PDA

Vollständige Version anzeigen : Drills für die Default Position



ilyo
17-04-2008, 09:42
Ich bin gerade auf der Suche nach Inspiration für Default Position Drills.
(Vgl. http://www.urbancombatives.com/defaultart.htm )

Derzeit beschränkt sich mein Training auf
- Blauer's Mirror Drill
(Gegenüberstehen, Hände aufeinander legen und einer greift mit Schwinger, Schwitzkasten oder Tackling an)
- Einer festgelegten Angriffsserie Sucker Punch->fehlgeschlagen->Schitzkasten->fehlgeschlagen->Tackling,
um etwas athletischer zu üben.
- "Überleben" und Entkommen in einer Ecke, während der Angreifer mit Boxhandschuhen auf einen einprügelt und
- freiem Angriff.

Ich bin derzeit leider etwas ideenlos, wie ich auf den freien Angriff hin üben kann. Bei den oben beschriebenen Drills klappt es irgendwann mehr oder weniger gut, für freie Angriffe reicht es aber noch lange nicht.
Streng genommen weiß ich selbst, dass ich den freien Angriff einfach üben muss, um ihn mit größerer Wahrscheinlichkeit abwehren zu können.
Zum einen möchte ich aber etwas mehr Abwechslung in mein Training bringen. Zum anderen muss es doch noch mehr Drills geben, die zum freien Angriff hin führen.

Wäre für Inspiration sehr dankbar!

hetcadeau
17-04-2008, 12:03
die meisten die keine Kampfsport treiben, die schlagen einfach wild wissen nicht mal wo die fäuste hinfliegen, deswegen ist dieser technik ideal. aber einige davon ist für mma sehr ideal, am besten mal mario stapel fragen, er ist hier auch aktiv in forum :-)

Stoiker
21-04-2008, 13:54
"Überleben" und Entkommen [...]
und freiem Angriff.


Was ist für Dich denn der Unterschied zwischen Überleben/Entkommen und dem freien Angriff?

Die Default Position ist eine Notlösung, die sich auf typische Szenarien in einer SV-Situation bezieht. Die Abfolge wäre:

(1) Aufmerksamkeit halten und potentiell gefährlichen Situationen aus dem Weg gehen.

Wenn das nicht funktioniert:
(2) Verbales Deeskalieren. Siehe auch Geoff Thompson:
(a) Three Second Fighter
(b) The Fence
(c) The Art of Fighting without Fighting

Wenn das nicht geht:
(3) Preemptive Strike

Wann das nicht geht, weil
(3.1) der andere den weggsteckt hat:
Weiter draufhauen. Lee Morrison nennt das eine "Oh shit!-situation"

(3.2) der andere noch schneller war und zuerst schlägt:
Jetzt kommt meine Default Postion (hoffentlich). Aus dieser Situation wird weiter gekämpft.

Mit anderen Worte: wenn ich den Eindruck habe, der andere will Streit und ich kann diesem nicht entgehen, dann greife ich zuerst an. Das Konzept der Default Postion sieht nicht vor, dass ich passiv in der Gegend rumstehe und darauf warte, bis der andere nah genug an mich rangekommen ist.

Solltest Du also versuchen, den Default/Flinch in einer Duell- bzw. Wettkampfsituation anzuwenden, dann ist das das falsche Werkzeug für die Situation.

Gruß
Stoiker

ilyo
22-04-2008, 07:55
Moinmoin!

Danke für die Antwort!
Mit "im Eck Prügeln und entkommen" meinte ich einen plumpen "Einstecken lernen und nicht in eine noch blöde Position drängen lassen" Drill. Hatte ich irgendwann mal bei Rodney King gesehen und gefallen dran gefunden.
Hier wäre es ohnehin zu spät fürs Flinchen, aber man lernt zumindest seine Default Position dicht zu halten.

Mein Problem hab ich wohl zu holprig beschrieben. Ich meinte:
irgendeinen abgesprochenen Angriff abzuwehren funktioniert wunderbar. Etwas halb abgesprochenes klappt auch noch. Nur wenn der Agreifer frei in seinen Angriffen ist (das Wie, das Wo, das Wann, erst nach einiger Laberei etc) und ich nicht mehr die Zeit habe eine feinmotorische Abwehr hinzukriegen, versagt meine Flinch-Abwehr regelmäßig, weil der Sprung vom mehr oder weniger abgesprochenen Angriff zum komplett freien ziemlich heftig für mich ist. Insbesondere das Crashen in den Gegner rein bereitet mir da Schwierigkeiten im Timing.
Diese Lücke wollte ich mit einigen Drills auffüllen.


Für eine Wettkampfsituation brauche ich das Zeug nicht, keine Sorge :)

Stoiker
22-04-2008, 10:13
Für eine Wettkampfsituation brauche ich das Zeug nicht, keine Sorge :)
Na dann bin ich ja froh :D


Hier wäre es ohnehin zu spät fürs Flinchen, aber man lernt zumindest seine Default Position dicht zu halten.

:confused: Ich glaube, Du verwendest die Begriffe in einem anderen Sinnzusammenhang als ich. Für mich ist "Flinch Response" und "Default Position" das Gleiche. Lee Morrson beschreibt es hier (http://www.urbancombatives.com/defaultart.htm)so


I’d like to talk a little bit about the use of the default position, carried on the back of what’s often referred to as our natural flinch response;
let me explain what I mean by that. First of all I am talking from a situational perspective, where we have found ourselves in a confrontational sense, reacting to something that someone is either doing or in the midst of doing to us. In other words we are defending, which as we all know is never the ideal, but if initiative is lost to the other guy then we must have a contingency plan in order to regain that said initiative ASAP. The default response refers to a moment in time during a physical assault, where we employ a response that will act as a transition between, limiting the damage inflicted upon us and actually regaining the initiative in one big hurry. Notice that I said limiting the damage as oppose to offering Complete protection which of course, no default can guarantee.

Vielleicht kann man es eher so beschreiben: der Flinch ist meine natürliche, instinktive Schutzreaktion, die durch Training statt eines unkoordinierten Hochreißens der Arme in die die Default Position übergeht.



[...] und ich nicht mehr die Zeit habe eine feinmotorische Abwehr hinzukriegen, versagt meine Flinch-Abwehr regelmäßig, [...]

Gegebenenfalls könnte das der Knackpunkt sein. Im Combatives geht man davon aus, dass Du sowieso keine feinmotorische Abwehr hinbekommst, schon gar nicht, wenn der Angriff überraschend passiert.

Wie sieht denn das Versagen des Flinch aus? Kriegst Du die Arme nicht rechtzeitig hoch/nach vorne? Dann warr ggf. der Abstand zum Gegner zu gering. Wenn der Gegner sich schneller bewegt, als ich reagieren kann, schlägt der Angriff ein.
==> Abstand halten und Luft zum Handeln behalten: Street Smart Advice (http://www.urbancombatives.com/smartad.htm)

Oder kriegst Du die Deckung zwar dicht, stehst dann aber wie eine Salzsäule da? Dann fangt damit an, dass Dein Trainingspartner die freien Angriffe nicht zu shcnell und zu hetig hintereinander bringt, sondern Dir etwas Luft lässt, damit Du agieren kannst. Während er auf Dich einschlägt, soll er Dir auch Feedback geben ("Achtung, nicht wegdrehen! Nicht mit dem Blick zu Boden gehen - schau mir auf die Schultern! Vorwärts maschieren! Setz mich unter Druck!" etc). Dann das Tempo und die Intensität im Laufe der Zeit steigern.

Eine andere Variante: ihr steht Euch gegenüber und habt die Handflächen aneinander gelegt (so als ob ihr gleich Backe-Backe-Kuchen spielen wolltet). Dein Trainingspartner kommt dann mit unterschiedlichen Angriffen (vielleciht erst Grifangriffe zum Hals/Nacken, dann einfache Schläge, später Doubletten u.ä.) und Du trainierst Deine Flinch. Anfangs nur die reine Deckung, später dann mit Vorwärtsdruck (z.B. aus der Flinch einen kräftigen beidhändigen Stoß gegen die Brust des Partners, um sich langsam an den Aggressive Forward Drive zu gewöhnen) und später heißt es dann "Alles geht!".

Vielleicht noch ein paar Anmerkungen aus meiner Erfahrung heraus: wenn Dein Trainingspartner nach Deinem Flinch sofort wie ein Gumminball durch die Halle hüpft und versucht, auf lange Distanz Dich mit dem äußersten Rand seines Handschuhs noch zu streifen, dann geht das Trainingsziel verloren. Er sollte sich also nicht wie ein Gummiball verhalten, sondern wie der besoffene frustierte und wütende Ehemann, der Dich in der Kneipe fälschlicherweise für den Liebhaber seiner Frau hält.

Je feinmotorischer Du arbeiten willst, um so größer ist das Risiko des Scheiterns. Deckung dicht machen und in den Gegner reinrammen (oder noch besser: mit der Deckung in den Gegner reinrammen, siehe O'Neill-Cover oder Cowcatcher) und SOFORT Angriffe setzen.

Combatives ist offensiv orientiert. Reine Defensivbewegungen fehlen ganz bewußt. Ich suche nicht den gegnerischen Arm und versuche ihn zu blocken/umzuleiten, sondern ich greife in direkter Linie den Gegner an. Die Annahme ist die, dass der Gegner nicht mehr kämpft, wenn Deine Schläge ihm das Nasenbein zertrümmern.

Das Ganze ist Schadensbegrenzung. Natürlich wirst Du Schläge abbekommen. Natürlich kracht es auch in Deinem Schädel. Die Frage hier ist: bei wem kracht es mehr und wer ist nach drei Sekunden noch in der Lage, zu kämpfen. Wenn Du das bist, dann hast Du alles richtig gemacht.

So, ich hoffe mal, dass das weiterhilft.

Gruß
Stoiker

ilyo
22-04-2008, 11:55
So, ich hoffe mal, dass das weiterhilft.


Allerdings, vielen vielen Dank!

Das Problem sind bei mir nicht die hochgerissenen Arme (die sind fix da, weil ich mich im Training eigentlich ohnehin bemühe, die Hände als Abstandhalter vorher beschwichtigend hochzuhalten), sondern der Druck nach vorne, den ich nicht hinbekomme. Bis ich nach vorne ramme, war der erste Schlag schon längst drin.
Entsprechend ist deine Salzsäule-Erklärung wohl die passende. Ich werd versuchen deine Vorschläge umzustzen!

Vielen vielen Dank nochmal! :halbyeaha

Stoiker
01-05-2008, 10:32
Allerdings, vielen vielen Dank!

Das Problem sind bei mir nicht die hochgerissenen Arme (die sind fix da, weil ich mich im Training eigentlich ohnehin bemühe, die Hände als Abstandhalter vorher beschwichtigend hochzuhalten), sondern der Druck nach vorne, den ich nicht hinbekomme. Bis ich nach vorne ramme, war der erste Schlag schon längst drin.
Entsprechend ist deine Salzsäule-Erklärung wohl die passende. Ich werd versuchen deine Vorschläge umzustzen!

Vielen vielen Dank nochmal! :halbyeaha

Mir ist noch `was eingefallen als Übungsmöglichkeit.

Im Tank Todd System (www.toddgroup.com) nennen sie folgende Übung "Comming back from the Dead": der Verteidiger steht in der Cover Guard und lässt sich erst einmal vom Partner mit Schlägen (zum Kopfbereich) eindecken. Nach einer Weile soll er dann vorstoßen und seine Artillerie abfeuern.

Ein Beispiel für die Cover Guard siehe hier (http://www.fighttimes.com/magazine/magazine.asp?article=507) oder auch hier (ganz unten) (http://www.fighttimes.com/magazine/magazine.asp?article=50). Es handelt sich hier übrigens nicht um ein passives Stehenbleiben, sondern der Oberkörper (und damit die Deckung um den Kopf herum) wird so bewegt, dass die Deckung die Schläge bestmöglichst abfangen kann.

Gruß
Stoiker

ilyo
01-05-2008, 16:40
Die Übung kenne ich sogar schon; ist ne schöne Herausforderung für die Hartnäckigkeit :halbyeaha