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Vollständige Version anzeigen : Über das üben von Tajiquan!



Der Stille
14-05-2008, 11:42
Hallo!

Habe ich gerade im Netz gefunden!

Über das Üben von Taijiquan

von Yang Chengfu ( 1883 - 1936 )



Obwohl die chinesischen Kampfkünste in viele verschiedene Stile und Fraktionen unterteilt sind, ist es wichtig zu wissen, dass alle Techniken beinhalten, die gewissen philosphischen Prinzipien folgen. Vor uns waren viele, die ihre ganze Lebenskraft investiert haben, ohne die Geheimnisse ausgelotet zu haben. Aber wenn ein Schüler ein Tagewerk investiert, wird er die Früchte eines Tagewerkes ernten. Und im Laufe von Tagen und Monaten, wird sich der Erfolg einstellen.

Taijiquan ist die Kunst der Weichheit, die das Harte umschliesst, ist die Nadel versteckt in der Watte. Die Techniken, Physik und Mechanik sind durchtränkt mit wichtigen philosophischen Prinzipien. Jene, die diese Kunst erlernen wollen, müssen durch verschieden Stufen hindurchgehen, denen sie genügend Zeit widmen müssen. Obwohl die Führung durch einen ausgezeichneten Lehrer und das gewissenhafte Training mit Freunden nicht unterschätzt werden dürfen, ist das Wichtigste das tägliche individuelle Üben. Ohne dieses kann man bis an das Ende der Tage diskutieren, oder ein ganzes Jahr sehnsüchtig daran denken; aber sollte man plötzlich kämpfen müssen, wäre man so ohne Substanz wie ein Taiji Schüler am ersten Tag. Die Ahnen sagten:
Du kannst den ganzen Tag denken, ohne ein Resultat zu sehen - besser ist es, etwas ernsthaft zu studieren.

Wenn du es zustande bringst, jeden Morgen und Abend freudig zu Ueben und dich zu verbessern, wird sich der Erfolg einstellen, ungeachtet ob du jung oder alt, männlich oder weiblich bist.

In letzter Zeit haben sich die Anhänger von Taijiquan über das ganze Land ausgebreitet, und es gibt täglich mehr Schulen - das muss gezwungenerweise die Aussichten der Kriegskünste verbessern. Das heisst, dass die wahren Enthusiasten, also die treuen und ehrlichen Schüler, eine Zukunft ohne Grenzen vor sich haben. An Schülern fehlt es heutzutage wahrlich nicht. Leider gibt es aber zwei Arten von Schülern die Probleme bereiten:

1
- Die Ersten besitzen Talent, sind jung und stark und können analysieren und abstrahieren. Sie sind schlauer als der Durchschnitt. Es ist ein Jammer, dass sie, obwohl sie fast nichts erreicht haben, mit dem Erreichten schon zufrieden sind und aufhören weiter zu lernen. Sie sind nicht fähig, sich auf ein grosses Unterfangen einzulassen.

2
- Die Zweiten sind ungeduldig und wollen schnelle Resultate. Sie haben keine Zeit, sich zu entwickeln. Kaum ist ein ganzes Jahr vergangen, haben sie die Soloform, die Schwertform, die Säbelform und die Speerform erlernt. Zwar sind sie fähig die Bewegungen zu imitieren, aber sie wissen nichts von den inneren Prinzipien. Sobald man ihre Form anschaut nach Richtung und Bewegung, nach oberen und unteren, inneren und äusseren Prinzipien - wird man Unstimmigkeiten finden. Will man die Form verbessern, muss man jede einzelne Stellung korrigieren. Aber Korrekturen, die man bei diesem Typ von Schüler am Morgen gemacht hat, sind am Abend sicher schon vergessen. Daher kommt der Spruch: Boxen zu erlernen ist einfach, boxen zu korrigieren ist schwierig. Dieser Spruch will uns lehren, keine schnellen Resultate zu erwarten.

Wenn die jetzige Generation von Schülern ihr eigenen Fehler nicht erkennt und sie später als Lehrer weitergibt, ist das verheerend für die Kampfkünste.

Wenn man anfängt mit Taiji, muss man zuerst die Soloform erlernen. Die Form erlernen heisst, jede Stellung genau so zu erlernen wie sie der Lehrer vormacht. Der Student muss mit äusserster Konzentration sich jedes Details erinnern, sich dazu Gedanken machen und diese Überlegungen in seine Übungen einfliessen lassen. Das nennt man die Soloform erlernen. Während dieser Zeit soll sich der Student auf die innere, äussere, obere und untere Aspekte konzentrieren.

Für den inneren Aspekt heisst das: man soll Bewusstsein gebrauchen und nicht Kraft. Also soll man unten das Qi zum Dantien sinken lassen und oben ein leichte und ätherische Energie am Scheitel spüren.
Für den äusseren Aspekt heisst das: der ganze Körper soll leicht und gelenkig sein, wie wenn die Gelenke verwoben wären von den Füssen, zu den Beinen zu der Hüfte. Lass also die Schultern hängen, beuge die Ellbogen u.s.w.

Wenn man also Anfänger im Taiji ist, soll man sich diese Sätze jeden Morgen und jeden Abend vergegenwärtigen, sie auswendig lernen, bis man sie intuitiv versteht.

Jeder Stand und jede Armbewegung muss jederzeit analysiert werden. Das Verhalten beim Üben soll es möglich machen, das zu suchen, was richtig ist. Erst wenn man eine Form vollendet hat, soll man zur Nächsten schreiten. So wird man durch das Üben weiterkommen. Wenn man diese Anleitung zum Üben befolgt, so wird sich auch im Laufe der Zeit und bei fortschreitendem Können - trotz Korrekturen der Form - nichts an den inneren Prinzipien ändern.

Wenn man die Form übt, sollen die Gelenke des ganzen Körpers entspannt, offen und natürlich sein.

1: man darf das Qi nicht im Mund oder im Bauch hemmen (blockieren)

2: man darf nicht zulassen, dass sich Kraft in den Gliedern, der Hüfte oder Beinen staut.

Diese beiden Ideen werden von vielen Meistern des Nei Quan (innere Kampfkünste) als wichtig erachtet. Sobald diese Meister sjedoch anfangen sich zu bewegen, den Körper ausdrehen, kicken und boxen, fangen sie an, nach Luft zu schnappen und ihre Körper verlieren die Ruhe. Dies geschieht durch das Anhalten des Atems und die forcierte Kraft in den Bewegungen.

1
Wenn man übt, soll der Kopf nicht geneigt, gebeugt oder sonstwie schräg sein. Das nennt man den Scheitel aufhängen (die Spitze des Kopfes ist aufgehängt). Die Idee ist, dass man ein Objekt auf dem Kopf trägt. Vermeide aber das verspannte Aufgerichtet sein. Das ist die Bedeutung von aufgehängt sein.
Obwohl der Blick nach vorne in die Leere gerichtet ist, und der Körperrotation folgt, spielt er in der Umsetzung gewisser Techniken eine wichtige Rolle und vermag die Unzulänglichkeit des Körpers zu ergänzen.
Der Mund scheint offen zu sein und doch nicht offen, geschlossen und doch nicht geschlossen. Atme natürlich, durch den Mund aus und durch die Nase ein. Wenn sich Speichel bildet, spucke ihn nicht aus, sondern schlucke ihn.

2
Der Körper sollte zentriert und aufrecht sein, vermeide nach vorne zu hängen. Das Rückgrat mit dem weilu (coccyx) hängt ohne Neigung senkrecht nach unten. Aber vor allem Anfänger müssen, wenn sie den Wechsel zwischen Öffnen und Schliessen erfahren, sich auch auf das Halten des Brustkastens (containing the chest), Strecken des Rückens, Hängenlassen der Schultern und die Rotation der Hüfte konzentrieren. Ansonsten wird es nach einer gewissen Zeit sehr schwierig, die Form zu korrigieren, und der Übende wird zu Steifheit neigen. Diese Steifheit würde, auch wenn man sehr fleissig und gewissenhaft übt, verhindern, dass man wirklich profitieren kann.

3
Die Gelenke der Arme sollen locker (song) und offen sein. Die Schultern müssen hängen, die Ellbogen müssen gebeugt, und die Handflächen müssen - mit leicht gebeugten Fingern - leicht gestreckt sein.
Benutze dein Bewusstsein, um die Arme zu bewegen, leite das Qi bis zu den Fingespitzen. Im Lauf der Zeit wird die innere Energie durchdringen und rein werden und die Feinheit wird sich automatisch einstellen.


4
Man muss zwischen dem belasteten und unbelasteten Bein unterscheiden; die Bewegungen der Beine beim Heben und Senken sollen wie die einer Katze sein. Wenn der Körperschwerpunkt sich nach links verlagert, ist das linke Bein belastet und das rechte Bein ist unbelastet (leer).Wenn der Körperschwerpunkt nach rechts verlagert wird, dann ist das rechte Bein belastet und das linke leer. Was wir hier leer nennen, ist nicht im Sinne von "Null" leer. Die Energie ist noch nicht unterbrochen, sondern zurückgenommen und verhalten mit der Absicht zum Wechsel, zum Ausdehnen und zum Anspannen. Was wir belastet oder substantiell nennen, ist einfach kraftvoll und natürlich - ohne übertriebenen Einsatz von Energie; denn diese würde ja bedeuten, ungebändigte Kraft einzusetzen. Daraus folgt, dass sich die Beine gemäss der vertikalen Ausrichtung beugen müssen (das vordere Knie ist auf einer Linie mit den Zehen). Missachtet man dieses Prinzip, so nennt man das übertriebene Kraftanwendung. Bei einem Angriff würde der Körper sein zentriertes Gleichgewicht verlieren.

5
Bei den Füssen muss man zwischen dem Tritt mit dem Aussenrist und dem Fersentritt unterscheiden. Bei dem Ersteren soll man sich auf die Zehen konzentrieren. Beim Fersentritt aber konzentriert man sich auf die ganze Fusssohle. Dort wo die Aufmerksamkeit ist, folgt auch das Qi und das Jin (Sehnenkraft) muss unweigerlich nachfolgen. Aber die Gelenke müssen entspannt (song), offen, fein und durchlässig für Energie sein. Während des Kickens ist es sehr leicht, im Körper verkrampfte Energie anzusammeln. Passiert das, dreht sich der Körper auf eine instabile Weise und der Kick wird nicht kraftvoll sein.

Die Taijiquan-Übungen beginnen mit der Solo-Form, danach kommen Push-Hands, Einzelhand, zirkulär, feste Schrittfolge, aktive Schrittfolge, Dalu (grosses Ziehen) und Sanshou (freies Kämpfen). Dann folgen die zusätzlichen Formen wie Schwert, Säbel, Speer und so weiter.

Man sollte jeden Tag nach dem Aufstehen zwei mal die Form üben. Wenn sich am Morgen keine Zeit findet, dann soll zwei mal vor dem zu Bett gehen geübt werden. Während des Tages sollte man sieben bis acht mal üben, mindestens aber einmal. Man sollte aber nicht nach der Einnahme von Alkohol oder unmittelbar nach einem Essen üben.

Der Ort an dem man übt, zum Beispiel ein Hof, Garten oder ein grosses Zimmer sollte über eine gute Durchlüftung und angenehmes Licht verfügen. Schlecht sind Durchzug und Orte, die kalt, feucht und muffig sind. Da die Atmung sich während des Übens vertieft, können Durchzug und Feuchtigkeit den Körper und damit die inneren Organe ungünstig beeinflussen.

Die Kleider, in denen man übt, sollen einfach geschnitten sein. Die Schuhe sollen breit sein und den Zehen genug Platz lassen. Wenn man beim Üben geschwitzt hat, soll man den Körper nicht der Kälte aussetzen oder sich mit kaltem Wasser waschen, denn sonst wird man krank.

Diktiert von Yang Chengfu
Aufgeschrieben von Zhang Hongkui
Englisch von Lous Swaim
aus dem Englischen von Urs Luggen editiert von Birgit Kulhoff

aus: Fu Zhongwen: Mastering Yang-Style Taijiquan

North Atlantic Books, Berkeley ISBN 1-55643-318-2

YiShen
14-05-2008, 13:55
Endlich eine Antwort auf meine Fragen, und zwar vom Obermotz selber ;)
Thx! :halbyeaha

laoshu
14-05-2008, 14:15
Danke für den ausführlichen Text, Stiller. Der Inhalt kommt mir sehr bekannt vor, ich habe ihn an mehreren Stellen so oder ähnlich gelesen. Besonders die Typisierung der Schüler finde ich sehr interessant. Sie trifft sicherlich nicht nur auf Schüler des Taiji quan zu.
Was den persönlichen Aufwand anbelangt, so ist der meines Erachtens abhängig vom angestrebten Ziel und der Stellung, die die IMA im Leben des Schülers einnimt. Mache ich die IMA zu meinem Lebensmittelpunkt bzw. ist es mein Anspruch, ein sehr hohes Niveau zu erreichen, bin ich vielleicht bereit, den im Text geforderten Einsatz zu zeigen. Ist das Erlernen der IMA nur ein Aspekt unter vielen anderen in meinem Leben, vielleicht sogar nur ein, wenn auch ernsthaft betriebenes "Hobby", sieht das Ganze schon anders aus. Du wirst mir wahrscheinlich zustimmen, dass die meisten Schüler der IMAS den hier beschriebenen Einsatz zumindest nicht täglich in dieser Weise leisten.
Wie in fast allen anderen erlernbaren Bereichen auch (Beruf, Sport, Musik, Malen, Schreiben, Fremdsprache) ist das erreichbare Niveau sowohl vom gezeigten Einsatz alsauch vom persönlichen Talent für diese Fertigkeit abhängig. Auch der talentierteste Marathonläufer wird ohne entsprechendes Training keine Spitzenzeiten laufen. Aber auch derjenige, der erst nach 4 Stunden durchs Ziel kommt, läuft einen Marathon.
Ich verstehe den Text als Übungsanleitung für jene IMA-Schüler, bei denen die innere KK im Zentrum ihres Lebens steht. Ehrlich gesagt frage ich mich dennoch, wie die Meister es geschafft haben, derartig intensiv zu trainieren, wenn sie daneben noch eine Familie zu ernähren hatten, einen Hof zu bewirtschaften oder am Band in der Fabrik arbeiten mussten:).
Alles Liebe,
laoshu

bluemonkey
14-05-2008, 14:44
Endlich eine Antwort auf meine Fragen, und zwar vom Obermotz selber ;)
Thx! :halbyeaha

Weils in einem anderen Forum passte, auch hier die Ansicht von meinem "Obermotz":):

Taiji-Netzwerk - 5 Level Skill (english) (http://www.taiji-netzwerk.de/5-level-skill.html)

laoshu
14-05-2008, 15:19
@bluemonkey
Danke für den Link. Habe den sehr informativen Text ab dem zweiten level allerdings nur noch überflogen, denn weiter werde ich bei meinem Meister ohnehin nicht kommen. Ich denke, die angeführten skills gelten in ähnlicher Form auch für meinen "Werde Deutsche Meisterin"-Yang-Stil, oder?
Erfreulich, wesentlich weniger demotivierend und eher den Bedingungen eines "Normalo"-Schülers angepasst finde ich die Aufzählung der zu erreichenden Fähigkeiten bzw. skills anstelle des Trainingsaufwandes. Kann ja sein, dass ich jeden Tag brav stundenlang trainiere und dennoch nie den fünften Level erreiche. Es soll übrigens auch sog. Meister geben, die selbst nach 30 Jahren taijiquan nicht über den zweiten level hinausgekommen sind (und trotzdem gutes Geld verdienen:D), aber das gehört in den anderen thread.
Alles liebe,
laoshu

YiShen
14-05-2008, 15:47
Weils in einem anderen Forum passte, auch hier die Ansicht von meinem "Obermotz":):

Taiji-Netzwerk - 5 Level Skill (english) (http://www.taiji-netzwerk.de/5-level-skill.html)

Cool! Wird Zeit für die Schwertform.... Aber ich hab hier kieinen Platz hm...

scarabe
14-05-2008, 21:25
Danke
Vielleicht gibt das einigen "Formensammlern" zu denken, die von einer schlampigen Form in die andere hetzen und dabei mitleidig über diejenigen lächeln, für die weniger mehr ist...

laoshu
15-05-2008, 07:41
@scarabe
100% Zustimmung. Aber, wie schon anderweitig von mir erwähnt, unsere auf kurzfristigen Erfolg getacktete Gesellschaft bevorzugt das "Besser viel als wenig und gut". Iss, soviel du kannst. Taiji-Lehrer in drei Tagen. Das Ergebnis der Arbeit muss sofort zu sehen sein, denn dann kann es "zeitnah" als Leistung be- oder verurteilt werden.
Unser Lehrer hat uns innerhalb kürzester Zeit durch die Fächerform gepeitscht. Ergebnis: Alle eimern mehr oder weniger unkoordiniert in der Gegend herum. Aber das dao packt alle an den ****, deren Motive nicht rechtschaffend sind:D. Ganz langsam erblüht aus der Unzufriedenheit der Schüler das zarte Pflänzchen der Einsicht und Rebellion.
Alles Liebe,
laoshu

Drachin
15-05-2008, 19:09
Hallo Laoshu,

wie lange hat es denn gedauert sie zu lernen? Ich habe als erstes eine Yangstil-Kurzform in einem Zehntage-Ganztagsseminar erlernt, incl. Push-Hands, allerlei Qi-Gong und verschiedenen Anleitungen zur Formvertiefung.

Als der Kurs hier in meiner Stadt von einem der durchreisenden Lehrer angeboten wurde, haben wir alle, auch die totalen Anfänger, diese Form in vier Abenden geschafft. :D

Allerdings muß man dazusagen, daß zumindest die Lehrer des ersten Kurses ganz klar sagten, daß wir jetzt nicht glauben sollten, 'Tai-Chi-zu-Können', sondern wir uns eine traditionelle Schule suchen mögen, falls wir auf den Geschmack gekommen seien.

Habe ich zumindest dann auch getan. :)

scarabe
15-05-2008, 23:05
also ich kann nur sagen, ich bin jetzt überraschend an einen Punkt gelangt, wo sich innerlich (endlich) gewaltig was tut, auch Dank meines neuen Meisters.
Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen, bis man es im eigenen Körper fühlt.
Dementsprechend kann ich mir vorstellen, was alles noch fehlt und weiß jetzt deutlicher denn je, wie wenig es doch ist, einfach nur ein paar mehr oder weniger korrekte Bewegungen zu machen- Auch wenn es sich dabei um mehrere Formen handelt, nutzt ja nichts, wenn sie "innerlich leer" sind...

Der Stille
16-05-2008, 07:03
Hallo!


Zitat Drachin!
wie lange hat es denn gedauert sie zu lernen? Ich habe als erstes eine Yangstil-Kurzform in einem Zehntage-Ganztagsseminar erlernt, incl. Push-Hands, allerlei Qi-Gong und verschiedenen Anleitungen zur Formvertiefung.

Als der Kurs hier in meiner Stadt von einem der durchreisenden Lehrer angeboten wurde, haben wir alle, auch die totalen Anfänger, diese Form in vier Abenden geschafft.

Allerdings muß man dazusagen, daß zumindest die Lehrer des ersten Kurses ganz klar sagten, daß wir jetzt nicht glauben sollten, 'Tai-Chi-zu-Können', sondern wir uns eine traditionelle Schule suchen mögen, falls wir auf den Geschmack gekommen seien.

Habe ich zumindest dann auch getan.

Zu mindestens war der Lehrer ehrlich und hat euch nicht etwas vorgemacht.

Der Stille

Drachin
16-05-2008, 21:01
@Stiller

Zu mindestens war der Lehrer ehrlich und hat euch nicht etwas vorgemacht.

Da hast Du recht. Trotzdem hat ein Profi-Tennisspieler, der auch an dem Kurs teilnahm, 'Zennis' daraus entwickelt. Offenbar hatte er schon alles kapiert. :ups:

Klaus
16-05-2008, 21:09
Um aus Tennis "Zennis" zu machen reicht das auch. Schliesslich ist das nichts anderes als tennistypische Bewegungen sehr langsam zu machen. Ein Tennisauswahlspieler mit dem ich mal "freistehendes Armdrücken" gemacht habe hatte auch ohne IMA schon ganz schön Strom auf dem Arm, das kommt vermutlich durch das permanente Stimulieren durch die Vibration beim Aufprall des Balles, sozusagen Stampfübung mit dem Arm. Allerdings war er dann baff als ich ihm den Arm trotzdem einfach runterdrücken konnte, und ich war für ihn ein Heiliger (ich hatte damals einfach noch etwas mehr Strom, der fehlt mir inzwischen leider).

Drachin
16-05-2008, 21:42
Um aus Tennis "Zennis" zu machen reicht das auch. Schliesslich ist das nichts anderes als tennistypische Bewegungen sehr langsam zu machen.

Nicht langsamer als Tennis nun mal ist, soviel ich weiß. Kann natürlich auch Trockenübungen geben, aber es ist der Realität schon angedacht.


Ein Tennisauswahlspieler mit dem ich mal "freistehendes Armdrücken" gemacht habe hatte auch ohne IMA schon ganz schön Strom auf dem Arm, das kommt vermutlich durch das permanente Stimulieren durch die Vibration beim Aufprall des Balles, sozusagen Stampfübung mit dem Arm. Allerdings war er dann baff als ich ihm den Arm trotzdem einfach runterdrücken konnte, und ich war für ihn ein Heiliger (ich hatte damals einfach noch etwas mehr Strom, der fehlt mir inzwischen leider).

Mir fehlt leider die praktische Erfahrung in dieser Sportart, aber als ich mal zusah wie einer gegen alle gewann, schien mir doch, dass er die Kraftlinie subtil umging - er 'zog' nämlich runter statt zu drücken. Mir fiel nur auf, daß seine Partner nicht wegen Regelbruch beschwerten. (Höfliche Frage: gibt es dazu Regeln?)

Pow_Well
16-05-2008, 22:27
Vielen Dank für den Thread,
Er hat mein Interesse zu Tajiquan erweckt, hätte nich gedacht das es so Interessant und Umfangreich ist.
Werd ma ne Probestunde machn und es mir genauer ansehn :halbyeaha

laoshu
17-05-2008, 09:51
Ich denke, es ist durchaus möglich, die inneren Kräfte der IMA auch in anderen, äußeren Sportarten einzusetzen. Was spricht dagegen, beim Tennis mit dem Yi zu arbeiten oder die Kraft eines Schlages aus den inneren Körperstrukturen heraus zu verstärken? Ich zumindest werde mit meiner tennisspielenden Freundin demnächst ausprobieren, ob man den Schlag mit dem yi leiten kann und testen, ob und welche Vorteile das haben könnte. Frage mich ohnehin, warum noch niemand auf diese Idee gekommen ist. Zumal absolut keine Gefahr besteht, bei Doping-Tests positiv aufzufallen:D. Nun, wahrscheinlich gehört eine Menge Überzeugungskraft dazu, einen Klitschko, Podolski, Lehmann etc. zum Taji-Training zu verführen:). Aber wenn es funktioniert... Gott, was für eine Marktlücke täte sich hier auf.
Grüße,
laoshu

Klaus
17-05-2008, 11:16
Ein Typ auf einem anderen IMA-Forum hat damit einen englischen Leichtathletikleistungskader trainiert, mit gutem Erfolg. Es ist nur so dass Produkte von BALCO einfach schneller wirken.

Trinculo
17-05-2008, 20:08
Ich denke, es ist durchaus möglich, die inneren Kräfte der IMA auch in anderen, äußeren Sportarten einzusetzen.

Klar ist das möglich, und zwar nicht nur im Sport, sondern auch bei jeder Alltagsbewegung (da lassen wir das Fali/Fajin mal weg :p). Ich halte nichts davon, dem Körper zwei völlig unterschiedliche Bewegungsmodi beizubringen, und dann darauf zu vertrauen, dass er im Ernstfall die anwendet, die sonst seltener benutzt wird.

T. Stoeppler
17-05-2008, 20:36
Ich halte nichts davon, dem Körper zwei völlig unterschiedliche Bewegungsmodi beizubringen, und dann darauf zu vertrauen, dass er im Ernstfall die anwendet, die sonst seltener benutzt wird.

Das sehe ich auch so. Typische IMA Methoden bauen eben auf "natürliche" Bewegungsmuster, bzw deren grundlegende Eigenschaften. Diese werden dann verstärkt (durch Jin-Grundlagen, Verbindung, Rooting etc) und technisch entsprechend abgewandelt. Yiquan und Ziranmen sind da sicher am deutlichsten.

Selbst ein abstraktes Bewegungsmuster, wie z.B. ein "Beng" im Xing Yi, nutzt sehr alltägliche Dynamiken, eben nur verstärkt und effektiv verbunden.

Wenn man das richtig macht, springt der Körper in einem Ernstfall eben auf die spezialisierten Dynamiken an, anstelle sich in irgendeiner Künstelei zu verrennen.

Gruss, Thomas

bluemonkey
17-05-2008, 22:08
Ich halte nichts davon, dem Körper zwei völlig unterschiedliche Bewegungsmodi beizubringen, und dann darauf zu vertrauen, dass er im Ernstfall die anwendet, die sonst seltener benutzt wird.

Was meinst Du mit unterschiedliche Bewegungsmodi? Gibt es mehr als eine optimale Art, sich zu bewegen?

Wenn man sich täglich ein bis drei Stunden konzentriert und bewußt mit dem IMA-Modus auseinandersetzt, dann fließt der in der restlichen Zeit unbewußt in die anderen Bewegungen ein, bzw. manchmal wird es bewußt.
Dann merkt man plötzlich, wo Spannungen sind, die man vorher nicht wahrgenommen hat oder postitioniert sich in Alltagsbewegungen anders. Man öffnet Türen anders und sucht/bemerkt die Verwurzelung auch im normalen Gehen.
Gestern musste ich einen relativ schweren Gegenstand wegschieben, was mir beim ersten Ansatz als nicht einfach erschien. Dann hab ich mich (oder besser mein Körper sich) an Pusshandsstruktur erinnert und plötzlich ging es überraschend leicht:).
Der Körper nimmt sich IMHO, wenn er eine Auswahl an Bewegungsmustern hat,
dasjenige, dass am besten funktioniert.
Bewusst trainieren, unbewusst anwenden.

Trinculo
17-05-2008, 22:10
Damit ist dann ja wohl klar, dass alle IMA'ler ihre IMA auch in anderen Sportarten einsetzen ... sofern sie welche betreiben ;)

bluemonkey
17-05-2008, 23:07
Damit ist dann ja wohl klar, dass alle IMA'ler ihre IMA auch in anderen Sportarten einsetzen ... sofern sie welche betreiben ;)

Wieso, meine Behauptungen müssen ja nicht stimmen:p?

Es ist wahrscheinlich noch ein Unterschied, ob jemand unbewußt Bewegungsprinzipien auf fremdem Gebiet einsetzt/entdeckt, oder bewußt, durch Kenntnisse in beiden Gebieten, Sport-Bewegungsmuster IMA-mäßig abändert.
Außerdem muss es natürlich passen.
Wenn der Sport nicht auf Effizienz, sondern auf Ästhetik ausgerichtet ist, dann kann's schwierig werden (z.B. Rhythmische Sportgymnastik/Bodybuilding mit Chi-Bäuchlein:p), oder auch wenn die Herangehensweisen grundsätzlich unterschiedlich sind (z.B. Stabilisierung im Tanzen durch Körperspannung vs. Routing durch Lösen).

Zählt aber nur die Leistung, kann man eher von Normen abweichen.

Es gab da doch mal so einen 400-Meter-Ausnahme-Läufer mit ungewöhlich aufrechtem Laufstil, fast Rückenlage, nicht IMA, aber eben auch nicht schulmäßig für einen Sprinter?:

YouTube - Michael Johnson 400m 1996 Olympics (http://de.youtube.com/watch?v=v2W_T77vwfQ&feature=related)

Man könnte sich natürlich fragen, wie schnell wär der erst gewesen, hätt ihm jemand gesagt, wie man das richtig macht?:p

Trinculo
18-05-2008, 08:11
Was meinst Du mit unterschiedliche Bewegungsmodi?Zum Beispiel das penetrante Beharren auf das Vermeiden jeglicher Muskelkontraktion. Da kommt man im täglichen Leben nicht weit, wenn man Bierkästen hebt, Gärten umgräbt, Reifen wechselt etc. Ich finde es sehr wichtig, auch zu lernen, sich unter hoher Spannung koordiniert und mit guter Struktur zu bewegen.


Gibt es mehr als eine optimale Art, sich zu bewegen?Kommt immer darauf an, was das Optimierungskriterium ist: Kraft, Schnelligkeit, Reichweite, Ausnutzen gegnerischer Wahrnehmungsschwächen etc. ;)

bluemonkey
18-05-2008, 08:47
Zum Beispiel das penetrante Beharren auf das Vermeiden jeglicher Muskelkontraktion. Da kommt man im täglichen Leben nicht weit, wenn man Bierkästen hebt, Gärten umgräbt, Reifen wechselt etc.


Das ist kein Bewegungsmodus, sondern eher ein Nichtbewegungsmodus:p.
Wichtig ist das Vermeiden für das Bewegungsziel unnötiger Muskelkontraktion und das ist IMHO das Ziel aller auf messbare Leistung ausgerichteten Sportarten.




Ich finde es sehr wichtig, auch zu lernen, sich unter hoher Spannung koordiniert und mit guter Struktur zu bewegen.


Gerade das lernt man in (dem von Erle verächtlich gemachten) unkooperativen
Pushhands und vor allem in Übungen mit schwerem/langem Gerät (Ball, Säbel, Hellebarde, Langstock, Pfahl).
Allerdings wird da auch gelernt, die Krafterzeugung aus der oberen Peripherie heraus ins stärkere Zentrum bzw. die Beine zu verlagern, bzw. den Körper als Einheit zu bewegen.
Die Bewegungsökonomie bleibt ein wichtiges Ziel, dann kann man bei maximalen Einsatz auch größere Leistung bringen. Eine sehr hohe Spannung kann nur für sehr kurze Zeiträume aufrechterhalten werden.

Trinculo
18-05-2008, 09:03
Bevor Du Dich wunderst, weshalb ich nichts schreibe: stimme in allen Punkten zu ;)

Traumfänger
19-05-2008, 22:52
Ich denke, es ist durchaus möglich, die inneren Kräfte der IMA auch in anderen, äußeren Sportarten einzusetzen. Was spricht dagegen, beim Tennis mit dem Yi zu arbeiten oder die Kraft eines Schlages aus den inneren Körperstrukturen heraus zu verstärken? Ich zumindest werde mit meiner tennisspielenden Freundin demnächst ausprobieren, ob man den Schlag mit dem yi leiten kann und testen, ob und welche Vorteile das haben könnte. Frage mich ohnehin, warum noch niemand auf diese Idee gekommen ist. Zumal absolut keine Gefahr besteht, bei Doping-Tests positiv aufzufallen:D. Nun, wahrscheinlich gehört eine Menge Überzeugungskraft dazu, einen Klitschko, Podolski, Lehmann etc. zum Taji-Training zu verführen:). Aber wenn es funktioniert... Gott, was für eine Marktlücke täte sich hier auf.
Grüße,
laoshu

Tja, die Gedanken hatten schon andere. Das Forumsmitglied Galaxy hat es schon bei Boxern versucht. Auf seiner Internetseite bietet er auch für andere Sportarten seine Unterstützung an. Aber in der Marktlücke ist bestimmt noch genug Platz;)

bluemonkey
20-05-2008, 10:11
Tja, die Gedanken hatten schon andere. Das Forumsmitglied Galaxy hat es schon bei Boxern versucht.

liegen da inzwischen eigentlich Ergebnisse vor?

Traumfänger
20-05-2008, 18:23
Auf seiner Homepage konnte ich noch nichts entdecken. Vielleicht tut er seine Fortschritte hier mal kund, würde mich auch sehr interessieren.