Vollständige Version anzeigen : geschichtliche frage
manu1979
09-02-2008, 21:47
hi ihr,
ich weiß, das thema wurde in anderer form schon im kkb diskutiert, aber mich interessieren gerade nur die historischen fakten und ihr zusammenhang:
es kommt mehr und mehr durch, dass in deutschland komplette waffenverbote (ich meine klingen und stumpfe waffen, keine schusswaffen) für stadtbezirke ausgesprochen werden, nachdem zb. die klingenlänge für messer schon in den letzten jahren drastisch reduziert wurde (ich will jetzt garnicht diskutieren, ob das "gut" oder "schlecht" ist).
mich interessiert, wann gab es sowas in der vergangenheit, komplette waffenverbote für den gemeinen bürger, und ganz wichtig, was waren die gründe dafür.
nein, ich möchte nicht, dass ihr jetzt für mich recherchieren geht, sondern lediglich die infos, die ihr bereits habt ;)
grüße, manu.
nachdem zb. die klingenlänge für messer schon in den letzten jahren drastisch reduziert wurde
ich fang mal mit der bestehenden Rechtslage an:
Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4)
Waffenliste
1.4.1
Spring- und Fallmesser nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1.1 und 2.1.2. Hiervon ausgenommen sind Springmesser, wenn die Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge
- höchstens 8,5 cm lang ist,
(...)
Das ist die einzige Beschränkung der Klingenlänge.
manu1979
10-02-2008, 17:18
8,5cm ist aber doch recht wenig, zu meiner jugend gabs noch lange spring und klappmesser, sowie butterflys.
und viele städte (unter anderem meine, oder hamburg) führen gerade ein komplettes lokales waffenverbot für den innenstadtbereich ein.
wo sind die historiker? :)
Zum Thema historische Waffenverbote fallen mir ad hoc Stellen aus dem Bayrischen Landfrieden (1230) ein, desweiteren so ziemlich jede beliebige Stadtverordnung vom 14. bis ins 16. Jhd.
Die Ausprägungen sind sehr unterschiedlich, im B.Landfrieden gibt es etwa eine Passage, die einem Bauern das Mitführen seines Schwertes zum Kirchgang erlaubt, aber anordnet, ihn zu binden und über ihn Gericht zu halten, falls er es gegürtet tragen sollte.
In diversen Stadtverordnungen wird das Tragen von Schwertern eingeschränkt, für manche Stände auch ganz verboten, was sich wiederum in einer erhöhten Popularität des Langen Messers niederschlägt, bis dieses dann Schwertmaß erreicht.
Vor dem 13. Jhd sind mir - vielleicht auch mangels Recherchefokus - keine festen Verordnungen bekannt.
P.S.
Roberto hat hier in diversen Threads ein paar interessante Angaben zu italienischen Waffenverboten und den daraus entstandenen Alternativen Waffen gemacht. Speziell in den Themen Messer- und Stockkampf, soweit ich mich entsinne.
manu1979
11-02-2008, 12:34
mich würde noch interessieren, was die offensichtlichen sowie nicht offensichtlichen gründe für diese beschränkungen/verbote waren.
gruß, manu
mich würde noch interessieren, was die offensichtlichen sowie nicht offensichtlichen gründe für diese beschränkungen/verbote waren.
gruß, manu
Könntest Du bitte spezifizieren, ob Dich Waffenverbote und deren Gründe im Allgemeinen interessieren oder, ob es rein um Waffenverbote in Deutschland geht? Je nachdem was Du genau meinst, wisse wir, welche mögliche Antwort dein Interesse treffen würde.
Ciao und danke,
Roberto
manu1979
13-02-2008, 17:51
ok, sorry, wenn ich etwas undeutlich war. mich interessieren hauptsächlich die politischen zusammenhänge der damaligen waffenverbote, da ich gerne mögliche paralellen zum heutigen geschehn ziehen möchte (oder auch nicht, wenn es keine gibt). eigentlich ist mir egal ob in deutschland oder ganz europa, es geht mir mehr um die ausschlaggebenden gründe der herrschenden klasse/monarchen o.ä.
mit ein grund für mein interesse ist der altbekannte spruch, wer aus seiner vergangenheit nicht lernt....
ich hoffe, das war präzise genug formuliert, falls nicht, sagts mir, dann probier ichs nochmal :)
gruß manu
Lederfuß
15-02-2008, 19:52
Gab es da nicht auch ein komplettes Waffentrageverbot für Studenten der Universitäten im SpäMi und der Renaissance (falls ich da falsch liege, bitte korrigieren) , da sie sich wohl oft und äußerst gern duellierten und es öfter zu Ausschreitungen kam?
In dieser Dissertation: http://www.imareal.oeaw.ac.at/seiten/texte/dissertation.pdf
wird z. B. kurz erwähnt, daß es den Studenten im frühen 16. Jhrd. in Venedig (Aufgrund von heftigen Krawallen, vor allem in der Karnevalszeit) durch die Stadthauptmannschaft untersagt war, mit Waffen unterwegs zu sein, da man "um zu studieren, besser Bücher als Waffen tragen soll."
Gruß Markus
Verbote waren damals v.a. lokaler Natur. Aus der Uni Heidelberg ist mir ein Verbot kurz nach ihrer Gründung bekannt, wo so ziemlich alles, was es damals an Waffen gab, auf dem Campusgelände verboten wurde.
Und Studenten, die m.W. oft außerhalb der städtischen Gerichtsbarkeit standen, waren früher oft als Troublemaker verschrieen.
manu1979
16-02-2008, 21:23
also wurden waffenverbote hauptsächlich angewandt, um die menschen "vor sich selbst" zu schützen, und nicht etwa, um die jeweiligen herrscher vor den bürgern zu schützen?
gruß manu.
Jein:)!
Ja, weil die Gewalt oft genug überhand nahm und die im Spätmittelalter und in der Rennaissance entstehenden Staatengebilde begannen, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verrechtlichen.
Nein, weil es natürlich zu einem erheblichen Teil auch darum ging, so etwas wie ein gesellschaftliches Gewaltmonopol zu errichten. Das geht natürlich mit dem ersten Teil meiner Antwort einher - der Entwicklung von Staatlichkeit, oder doch zumindest von - auch bürokratisch und juristisch abgestützter - Zentralgewalt.
Für das heilige römische Reich deutscher Nation (~800 - 1806) ist in diesem Zusammenhang der "Ewige Landfriede (http://de.wikipedia.org/wiki/Ewiger_Landfrieden)" von 1495 von zentraler Bedeutung.
manu1979
21-02-2008, 14:56
vielen dank für die antworten und der artikel ist sehr interessant. :)
gruß manu
itto_ryu
29-02-2008, 07:19
Ich glaube in vielerlei Hinsicht waren solche Waffenverbote bzw. Gesetzgebungen auch ein Mittel, um die Gerichtsbarkeit auszubauen. Z.B. der Mainzer Landfriede von 1235, der das Fehderecht vorgegebenen Verfahrensregeln unterwarf und dabei nach damaliger Anschauung nicht waffenfähige Personen (Frauen, Bauern, Juden) und sakrale Orte schützte, um das "Faustrecht" einzudämmen und die Gerichtsbarkeit auszubauen.
Ich glaube in vielerlei Hinsicht waren solche Waffenverbote bzw. Gesetzgebungen auch ein Mittel, um die Gerichtsbarkeit auszubauen. Z.B. der Mainzer Landfriede von 1235, der das Fehderecht vorgegebenen Verfahrensregeln unterwarf und dabei nach damaliger Anschauung nicht waffenfähige Personen (Frauen, Bauern, Juden) und sakrale Orte schützte, um das "Faustrecht" einzudämmen und die Gerichtsbarkeit auszubauen.
Wer weiss, wie man in 200-800 Jahren über unsere heutigen Gesetzgebungen in Sachen kurzer klinge, Einhandmesser etc. diskutieren wird. Vielleicht fällt unseren Nachfahren ja ein logischer Grund ein? :)
Calfbite
02-03-2008, 20:59
Ich hab gerad keine Zeit gründlich zu recherchieren und kann deshalb nur mal gerad das Stichwort "DDR" ins Spiel bringen...nach dem, was ich von ehemaligen Volkspolizisten gehört habe, waren Waffen in Bürgerhand (abgesehen vom Knicker) nicht sehr gern gesehen...wobei derjenige bestimmt ein Schelm ist, der denkt, dass das so war, um den Bürger vor sich selbst, und nicht den Staat vor´m Bürger zu schützen...der Bürger war ja schließlich die Diktatur..äh...der Staat...und so...
Vielleicht find ich dazu noch irgendwas fundiertes.
Gruß
Calfbite
03-03-2008, 21:43
also wurden waffenverbote hauptsächlich angewandt, um die menschen "vor sich selbst" zu schützen, und nicht etwa, um die jeweiligen herrscher vor den bürgern zu schützen?
gruß manu.
Ich hab vorhin mal ein bisschen im Internet rumgeguckt...es gab da wohl noch im Nationalsozialismus bestimmtes Waffenbesitzverbot für jüdische Bürger...das ist zwar in gewisser Weise ein Sonderfall, weil´s jüdische Menschen in dieser Zeit generell gesetzlich einen sehr schweren Stand hatten, aber es garantiert nicht dafür da, die Menschen "vor sich selbst zu schützen"...ist aber natürlich auch etwas neuere Geschichte...
Grüße
manu1979
10-03-2008, 09:04
finde ich aber trotzdem relevant. und eure ganzen antworten zeigen mir mehr und mehr, wohin die aktuelle beschneidung der bürgerrechte geht (bin nicht genau informiert, aber man darf scheinbar nichtmal mehr einen stock als waffe mit sich führen).
Man könnte über das Thema ausschweifend diskutieren...aber bitte nicht hier, OK?
Respekt was manche hier für ein historisches Detailwissen haben. Ich halte mich für geschichtlich nicht völlig unbewandert, aber zu dem Thema hätte ich wirklich gar nichts sagen können.
Bisher fand ich den Thread hochinteressant.
manu1979
11-03-2008, 15:59
Man könnte über das Thema ausschweifend diskutieren...aber bitte nicht hier, OK?
ok, nur wo dann? es ging mir ja auch darum, paralellen der damaligen und heutigen waffenverbote zu ziehen. ich wollte jetzt nicht das neue waffengesetz bzw. irgendwelche verschwörungstheorien en detail hier zu diskutieren, falls du das meintest...
OK, dann kann das hier weitergehen.
DavidBr.
13-03-2008, 09:02
Gab es in den historischen Texten wie dem Bayrischen Landfrieden auch Angaben, ob und wie man die jew. Verbote umgehen konnte? So wie die Trageweise des Schwertes, die Ivain angibt, oder Geldzahlungen? Oder ist man dann auf andere Waffen/waffenähnliche Gegenstände ausgewichen?
Das Verbot von Waffen auf Okinawa hat interessante Neuentwicklungen ergeben.
Ich bin gespannt, was hier daraufhin entwickelt wird. :p
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