gehen ima-leute generell mit destruktiven leuten anders um? [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : gehen ima-leute generell mit destruktiven leuten anders um?



tsange
05-03-2008, 08:06
ich denke, das kennt jede/r, dass es manchmal leute gibt, die im job, im privaten bekanntenkreis oder im unterricht destruktives verhalten an den tag legen.
ob nun jemand wild entschlossen ist, ständig beleidigt zu sein oder ob das mehr auf der offenen aggressions-/kritik-/herabsetzungsschiene läuft oder sonstwie von der intrige bis zu subtileren formen der verletzung und einschränkung anderer: manche leute sind einfach wirklich schwierig, entweder zu einem selbst oder zu anderen, die sich schlecht dagegen wehren können.

ich muss gestehen, dass ich selbst in solchen fällen dazu tendiere, ganz untaijimäßig mit grober unfreundlichkeit, spott oder zynismus drüberzufahren, wenn mir keine deeskalation in für mich zumutbarer zeit gelingt und ich so jemandem nicht aus dem weg gehen kann.
aber eigentlich sollten solche situationen nach den taiji-mechanismen auf kommunikationsebene doch auch "weich" aufgenommen-neutralisiert-abgegeben werden können, oder?

sind taijiler, die weiter als ich sind, grundsätzlich in der lage, mit destruktiven persönlichkeiten, destruktiven beziehungen und destruktiven alltagssituationen so elegant umzugehen oder bleibt das einfach eine frage des individuellen charakters wie gehabt?
da ich wenig vergleichsmöglichkeiten habe (ich tippe mal vorsichtig darauf, dass mein lehrer sowas in der richtung kann, aber wirkliche konflikte gabs in unserer schule nie und der könnte ja von natur aus einfach eine integrative persönlichkeit sein), würde mich interessieren, was euch - als vertreter verschiedener richtungen, schulen und ansichten in bezug auf imas - zu dem thema einfällt bzw. ob da eine gemeinsame linie auszumachen ist, die grundsätzlich mit der ausübung einer inneren kampfkunst zusammenhängt.

wie geht ihr mit destruktiven leuten um? wie gehen eure lehrer damit um?

shin101
05-03-2008, 09:16
Naja der Umgang definiert sich durch dein Verständnis was der Gegenüber damacht und das man sich folgende Tatsacher klar macht.

Entweder man kann nicht Wissen warum er anscheinend so reagiert wie er reagiert.Dann man muss warten und herausfinden warum er so reagiert(Ist ein in einer Situation wo man sich mit Körperlichern Argumenten verteitigen muss natürlich unvorteilhaft zu warten;) )

Am sonsten kann man ein etwaiges Denkkonstrukt erstellen, weil Menschen Dinge aus ähnlichen Beweggründen tun.Das heißt er tut dann zb seinen Stress abbauen weil er nicht damit umgehen kann, oder seine Frau sich wieder gezofft hat mit ihm, oder er seine Kinder nicht mehr unter Kontrolle hat. Vielleicht aber hat er Angst um seinen Job wer weiß. Beweggrund meint dabei das solche Stresssituationen aus einem Mangel in der Regel passieren. Welcher Mangel das ist läßt sich nicht immer durch ein Gespräch heraus finden wenn man die Person kennt.

Nun aber dieses Grundmuster ermöglicht uns zu erkennen das der Mensch eine Situation erreicht hat mit der er so nicht klar kommt. Für sich sollte man dann durchspielen wohin es weiterführt wo es hingeht wenn man sich drauf einläßt mitmacht etc...

Hat man alle Varianten durch, sollte man eigentlich dabei herauskommen das es einfach keinen Sinn macht sich darauf einzulassen, weil man selber dabei in Verführung gerät aus seinem Gleichgewicht zu treten und andere noch weiter in diesen Kreislauf führt die das nicht überblicken können.

Es gibt sicherlich die Menschen dies einfach nur drauf anlegen, denen spielt man nur in die Hände wenn man sich provozieren läßt.


Viele grüße,
iron

bluemonkey
05-03-2008, 09:43
Naja der Umgang definiert sich durch dein Verständnis was der Gegenüber damacht und das man sich folgende Tatsacher klar macht.

Entweder man kann nicht Wissen warum er anscheinend so reagiert wie er reagiert.Dann man muss warten und herausfinden warum er so reagiert(Ist ein in einer Situation wo man sich mit Körperlichern Argumenten verteitigen muss natürlich unvorteilhaft zu warten;) )

Am sonsten kann man ein etwaiges Denkkonstrukt erstellen, weil Menschen Dinge aus ähnlichen Beweggründen tun.Das heißt er tut dann zb seinen Stress abbauen weil er nicht damit umgehen kann, oder seine Frau sich wieder gezofft hat mit ihm, oder er seine Kinder nicht mehr unter Kontrolle hat. Vielleicht aber hat er Angst um seinen Job wer weiß. Beweggrund meint dabei das solche Stresssituationen aus einem Mangel in der Regel passieren. Welcher Mangel das ist läßt sich nicht immer durch ein Gespräch heraus finden wenn man die Person kennt.

Nun aber dieses Grundmuster ermöglicht uns zu erkennen das der Mensch eine Situation erreicht hat mit der er so nicht klar kommt. Für sich sollte man dann durchspielen wohin es weiterführt wo es hingeht wenn man sich drauf einläßt mitmacht etc...

Hat man alle Varianten durch, sollte man eigentlich dabei herauskommen das es einfach keinen Sinn macht sich darauf einzulassen, weil man selber dabei in Verführung gerät aus seinem Gleichgewicht zu treten und andere noch weiter in diesen Kreislauf führt die das nicht überblicken können.


Wenn eh dabei herauskommt, dass man sich nicht drauf einlassen soll, wozu der ganze spekulative Aufwand?

GilesTCC
05-03-2008, 09:46
Hi Tsange,

(dein Nick klingt ja auch schon etwas 'pieksig' oder 'kneifend', obwohl dein Schreibstil sehr offen und angenehm ist)

Erstmal kann ich mich nur über Tai Chi Chuan und seine Strategien äussern, da mein Wissen über die andere Stile viel zu oberflächlich ist, um mich über potentielle "Transfers" zu äussern. Dafür sind andere hier im Forum gefragt.

Erstmals muss man den Grundsatz akzeptieren, daß die Art, wie der Körper bewegt bzw. agiert, die sonstigen Emotionen, Gedanken, Handlungen usw. beeinflussen kann. (Kann, nicht immer muss).
Darauf aufbauend, meiner Meinung nach, bietet TCC die Möglichkeit, positiv oder sagen wir produktiv mit Aggression, negativer Energie usw. von anderen umzugehen.
Also, die folgende Aussagen können sowohl auf der körperlichen, technischen Ebene innerhalb des Trainings, als auch im übertragenden Sinne für das Leben, verstanden werden:
- Einem anderen einen gewissen Freiraum geben, ihn "sein Ding machen lassen", ohne die eigene Mitte oder Unversehrtheit zu kompromittieren.
- Grenzen stellen können, ohne den anderen damit "in die Ecke zu stellen" oder ein direktes "Kraft gegen Kraft" einzusetzen - was oft zu Unterdruckung oder zur Eskalation führt.
- Bestimmte Sachen, auch "Angriffe", bis zu einem bestimmten Grad näher an sich heranzulassen ("Offenheit", "Zulassen", "Für voll nehmen"), ohne das es einem wirklich verletzt oder aus dem Lot haut.
- "Angreifende" Energie durch sich hindurch zu lassen und in die Erde zu schicken. (wie ein Blitzableiter, ohne selbst "verbrannt" zu werden).

Das setzt aber ein paar Sachen voraus:
1. Man trainiert diese Sachen relativ intensiv in der Kampfkunst. Was nicht unbedingt der Fall sein muss; man kann auch ganz effektiv körperlich kämpfen, ohne diese Sachen besonders zu vertiefen. Ob es dann wirklich noch Tai Chi Chuan oder doch eine andere Methode ist, sei hier dahingestellt...

2. Man muss bereit sein, diese Sachen auf sich wirken zu lassen. (Erst) dann können sie einem wirklich helfen und verändern.
Was mich an einen meinen Lieblingswitze erinnert (geht leider nur auf Englisch...)

Q. "How many psychotherapists do you need to change a light bulb?"

A. "Only one. But the light bulb must really want to change..."


Nicht, daß persönliche Veränderung automatisch Psychotherapie bedeuten muss - sicherlich nicht. Aber der Pointe bleibt.

Man könnte einen ganzen Aufsatz (oder Buch) über das Thema "Transfer von Tai Chi Chuan ins Leben" schreiben. Hier oben nur ein paar Ideen oberflächlich angerissen. Und jetzt muss ich endlich wieder trainieren und meine sonstige Arbeit machen, statt immer wieder im Forum mitzumischen...;)


Schöne Grüsse,

Giles

shin101
05-03-2008, 09:47
Wenn eh dabei herauskommt, dass man sich nicht drauf einlassen soll, wozu der ganze spekulative Aufwand?

Naja du mußt den Vorgang einmal mindestens gemacht haben um dir vollkommen im klaren zu sein wie man etwas auflöst was in den Grundfesten im eigenen Kopf entsteht.

Die Leute die sich einfach nur sagen ich muss mich nicht aufregen. Werden sich vielleicht in 9 von 10 Fällen nicht aufregen, aber im 10, da liegt der Knackpunkt.
Weil sie sich nicht die Mühe machen an die Wurzel zu gehen. Der Stress,Ärger denn die Menschen machen ist nur ein Auswuchs. Für dich keine Wurzel kein Auswuchs.


Viele grüße,
iron

christoph
05-03-2008, 10:21
ich denke, das kennt jede/r, dass es manchmal leute gibt, die im job, im privaten bekanntenkreis oder im unterricht destruktives verhalten an den tag legen.
ob nun jemand wild entschlossen ist, ständig beleidigt zu sein oder ob das mehr auf der offenen aggressions-/kritik-/herabsetzungsschiene läuft oder sonstwie von der intrige bis zu subtileren formen der verletzung und einschränkung anderer: manche leute sind einfach wirklich schwierig, entweder zu einem selbst oder zu anderen, die sich schlecht dagegen wehren können.


Im chinesischen nennt man das clevere Umgehen mit schwierigen Leuten auch Taiji spielen (da taiji). Ich bilde mir ein mir haben die IMAs ein wenig geholfen auch im Zwischenmenschlichen Bereich ein bisschen entspannter zu werden.
Schon allein wenn man körperlich entspannter ist, und das bin ich durch IMA mit Sicherheit geworden, müsste man sich auch leichter im Alltag entspannen können. Wenn man sich zudem etwas mit solchen Prinzipien beschäftigt bleibt es nicht umhin, das sich sowas auch auf andere Lebensbereiche überträgt. Ist doch schön oder? :)

laoshu
05-03-2008, 10:31
Hi, tsange!
Meiner Meinung und Erfahrung nach bewirkt das Erlernen einer ima nicht per se eine Verhaltens-, geschweige denn eine Persönlichkeitsveränderung. Wer zum Beispiel in den ima nur sportliche Bewegungen oder Kampftechniken sieht und sich mit den soft skills nicht beschäftigt, der merkt wahrscheinlich gar nichts - im wahrsten und im übertragenen Sinne. Zwar wird gerade beim taiji der ganzheitliche Anspruch, also auch die Entwicklung der Persönlichkeit, immer mitgedacht und auf die Fahnen geschrieben, in der Realität sieht das jedoch anders aus. Vielleicht mag für einen Meister - im Sinne eines shifu - die Persönlichkeitsentwicklung seines Schülers von Interesse sein und er sie auch beurteilen können, aber in normalen, kommerziell ausgerichteten Schulen mit bis zu 30 Teilnehmern in einem Kurs?
Und auch ein Meister ist nicht gleichbedeutend mit ausgereifter, neutralisierender, gelassener Persönlichkeit.
Ich zum Beispiel bin auch diesem Klischee aufgesessen, das man - vielleicht gerade als Europäer - von einem Taiji-Meister so im Kopf hat. Ruhig, gelassen, ausgeglichen, tolerant, empathisch. Weit gefehlt. Mein Lehrer ist eine narzistische Persönlichkeit wie sie im Lehrbuch steht. Aufbrausend, kritikunfähig, manipulativ, immer im Mittelpunkt stehen und der Beste sein müssen. Der hat keinen taiji-geformten, ausgleichenden Umgang mit destruktiven Persönlichkeiten - er ist die destruktive Persönlichkeit!
Grüsse,
laoshu

Netandi
05-03-2008, 15:57
Hi,

im Taijiquan gehts immer um beide Seiten der Medaille. Ich merke langsam (nach ein paar wenigen Monaten), dass meine sicherlich eher Yin-lastige Veranlagung ein bisschen mehr Yang zulässt.
Könnte natürlich unter dem Gesichtspunkt "Grenzen setzen" fallen.:gruebel:

Das musste ich aber gottseidank noch nicht mit/an destruktiven Leuten testen.:cool:

Der Gedanke, dass Taijiquan jemanden in Richtung Mitte stabilisiert (sanfte Menschen werden etwas resoluter, aggresivere Menschen etwas sanfter) passt für mich aber sehr gut ins Konzept. :)


cu
Netandi

Lars´n Roll
05-03-2008, 16:19
Ich halte es ja immer so ein bissl für´n Klischee, dass traditionelles Kung Fu zu Weisheit und Ausgeglichenheit führen soll.
Hat nicht auch ein Kung Fu Heini ebenso wenig und ebenso viel Recht, ab und an mal ein patziger Assi zu sein, wie jeder andere?
Im inx-bums Forum bekommt Phil Bayer oft zu hören, dass sein unhöfliches Benehmen eines Kung Fu Meister unwürdig sei.
Ich denk mir dann immer, dass Kung Fu Meister doch auch nur Menschen sind.

Unter Umständen ist mir jemand mit der Direktheit eines offenen Hosenstalls und dem Mundwerk eines Bierkutschers sogar lieber als ein Mr. Myagi Verschnitt.

Fällt mir nur so spontan zu dem Thema ein. Wenn ich mir Gedanken um mein Verhalten gegenüber anderen Menschen mache, dann denke ich dabei eigentlich weniger über einen möglichen Einfluß meiner KK nach.

shin101
05-03-2008, 16:44
Ich halte es ja immer so ein bissl für´n Klischee, dass traditionelles Kung Fu zu Weisheit und Ausgeglichenheit führen soll.
Hat nicht auch ein Kung Fu Heini ebenso wenig und ebenso viel Recht, ab und an mal ein patziger Assi zu sein, wie jeder andere?
Im inx-bums Forum bekommt Phil Bayer oft zu hören, dass sein unhöfliches Benehmen eines Kung Fu Meister unwürdig sei.
Ich denk mir dann immer, dass Kung Fu Meister doch auch nur Menschen sind.

Unter Umständen ist mir jemand mit der Direktheit eines offenen Hosenstalls und dem Mundwerk eines Bierkutschers sogar lieber als ein Mr. Myagi Verschnitt.

Fällt mir nur so spontan zu dem Thema ein. Wenn ich mir Gedanken um mein Verhalten gegenüber anderen Menschen mache, dann denke ich dabei eigentlich weniger über einen möglichen Einfluß meiner KK nach.

Das hängt mit einer Frage zusammen. Warum sich unnötig aufbäumen wenn es gar nicht nötig ist ?

Macht wenn andere so etwas machen die Sache besser ? Wie steht es mit der Sache an sich ? Ist es besser jemand der einen Agressiv ins Visier nimmt genauso anzuschauen oder ihm neutral zu begegnen und dem gar nicht auszuweichen ?

Man darf ja eins nicht vergessen, nur weil Leute die Frieden schätzen heißt das nicht das sie nicht kämpfen können ;)


Viele grüße,
iron

Lars´n Roll
05-03-2008, 16:47
Ist halt ne Frage des Temperaments, Darius. Denke ich jedenfalls.

Ich glaube dass ist ganz ähnlich wie die Frage, ob Schlägertypen durch´s KK-Training friedlicher werden oder ob man da keinen sicheren Zusammenhang konstruieren kann. Die Debatte is ja auch grade aktuell, hier im KKB.

shin101
05-03-2008, 16:51
Ist halt ne Frage des Temperaments, Darius. Denke ich jedenfalls.

Ich glaube dass ist ganz ähnlich wie die Frage, ob Schlägertypen durch´s KK-Training friedlicher werden oder ob man da keinen sicheren Zusammenhang konstruieren kann. Die Debatte is ja auch grade aktuell, hier im KKB.

Sicher, Ziel ist ja aber dieses Temperament zu besänftigen in einigen IMAs. Vorraussetzung ist natürlich das man sich selber darauf einlassen will.

Ich denke wer sich nicht drauf einläßt und verkrampft bleibt agressiv wie er war.

Viele grüße,
iron

Lindo
05-03-2008, 16:57
Letztlich sind die IMA´s meist auch Wege die einem überhaupt die Möglichkeit eröffnen sich selbst und sein Vorgehen zu reflektieren. Bzw. einem andere Wege zeigen um sein Spektrum zu vergrößern.

Ahoi
Lindo

shin101
05-03-2008, 16:58
Letztlich sind die IMA´s meist auch Wege die einem überhaupt die Möglichkeit eröffnen sich selbst und sein Vorgehen zu reflektieren. Bzw. einem andere Wege zeigen um sein Spektrum zu vergrößern.

Ahoi
Lindo

Im groben ist jedre Weg dafür geeignet. Manche können es nur nicht zulassen oder gehen gar nicht erst mit dem Wollen dran.


Viele grüße,
iron

Neph
05-03-2008, 17:25
Mir kommt es so vor, als wenn das Erlernen einer Kampfkunst nicht die Ursache sondern ein Symptom dafür ist, dass ich mich verändere. Und dann wiederum verändert sie mich.

john_doe
05-03-2008, 17:47
Hallo tsange!


Auf Deine Ausgangsfrage "gehen ima-leute generell mit destruktiven leuten anders um?" kann ich natürlich auch keine allgemein-verbindliche Antwort geben, aber ich würde es mal so formulieren: Sie könnten es - vielleicht.

Hier nun von einer im Verbalbreich stattfindenden/bleibenden Auseinandersetzung ausgehend:

Zunächst würde ich mich in einer aktuellen Situation definitiv nicht darum kümmern, warum wohl die andere Person im Moment so garstig ist; das "Jetzt" erscheint mir wichtiger. Was denjenigen soweit gebracht, das kann man bei Bedarf hinterher klären - wie in einer echten Kampfsituation, da sollte man sich in dem Moment auch nicht drum scheren, warum der Angreifer einem ans Leder will. Sonst hat man u.U. auf der Intensivstation viel Zeit, weiter darüber nachzudenken ... :D

Neijia-Prinzipien zur Anwendung (in einem abstrakten) Rahmen bringen - imho geht das schon, wiewohl das bestimmt nicht ganz leicht ist, denn wenn der erste, nun folgende Punkt nicht beachtet wird, kann man den Rest meist schon knicken:

Der meiner Meinung nach wichtigste Punkt ist, sich nicht persönlich zu involvieren/involvieren zu lassen, sondern zentriert/bei sich zu bleiben. Fängt man erstmal an, sich selber zu echauffieren, dann kommt man schnell in die Reaktion und folgt der anderen Person.

Gib der destruktiven/aggressiven Person mehr Raum als sie braucht - Lü(?). Dann kann sie sich in der "Leere" austoben und kommt vielleicht schon dadurch zur Besinnung.

Und/oder geh' mit (anhaften) ohne - Punkt 1 - Dein Zentrum aufzugeben, "überhole" und übernimm dann die Führung in eine Richtung der Situation angemessen.

Alternativ benutze P'ang, "zerstöre" die Struktur der Aggression im Moment, wo sie beginnt sich aufzubauen und übernimm die Führung, siehe oben.

Wenn's wirklich (aber nur dann!) nicht anders geht, kontere - aber dann so, daß die andere Person "nicht mehr auf den Füßen bleibt" - bildhaft gesprochen! Danach kann man bei der Wiederherstellung der Struktur mithelfen und in eine neue, bessere Richtung bauen.

Mir ist klar, daß sich das theoretisch schön sagen läßt und bitte keine Fragen jetzt, wie das denn praktisch aussehen soll - da ließen sich ungezählte Beispiele anführen und wieder verwerfen. Bedenkt, es geht um Prinzipien, nicht um Techniken ...


Schöne Grüße,
john_doe

Neph
05-03-2008, 18:04
Neulich habe ich auf der Arbeit einen Handwerker gebeten, das Fenster im Raucherzimmer zu reparieren. Dort herrschte mittlerweile Dauerfrost.

Eine Kollegin bekam das mit und meinte: "Das ist doch nicht nötig, sollen sie doch ruhig beim Rauchen schlottern".

Es gab mal Zeiten, da hätte ich mich über diese Gehässigkeit geärgert.

Diesmal habe ich einfach gefragt: "Was hast du denn davon, wenn die Raucher frieren?"

Und sofort war sie in der Defensive.

Also habe ich mich nicht geärgert und der anderen Person Raum gegeben. Der Rest hatte sich damit schon erledigt.

Drachin
05-03-2008, 20:44
Ruhig, gelassen, ausgeglichen, tolerant, empathisch. Weit gefehlt. Mein Lehrer ist eine narzistische Persönlichkeit wie sie im Lehrbuch steht. Aufbrausend, kritikunfähig, manipulativ, immer im Mittelpunkt stehen und der Beste sein müssen. Der hat keinen taiji-geformten, ausgleichenden Umgang mit destruktiven Persönlichkeiten - er ist die destruktive Persönlichkeit!
Grüsse,
laoshu

Klingt ganz wie eine Beschreibung meines ehemaligen langjährigen Lehrers. Könnte der Liste noch einiges anfügen.

Zu eigenen Trainingszwecken ist das auf eine Art gar nicht mal so schlecht, falls man das so sehen kann, eben was das trainieren von soft-skills und deren Basis angeht. Eine innere Distanz ist gefragt, in der man zwar klar sieht was man da vor sich hat aber nicht einfach wild drauf los reagieren kann, und die trotzdem die Aufnahmefähigkeit im Sachlichen nicht behindert.

Gewinnen kann man da auch nicht, das hieße verlieren, aber seine Prinzipien wahren kann man.

tsange
05-03-2008, 21:44
donnerwetter, da kam ja eine wunderbare "ausbeute", gleichzeitig an vielseitigen ansichten und standpunkten und an etwas, das sich wiederum durchgehend durch den gesamten thread zieht, nämlich so eine mischung aus aufmerksamkeit und offenheit.
jeder betont andere aspekte und weist auf andere beobachtungen hin, und auch die strategien und zielsetzungen sind individuell verschieden, aber das fehlen von verbissenheit in der art, sich überhaupt erstmal einen konflikt anzuschauen, findet sich als konstante in jedem einzelnen posting.

ich denke, diese unverkrampftheit und diese art, keinen "erstschmerz" (wie von iron angesprochen) hereinzutragen, ist das, was ich für mich durch starten dieses threads herauskristallisiseren wollte und entspricht auch dem, was ich bisher nur diffus, ohne es benennen zu können, atmosphärisch rund ums taiji in meinem mikrokosmos erlebt hatte (und wovon ich bei mir selbst auch ansätze im vergleich zu früher bemerken durfte), ohne jemals eine gelegenheit zu haben, es an einer vergifteten situation zu "testen".

das macht jetzt ein ziemlich schönes gefühl von geborgenheit, gerade weil es so gar keine gleichschaltung ist, sondern etwas, das ihr offenbar höchst individuell und jede/r auf seine eigene art finden und weiterentwickeln konntet.

und auch sehr spannend die hinweise, dass es nur in dem ausmass passiert, wie es jemand zulässt, am krassesten im beispiel, das laoshu erwähnt (das muss ja wirklich bitter sein, wenn ausgerechnet der, dem man beim lernen vertrauen können sollte, um nicht nur effiziente kampfbewegungen, sondern auch veränderungsmöglichkeiten bei sich selbst zu erforschen, noch immer damit beschäftigt ist, einem seinen erstschmerz um die ohren zu knallen - ich glaube, das wäre bei mir ein klassischer fall von drüberfahren und/oder weg mit schaden, aber weg).

auch die einzelenen inputs, die auf konkrete aspekte eingehen, fand ich sehr wertvoll und möchte sie nochmal kurz zusammenfassen (man vergebe mir bitte, falls ich in der verkürzung etwas überinterpretiert haben sollte):
- iron mit der situationsanalyse, die dem hineinspüren in die motivation des anderen entspricht und die basis für angemessenes handeln bietet
- bluemonkey mit einer geradezu chinesischen nüchternheit des aufwand-nutzen-vergleichs
- giles, behutsam und facettenreich wie so oft, mit beleuchtung der kommunikationsmöglichkeiten und einbettung der einzelnen teile in den gesamtzusammenhang (mein nick kommt übrigens wirklich von "zange" im sinn von beißzange und wurde mir vor vielen jahren in einer internetdiskussion "verliehen")
- christoph, der ähnliches wahrzunehmen scheint, wie ich und das stichwort des taiji spielens beisteuert (danke!)
- laoshu, stets am boden der tatsachen und niemals unterzukriegen, deren negativbeispiel von lehrer daran erinnert, wiesehr die entwicklung, die jede/r durchmacht, seine eigene bringschuld ist (ich wünsche dir sehr, dass du eine lernsituation findest, bei der der lehrer auch abseits der reinen technik zu mehr taugt als bloss als schlechtes beispiel).
- netandi, der an ein phänomen erinnert, das ich auch in unserer gruppe im rückblick bemerke, nämlich dass die entspanntheit nicht nur die starre härte, sondern auch die übergroße nachgiebigkeit in der kommunikation und im alltagshandeln mancher teilnehmer/innen verdrängt - wichtiger punkt.
- lars'n roll legt wert darauf, dass keine benimmbigotterie stattfindet (da bin ich ganz bei dir, es ging mir um leute, die als "vernichter" unterwegs sind, egal ob grob bis brutal oder hinterhältig mit artigem säuseln und streugift)
- lindo sieht imas als offene chance zur selbstentwicklung
- neph erinnert klug daran, dass wir uns die möglichkeiten zur veränderung am ehesten dann holen, wenn der impuls zur veränderung schon da ist (für mich besonders interessant, weil ich mir das taiji nicht ausgesucht hatte und mich mein leben lang nie dafür interessiert hatte, sondern eigentlich nur wen dorthin begleiten wollte, und erst beim "halt auch mitmachen" feststellen durfte, dass ich doch genau das gesucht hatte)
- john doe zieht anschaulich die echtzeitparallele zum kampfgeschehen und den dabei zur anwendung kommenden grundsätze, fand ich für mich sehr schlüssig
- und last not least drachin, deren souveränität mich nicht zum ersten mal beeindruckt (so viel gelassenheit würde ich selbst nicht aufbringen)

sven.s
06-03-2008, 07:47
gehen ima-leute generell mit destruktiven leuten anders um?

Lies einfach noch ein paar mehr Themen hier im IMA Unterforum und Du kannst dann schnell und einfach Deine eigene Frage mit "nein" beantworten.

Die Aussagen der Art "Sie könnten es" gehen meiner Meinung nach erstens an der Realität vorbei und zweitens könnten es Praktizierende anderer Kampfkünste/Kampfsportarten ebenso anders machen.

Gruß, Sven

tsange
06-03-2008, 08:56
Lies einfach noch ein paar mehr Themen hier im IMA Unterforum und Du kannst dann schnell und einfach Deine eigene Frage mit "nein" beantworten.

zuviel friede-wonne-eierkuchen im thread?

ist schon klar, dass beim überlegen zum thema "wie geh ich mit destruktiven leuten um" versöhnlichere beiträge kommen als bei fragen, wo jede/r etwas zu verteidigen hat und/oder sich durch gegenmeinungen - womöglich in langgehegten streitfragen - in frage gestellt sieht. ich hatte vor meinem einstieg ins forum erstmal ein bisschen zurückgelesen und bin dann im fa-jin-thread erstmal auf einige dissonanzen gestoßen. allerdings sind die foren hier auf dem board so stark von den moderatoren reguliert, dass ich schlecht abschätzen kann, ob, wann und wie weit sich ein flamewar entwickeln würde, wenn es zugelassen würde, da ja jeder anflug von unstimmigkeit gleich mit sperre der threads beantwortet wird.

trotzdem ist das bild, das sich für mich nach einigen wochen mitlesen in summe ergibt, das, das ich in meinem langen posting als zusammenfassung meiner thread"ausbeute" wiedergebe - nicht das eines maulkorbbedingten wohlverhaltens und auch nicht das einer streitgemeinschaft (solche habe ich zur genüge zu allen möglichen themen auf diversen diskussionsplattformen kennengelernt) und die erfahrung hat mich gelehrt, dass leute in sehr hohem ausmaß so sind, wie sie in postings wirken - dass man in jeder zeile viel mehr von sich erzählt, als man eigentlich vorhat.

zurückgehaltene aggression kommt nicht als offenheit oder ruhe rüber und es ist auch friedlichen beiträgen anzumerken, ob jemand auf übertrumpfen anderer oder auf austausch aus ist. und dinge wie offenheit oder entspanntheit, die nicht nur als behauptung auftauchen, sondern sich darin ausdrücken, dass leute genau "hinhören" und sorgfältig antworten, sind eigentlich gar nicht künstlich imitierbar. davon finde ich hier überproportional viel. insofern tendiere ich eher dazu, meine eigene eingangsfrage mit einem recht eindeutigen "ja" zu beantworten, mit der einschränkung, dass das nicht zwangsläufig bei jeden ima-ler so sein muss.

sven.s
06-03-2008, 10:52
zuviel friede-wonne-eierkuchen im thread?

Nein, das ist nicht der Punkt. Und auch nicht wirklich der Rest Deiner Nachricht - meiner Meinung nach.


insofern tendiere ich eher dazu, meine eigene eingangsfrage mit einem recht eindeutigen "ja" zu beantworten, mit der einschränkung, dass das nicht zwangsläufig bei jeden ima-ler so sein muss.

Denn die Frage war ja nicht, ob die IMAler hier im dem Unterforum offen sind oder nicht, sondern ob IMAler anders (konstruktiver) mit Problemen umgehen, als andere Kampfsportler/Kampfkünstler. Das lässt sich aber natürlich nicht alleine durch das beobachten dieses Unterforums beurteilen. Ein anders benötigt ja immer einen zusätzlichen Bezugspunkt. Und meiner Meinung nach findet man in den Foren hier - mit Ausnahme des WT/VT/xx Bereiches - in der Regel einen konstruktiven Umgang miteinander (Ausnahmen bestätigen die Regel. Und diese Ausnahmen hängen eher an den Menschen, als daran, ob es IMAler oder EMAler sind). Von daher kann ich nicht sehen, dass es ein bemerkenswertes/herausragendes "anders" der IMAler gibt.

Gruß, Sven

tsange
06-03-2008, 11:09
Denn die Frage war ja nicht, ob die IMAler hier im dem Unterforum offen sind oder nicht, sondern ob IMAler anders (konstruktiver) mit Problemen umgehen, als andere Kampfsportler/Kampfkünstler.

so gesehen hast du natürlich recht - ich hab nicht das ganze kk-board gelesen und kann diesbezüglich nichts aussagen.
meine vergleichs"populationen" sind einerseits dieses unterforum (plus eine handvoll taijiler in real-life), und andererseits eine relativ breitgestreute palette an bunt zusammengewürfelten foren (wiederum im zusammenhang mit real-life-begegnungen).

als wissenschaftliche studie in der tat wohl sehr untauglich.

was meinst du - ist kampfsport/kampfkunst das tendentiell konstruktivermachende element oder hältst du die beobachtete konstruktivität für ein selektionsergebnis aufgrund der sehr strengen moderation?

Neph
06-03-2008, 11:18
Also ich weiß, dass ich mit destruktiven Leuten anders umgehe als vorher und kann mich deshalb nur mit mir selbst vergleichen.

"gehen ima-leute generell mit destruktiven leuten anders um?" Vielleicht hätten wir einfachmal fragen sollen: "Anders als wer?"

Obwohl mir die Antwort sicherlich dann auch nicht weiterhelfen könnte. Weiß ich doch nicht, ob ich nicht vielleicht vorher anders reagiert habe und jetzt so wie die anderen.

Aber eigentlich ist mir das auch egal. Mir gehts besser und anderen, glaube ich, gehts in meiner Gesellschaft nicht schlechter als vorher. Was will man mehr?