt, vielleicht mal aus der Ferne gesehen haben, interessiert auch Keinen!
Zweitens: Hat jemand von Euch schon mal Goju-Ryu oder Shito-Ryu gesehen und kennt deren Shiko-dachi? Shiko im Uechi-Ryu ist auch sehr, sehr tief und der Zenkutsu in der dortigen Sanseiryu ist sogar extrem tief. Da ließen sich x Beispiele finden ...

2. Samurai-Karate
Natürlich muß (sollte) eine zweite Technik möglich sein, aber es ging um die Vermittlung eines Prinzips, nämlich daß es auf einen Augenblick ankommt. Du aber nimmst meine Ausführungen insoweit wörtlich, als Du auslegst, ich würde Kombinationen doof finden, oder mich, nachdem mein erster Versuch vielleicht fehlgeschlagen ist, kampflos ergeben, denn mehr ginge ja schließlich nicht. Mensch, ehrlich ...
Ichibyoshi heißt nicht, immer nur mit einer Technik, sondern in einem Atemzug anzugreifen. Das sind sehr verschiedenen Dinge und zeigt wieder einmal die Nähe des Shotokan zum Kendo, aus dem dieses Prinzip stammt. Es geht darum die Entscheidung zu suchen, schnell und konsequent: Kime, als technisches, kämpferisches und philosophisches Prinzip (kime ga aru).

Warum soll es dem "Samurai-Prinzip" widersprechen, auch fließende Techniken zu benutzen?
Daß es auf DEN Augenblick, auf DIE Entscheidung ankommt, ja, ich glaube da richtig zu liegen.

3. TCM/Energetik
Wenn es auf den ultimativen Augenblick ankommt, spielt all dies überhaupt keine Rolle. Zumindest in meiner Welt.
Aber laß mal: Sicher kann das alles nützlich sein, ich halte es (ich beginne, mich zu wiederholen) jedoch für nicht dem Kernbereich der Kunst zugehörig, somit nicht für wesensbestimmend und demzufolge außerhalb einer Definition für Karatedo liegend. Was dazu führt, daß trotz Nützlichkeit ein Fehlen dieser Elemente den Charakter der Kunst nicht verändert. Das ist alles, was ich sagen wollte.
Daß auch ich die eins, zwei Dutzend im Kampf verwertbaren Punkte kenne, gebe ich hiermit zu. Das ist selbstverständlich ... aber das war es dann auch.

4. Reihenfolge der Kata (schwer/leicht?)
Hier reden wir schlicht aneinander vorbei. Warum, werde ich Dir versuchen zu erklären.

Es gibt grundsätzlich zwei Wege, sich dem Erlernen einer Kampfkunst zu nähern. (Natürlich gibt es mehr als zwei Wege, die aber nur Abwandlungen oder Mischungen der zwei Extreme, die ich jetzt versuche zu erklären, sind. Bitte auch nicht an meiner Terminologie hochziehen, denn es geht nur um's Prinzip.)
Beide Wege führen zum Ziel (wenn es denn eines gibt) und beide Wege sind, soweit ich das beurteilen kann, gleich effektiv.
Sie unterscheiden sich lediglich darin, WIE der Ausübende seine Zeit vom Start bis zum Ziel verbringt.

a.) Jutsu
Typisches Beispiel sind hier manche Lehrbücher. Tausend Seiten dick. Kapitel 1: Grundlagen, 10 Seiten, hier werden Grundtechniken erläutert, d.h., man findet ein Bild mit der Unterschrift "Gerader Fauststoß". Danach folgen 68 Kapitel, die z.B. lauten "Abwehr gegen Messerangriffe von vorn, wobei der Angreifer das Messer so hält, das die Klinge an der Daumenseite ist" oder "Abwehr gegen beidhändige Angriffe von hinten, eine Hand am Kragen und eine an der Schulter" usw.
Diese Bücher sind sehr schöne Sammelsurien allermöglichen Varianten und man sieht, daß sich der Autor wahsinnige Mühe gegeben hat. Diese Bücher sind voller Tricks und Kniffe und der Schüler ist von Anfang an begeistert.
Genauso wird bei dieser Methode auch trainiert. Es gibt eine unendliche Anzahl von Fallkonstellationen, also auch eine unendliche Anzahl Abwehrtechniken. Der Schüler wird damit konfrontiert und merkt nach einiger Zeit des Übens, daß sich Variante 36c mit Variante 198f sehr ähnelt. Nach noch längerer Zeit bemerkt er, daß sich die 1000 Varianten, aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlickeiten, in zehn Gruppen einteilen lassen und kommt schließlich nach noch viel längerer Zeit darauf, daß selbst diese äußerlichen Ähnlickeiten obsolet sind, denn allen 1000 Varianten wohnen lediglich fünf Prinzipien inne. Der Schüler ist sehr froh, daß er sich nicht mehr alle 1000 Techniken merken muß.
Jetzt ist der Schüler technisch gesehen am Ziel.

b.) Do
Typisches Buch-Beispiel ist hier z.B. Karate perfekt von Nakayama Sensei.
Dem Schüler wird eine geringe Anzahl Grundtechniken, die alles beinhalten, vorgegeben. Sie werden ihm zu Beginn erklärt, aber von Anfang an Grundprinzip-bezogen, und dann hat er sie zu üben. Er ist sehr enttäuscht, denn er hat etwas völlig anderes erwartet. Das Training ist langweilig und es kostet ihn allergrößte Mühe, nicht aufzugeben, denn "seine" Kampfkunst ist so bar jeder Exotik und irgendwelche Tricks lernt er auch nicht.
Irgendwann merkt der Schüler, daß außerdem ein hausgemachter Etikettenschwindel vorliegt, denn es ist nicht immer nur das drin, was draufsteht. Also Abwehr ist nicht nur Abwehr, Angriff nicht nur Angriff usw.
Er stellt fest, daß, wenn er mehr macht, zur Not auch weniger kann, aber nicht umgekehrt. Deswegen findet er die großen Techniken, die so unpraktisch aussehen und die er aber ständig üben muß, gar nicht mehr so übel.
Er erkennt irgendwann z.B. auch, daß die von allen als so oberschwer angesehenen Fußtechniken leichter sind als die Handtechniken, denn bei den Fußtechniken kann sich sein Oberkörper ausruhen, die Handtechnik verlangt jedoch immer alles von ihm. Er erkennt sogar, daß in jeder gut geübten Handtechnik eine geübte Fußtechnik enthalten ist und beginnt sich immer weniger darüber zu ärgern, daß er immer nur wieder seine Grundtechniken wiederholen muß. Schließlich erkennt er, daß die wenigen Grundprinzipien, die er viele Jahre geübt hat, frei anwendbar sind und 1000 Varianten zulassen. Er begreift letztendlich, daß dies auch möglich ist, wenn er lediglich seine Grundtechniken immer fleißig weiterübt und sich nur gelegentlich mit den möglichen Varianten befaßt, die er gar nicht katalogisieren will, weil er sie gar nicht alle kennt.
Jetzt ist der Schüler technisch gesehen am Ziel.

Lieber Michael, versuch' Dir dies für die Kata zu durchdenken und Du wirst vielleicht verstehen, warum Shuto-Uke immer ganz genau gleich ist, wenn man der zweiten Mehtode anhängt. So wie ich.

5. Bassai-Bunkai (22.-24. Bewegung)
Du kannst mir Deine .pdf-datei gerne schicken. Selbst wenn sie mir nicht gefallen sollte ... ich bin doch kein Ignorant!
Daß meine Beschreibung "hoch,tief, vorn" eckig klingt, tut mir leid. Ich habe versucht, es weich zu schreiben ...

6. Chinte-Bunkai (27. Bewegung)
Nein, Dein Bunkai ist mir viel zu weit weg vom Grundprinzip. Aber "Geht nicht" gibt es schließlich nicht.
Ich scheine die Kata jedenfalls ganz anders als Du zu üben.

7. Bunkai = Intellekt?
Doch isses. Siehe oben.
Aber eben nicht für jeden. Siehe nochmal oben. ;-)

8. Jiyu-Gamae/Age-Uke
Du hast offensichtlich eine andere Kamae. Deswegen reden wir aneinander vorbei.

MfG
Jens Streich

P.S.: Meine Adresse ist einfach mein Name, Vor- und Nachname getrennt durch einen Punkt und beim rosa Riesen. Ich will die Adresse nicht eintippen, da manche Firmen die Foren mit Mail-Such-Bot's abgrasen. Ich brauch aber keine Kreditangebote. ;-)

Dojokun
20-03-2003, 22:55
Original geschrieben von Jens S.
Stichwort Osaka Sensei: Und seine kaputten Ellenbogen hat er wohl auch vom tiefen Stehen? Will heißen: Es kann auch andere Gründe für kaputte Kniee geben.



Ja nee, is klar...
Wenn man seinem Körper zuviel zumutet, wird er sich rächen!
Oder im JKA-Shotokan nicht?
Wäre klasse!!
Dann hätte ich einen Freibrief.



Und zur TCM:
Ich habe gesagt, dass sie das Karate bereichern kann....
Ich habe nicht gesagt, dass sie zum Kern des Karate gehört.
Und ich habe auch nicht gesagt, dass jeder sich damit auseinandersetzen soll....

Nun gut, ist egal...

Dojokun

Jens S.
20-03-2003, 23:06
Hallo Dojokun,

habe ich gesagt, Du hättest gesagt ... ?

Aber Du hast schon recht. Osu.

MfG
Jens Streich

Dojokun
20-03-2003, 23:12
Noch ein kurzer Nachtrag (habe ich erst jetzt gelesen...):

Ochi-Karate...
Nicht schon wieder.
Wem es nicht passt, muss es nicht machen!!

Wer sich an Tanaka orientieren möchte: Bitte schön!
Ich meckere an diesen Leuten auch nicht rum...

Also laßt die Leute, die Ochi anhängen, das machen, was Ochi sagt...



Dojokun

Jens S.
20-03-2003, 23:24
Hallo Dojokun,

habe ich gesagt, daß Ochi-Karate nix ist?
Sicher nicht.

Ich habe nur anklingen lassen, daß Ochi Sensei eben SEINE Interpretation lehrt ... und dies auch offen so sagt. Daraus habe ich lediglich abgeleitet, daß ein Schluß auf' Nakayama-Karate nicht zwingend gegeben sein muß.

Ich will das wirklich nicht ausbreiten, aber ich fühle mich ungerecht behandelt, wenn ich jetzt zurechtgeiwesen werde, denn ich habe lediglich gesagt, was auch Du sagst: Ochi-Leute machen das, was Ochi sagt. Also Ochi-Karate.

MfG
Jens Streich

Dojokun
20-03-2003, 23:28
Dann nachst Du Tanaka-Karate...
Und das ist auch SEINE Interpretation.

Nimm es mir nicht übel, aber andauernd kann ich mir von einer gewissen Gruppierung anhören:
Dies ist JKA-Karate, dies ist "Ochi-Ryu", jenes sagt der, dieses wer anders...

Ui, irgendwann ist mal gut.
Ist jetzt nicht gegen Dich gerichtet, aber mal ehrlich:
Warum kann man nicht einfach trainieren?
Es sind Kleinigkeiten, die sich unterscheiden.


Dojokun

Jens S.
20-03-2003, 23:33
Hallo Dojokun,

selbst wenn ich Tanaka-Karate machen würde, dann wäre es trotzdem so, daß Tanaka Sensei die Kata nach den Empfehlungen der Shihan-Kai lehrt und Ochi (nur in Deutschland!) eben nicht.

Wir sollten dies wirklich nicht vertiefen, bitte.

MfG
Jens Streich

Dojokun
20-03-2003, 23:34
Das sehe ich auch so...


Oss

Dojokun

Jens S.
20-03-2003, 23:45
Hallo Dojokun,

um weiteren Unfrieden zu vermeiden, habe ich die entsprechende Passage aus meinem Posting gestrichen.

Osu

MfG
Jens Streich

Dojokun
21-03-2003, 09:02
Das wäre nicht nötog gewesen.
Du hast niemanden angegriffen oder beleidigt.
Und ich habe nur meine persönliche Sichtweise dargestellt.
Aber sei´s drum...

So wird es definitiv keinen Stress mehr um diese Zeilen geben.



Oss

Dojokun

Michael1
21-03-2003, 11:28
Hallo Jens,

ich versuche mal mich auf die Punkte die mir wichtig erscheinen zu beschränken und mich dabei einigermaßen kurz zu fassen... mal sehen ob’s klappt ;).

1) Tiefe Stellungen
"stronger, faster, deeper" steht da auf englisch weil ich es auf englisch zu hören bekommen habe, also nicht nur bei deutschen Trainern. Das es eine individuelle Sache einzelner Trainer ist stimmt, genau so wie deine Erfahrungen mit dem „natürlich stehen“.
Warum scheint tiefes stehen in D-Land (aber nicht nur) jenseits des Katawettkampfes so "in" zu sein? Fehler in der Vermittlung von Wissen? Oder stimmt da meine Wahrnehmung nicht mehr und es stehen kaum Leute tief? Oder ist das nicht-tief-stehen eine Art Insiderwissen?

Ich denke viele Leser von Lind & Co haben vorher ihre persönliche Erfahrungen mit Karate gemacht. Sie vergleichen das was Lind schreibt mit dem was sie kennen, und da haben sie halt den Eindruck das er recht hat. Wenn es ihrer Erfahrung wiedersprechen würde dann würden sie es wohl nicht nachäffen.

Nochmal meine Frage:
Wie hältst du es ganz persönlich mit dem Stand? Wie stehst du im Training? Heißt "in erster Linie natürlich" bei dir nie tief oder wechselst du? Oder stehst du meistens tief?

2) Samurai-Karate
Ich habe gefragt wie du es mit einer zweiten Technik siehst weil ich sicher sein wollte das ich dich richtig verstehe. Die Frage war vielleicht etwas provokant, aber dann verstehe ich es wenigstens richtig :).

Ist "zermürben", also den Gegner durch viele Techniken ausschalten mit deiner Auffassung vereinbar? Viele kleine Wunden/Treffer? Auch wenn es dann nicht auf "den einen Moment" ankommt sondern auf viele kleine Momente?

3) TCM
Um damit kämpfen zu können muss man, so habe ich mir sagen lassen, erst verstehen was man da tut. Und das ist ziemlich kompliziert und nicht so offensichtlich wie bei einem Zuki.
Ganz wenig konkret sondern rein hypothetisch... wenn es Vitalpunkte gäbe die durch einen Treffer auf Rippenhöhe dazu führen das deine Beinmuskulatur kurzzeitig "weich" wird ... oder wenn die richtige Kombination von Vitalpunkten zu einem Bewusstseinsverlust führen würde...wenn es dir hilft Treffer besser zu verkraften... alles reproduzierbar für jeden der sich entsprechend damit auseinandersetzt ... wäre das alles für einen Kampf nicht relevant?
Und wenn das jetzt auch noch direkt aus einer Kata ableitbar wäre... alles nicht Kern des Karate?

Nein, ich kann es nicht... mich interessiert wie du deine Kern-Karate definierst.

Und noch eine Frage.
Gibt es deinem Verständnis nach nur den Kampf auf leben und tot, oder gibt es auch den Kampf bei dem es darum ein vorhaben zu unterbinden ohne zu töten?

4) Kata
Ich hab damit echt sehr große Verständnisschwierigkeiten... Deine beiden Varianten sind im wesentlichen der selbe Weg, nur in unterschiedlicher Richtung beschritten. Richtig verstanden?

Ist Shuto-Uke für dich eine Grundtechnik die in Empi und Bassai dai das gleiche Prinzip vermitteln soll?
Das finde ich nämlich gerade nicht, für mich sind es unterschiedliche Prinzipien die evt. aber mit ähnlichen Anwendungen umgesetzt werden können.

Auch übersteigt es einfach meine Fähigkeiten ein Prinzip frei umzusetzen wenn ich es nur in einer Bewegung gelernt habe.
Ich muss für mich ausprobieren ob ich das Prinzip in dieser einen Bewegung umsetzen kann, auch mit (verschiedenartigen) Partnern. Dann muss ich probieren wie sich das Prinzip in anderen Bewegungsabläufen umsetzen lässt, oder eben auch nicht... finde ich besonders dann schwierig wenn ich auf Aktionen des Gegenübers reagieren soll.
Erst wenn ich ein paar Varianten „eingeschliffen“ habe dann kann ich anfangen zu variieren, das Prinzip frei umzusetzen auch in Abläufen die ich vorher so nicht gemacht habe.

Oder verstehe ich deine Vorstellung von Prinzip und Umsetzung schon wieder falsch?

5) Bassai dai
weich... da hätte ich halt was Bildhaftes gebraucht ;)

...pdf muss ich dann nur erst mal schreiben... also ein bissel geduld :).


6) Chinte-Bunkai
So wie ich die Kata kenne und verstehe scheint mir diese Bewegung sehr nah am Prinzip, ist aber auch keine Kata mit der ich mich intensiver auseinandergesetzt habe ... aber gut möglich das wir die Kata tatsächlich unterschiedlich ausführen.

7) Bunkai = Intellekt
Naja, letztendlich muss es funktionieren.
Und zwar nicht nur spezieller Angriff mit spezieller Abwehr, sondern die Prinzipien müssen sich umsetzen lassen.

weudl
22-03-2003, 14:54
Meiner Meinung nach sollte man sich nicht von dem Gedanken leiten lassen, dass irgendetwas falsch oder richtig ist. Es hängt immer davon ab, in welcher Situation man etwas einsetzt. So kann es zB Situationen geben, in denen eine tiefe Stellung besser ist als eine hohe und umgekehrt. Nur das eine zu trainieren und das andere zu vernachlässigen weil es nicht schulkonform oder nicht 'traditionell' ist, ist sicher nicht das Optimum.

Selbiges gilt auch für TCM. Allerdings ist die Frage, ob man sich tatsächlich mit komplizierter Meridianlehre beschäftigen muss um empfindliche Punkte des Körpers finden zu können. Viele dieser Punkte liegen einfach nur auf Nervenbahnen, andere führen zu einem Trauma des Gehirns und wieder andere stören die Blutzufuhr zum Gehirn. Man kommt also auch ganz gut ohne Meridiane aus...

Über die gesundheitsfördernde Wirkung des Karatetrainings a' la Chi Gong lässt sich auch streiten. Ich denke, dass sich in diesem Punkt Karate kaum von anderen Sportarten unterscheidet. Dies bedeutet aber auch, dass es im Übermaß betrieben, ungesund ist und das Leben verkürzen kann...

Jens S.
22-03-2003, 22:22
Hallo Leute!

@weudl

Dein posting kann ich, denke ich mal, so unterschreiben.


@Michael

Hallo!

Zu 1.

"Stronger, faster, deeper!", ja, ich glaube zu wissen (und zu kennen), wen Du meinst. Danach kam bestimmt ein "Keep back straight!" und ein "Power!", stimmt's? ;-)

Du hast mich an meiner Achillesferse erwischt, denn dieser eine Instruktor scheint tatsächlich meiner Erfahrung vom "natürlichen Stehen" gänzlich zu widersprechen.
Jedoch weiß ich nicht, ob es sich hierbei nicht vielleicht lediglich um eine "persönliche Macke" handelt, denn ich kenne genug Leute, die auch längere Zeit bei ihm in der Marshall Street gelernt haben und diese waren doch recht begeistert.
Auch seine Assistenten, also der ehemalige (Kawasoe) und der jetzige (Ohta), machen diesbezüglich eine völlig andere Technik. Beide stehen zwar tief, aber eben natürlich-tief, und nicht extrem-tief (so wie der Boss).

Zu "meiner" Technik:
Kihon: Da mache ich es "genormt". Nach all dem, was ich geschrieben habe, wirst Du auch wissen warum.
Kata: Siehe unten.
Kumite: Kommt drauf an > Kihon-Kumite = Norm; Jiyu-Kumite = den Umständen entsprechend.


Zu 2.
Zermürben? Nein. Ich versuche zu erklären warum.

Sicher mag es im sportlichen Wettkampf diese Taktik geben, vor allem in Systemen, die mehr oder minder erlaubt den Kontakt zulassen, was in gewissen JKA-Kreisen auch gängig ist.
Dies ist aber dort deswegen so (und überhaupt möglich), weil keine "Waffen" im Spiel sind. Mit Waffen meine ich nicht Waffen im technischen Sinne, sondern eben das Arsenal, das der Karateka benutzt, um den Kampf "wirklich" zu entscheiden. Es ist eine normale Methode, den Gegner darauf vorzubereiten, den Punkt zu machen.
Dies hat im "richtigen" Kämpfen jedoch keinen Raum.
Zermürben? Laß mich nachdenken ... der Aktive hat also so ca. 5 oder 10 Chancen, vielleicht auch 20, die er nutzt, um den Kampf "ein bißchen" zu gewinnen. Der Gegner macht natürlich das Gleiche (?????), denn es ist nicht anzunehmen, daß über diese zeitliche Distanz nur "unserem Mann" der eine oder andere Treffer gelingt. ... Grübel, grübel ... Oh Gott! Vielleicht irren wir uns ja und der Gegner spielt nicht mit und schneidet etwas tiefer und nutzt seine Chancen, gleich "richtig" zu gewinnen.
;-)))))))
Also bleibt nur der Fall, wo es dem Gegner nicht gelingt, auch selbst zu treffen. Doch woher wissen wir das vorher und spielen mit unseren Chancen?
;-)))))))
Letztlich kann die Taktik also nur dann angewandt werden, wo es von vornherein feststeht, daß der andere keine Chance hat und hilflos gegen uns anrennt.
Warum, um Himmel's Willen, jetzt kämpfen?
;-)))))))

Diese Argumentation macht natürlich nur dann Sinn, wenn wir uns die Hände des Karateka wie Waffen vorstellen, die wir am Makiwara geschmiedet haben ... und lies nochmal bei Funakoshi Sensei nach. ;-)
Diese Argumantation macht darüber hinaus auch nur dann Sinn, wenn wir uns den Kampf "um's Ganze" vorstellen und keine Disco-Rauferei. Was die Frage aufwirft, worür Karatedo "geschaffen" ist. Auch das kannst Du bei Funakoshi Sensei nachlesen ...


Zu 3.
Karate-Kern? Ganz einfach: Kime. Und damit natürlich das, was es braucht, es zu bewirken.

Auch etwas anderes als "um Leben und Tod"?
Eigentlich nicht. Dioe anderen Fälle werden mit dem "Karate-Abfall" versucht zu lösen. Kern der Kunst ist es keineswegs. Ikken hissatsu ist der technische Kern.


Zu. 4.
Richtig verstanden. ;-)

Ja, eine Technik vermittelt (im wesentlichen) immer das gleiche Prinzip, welches, wenn man dies so sehen will, dann auch immer "omnipotent" für alle Varianten ist.

Um gleich Mißverständnissen vorzubeugen: Das bedeutet hingegen nicht, daß ein und diesselbe Technik in jedem Fall in jeder Kata gleich ist. Nur da, wo sie gleich ist (was man natürlich lernen muß) beinhaltet sie das gleiche Prinzip. Bei Shuto-Uke gibt es hier nur sehr wenige Ausnahmen vom Normalfall, so daß man tatsächlich mit recht sagen kann, er sei immer gleich.
Um dies aber mit einem Gegenbeispiel zu untermauern:
Zenkutsu-Dachi steht immer für hohe Schwingungsweite und Flexibilität bei gleichzeitiger Stabilität. Dies kann aber in der Kata mitunter unterschiedliche Ausprägungen erfahren. In Kanku-Dai zeigt sich das Prinzip in weiten Stellungen, die Distanz überbrücken und lange Techniken ermöglichen sollen.
In Bassai Dai hingegen zeigt sich genau das gleiche Prinzip aber in einer Form, wie sie von der in Kanku Dai angewandten Art und Weise ausgeschlossen sein würde. Dies wird dann auch so gezeigt. In Bassai ist die Stellung daher kürzer und flexibler, um stabil und weit (flexibel) den Wechsel von "Böse nach Gut" zu ermöglichen.

Ich hoffe, Du verstehst das richtig. Es wird also abstrahiert bis zu einem Grad, wo es "verantwortbar" erscheint und sich nicht widerspricht. Dies in der Kata festzuschreiben war ein Meisterwerk!

MfG
Jens Streich

P.S.: Macht wirklich Spaß, mit Dir zu kommunizieren. Vor allem möchte ich Dir auch danken, daß Du Dir die Zeit nimmst, mein "Gefasel" zu lesen und zu verstehen. Mehr Achtung kann man nicht verlangen. Danke.

Dojokun
22-03-2003, 22:52
Also sooo neu wird´s nicht mehr... :(


Freilich kann man noch weiß Gott wie oft seine Meinung hin und her posten, aber ich denke, dass eigentlich so ziemlich alles klar geworden ist, wer was wie sieht .....

Deshalb:
Etwas mehr Fortschritt bitte...


Oss

Dojokun

Jens S.
22-03-2003, 22:59
Hallo Herr Moderator Dojokun!

Du magst zwar Moderator sein, was Dich aber offensichtlich nicht daran hindert, unhöflich zu werden.
Michael hat Fragen gestellt ... die Du ja auch alle beantwortet hast!

Schreib' Deine Postings selber, wenn es für Dich nichts neues gibt!

Und Tschüß ...


Jens Streich

P.S.: Michael, wenn es noch was gibt, weißt Du ja, wie Du mich erreichen kannst. Für mich ist hier Schluß.

Dojokun
22-03-2003, 23:03
Wenn Du mein Posting unhöflich findest entspricht das nicht dem, was ich damit beabsichtigt habe,
Aber dass Du nicht unbedingt auf meiner Seite bist ist mir auch schon klar geworden.

Nun gut...
Auch Du weißt, wie Du mich anderweitig errreichen kannst...


Dojokun

Jens S.
23-03-2003, 10:43
Hallo Dojokun,

ich weiß nicht, woraus Du zu entnehmen können glaubst, ich sei "nicht auf Deiner Seite".
Dann bin ich wahrscheinlich nie auf Jemanden's Seite, denn irgendwelche Meinungsverschiedenheiten gibt es immer. Und sei es beim Zahnpastatuben-Zuschrauben. ;-)
Die Frage ist doch lediglich die, wie man sich einander annähert.

Deine neuerliche "Zurechtweisung" war, aus meiner Sicht, schlicht und ergreifend unnötig und unpassend.
Michael und ich, wir haben uns einfach nett unterhalten. Im Gegensatz zu vielen anderen Diskussionen ging es einfach darum, Meinungen und Informationen auszutauschen. Niemand von uns beiden war unhöflich oder hat sonstwie die Boardregeln oder Netiquette (Gibt's das eigentlich noch?) verletzt. Auch haben wir, in Übereinstimmung mit der in der Eingabemaske installierten Überprüfungsroutine, nie die maximale Beitragslänge überschritten.

Warum, um Himmel's Willen, mußte ein dann Moderator eingreifen? Weil ihm das Thema nicht gefällt? Weil im Thread einmal ein Begriff fiel, der ihm nicht gefällt? ... Ich weiß es nicht. Sag es mir.
Und da ich es nicht weiß und mir auch keinen einleuchtenden Grund vorstellen kann, fühle ich mich bevormundet.

Daß der Thread jedoch Anderen offensichtlich interessant vorkommt, beweist die stattliche Anzahl an Hits.


Jens Streich

Dojokun
23-03-2003, 11:11
Ich habe auf den Beitrag per PN geantwortet.
Ich möchte die weitere Diskussion zwischen Jens und mir nicht in der Öffentlichkeit führen.
Deshalb: Back to Topic!


Oss

Dojokun