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Vollständige Version anzeigen : Yang Stil entstand aus dem WuDang Stil



Der Stille
07-05-2008, 08:59
Hallo!

Ich habe mir jetzt mal ein paar Video Clips über den WuDang Stil angeschaut und vom Chen Stil und ich habe im WuDang Stil viele Bewegungen wieder gesehen die auch im Yang Stil sind auch wenn die Bewegungen im Yang Stil was anders ausgeführt wird wie im WuDang Stil. Z.B. Der Kranich/die Schlange7 Knie streifen7 den Affen abwehren/ Wolken Händen/ Die Peitsche und zum anderm sind im WuDang Stil so wie im Yang Stil eine gleichbleibende fließende Bewegung nicht wie im Chen Stil wechselnes Tempo.
Als Vertreter aller WuDang Sil Videos habe ich mal dises Video genommen da man es hier gut sehen kann:" YouTube - Wudang Taiji 13 (http://nl.youtube.com/watch?v=yktUHOiweHw)

Vieleicht hat ja Yang Lu Chang als er den Chen Stil gelernt hat das ein oder andere mit in seinem Yang Stil integriert aber auch bestimmt viel wieder weg gelassen. Aus welchen Grund auch immer. Aber ich behaupte das der Yang Stil seine Wurzeln im Wudang Stil hat und nicht im Chen Stil.
Ich weiß das es für den ein oder anderen etwas provozierend ist und man es bestimmt nie richtig belegen kann ob es stimmt was ich hier schreibe. Aber ich finde es ist mal eine Überlegung wert.

Der Stille

GilesTCC
07-05-2008, 09:48
Hallo Stille,

das Video ist schön anzusehen.
Persönlich ist es mir letztendlich eher egal, wer von wem abstammt, da die Prinzipien des Tai Chi nur in dem jetztigen Moment bestehen, und jeden Tag neu erschaffen und getestet werden müssen. Das kann die tollste Abstammung nie ersetzen.

Andererseits bleibt es trotz Nebensächlichkeit interessant, wo alles herkommt und wie es in Verbindung zueinander steht.

Zu deinen Gedanken: Es ist auch mal eine Überlegungen wert ;), daß der Wudang-Stil - wie wir ihn heutzutage sehen und lernen können - aus den Yang- und Chen-Stilen abstammt. Es gibt einige erfahrene Leute, die sagen, die jetzigen Wudang-Stilen sind Schöpfungen der jüngeren Zeit, die in das Wudang-Gebirge "reimportiert" worden sind. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn die Leute da heutzutage ein gutes Neijia machen und weitergeben, ist mir die Abstammung nicht wichtig (siehe oben).
Nur sollte man bedenken, daß bestimmte Gruppierungen innerhalb verschiedenen Stilen mit der jeweiligen "Originalität", "Authentizität" usw. ihres Tai Chi werben.

Im Mittelalter gab es viele Kathedrale, Kirchen etc., die als Reliquie einen Teil des "wahren Kreuzes" vorweisen konnten. Sprich ein Stück altes Holz. Calvin hat irgendwann die Bemerkung gemacht, daß wenn man alle Teile des "wahren Kreuzes" zusammentragen würde, man eine ganze Schiffsladung hätte.

In diesem Fall will ich überhaupt nicht behaupten, daß die verschiedenen "originalen" Stile nicht sehr gut sind. Nur, daß keiner im wichtigsten Sinne präeminent ist oder sein sollte.

Schöne Grüsse,

Giles

bluemonkey
07-05-2008, 10:21
Also wenn ich mir dieses Video anschaue ->http://www.kampfkunst-board.info/forum/1343834-post1.html, das ja auch unter dem Label "Wudang" läuft, dann erkenne ich Chenbewegungen.
Ich glaube, in der Umgebung Wudang werden auch viele Varianten der Familienstile als Wudang-Stil "verkauft".
Laut meinen Lehrern (Chen) ist der (original) Wudangstil von den Familienstilen verschieden.
Die Behauptung, dass der Chenstil von Wudang-Mönchen beeinflusst wurde existiert genauso, wie eben die, dass auch Yang Luchan neben seiner langjährigen Chen-Ausbildung auch bei Wudang-Meistern gelernt habe.
Dass Yang Lu Chan lange in Chenjiagou war, bestreitet wohl niemand?

In der letzten Wuhun-Ausgabe war ein Artikel über einen anderen Stil, wo unter anderem die Forderung erhoben wurde, dass auch jeder gute Meister neben der korrekten Übertragung auch seinen eigenen Beitrag in den Stil einbringen soll.
Man kann leicht sehen, wie sehr sich Stile schon innerhalb einer Generation verändern, wenn das über ein paar hundert Jahre passiert, mutet die Suche nach der original Yang Lu Chan-Form schon etwas skurril an.
In der Wissenschaft und Technik ist man stolz darauf, sich weiter zu entwickeln, in den trad. KK scheint man eher das Gestrige zu suchen, als wäre vor langer Zeit mal alles Wissen und Können vom Himmel gefallen und hat seitdem höchstens abgenommen.

Interessant ist sicher immer ein stilübergreifender Austausch, wo man schauen kann, mit welchen Prinzipien/Mechanismen in den einzelnen Stilen gearbeitet wird, um dann die Übereinstimmungen und Unterschiede herauszuarbeiten.
:)

T. Stoeppler
07-05-2008, 11:32
Man sollte kurz noch anführen, dass es nicht "den" Wudang-Stil als solchen gibt oder gab. Es gibt eine ganze Menge Systeme aus Wudang. Die sind natürlich in der chin. Kampfkunst Entwicklung natürlich auch ein bischen herumgekommen.
Dass der Yangstil Einflüsse aus dem (Wudang) Changquan hat ist natürlich nicht zu übersehen.

Gruss, Thomas

tcschmidt
07-05-2008, 12:10
Als ich die erste Tae Kwon Do Hyong gesehen habe, dachte ich.. wow.. das sieht aber doch aus wie Shotokan..

Ich denke mal, dass sich im Tai Chi viele Bewegungen ähneln, weil sie oft nach dem gleichen Prinzip arbeiten. Der eine hat die Hand offen, der andere geschlossen aber im Prinzip ist es dasselbe...

Der Stille
07-05-2008, 12:17
Hallo!

Was mich ja an der Geschichte stört ist das sich den Chen stil damit brüstet aus ihm entstand der Yang Stil. Dabei hat der Chen Stil auch ganz andere Wurzeln.Chen-Stil (http://www.taichichuan.ch/chen-stil.htm)
Aber das nur so neben bei.
Was mich noch mehr intressiert ist ja die Geschichte von Zhang San Feng bis zu Yang Lu Chan. Leider gibt es für diese Zeitspanne keine schriftliche Nachweis. Jedenfalls kein offizielle wenn überhaupt.

Der Stille

nagual
07-05-2008, 12:21
Anscheinend ist das genau das Missverständnis, was die Vermarktungspropaganda der neuzeitlichen Wudang-Wushu-Vertreter erreichen will: Dass jeder glaubt, alles was man sehen kann, käme in genau dieser Form aus Wudang, und wo Wudang drauf steht, ist also logischerweise immer das echteste und originalste drin.
Das Gegenteil ist der Fall.

Die Sache, dass alles aus Wudang käme, ist ja lediglich ein Mythos oder eine Legende, wobei eben unterschlagen wird, dass man das, was evtl. tatsächlich seinen Ursprung in einem historischen Wudang hat, in seiner konkreten Form nicht ansatzweise kennt, und die Dinge in der Geschichte auch in einem historischen Wudang in einem gewissen Austausch mit dem Rest von China entstanden sein dürften.

Die modernen Vermarkter des Wudang-Wushu haben sich einfach bei allem hemmungslos bedient, was den Namen dessen trägt, was angeblich alles Original aus Wudang stammen soll, und jetzt wird halt drauf geschrieben (zumindest so präsentiert), das wäre die Ultra-Original-Wudang-Version, obwohl es eigentlich nur eine moderne Wushu-Version der mainstreamigsten Neijia-Stile ist, die alle eigentlich woanders herkommen, und mit Wudang nichts zu haben, evtl. (<-!) abgesehen von völlig unklaren und extrem weit zurückreichenden Wurzeln in ganz allgemeiner Hinsicht.

Prinzipiell ist so eine Rekonstruktion der Idee eines alten Wudang-Neijia-Stils sicherlich legitim, aber es ist eben als Rekonstruktion eine moderne Erfindung, und das sollte man eigentlich nicht verschleiern.

Das ganze ist ja die typische Verwechslung, Vertauschung und Irreführung, die in China systematisch betrieben wird; die kommunistische Partei glaubt tatsächlich die Personifikation des Willen des chinesischen Volkes zu sein, und in den Medien werden die Pläne und Ideen der Partei als vollkommen identisch mit dem "was China will" usw. behandelt.
Wenn ein Wudang-Kloster dann von professionellen Managern (auf jeder Visitenkarte, die einem einer der Millionen Dunkelblauer-Anzug-Chinesen in die Hand drückt, steht drauf: Manager!) und Wushu-Sportlern zum Original-Ursprung der Neijia-Künste definiert wird, dann ist das halt Realität, wie es geht kann man bei Orwell 1984 nachlesen.

bluemonkey
07-05-2008, 13:12
Hallo!
Was mich ja an der Geschichte stört ist das sich den Chen stil damit brüstet aus ihm entstand der Yang Stil.


Warum sollte sich der Chenstil (oder wohl eher einige seiner Vertreter ;)) denn damit brüsten, dass der Yangstil aus ihm entstanden ist?:p.

Aus Darstellung einiger Chenvertreter ist der heutige, nach außen unterrichtete Yangstil eine Vereinfachung von dem, was Yang Lu Chan lernte.
Aus Darstellung einiger Yangvertreter ist Yangstil eine Verfeinerung/Verbesserung dessen, was Yang Lu Chan lernte.

Yang Lu Chan war anerkannter Großmeister des Chen-Familien-Boxen und hat lange Jahre in Chenjiagou gelernt und die volle Übertragung erhalten. Bestreitet das irgendjemand aus der Yang-Familie?

Wenn in zweihundert Jahren irgendjemand behauptet, der Ip-Stil sei aus dem Yangstil hervorgegangen, was ist daran falsch oder schlimm?

Da ich die Motivation beider Fraktionen verstehen kann, bin ich immer auf der Suche, also konkret:

Was gibt es im Yangstil, das im Chenstil nicht enthalten ist?




Dabei hat der Chen Stil auch ganz andere Wurzeln.Chen-Stil (http://www.taichichuan.ch/chen-stil.htm)
Aber das nur so neben bei.
Was mich noch mehr intressiert ist ja die Geschichte von Zhang San Feng bis zu Yang Lu Chan. Leider gibt es für diese Zeitspanne keine schriftliche Nachweis. Jedenfalls kein offizielle wenn überhaupt.


dann gefällt Dir doch sicher das hier:

BUTOKUKAI Germany e.V. | Tai Chi (http://butokukai.de/phpwcms/index.php?chronologie-1)

frag doch mal den Ersteller, ob er weiterführende Quellen hat:)

nagual
07-05-2008, 13:22
Meiner Einschätzung nach ist es allerdings so, dass der heutige Chen-Stil in seiner bekannten Form von Chen Fake begründet wurde, d.h. soweit mir bekannt, hat Chen Fake den Stil so sehr in Richtung der bekannten Seidenübungen mit dem typischen Hand- und Armkreisen ausgelegt. Das versteht man ja heutzutage im eigentlichen Sinne unter Chen-Stil.
Aus diesem Stil ist der Yang-Stil wohl nicht hervorgegangen.

Was die Taiji-Leute in den Familien Yang und Chen vor Chen Fake und Yang Cheng Fu wirklich genau gemacht haben, ist wohl nicht mehr wirklich rekonstruierbar.
Denkbar wären noch andere inhaltliche oder charakterliche Komponenten, die heutzutage sowohl im Yang- wie auch im Chen-Stil fehlen, bzw. zu Unrecht stark verkümmert sind.

Zu Unrecht, wenn man nach historischen Ursprüngen sucht. An sich haben Yang- und Chen-Stil natürlich das Recht, so zu sein, wie sie eben sind, wenn sie eben so sein wollen.

bluemonkey
07-05-2008, 14:10
Meiner Einschätzung nach ist es allerdings so, dass der heutige Chen-Stil in seiner bekannten Form von Chen Fake begründet wurde, d.h. soweit mir bekannt, hat Chen Fake den Stil so sehr in Richtung der bekannten Seidenübungen mit dem typischen Hand- und Armkreisen ausgelegt. Das versteht man ja heutzutage im eigentlichen Sinne unter Chen-Stil.
Aus diesem Stil ist der Yang-Stil wohl nicht hervorgegangen.


Angeblich hat Chen Fake nur ein paar "Kringel" (Energiekreisläufe) hinzugefügt und die Bejinger Linie (Chen Yu) behauptet dass es keine so großen Unterschiede gäbe, dass die Bezeichnung neuer Rahmen (Xinjia) berechtigt wäre.
Auf jeden Fall ist die Xinjia von Chen Fake deutlich anspruchsvoller als der alte Rahmen.
Es gibt ja eben auch noch den alten Rahmen (Laojia), der in Chenjiagou-Gebliebenen und auch Linien, die an Chen-Fake vorbei liefen. Z.B. Kleiner Rahmen.
War Chenstil nicht auch schon vor Chen Fake für die Seidenspulende Kraft berühmt?




Was die Taiji-Leute in den Familien Yang und Chen vor Chen Fake und Yang Cheng Fu wirklich genau gemacht haben, ist wohl nicht mehr wirklich rekonstruierbar.


Wieviel der heutige alte Rahmen noch mit dem Chenstil, der Yang Lu Chan gelehrt wurde gemein hat, ist wohl tatsächlich schwer festzustellen.
Aber die Schüler von Chen Fake leben ja teilweise noch und die Chenfamilie besteht, wie gesagt, ja nicht nur aus der Chen Fake-Linie.
In der Kulturrevolution ist allerdings sicherlich vieles verloren gegangen.

BanYan
07-05-2008, 14:15
Hallo,


...
In der Wissenschaft und Technik ist man stolz darauf, sich weiter zu entwickeln, in den trad. KK scheint man eher das Gestrige zu suchen, als wäre vor langer Zeit mal alles Wissen und Können vom Himmel gefallen und hat seitdem höchstens abgenommen.
...

ja, in der Wissenschaft nimmt man die verschiedenen Ergebnisse, die zu einem Thema vorliegen, "legt sie übereinander" und findet dann eine "Essenz", die in allen vorkommt. Das muß dann irgendwie der Wahrheit am nächsten kommen.


...
Interessant ist sicher immer ein stilübergreifender Austausch, wo man schauen kann, mit welchen Prinzipien/Mechanismen in den einzelnen Stilen gearbeitet wird, um dann die Übereinstimmungen und Unterschiede herauszuarbeiten.
:)

Genau so ist es!
Ich denke schon lange, daß ein von Interesse, von Geben und Nehmen, von Ausprobieren, von Lehren und Lernen geprägter Austausch zwischen Taiji-"Spielern" verschiedenster Richtungen etwas mehr von der wahren "Essenz" des Taijiquan zutagefördern könnte ...

Gruß
BanYan

bluemonkey
07-05-2008, 14:29
Hallo,



ja, in der Wissenschaft nimmt man die verschiedenen Ergebnisse, die zu einem Thema vorliegen, "legt sie übereinander" und findet dann eine "Essenz", die in allen vorkommt. Das muß dann irgendwie der Wahrheit am nächsten kommen.


Naja, manchmal kann einen die Vereinigungsmenge weiterbringen als die Schnittmenge.

Wenn es am Anfang Prinzip A, B, C, D gab und in
Stil I Prinzip A und B verloren gingen -> C und D erhalten
in Stil II Prinzip A und C verloren gingen -> B und D erhalten
und in Stil III Prinzip B und C verloren gingen -> A und D erhalten

dann würde für die Schnittmengen-Essenz nur Prinzip D übrigbleiben, obwohl in der Vereinigungsmenge noch alle Prinzipien vorhanden wären.

nagual
07-05-2008, 16:42
Naja, manchmal kann einen die Vereinigungsmenge weiterbringen als die Schnittmenge.

Wenn es am Anfang Prinzip A, B, C, D gab und in
Stil I Prinzip A und B verloren gingen -> C und D erhalten
in Stil II Prinzip A und C verloren gingen -> B und D erhalten
und in Stil III Prinzip B und C verloren gingen -> A und D erhalten

dann würde für die Schnittmengen-Essenz nur Prinzip D übrigbleiben, obwohl in der Vereinigungsmenge noch alle Prinzipien vorhanden wären.

In der Kampfkunst ist es aber meistens so, dass im Stil I Prinzipien A und B auf eine ganz bestimmte Stil-eigene Art zusammenarbeiten, während in Stil II z.B. Prinzip B und C auf eine ganz bestimmte andere Art zusammenarbeiten, so eine eine Vermischung der Prinzipien A, B und C das stiltypische Zusammenspiel von A und B bzw. B und C stört oder zumindest entscheidend verändert, und daher das Spiel von Schnittmengen und Vereinigungsmengen nie optimal gelöst werden kann.

Abgesehen von dem Problem, dass es ja schon mehr Prinzipien als Buchstaben gibt, die alle sehr zeitaufwendig zu lernen sind, wenn man sie wirklich verstehen und verinnerlichen will, und eine Ansammlung von sehr vielen Prinzipien schnell dazu führt, dass ein Stil eine Ansammlung von oberflächlichen Fähigkeiten wird, bei den meisten Praktikern.
Hier ist es dann nötig, dass sich die Praktiker erst einmal auf die wichtigsten Prinzipien konzentrieren.

Außerdem beinhalten die meisten Stile sowieso Ansatzpunkte, zusätzliche Prinzipien aufzunehmen, aber erst, wenn man die Stil-typischen Prinzipien wirklich verstanden hat. Dann kann jeder Stil eine eigenständige Vereinigungsmenge mit Ideen aus anderen Stilen hervorbringen.

nagual
07-05-2008, 17:16
Angeblich hat Chen Fake nur ein paar "Kringel" (Energiekreisläufe) hinzugefügt und die Bejinger Linie (Chen Yu) behauptet dass es keine so großen Unterschiede gäbe, dass die Bezeichnung neuer Rahmen (Xinjia) berechtigt wäre.
Auf jeden Fall ist die Xinjia von Chen Fake deutlich anspruchsvoller als der alte Rahmen.
Es gibt ja eben auch noch den alten Rahmen (Laojia), der in Chenjiagou-Gebliebenen und auch Linien, die an Chen-Fake vorbei liefen. Z.B. Kleiner Rahmen.
War Chenstil nicht auch schon vor Chen Fake für die Seidenspulende Kraft berühmt?

Ich glaube wohl, dass der Chen-Stil schon vorher für die Seidenspulende Kraft berühmt war. Ich glaube aber nicht, dass die Formen vor Entstehung des Xinjia tatsächlich so aussahen wie heute die Laojia-Form von Chen Xiaowang, d.h. wie ein endloses Double-hand-Silkreeling mit Schritt und kleinen Variationen dazwischen.
Der Yang-Stil betont anstelle der Seiden-Kreise sehr stark das Heben und Senken, Öffnen und Schließen sowie gerades Pushen nach vorne, und zwar ohne dass das deutlich sichtbar in Seiden-Kreise eingearbeitet ist. Ich würde vermuten, dass es solche Elemente vor Chen Fake auch öfter im Chen-Stil gegeben hat.

Konkret würde ich also auf der einen Seite vermuten, dass der Chen-Stil vor 100 und mehr Jahren dem Yang-Stil (in der Art von Yang Cheng Fu) ähnlicher sah, und nicht umgekehrt, der Yang-Stil in der Zeit VOR Yang Cheng Fu so wie die Laojia heute von Chen Xiaowang.
Auf der anderen Seite würde ich vermuten, dass der Chen-Stil vor mehr als 100 Jahren auch charakterliche Elemente hatte, die man heutzutage als typisch für Baji empfinden würde, d.h. härter, direkter, technikbetonter, Kraft betonter, aber trotzdem im Kern innerlich und strukturbasiert.

Ob ein Praktiker die Übungen dann mal Yang-Stil-mäßig oder mal Baji-mäßig interpretiert und genutzt hat, war dann ihm überlassen, d.h. alles legitim und gleichzeitig Stil-typisch.

Das ist natürlich Spekulation, aber wenn man bei solchen Spekulationen auch im einzelnen in die Irre geht, bleibt die allgemeine Wahrheit, dass es früher sicherlich nicht so enge Stil-Grenzen gab wie heute. Also die Unterscheidung, was heute Yang und Chen-Stil ist, ist früher sicherlich völlig absurd gewesen, weil ja alles Variationen einer Idee sind, zumindest was den Taiji-Bereich angeht.

Spieler
07-05-2008, 19:44
Also jetzt sag ich auch mal was dazu.
Als ich in Guang Fu, dem Heimatort von Yang Lu Chan und Ursprungsort des Yang und (alten)Wu Stils war, wurde mir folgende Geschichte erzählt:
Yang Lu Chan hat zuerst Changquan (oder Hongquan??) gelernt, ist dann nach Chenjiagou und hat dort Chen Stil gelernt.
Allerdings hat sein Lehrer (Chen soundso) nicht nur das damals so genannte Chen jia-, oder Paoquan gelernt, sondern auch von einem Menschen aus Wudang...(ob das stimmt, lass ich mal dahin gestellt)
So hat also Yang Lu Chan eine Verschmelzung aus Changquan, Chen Stil und irgendwelchen Wudang-Sachen UND natürlich seinen eigenen Ideen kreiert, die dann Zhanquan (Klebendes/Haftendes Boxen) und noch diverse weitere Titel führte, bis endlich jemand auf den Namen Taijiquan gekommen ist.

Ich muss also der Behauptung, dass Yang Stil vom "Wudang Taijiquan" abstammt wiedersprechen, da es eindeutig ist, dass er in Chenjiagou gelertn hat. Vielleicht ist es davon beeinflusst, aber das kann heute keiner mehr so genau sagen.

Was ist eigentlich so schlimm daran, dass man von einem anderen Stil abstammt? (alter)Wu-Stil, neuer Wu-Stil, Sun-Stil sind doch auch alle vom Yang-Stil hergeleitet und dafür schämt sich keiner der jeweiligen Vertreter...

EDIT:
Hab mir grad die Seite, die weiter oben über den Chen Stil gepostet wurde, durchgelesen. Die Geschichte, die da über Chen Chang Xin(Yang Lu Chans Lehrer) steht, ist exakt dieselbe, die mir erzählt wurde und die ich stümperhaft versucht habe, wiederzugeben. Wie gesagt weiß ich nicht, ob die Wudang-Geschichte so stimmt, aber das ist genau die Version, die in Guang Fu kursiert.

Klaus
07-05-2008, 19:48
Soweit ich weiss wurde dazu mal gesagt dass in vorigen Jahrhunderten sehr viel mehr Übungen oder Formen existiert haben, die man heute in Chenjiagou nicht mehr macht bzw. die verloren gegangen sind. Am Anfang gab es auch gar keine Formen, sondern nur Einzelübungen die jede für sich wiederholt wurden. Daraus hat man dann Formen erstellt. Ich denke das ist ein "Reduce to the max"-Vorgang, bei dem man sich auf wesentliches beschränkt hat und den Rest der Intuition in der Partnerübung überlässt.

Lindo
07-05-2008, 20:08
Wenn sich einer dafür schämen würde hätte er ES sowieso nicht verstanden.


Aber mal davon abgesehen:
Mag ja sein das ich als Chen Man Ching´ler eh ne andere Einstellung dazu hab, ABER wieviele gliedmaßen hat ein Mensch? Richtig 5.

Was kann man damit machen? Richtig Hauen, Treten, Kopfnüsse verteilen.

Wie kann man das ganze angehen? Richtig von innen nach aussen, oder andersrum.

Wieviel Wahrheit werden wir über die ach so wichtige Lineage nachträglich noch rausfinden? Richtig NÜSCHTS!

Warum ist im Board auf einmal soviel los wenn´s um Lineage geht? Keine Ahnung ich mach Taiji.

Ich werf die Frage jetzt mal in die Runde.
Warum interressiert den Taijispieler die Lineage Geschichte so ungemein? Keine Provokation, ernstgemeinte Frage.

Ich für meinen Teil seh mir was an und denke:" Meine Fresse, wie tief kommt Himmet doch runter ohne unstabil zu wirken. Könnt ich ja mal probieren", oder "Uiuiui dem guten Herrn Chen Xiaowang stell ich mich aber nich in den Weg wenn der fajint.". Aber auch" Meine Herren, wieviel Geld man doch verdienen kann, wenn man Dorftrottel mit antippen rumhüpfen lässt".
Das ganze lässt sich natürlich noch ausweiten auf" Junge Junge, ist der Emin Boztepe (http://www.youtube.com/watch?v=qaP1X-lEtgc) aber flink mit die Finger." usw. Aber darum geht´s ja gerade nicht.


Im "alten China" war das natürlich wichtig, aber wer muss denn heute seine Schule schließen wenn er von irgendwem mal was auf die Mütze gekriegt hat????

GuanYu
07-05-2008, 20:47
Es gibt eine ganze Anzahl an Theorien darüber, wer wann was von wem gelernt und dann weitergegeben hat.

Die Chen-Familien-Variante:
Chen Wangting begründet - basierend auf verschiedenen Stilen/Ideen/Übungen, darunter den damaligen Chen-Familien-Stil - eine neue Übungsmethode, die weitergegeben wird bis zu Chen Changxing, der sie etwas abändert (auf zwei bzw. drei Formen reduziert) und an Yang Luchan lehrt. Damit wird Chen Wangting zum Begründer des Taijiquan.
Die Figur des Jiang Fa wird hier mit Chen Wangting in Verbindung gebracht, wird aber als dessen jüngerer "Bruder" (im Sinne von Blutschwur) dargestellt.
Das Zhaobao-Taijiquan ist dabei eine Variante des xiaojia (kleiner Rahmen) Taijiquan aus der Chen-Familie, die über Chen Qingping in das Dorf Zhaobao gekommen ist.

Die Zhaobao-Variante:
In Zhaobao lautet die Theorie genau andersherum, nämlich dass ihr Stil direkt von Zhang Sanfeng abstammt und sich früher oder zumindest zeitgleich mit dem Chen-stil entwickelt hat. Wie die genaue Genealogie lauten soll, weiß ich auch nicht. Auf jeden Fall lief die Überlieferung zu irgendeinem Zeitpunkt über eine Person namesn Jiang Fa. Dieser hat entweder Chen Wangting oder Chen Changxing unterricht.
Mit dieser Version der Entstehungsgeschichte sind die Zhaobao-Leute, so glaube ich, erst vor einigen Jahren aufgetreten. Das liegt wohl auch daran, dass ihr Taijiquan vorher nicht so bekannt war.

Die Yang/Wu-Variante:
Hier wird auch eine Genealogie zu Zhang Sanfeng aufgebaut, ebenfalls über Jiang Fa. In diesem Fall war Jiang ein Zeitgenosse Chen Changxings, der mit seinem Taijiquan (welches ursprünglich von Zhang geschaffen wurde) nach Chenjiagou kam, um dort die Kämpfer zu deklassieren. Daraufhin wurde Chen Schüler von Jiang und lernte Taijiquan. Dieses soll er dann an Yang Luchan weitergegeben haben, und, was besonders interessant ist, nach einigen Theorien NICHT an seine eigenen Verwandten, obwohl der Stil ja natürlich viel hochwertiger ist. [Es dürfte aus meinen Formulierungen offensichtlich sein, dass ich letzter Theorie nicht viel abgewinnen kann; es wirkt meines Erachtens extrem konstruiert und darauf bedacht, dem Yang-stil als einzigen Stil die wahre Überlieferung zu sichern]



Ich glaube wohl, dass der Chen-Stil schon vorher für die Seidenspulende Kraft berühmt war. Ich glaube aber nicht, dass die Formen vor Entstehung des Xinjia tatsächlich so aussahen wie heute die Laojia-Form von Chen Xiaowang, d.h. wie ein endloses Double-hand-Silkreeling mit Schritt und kleinen Variationen dazwischen.
Der Yang-Stil betont anstelle der Seiden-Kreise sehr stark das Heben und Senken, Öffnen und Schließen sowie gerades Pushen nach vorne, und zwar ohne dass das deutlich sichtbar in Seiden-Kreise eingearbeitet ist. Ich würde vermuten, dass es solche Elemente vor Chen Fake auch öfter im Chen-Stil gegeben hat.

Das ist ein interessanter Kommentar. Häufig werden die Chen-Formen tatsächlich als eine Aneinanderreihung von Chansigong mit minimaler Variation geübt und gezeigt. Zum einen steht sicherlich die - berechtigte - Idee dahinter, mehr Systematik in die Übung zu bringen, indem man grundlegende, immer wiederkehrende Elemente herausfiltert und verstärkt übt. Die Gefahr hierbei ist allerdings, dass die Details und Anforderungen der einzelnen Positionen und Bewegungen verloren geht, auch wenn sie häufig für bestimmte Körpermechaniken und Anwendungen relevant sind. Allerdings glaube ich nicht, dass Leute wie Chen Xiaowang dieses Problem selbst haben, es hängt eher davon ab, wie intensiv man unterrichtet wurde.
In der Pekinger Variante (über Chen Yu), die ich lerne, wird kein großer Wert auf fixe Chansigong gelegt, weshalb die oben genannten Vor- und Nachteile nicht so zum tragen kommen. Ich schätze mal, dass diese Veränderung der Chen-Formen vor allem über die Chenjiagou-Linien lief, und eher ein Ergebnis jüngerer Unterrichtsmethodik ist, und nicht direkt auf Chen Fake zurückgeführt werden kann. [edit: wichtig zu erwähnen ist hier aber auch die Rolle von Feng Zhiqiang! Der ist zwar zumindest in der Chen-Xiaowang-Sparte verschrien bzw. eine Persona non grata, aber er hat ohne Zweifel enormen Einfluss auf die Entwicklung der heutigen Dorf-Methodik gehabt: v.a. in Form von Zhanzhuang und Chansigong. In seinem System findet sich die exakt gleiche, grundlegende Strukturierung und Vorgehensweise wie in Chenjiagou]
Andererseits hat Chen Fake sicherlich enormen Einfluss auf viele Formen des heutigen Chen gehabt - auch die Dorf-Leute. Chen Zhaopi soll ja selber schon von Fake gelernt haben, wenn auch bei ihm der Einfluss wohl nicht so groß war. Wenn man sich Leute wie Chen Qingzhou und Chen Quanzhong anschaut - beide ohne direkten Einfluss von Chen Fakes Taijiquan - sieht man recht deutlich die Unterschiede zu den Pekinger Linien zum einen und zu den anderen Dörflern (die auch von Chen Zhaokui gelernt haben) zum anderen. Einige dieser Unterschiede entsprechen recht deutlich den Punkten, die nagual genannt hat.

bluemonkey
07-05-2008, 22:09
Die Yang/Wu-Variante:
Hier wird auch eine Genealogie zu Zhang Sanfeng aufgebaut, ebenfalls über Jiang Fa. In diesem Fall war Jiang ein Zeitgenosse Chen Changxings, der mit seinem Taijiquan (welches ursprünglich von Zhang geschaffen wurde) nach Chenjiagou kam, um dort die Kämpfer zu deklassieren. Daraufhin wurde Chen Schüler von Jiang und lernte Taijiquan. Dieses soll er dann an Yang Luchan weitergegeben haben, und, was besonders interessant ist, nach einigen Theorien NICHT an seine eigenen Verwandten, obwohl der Stil ja natürlich viel hochwertiger ist. [Es dürfte aus meinen Formulierungen offensichtlich sein, dass ich letzter Theorie nicht viel abgewinnen kann; es wirkt meines Erachtens extrem konstruiert und darauf bedacht, dem Yang-stil als einzigen Stil die wahre Überlieferung zu sichern]


nicht zu vergessen die Geschichte, nach der ein Herausforderer zu Yang Lu Chans Zeiten in Chenjiagou erschien, Mitglieder der Chenfamilie besiegte und mit Chen Changxing kämpfen wollte, der sich aber verleugnen ließ.
Da der Herausforderer sehr hartnäckig war, trat Yang Lu Chan hervor und besiegte ihn leicht...;):rolleyes::p




Das ist ein interessanter Kommentar. Häufig werden die Chen-Formen tatsächlich als eine Aneinanderreihung von Chansigong mit minimaler Variation geübt und gezeigt. Zum einen steht sicherlich die - berechtigte - Idee dahinter, mehr Systematik in die Übung zu bringen, indem man grundlegende, immer wiederkehrende Elemente herausfiltert und verstärkt übt. Die Gefahr hierbei ist allerdings, dass die Details und Anforderungen der einzelnen Positionen und Bewegungen verloren geht, auch wenn sie häufig für bestimmte Körpermechaniken und Anwendungen relevant sind. Allerdings glaube ich nicht, dass Leute wie Chen Xiaowang dieses Problem selbst haben, es hängt eher davon ab, wie intensiv man unterrichtet wurde.
In der Pekinger Variante (über Chen Yu), die ich lerne, wird kein großer Wert auf fixe Chansigong gelegt, weshalb die oben genannten Vor- und Nachteile nicht so zum tragen kommen. Ich schätze mal, dass diese Veränderung der Chen-Formen vor allem über die Chenjiagou-Linien lief, und eher ein Ergebnis jüngerer Unterrichtsmethodik ist, und nicht direkt auf Chen Fake zurückgeführt werden kann.


Angeblich ist diese Systematisierung mit speziellen Chansigong-Übungen als Schlüssel zur Form und der stehenden Säule als Schlüssel zur Struktur auf Chen Xiaowang (den großen Systematisator:p) zurückzuführen.
Vor allem, weil er sich vor die Aufgabe gestellt sah, (Chen-) Taijiquan einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die nicht ständig Zugriff auf einen
kompetenten Meister hat, (so wie er selbst aufgrund der Umstände sich schon recht früh das meiste selbst erarbeiten musste).
Diese klare Unterrichtsmethodik ist einer der Hauptgründe, warum ich
Chenstil nach CXW betreibe.




[edit: wichtig zu erwähnen ist hier aber auch die Rolle von Feng Zhiqiang! Der ist zwar zumindest in der Chen-Xiaowang-Sparte verschrien bzw. eine Persona non grata, aber er hat ohne Zweifel enormen Einfluss auf die Entwicklung der heutigen Dorf-Methodik gehabt: v.a. in Form von Zhanzhuang und Chansigong. In seinem System findet sich die exakt gleiche, grundlegende Strukturierung und Vorgehensweise wie in Chenjiagou]


-Persona non grata?
-ZZ und CSG nicht von CXW sondern von FZ?

Hört sich interessant an, erzähl mir mehr! :)

Dao
08-05-2008, 05:53
ja, ja die Mythen und Fabelwelt beschäftigt den Menschen schon Zeit seines Lebens.
Was ich am Spannendsten (oder auch Abschreckensten) finde ist, wenn Leute dann anfangen über Inhalte einzelner Fabelgeschichten zu streiten, ganz so als wären sie dabei gewesen.
Also immer schön geschmeidig bleiben, wenn Behauptungen aufgestellt werden und der eine oder andere meint diese Behauptung auseinanderpflücken zu müssen.
Denkt daran keiner von uns war dabei.
Wenn wir uns die ersten Sätze von Giles im Hinterkopf behalten werden wir ganz friedvoll nicht belegbare Aussagen gegenüber zu stellen.
Bin jetzt weg.

laoshu
08-05-2008, 07:43
An dieser Stelle passt doch mal wieder ein gerooteter, wahrscheinlich ignorierenswerter Beitrag von der unwissenden alten Ratte.
Mein Kopf ist schon ganz wirr von all diesen Namen. Mal ehrlich, was bringt mir das, wenn ich die Legenden und Mythen der Entstehungsgeschichte "meines" Stils kenne, wer von wem gelernt hat oder auch nicht, wo er das tat und wen er besiegt hat oder eben nicht? Okay, natürlich sollte man etwas über die mehr oder weniger belegbaren Ursprünge des Taiji wissen und bei eventuellen "Prüfungen" zum Ausbilder wird das sicher abgefragt. Mir persönlich ist es wichtiger, wie, woraus und warum sich eine Bewegung so entwickelt hat, als wer das angeblich einführte. In China mag das eine Rolle spielen oder in stark personenzentrierten Schulen. Mehr durch Zufall als aus bewusster Entscheidung heraus lerne ich momentan Yang-Taiji (Chen wird in meiner Nähe nicht angeboten), obwohl ich den Chen-Stil wesentlich interessanter finde. Meine Bindung an den Stil ist also nicht so stark, dass ich mich intensiv mit meinen "Ahnen" beschäftige. Demnächst könnten es ja andere sein:).
Grüße,
laoshu

GuanYu
08-05-2008, 08:10
Angeblich ist diese Systematisierung mit speziellen Chansigong-Übungen als Schlüssel zur Form und der stehenden Säule als Schlüssel zur Struktur auf Chen Xiaowang (den großen Systematisator:p) zurückzuführen.
Vor allem, weil er sich vor die Aufgabe gestellt sah, (Chen-) Taijiquan einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die nicht ständig Zugriff auf einen
kompetenten Meister hat, (so wie er selbst aufgrund der Umstände sich schon recht früh das meiste selbst erarbeiten musste).
Diese klare Unterrichtsmethodik ist einer der Hauptgründe, warum ich
Chenstil nach CXW betreibe.

Nicht nur angeblich, wenn du mich fragst ;) Die Methode, mit der z.B. Chen Yu unterrichtet, würde in größeren Gruppen bzw. über das workshop-System hier in Europa einfach nicht funktionieren. Mittlerweile hat sich hier ja die Idee eingestellt, dass es unmöglich oder zumindest furchtbar kontraproduktiv ist, direkt und hauptsächlich mit der Form anzufangen und zu arbeiten. Das halte ich persönlich für nicht unbedingt richtig, aber diese Art des Unterrichtens erfordert ziemlich viel (regelmäßige) Aufmerksamkeit eines Lehrers. Es macht schon Sinn, wenn CXW (und andere) Grundübungen herausarbeiten und (mehr oder weniger) standardisieren, um weit entfernten Schülern eine überschaubare Auswahl an Material anzubieten, welches sie selbstständig üben können.
Noch als Anmerkung: Direkter Formunterricht ist natürlich auch dann eine Herausforderung, wenn die Schüler schon mit einfacher körperlicher Koordination Probleme haben - da sind so Einzelübungen dann doch besser. Aber "schnellere" Ergebnisse produziert man meiner Erfahrung nach nicht, wenn man absichtlich "langsamer" im Training vorgeht. Man reduziert nur die Gefahr, dass überforderte Leute die Motivation verlieren. Das ist aber nur meine persönliche Ansicht.




-Persona non grata?
-ZZ und CSG nicht von CXW sondern von FZ?

Hört sich interessant an, erzähl mir mehr! :)

Shen Xijing hat mir persönlich gegenüber schon mal seine abschätzige Meinung bezüglich Feng mitgeteilt, was für Schüler von CXW nicht so selten zu sein scheint. In Beijing genießt Feng großes Ansehen, aber anscheinend haben Feng und CXW sich mal mächtig in die Wolle gekriegt, und seither gehen sie sich aus dem Weg.
Entscheidend ist aber, dass Feng Zhiqiang in Chenjiagou unterrichtet hat, nachdem Chen Zhaokui gestorben war. Er wurde hauptsächlich von Wang Xi'an eingeladen, welcher dann auch sein tudi wurde (oder zumindest sehr intensiv von ihm lernte). Das erkennt man auch an Wangs Formbewegungen sehr gut.
In Fengs Taiji-lehrplan spielen sowohl seine Chansigong als auch Standübungen eine sehr große Rolle. Und so wie es scheint, war er mit dieser Systematisierung sehr viel früher dran als die Leute in Chenjiagou. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass Feng mehr Einfluss auf das Chenjiagou-Taijiquan hatte, als den dortigen Leuten heute lieb ist...

bluemonkey
08-05-2008, 08:12
Häufig werden die Chen-Formen tatsächlich als eine Aneinanderreihung von Chansigong mit minimaler Variation geübt und gezeigt. Zum einen steht sicherlich die - berechtigte - Idee dahinter, mehr Systematik in die Übung zu bringen, indem man grundlegende, immer wiederkehrende Elemente herausfiltert und verstärkt übt.

Bei den Chansingong-Übungen handelt es sich allerdings nicht einfach nur um Übungen zum Erlernen von Bewegungselementen der Form, sondern vielmehr um Übungen für die Essenz des Chenstil, die innere Energiearbeit.
Diese innere Energiearbeit gibt es schon länger und wurde von Chen Xin (1849-1929) in dem Buch Taijiquan Tushou beschrieben.
Heben und Senken und Öffnen und Schließen sind selbstverständlich auch in den Seidenübungen enthalten.

Im Yangstil (Hongkonger Linie) ist mir eine derartig detaillierte Energiearbeit nicht begegnet.
Dort wird zwar auch teilweise Yin und Yang gesungen, aber die Phasen erstrecken sich über mehrere Energiekreisläufe und es wird auch nicht zwischen den zwei räumlichen Ebenen der Kreisläufe unterschieden.
Versteht man diese Energiearbeit und ihre Regeln anhand der Seidenübungen, kann man sie auf die komplizierteren Bewegungen der Form oder auch außerhalb der Form übertragen.
Im neuen Rahmen wurden von Chen Fake neben einigen neuen Bewegunen vor allem weitere Energiekreisläufe eingefügt, was die Form innerlich detaillierter, damit anspruchsvoller aber auch attraktiver macht.

Natürlich führen viele Wege nach Rom;):)

rudongshe
08-05-2008, 08:45
Lineage für mich: Welche Leute in einer Lineage wissen was (Inhalt) und geben es in ihrer Lineage weiter (Offenheit).

Deswegen ist es für mich wichtig zu wissen und einzuschätzen, genauso wenn ich mein kind an einer Schule anmlede, ich mich informiere: wie ist ihr Ruf? Wer kennt die Lehrer? In welche Richtung/Schwerpunket wird gearbeitet (eher musisch, oder vernetzt mit dem Mittelstand).

Ob jemand nun von den heiligen blue mountains kommt oder persönlich des Kriegsgottes Avatar ist - nu dies ist mir auch egaler denn egal.

bluemonkey
08-05-2008, 08:47
Es macht schon Sinn, wenn CXW (und andere) Grundübungen herausarbeiten und (mehr oder weniger) standardisieren, um weit entfernten Schülern eine überschaubare Auswahl an Material anzubieten, welches sie selbstständig üben können.
Noch als Anmerkung: Direkter Formunterricht ist natürlich auch dann eine Herausforderung, wenn die Schüler schon mit einfacher körperlicher Koordination Probleme haben - da sind so Einzelübungen dann doch besser. Aber "schnellere" Ergebnisse produziert man meiner Erfahrung nach nicht, wenn man absichtlich "langsamer" im Training vorgeht. Man reduziert nur die Gefahr, dass überforderte Leute die Motivation verlieren. Das ist aber nur meine persönliche Ansicht.


In der WCTAG wird sofort mit dem Formenuntericht begonnen. Allerdings bleibt auch für Fortgeschrittene stehende Säule und Seidenübungen ein wichtiger Schwerpunkt. Mein Lehrer gibt z.B. eine dreistündige Übungseinheit, da entfallen auf Stehende Säule und Seidenübungen allein zwei Drittel des Unterrichts mit ausführlicher Korrektur und entsprechenden Ergebnissen.
Für die weitergehenden Formen hat er eine eigene Stunde, bzw. die hole ich mir auf Workshops.
Mit langsam Vorgehen hat das IMHO weniger zu tun. Ich selbst weise beim Vermitteln der Form deutlich auf die Prinzipien der Seidenübungen hin, vor allem das korrekte Timing von Gewichtung und Drehung, was die Bewegungen viel klarer macht, insbesondere, weil man das bei Fortgeschrittenen nicht mehr deutlich wahrnehmen kann.

Ich würde sogar behaupten, dass ein dauerndes Wiederholen und verfeinern der Basics mehr ernsthafte Motivation erfordert, als das Erlernen neuer Bewegungen.
Ich kenne das von diversen Tanzkursen her:
-je kommerzieller und auf breites Publikum bedacht, um so mehr verschiedene Schritte und Figuren werden vermittelt. Dann kann man "draussen" schnell Tanzen, sieht oft aber scheiße aus;)
-je professioneller und anspruchsvoller, um so mehr Zeit wird mit grundlegender, "langweiliger" Haltungs- und Bewegungsschulung verbracht.
Und dann kommen auch "schlichte" Bewegungen atemberaubend rüber.



In Fengs Taiji-lehrplan spielen sowohl seine Chansigong als auch Standübungen eine sehr große Rolle. Und so wie es scheint, war er mit dieser Systematisierung sehr viel früher dran als die Leute in Chenjiagou. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass Feng mehr Einfluss auf das Chenjiagou-Taijiquan hatte, als den dortigen Leuten heute lieb ist...

Chenjiagou-Taijiquan ist IMHO allerdings auch nicht gleich Chen Xiaowang-Taijiquan.

Dass gerade stehende Säule von Feng Zhiqiang in den Chenstil gebracht wurde, vermute ich allerdings auch, da er ja bei Hu Yaozhen wohl entsprechende Methoden gelernt hat.

Der Stille
08-05-2008, 09:00
Hallo!

Ich muß meine These " Das der Yang Stil entstand aus dem WuDang Stil" revidieren da mir etwas aufgefallen ist.
Nach der Geschichte nach soll ja Zhang San Feng denWuDang Tai Chi entwickelt haben und Yang Lu Chang den Chen Stil gelernt haben.
Ich habe aber im Netz jetzt gelesen das Yang Lu Chan eigendlich Shaolin Hung Quan gelernt hat und dann denn Chen Stil.
Wenn also Yang Lu Chan den Yang Stil entwickelt haben soll dann müßte er auch den WuDang Stil gelernt haben müßen um dann aus dem Chen Stil den WuDang Stil und dem Shaolin Hung Quan den Yang Stil entwickelt haben.
Also ich finde es doch dann wirklich ein wenig schade das man darüber nur 50% der ganzen Geschichte über den Yang Stil findet und selbst der nicht mal 100% stimmt.

Und für alle die sich fragen warum ich mir über diese Sache den Kopf mache ist ganz einfach. ich wil einfach nur wissen ob ein und wie viel Funken Wahrheit überhaupt in den Geschichten über das entstehen der Yang Stil gibt.

Der Stille

GuanYu
08-05-2008, 09:23
@bluemonkey

Keine Frage, man kann auch Einzelübungen in hohem Detail lehren und üben. Tatsächlich ist das auch in Chen Zhaokuis Taijiquan ein großer Aspekt - allerdings wird dort zumeist erst die Form unterrichtet, dann werden einzelne Bewegungen herausgenommen, korrigiert und geübt. Das nennt sich dann danshi, und stellt zusammen mit Form und Tuishou einen der großen Blöcke der Übungsmethodik dar.

Probleme habe ich eigentlich nur mit zwei PUnkten. Zum einen damit, dass zwar die Solo-übungen systematisiert und standardisiert werden, die Partnerübung aber weit hinterher hinkt. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die meisten Übenden eben doch "nur" nach einer etwas abwechslungsreicheren Variante des Qigong suchen. Im Vergleich dazu haben Übungssystem wie Yiquan und Iliqchuan beispielsweise sehr systematische Partnerübungen, die der gleichen Idee Folgen wie Zhanzhuang und Chansigong: auch wenn der Lehrer nicht da ist, haben die Schüler etwas zu üben, das überschaubar bleibt aber wirkungsvoll ist.
Zum anderen stört mich die Vergöttlichung von Übungen wie Ein-Hand-Chansigong. Alle diese Einzelübungen sind letztendlich nur Mittel zum Zweck. Was man will, sind Fähigkeiten, die über Übungen zugänglich werden. Um das bekannte Zitat von Zhuang-zi zu nehmen: Wenn man Fische gefangen hat, wirft man das Fischernetz weg. Häufig habe ich das Gefühl, dass die Leute nicht mehr so wirklich an den Fischen interessiert sind, sondern nur noch am Netz. Mich stört auch nicht, dass viele Lehrer ihr Augenmerk auf Einzelübungen richten - wenn das System Resultate bringt, ist es super. Vielmehr wird es nicht selten als der einzig wahre Weg dargestellt, mit der Argumentation, dass z.B. der Weg über den Formunterricht "viiiiiiiiiiieeeeeeeel zu schwer" wäre, als dass man dadurch Taijiquan lernen könnte. Genau das stelle ich in Frage; wie auch in anderen Betätigungen lernt man meiner Erfahrung nach mehr, wenn man sich auch mehr fordert. Die Gefahr ist also nicht, dass man auf einem schwierigeren Weg langsamer lernt, sondern dass man sich überfordert und die Motivation verliert. Daher mein Kommentar im vorigen Beitrag bezüglich überforderter Schüler.

PS
Formunterricht bedeutet für mich nicht zwangsläufig "neue Bewegungen", sondern Korrektur der Form. Das eigentliche Taijiquan-Training beginnt IMO erst, nachdem man die Form gelernt UND auf ein bestimmtes Niveau gebracht hat. Die Frage, wie schnell man Formbewegungen lernt, ist für mich völlig irrelevant. Das Niveau der Korrektur und die Intensität des Trainings sind entscheidend. Dass es für viele Schüler tatsächlich eine große Frage ist, wie schnell und wieviele Formbewegungen man lernt, bedeutet eigentlich nur, dass es für viele Schüler schon schwierig ist, überhaupt den Fuß in die Tür zu kriegen. Auch hier wieder der Verweis auf meinen Kommentar zu den überforderten Schülern.

GilesTCC
08-05-2008, 10:00
Und für alle die sich fragen warum ich mir über diese Sache den Kopf mache ist ganz einfach. ich wil einfach nur wissen ob ein und wie viel Funken Wahrheit überhaupt in den Geschichten über das entstehen der Yang Stil gibt.

Der Stille

Hallo Stille (man hört dich trotzdem noch...),

alle, die sich für solche Sachen interessieren, würden es auch gerne wissen. Aber man muß sich damit abfinden, daß keiner es richtig weiß. Die wirklich verbürgten Tatsachen sind sehr dürftig und ansonsten geht es um Vermutungen, Ausschmuckungen, schöne Legenden und Interpretationen. Und die Interpretationen werden fast immer von dem jeweiligen Standpunkt bzw. Machtbasis bestimmt. Viele Leute, Chinesen wie Westler, wollten und wollen den eigenen Stil ein bisschen 'erheben' und einen 'Vorrang' über den anderen Stilen sichern. Dieser Prozess läuft seit fast 100 Jahren in der Tai Chi-Welt und wird wahrscheinlich nie aufhören. Und es ist eine menschliche Ureigenschaft, die man auch in vielen anderen Bereichen sieht (Religion, Politik, Kunst...).
Aber zum Glück gibt es auch in jedem Stil auch genug Meister und "Normalos", die gutes Tai Chi einfach schätzen, egal aus welchem Stil.

Schöne Grüsse,

Giles


PS. Die Bücher von Douglas Wile sind ganz interessant in diesem Hinsicht. Er untersucht viele alte (Yang-Stil)Texte und Quellen auf akademische Weise und kommt zu relativ ausgewogenen Schlussfolgerungen über was man weiß und nicht weiß. Aber auch er kann oft nur vermuten...

bluemonkey
08-05-2008, 10:19
@bluemonkey

Keine Frage, man kann auch Einzelübungen in hohem Detail lehren und üben. Tatsächlich ist das auch in Chen Zhaokuis Taijiquan ein großer Aspekt - allerdings wird dort zumeist erst die Form unterrichtet, dann werden einzelne Bewegungen herausgenommen, korrigiert und geübt. Das nennt sich dann danshi, und stellt zusammen mit Form und Tuishou einen der großen Blöcke der Übungsmethodik dar.

Probleme habe ich eigentlich nur mit zwei PUnkten. Zum einen damit, dass zwar die Solo-übungen systematisiert und standardisiert werden, die Partnerübung aber weit hinterher hinkt. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die meisten Übenden eben doch "nur" nach einer etwas abwechslungsreicheren Variante des Qigong suchen.


Das ist auch teilweise meine Meinung. Chen Xiaowang hat auch das Pushhands systematisiert und es wird auch sehr detailliert unterrichtet.
Leider wird die Übung teilweise (Hängt von dem Unterrichtsangebot der entsprechenden Schule ab) vernachlässigt, bzw. sie geht etwas unter (eventuell auch aufgrund mangelnden Interesses der Schüler).
Ich versuche daher hier seit ca. 1,5 Jahren eine Art Pushands-Workshop (Stiloffen!) zu etablieren, dessen Hauptzielsetzung darin liegt, zumindest bei einer kleinen Gruppe von Praktizierenden die Pushhandsroutinen so weit zu erlernen/einzuschleifen, dass damit auch richtig gearbeitet werden kann. Die Begeisterung hält sich leider (außer bei den üblichen Verdächtigen) in Grenzen ;)



Vielmehr wird es nicht selten als der einzig wahre Weg dargestellt, mit der Argumentation, dass z.B. der Weg über den Formunterricht "viiiiiiiiiiieeeeeeeel zu schwer" wäre, als dass man dadurch Taijiquan lernen könnte. Genau das stelle ich in Frage; wie auch in anderen Betätigungen lernt man meiner Erfahrung nach mehr, wenn man sich auch mehr fordert. Die Gefahr ist also nicht, dass man auf einem schwierigeren Weg langsamer lernt, sondern dass man sich überfordert und die Motivation verliert. Daher mein Kommentar im vorigen Beitrag bezüglich überforderter Schüler.


Das kenne ich bei uns so nicht, das Hauptwerkzeug ist offiziell die Laojia Yilu (Lange Form alter Rahmen).
Die Xinjia (neuer Rahmen), die ihr wahrscheinlich sofort lernt, denn Chen Yu kennt keinen “neuen Rahmen“, wird bei uns allerdings eher Fortgeschrittenen empfohlen (nach meiner persönlichen Erfahrung zu recht), und darf auch erst ab Ausbilder unterrichtet werden (es wird aber auch niemand dran gehindert, nicht auf seinen Lehrer zu hören ;)).
Bis dahin (Lehrerprogramm) gibt es aber die 19-Form, die 75-Form, die Kanonenfaust alter Rahmen, die Schwert-, Säbel-, Stock-/Speer-, Hellebarden- und die 38-Form, die viel neuen Rahmen enthält.
Das ist schon mehr, als die meisten korrekt erlernen und dann regelmäßig üben können.
Später (Ausbilderprogramm) kommen dann noch die zwei Formen neuer Rahmen und Doppelschwert, Doppelsäbel-, Ballform,
Dagan- und neuerdings wohl die Doppeleisenstangenform dazu.

Die Reihenfolge ist nicht zwingend und jeder kann sich das nehmen, was er meint lernen zu wollen. Bei uns hat auch mal jemand Säbel vor der Langform gelernt (der kommt allerdings inzwischen auch nicht mehr ins Training).

Die Empfehlung von CXW ist, am Anfang mehr Basisübungen zu machen, und die dann später zugunsten der Form zu reduzieren.
Das ist sinnvoll, denn dann kann man von Anfang an schon an den inneren Prinzipien arbeiten, auch wenn man die Form noch nicht äußerlich beherrscht.
Kann man die Form soweit, dass man mit ihr auch innerlich arbeiten kann, reduziert sich das Basistraining (oder der Gesamtumfang steigt;))

GuanYu
08-05-2008, 11:29
Gut zu hören, dass das bei euch anders läuft, vor allem beim Tuishou (egal ob nun erfolgreich oder nicht :) )
Mir ging es gar nicht mal um die Anzahl der Formen, sondern einfach nur darum, dass man auch mit der yilu die inneren Sachen direkt angehen kann. Wobei klar ist, dass damit eben auch höhere Anforderungen (vor allem athletischer Art) verbunden sind.
Zu Chen Yus Formen muss man noch sagen, dass sie sich von den Xinjia-Varianten der Chenjiagou-Leute unterscheiden. Ich persönlich sehe einen mehr oder minder deutlichen Unterschied zwischen den Leuten, die nur von Chen Zhaokui gelernt haben, und denen der Dorf-linien. Dass Xinjia bzw. die 83er Form insgesamt schwieriger ist, trifft schon zu; aber ob man sie einem Anfänger beibringen kann oder nicht, hängt nicht zuletzt davon ab, wie hoch die Anforderungen des Lehrers sind. Man kann einen Anfänger sowohl mit der 75er (laojia) als auch der 83er total überfordern - oder man passt sie eben dem Niveau des Schülers an. In einem System, indem laojia für die Grundlagen und xinjia für die eher Fortgeschrittenen gedacht ist, muss xinjia zwangsläufig anspruchsvoller sein, sonst wäre es ja auch nicht logisch ;)

bluemonkey
08-05-2008, 11:49
Dass Xinjia bzw. die 83er Form insgesamt schwieriger ist, trifft schon zu; aber ob man sie einem Anfänger beibringen kann oder nicht, hängt nicht zuletzt davon ab, wie hoch die Anforderungen des Lehrers sind. Man kann einen Anfänger sowohl mit der 75er (laojia) als auch der 83er total überfordern - oder man passt sie eben dem Niveau des Schülers an. In einem System, indem laojia für die Grundlagen und xinjia für die eher Fortgeschrittenen gedacht ist, muss xinjia zwangsläufig anspruchsvoller sein, sonst wäre es ja auch nicht logisch ;)

Ich denke, das auch oder hauptsächlich die Laojia unterrichtet wird hängt wohl auch damit zusammen, dass Chen Xiaowang auch die Traditionen bewahren muss.
Ich hab letztes Jahr im Rahmen eines Camps auch die Xinjia Yilu bis Anfang dritter Teil "gelernt". Da kann man natürlich die Bewegungen einfach nachmachen.
Aber wie man zum Beispiel diese kleinen Faustbewegungen nach "Buddhas Wächer stampft mit dem Stößel" exakt innerlich aussteuert :confused:.
Da arbeite ich erstmal mit den großen Wechseln der Laojia Yilu, da hab ich noch genug Baustellen:p. Und auch da kann man da später mehr und kleinere Wechsel einbauen und es anspruchsvoller zu machen.

Zen Frog
08-05-2008, 12:20
Hallo!

Ich habe mir jetzt mal ein paar Video Clips über den WuDang Stil angeschaut und vom Chen Stil und ich habe im WuDang Stil viele Bewegungen wieder gesehen die auch im Yang Stil sind auch wenn die Bewegungen im Yang Stil was anders ausgeführt wird wie im WuDang Stil. Z.B. Der Kranich/die Schlange7 Knie streifen7 den Affen abwehren/ Wolken Händen/ Die Peitsche und zum anderm sind im WuDang Stil so wie im Yang Stil eine gleichbleibende fließende Bewegung nicht wie im Chen Stil wechselnes Tempo.
Als Vertreter aller WuDang Sil Videos habe ich mal dises Video genommen da man es hier gut sehen kann:" YouTube - Wudang Taiji 13 (http://nl.youtube.com/watch?v=yktUHOiweHw)

Vieleicht hat ja Yang Lu Chang als er den Chen Stil gelernt hat das ein oder andere mit in seinem Yang Stil integriert aber auch bestimmt viel wieder weg gelassen. Aus welchen Grund auch immer. Aber ich behaupte das der Yang Stil seine Wurzeln im Wudang Stil hat und nicht im Chen Stil.
Ich weiß das es für den ein oder anderen etwas provozierend ist und man es bestimmt nie richtig belegen kann ob es stimmt was ich hier schreibe. Aber ich finde es ist mal eine Überlegung wert.

Der Stille

Das ist allerdings provozierend und wenig wegweisend. Einfach mal so aus dem Bauch heraus etwas behaupten ist einfach nicht der Weg, der in historisc hen/kulturellen Fragen akzeptabel ist.

Völlig unabhängig davon, ob an Deiner Vermutung etwas dran ist oder nicht.

Stellst Du die Frage, ob andere das auch so sehen, dann ist das viel mehr akzeptabel. Aber Deine Beobachung als gültige Wahrheit hinzustellen ist schlicht vermessen.

GuanYu
08-05-2008, 12:25
Da arbeite ich erstmal mit den großen Wechseln der Laojia Yilu, da hab ich noch genug Baustellen:p. Und auch da kann man da später mehr und kleinere Wechsel einbauen und es anspruchsvoller zu machen.

Das ist nicht verkehrt, denke ich. Auch wenn man direkt die 83er lernt, muss man sich erstmal auf den groben Rahmen konzentrieren. Manche Leute machen aber halt auch den Fehler, die kleineren Elemente quasi "aufzuschieben". Wenn man diese Sachen nicht übt, lernt man sie natürlich auch nicht. Und je früher man anfängt, desto mehr Zeit hat man, sie zu üben :cool:
Vermutlich muss man nur den richtigen Zeitpunkt abwarten.

Alpensahne
08-05-2008, 16:01
mein bescheidener Senf zum Thema:

noch eine andere Version:
lt. Seite: HA OH LAY (http://haohlay.de/homede.html)

links unter Allgem. Wissenswertes
dann rechts unter
Tai Chi Chuan nach SHA QUAN MING, die Sha- Linie (Ho-Linie)
unter:
Der Ho- und der Yang-Stil

gibts einen Bericht über Austausch von Yang Lu Chan und Wudang Vertreter.

obs stimmt ? nix gwis was ma net.
halt wieder eine weitere Version. (wenns schee macht)

bluemonkey
08-05-2008, 18:06
mein bescheidener Senf zum Thema:

noch eine andere Version:
lt. Seite: HA OH LAY (http://haohlay.de/homede.html)

links unter Allgem. Wissenswertes
dann rechts unter
Tai Chi Chuan nach SHA QUAN MING, die Sha- Linie (Ho-Linie)
unter:
Der Ho- und der Yang-Stil


Das wichtigste steht am Anfang:

Die Geschichte und historische Entwicklung des Tai Chi Chuan ist mit vielen Legenden und Überlieferungen verbunden, die sehr häufig nicht historisch belegbar sind. Obwohl die Chinesen schon sehr frühzeitig viele Dinge schriftlich niederlegten, sind viele Geschichten eben nur nachgeschrieben. Aber meist sind dort nicht nur historische Fakten, sondern auch Geschichten und Legenden mit eingeflochten worden. Chinesen lieben Geschichten. Wenn man sich das immer wieder vor Augen führt, wird man einsehen, daß auch vermeintlich korrekte historische Begebenheiten verändert worden sind.

über die Verbindung von Wudang zu Chenjiagou (mit jeder Menge Fragezeichen):

Taishan - Schule für Taijiquan und Innere Künste in Aachen | Qigong | Chen Stil | Nördlicher Wu Stil | Push Hands | Schwertform | Stolberg goes China (http://www.taishan.de/taijiquan-maerchen-1.html)

hier ist Jiang Fa eine wichtige (bzgl. Taijiweitergabe) Figur, in der Chen-Darstellung nur Schüler oder Waffengefährte von Chen Wangting:

historie (http://www.chen-shi.de/stammbaum_chenwanting_3.html)

Wer liebt keine Legenden.:p

BanYan
08-05-2008, 22:26
Hallo,


...
Im Yangstil (Hongkonger Linie)
(...)
wird zwar auch teilweise Yin und Yang gesungen, aber die Phasen erstrecken sich über mehrere Energiekreisläufe und es wird auch nicht zwischen den zwei räumlichen Ebenen der Kreisläufe unterschieden.
...


schade, da seid ihr wohl aneinander vorbeigelaufen (singenderweise).

Mir ist da mehr begegnet, als nur GROBES "Yin- und Yang-Gesinge".

Ich hatte irgendwann auch das Gefühl, daß die bis dorthin gelernte Einteilung in Yin und Yang eigentlich etwas zu grob sei.

Auf Nachfrage wurde dann erklärt, daß jede Yin- und jede Yang-Phase sich in Tochterphasen unterteilen lässt: Yin im Yang, Yang im Yin etc. Weiterhin ist jede Aktivität einem der drei Zentren/Dantiens zugeordnet. Und dann kann man das ganze weiter vertiefen: 3 Yin und 3 Yang, Yin/Yang in den Füßen etc. ...


...
Natürlich führen viele Wege nach Rom;):)

Vielleicht treffen wir uns ja mal auf dem Wege nach Rom ... :yeaha:

Gruß
BanYan

bluemonkey
09-05-2008, 00:04
Hallo,
schade, da seid ihr wohl aneinander vorbeigelaufen (singenderweise).
Mir ist da mehr begegnet, als nur GROBES "Yin- und Yang-Gesinge".
Ich hatte irgendwann auch das Gefühl, daß die bis dorthin gelernte Einteilung in Yin und Yang eigentlich etwas zu grob sei.
Auf Nachfrage wurde dann erklärt, daß jede Yin- und jede Yang-Phase sich in Tochterphasen unterteilen lässt:


Wahrscheinlich war ich nicht lange genug dabei, allerdings weiß ich nicht, wie lange ich hätte dabei sein müssen (war auch nicht Deine Linie;)).




Yin im Yang, Yang im Yin etc.


Das kommt mir bekannt vor...:)



Weiterhin ist jede Aktivität einem der drei Zentren/Dantiens zugeordnet. Und dann kann man das ganze weiter vertiefen: 3 Yin und 3 Yang, Yin/Yang in den Füßen etc. ...


das jetzt wieder nicht...:)




Vielleicht treffen wir uns ja mal auf dem Wege nach Rom ... :yeaha:

Gruß
BanYan

Du bist wohl etwas voraus und kommst evtl. von der anderen Seite/ mit einem anderen Verkehrsmittel, aber dann spätestens in Rom...:p

Wird aber wahrscheinlich auch vorher nicht ausbleiben:) (wär zumindest für mich interessant, das, was ich weiß, ist ja alles öffentlich zugänglich.)
Gibt's auch hier in unserer Gegend stiloffene PH-Treffen? (wenn die Rheinländer mal einen ganzen Tag machen, würde sich das auch lohnen)

Stuttgart? Frankfurt? Karlsruhe hat ja auch eine große und wachsende Szene:
ITCCA, JDIATCC, WCTAG, YTAE, (bald? bzw. nahe bei) ESSA, Cheng Man Ching und andere Spielarten... deren Lehrer sich leider nicht alle grün sind;):p.

Zumindest für Frauen gibt's ja hier Ende Mai das erste große PH-Treffen:)

Der Stille
09-05-2008, 06:49
Hallo!


Zitat ZenFrog!
Das ist allerdings provozierend und wenig wegweisend. Einfach mal so aus dem Bauch heraus etwas behaupten ist einfach nicht der Weg, der in historisc hen/kulturellen Fragen akzeptabel ist.

Völlig unabhängig davon, ob an Deiner Vermutung etwas dran ist oder nicht.

Stellst Du die Frage, ob andere das auch so sehen, dann ist das viel mehr akzeptabel. Aber Deine Beobachung als gültige Wahrheit hinzustellen ist schlicht vermessen.
Nun wenn es einige diese Sache als provozierend halten dann ist es ihre Auffassung und zum anderem habe ich das was ich da geschreiben habe nicht als die entgültige Wahrheit hingestellt.
Aber vieleicht hätte ich besser schreiben sollen das ich es als eine These hinstelle und nicht als eine Behauptung.

Der Stille

laoshu
09-05-2008, 18:32
Hallo!
Vieleicht hat ja Yang Lu Chang als er den Chen Stil gelernt hat das ein oder andere mit in seinem Yang Stil integriert aber auch bestimmt viel wieder weg gelassen. Aus welchen Grund auch immer. Aber ich behaupte das der Yang Stil seine Wurzeln im Wudang Stil hat und nicht im Chen Stil.
Ich weiß das es für den ein oder anderen etwas provozierend ist und man es bestimmt nie richtig belegen kann ob es stimmt was ich hier schreibe. Aber ich finde es ist mal eine Überlegung wert.
Der Stille
"Ich behaupte" bedeutet nicht, das dies die allgemein anerkannte Wahrheit ist, noch nicht einmal, das der Behauptende selbst genau dieser Meinung ist. Um eine Diskussion anzuregen, ist eine solche Formulierung durchaus legitim. Wir sind hier nicht in einem Politologen-Seminar. Ich behaupte jetzt einmal, alle taijiler sind Weicheier und unterliegen in jedem realen Kampf. Ist das meine, laoshus, persönliche Meinung?
Danke, Stiller. Heutzutage eiern einfach zu viele im Beliebigkeitsgeschwafel herum, weil keiner bereit ist, die Konsequenzen zu tragen. Wer nicht in der Lage ist, eine Aussage von der Person zu trennen bzw. zwischen den Zeilen zu lesen, okay, für den ist dann eben alles an die Person gebunden.
Grüße,
laoshu

isegrim
09-05-2008, 19:19
Im Mittelalter gab es viele Kathedrale, Kirchen etc., die als Reliquie einen Teil des "wahren Kreuzes" vorweisen konnten. Sprich ein Stück altes Holz. Calvin hat irgendwann die Bemerkung gemacht, daß wenn man alle Teile des "wahren Kreuzes" zusammentragen würde, man eine ganze Schiffsladung hätte.


Seeehr schön! Casanova schreibt in seinen Memoiren (18.Jh.), dass es eine Kirche in Italien gibt, die als Reliquie folgendes vorzuweisen hat:
"Den Schädel von Johannes den Täfer im Alter von 9 jahren" !!! !!! !!!

Finde ich an Originalität nahezu unschlagbar. ;-)

grüße

9InchSnails
09-05-2008, 19:26
[...]
der neuzeitlichen Wudang-Wushu-Vertreter
[...]
Die modernen Vermarkter des Wudang-Wushu
[...]

Ich hätte da mal eine vielleicht doofe Frage als Unwissender.. was darf man genau unter 'Wudang Wushu' verstehen, und vor allen dingen: woran erkennt man dieses?
Fällt das Wudang Tai Yi zeug und die Wudang Schwertform/kunst ebenfalls unter Wushu Athletik? Oder kann man das nicht so sagen da hier auch wieder zwischen original Neijia und "Turnen" unterschieden werden muss (was wieder zu meiner ersten Frage führen würde)?
Was ist authentisch, was nicht?

Fragen über fragen,:o

Dussl~

Klaus
09-05-2008, 20:01
Ich frage mich wie man bei der Ähnlichkeit der Figuren allen Ernstes behaupten kann das wäre von einem "Wudang-Stil" den in seiner ursprünglichen Form irgendwie keiner mehr kennt und niemand betreibt. Stattdessen zeigen die angeblichen "Wudang-Meister" lupenreinen Chen- oder Yang-Stil, und mit ein bischen Mühe bekommt man auch heraus wo derjenige das gelernt hat. Mal abgesehen davon dass der ominöse Wudang-Stil irgendwie scheinbar auch Figurennamen hat die ein General Qi in seinem Buch auflistet, ohne etwas über Wudang zu erzählen. Tatsächliche Wudang-Stile (das ist nicht EIN Stil, sondern eine Sammlung) sehen völlig anders aus, und ähneln Taiji gerade mal so wie Liuhebafa, beides hat einen Fluss und hat weite, teils langsame Bewegungen, tiefe Stände und aufs und abs. Wie man auf Chinafrominside.com nachlesen kann, sind 29 der Figuren sowohl in Qi Jiguangs Buch gelistet, wie in Taizus Manualen der offenbar der Spender für Qi war. Alle anderen Taiji-Postures kommen in weiteren Taizu Chang Quan Manualen vor. Man kann also mit relativ grosser Sicherheit dazu sagen dass Taiji eine Verfeinerung bzw. Weiterentwicklung von Taizus Boxstilen war die zu ihrer Zeit in Militärkreisen und in Shaolin verbreitet waren. Wenn das unbekannte Wudang-Boxen so viel stärker als das olle Chen-Taiji der damaligen Zeit war, warum hat Herr Yang dann soviel daraus übernommen, statt das Wudang-Zeug einfach so beizubehalten ? Nichtmal die Yang-Familie selbst behauptet dass ihr Boxen von einem ominösen Wudang-Stil abstammt, das machen nur Yang-Trittbrettfahrer.

Trinculo
09-05-2008, 20:27
Seeehr schön! Casanova schreibt in seinen Memoiren (18.Jh.), dass es eine Kirche in Italien gibt, die als Reliquie folgendes vorzuweisen hat:
"Den Schädel von Johannes den Täfer im Alter von 9 jahren" !!! !!! !!!

Finde ich an Originalität nahezu unschlagbar. ;-)

grüße

Klingt witzig, kann mich aber nicht mehr daran erinnern. In welchem Band war das denn ;)?