Vollständige Version anzeigen : Mugging-Stress-Szenario-Zeug oder wie man es nennt...
Yogafrog
04-06-2008, 13:02
Tach auch zusammen,
zu FAST Defense gab es ja schon ein paar Threads, aber dieses Video war wohl noch nicht dabei:
YouTube - FAST Defense Gauntlet (http://www.youtube.com/watch?v=ZTT-GoYx2bI)
Ich habe in dieser Form (Vollschutzanzug, Waffen, schreiendes Publikum) noch nie Training gemacht und finde es erstmal sehr positiv. Zu sehen ist ein Stress-Szenario in drei Abschnitten, gegen mehrere bewaffnete (in Raum drei unter anderem ein Schlachterbeil und ein Knochen?!) Angreifer, dann analysiert der Protagonist das Ganze und dann läuft es nochmal in normaler Geschwindigkeit ab. Dabei sagt er, dass ihnen oft vorgeworfen würde, die Jungs in den Schutzanzügen würden nicht richtig versuchen zu treffen- das sei aber falsch, die wollten alle auch wirklich ihren Schlag anbringen, er käme ihnen aber eben zuvor. Was man aber schon sagen kann: die stehen doch wirklich manchmal nur rum, bis er mit dem letzten fertig ist, und erst dann erfolgt der nächste Angriff. Oder der, der zum Schluss in seinen Rücken kommt, greift ja auch nicht so richtig an.
Meine Frage an Euch, die Ihr selbst solches Training betreibt: warum wird da nicht wirklich konsequent vorgegangen und alle versuchen ihn "platt zu machen", also gehen wirklich gleichzeitig drauf? Ist der Sinn solcher Einheiten hauptsächlich einfach nur zu lernen, immer weiter zu machen und nicht aufzugeben oder ist er für sich selbst zu sehen, welche Chancen man wirklich hat und sollte man dann nicht in Situationen, die nicht lösbar sind (so wie das 1 gegen 4 am Schluss) auch von den Trainingspartnern so angegriffen werden, dass man klar unterliegt?
manu1979
04-06-2008, 13:12
ich habe mir auch schon ein paar sachen von FAST angeschaut, und auf mich hat es ähnlich gewirkt, wie du beschrieben hast.
trotzdem werde ich so ein seminar mitmachen, sobald es hier angeboten wird.
ich denke, der eigentliche kern der sache (und deshalb auch die riesenköpfe) ist die psychische komponente. es geht nicht darum, 4 superschläger möglichst effektiv in den boden zu stampfen, sondern zu lernen, sich auch gegen mehrere/bewaffnete zu wehren, wenn man keine wahl mehr hat.
denn (und das weiß ich aus eigener erfahrung) sich nicht zu wehren, wenn der kampf schon lang begonnen hat, weil man angst hat, es könnte "noch schlimmeres" passieren, ist auf jedenfall die falsche alternative.
Yogafrog
04-06-2008, 13:23
Das heißt, dass man den Übenden auch eine eigentlich unmögliche Situation "lösen" lassen soll, damit er mit einem Erfolgserlebnis rauskommt und die Lektion "immer weiter machen" verinnerlicht, was er nicht so gut tun würde, wenn seine Gegenwehr nicht erfolgreich verlaufen würde?
warum wird da nicht wirklich konsequent vorgegangen und alle versuchen ihn "platt zu machen"
Wird doch gemacht. Möglicherweise aber nicht in den Szenarien, die Du gesehen hast ;).
Die Einheiten, die ich selber mitgemacht habe,... also da haben wir uns nichts geschenkt...
Was zum anderen nicht vergessen werden sollte: ein Training hat ja das Ziel, dass die zu trainierende Person besser wird. Jetzt kann ich ein Szenario so aufbauen, dass der Schüler "platt" gemacht wird. Die Frage ist dann, was so eine Trainingseinheit noch bringt (außer dass die Bulletmen ihren Spaß hatten).
Auch wäre es gut zu wissen, wie die Übungsanweisung (ja, das gibt es - Stressdrills mit gezielten Instruktionen ;)) bei dem geposteten Video lautete. Vielleicht war es ja die Aufgabe des Schülers, sich mehreren Angrifen hintereinander zu stellen, um seine Flexibilität auf verschiedene Angriffe zu trainieren und es wurden dafür drei Bulletmen benutzt, weil es einfach extrem anstrengend für einen Bulletman ist, mehrfach hintereinander immer wieder mit voller Wucht anzugreifen.
Gruß
Stoiker
Yogafrog
04-06-2008, 14:44
Ich kam auch auf meine Frage, weil derjenige, der sich da durchboxt ja der Chef des Systems ist.
Aber ja, danke, da hast du schon ein paar Dinge erklärt.
1. Macht es alleine deshalb Sinn, mit mehreren Angreifern zu arbeiten, weil es für die in ihren Anzügen sehr anstrengend ist.
2. Solche Einheiten sind auch Training an sich, nicht reine Überprüfung des bisher Gelernten.
Klingt einleuchtend so weit.
manu1979
04-06-2008, 14:48
Das heißt, dass man den Übenden auch eine eigentlich unmögliche Situation "lösen" lassen soll, damit er mit einem Erfolgserlebnis rauskommt und die Lektion "immer weiter machen" verinnerlicht, was er nicht so gut tun würde, wenn seine Gegenwehr nicht erfolgreich verlaufen würde?
ich denke, das spielt auf jeden fall eine rolle. müsste man aber mal jemanden fragen, "der sich damit auskennt" ;)
Dr. Ralf
04-06-2008, 14:50
Hallo zusammen,
als frisch gebackener Fast Defense Instruktor kann ich hierzu ein paar Informationen liefern. :)
Das Fast Defense Mugging ist so aufgebaut, dass der Einzelne maximal gefordert, aber nicht überfordert wird. D.h. die Leute im Anzug attackieren in Abhängigkeit der Fähigkeit des Übenden. Ein geübter Kämpfer wird dabei sicherlich intensiver attackiert, als ein Anfänger.
Was die Geschichten bei der Aktion gegen mehrere angeht, so haben wir hier genau dasselbe Muster. D.h. die Angreifer agieren so, dass eine Verteidigung auch noch möglich ist und simulieren damit die Art von Realfall, in welcher man es nicht mit mehreren Profis sondern mit realen Menschen zu tun hat, welche eben häufig nicht perfekt attackieren.
Wenn ich grundsätzlich vom perfekten Angreifer ausgehe, der mich im Schlaf mit einer thermonuklearen Interkontinentalrakete überrascht, dann benötige ich weder Kampfsport noch SV. Anders gesagt, SV kann sich nur mit Dingen beschäftigen, die auch machbar sind.
D.h. es macht keinen Sinn, wenn 3 Selbstverteidigungsinstruktoren im Bulletmananzug alle Register ihres Könnens ziehen und auf einen Übenden losgehen, selbst wenn es sich um einen Cheftrainer handelt. Was soll dabei anderes rauskommen, als dass der Übende dabei untergeht. Der Übende soll im Rahmen seiner Möglichkeiten agieren und an die Grenzen seiner Fähigkeiten gebracht werden ABER er soll auch motiviert aus der Aktion herausgehen. Dies ist das Fast Defense Prinzip.
Jemand, der immer nur lernt, dass eine Aktion gegen mehrere damit endet, dass er zusammengeschlagen wird, der wird in einer realen Situation, in welcher Flucht und Deeskalation nicht möglich sind, kaum wehrhaft sein. Deshalb versucht man im Fast Defense den Leuten im Falle einer unausweichlichen körperlichen Konfrontation beizubringen, dass sie sich unter Ausnutzung all ihrer Möglichkeiten zur Wehr setzen.
Gruß Ralf
manu1979
04-06-2008, 14:54
Der Übende soll im Rahmen seiner Möglichkeiten agieren und an die Grenzen seiner Fähigkeiten gebracht werden ABER er soll auch motiviert aus der Aktion herausgehen.
und ich schätze, vice versa, wenn der übende ausschliesslich "lahm" attackiert würde, ginge er als eingebildeter superheld auf die straße und stürzte sich ins unglück?
Hallo zusammen,
als frisch gebackener Fast Defense Instruktor ...
:D:D:D Auf diesen Hinweis habe ich gewartet, um Dich mit meinen Fragen löchern zu dürfen:D:D:D
Wenn jemand, der bereits Instruktor ist (oder gleich in mehreren Systemen wie Du), nochmal einen Instruktor draufsattelt, dann hat er sicherlich einen guten Grund dafür und bei Dir unterstelle ich mal den Zugewinn an kämpferischen und didaktischen Fähigkeiten.
Daher meine Frage:
Was zeichnet das FAST System denn eigentlich aus, wo sind seine Pluspunkte gegenüber anderen Systemen (ich meine damit nicht die Übungstechnik "Bulletman/Modell Mugging", sondern eher die Techniken und Strategien des Systems)?
Und - etwas ketzerischer - was fehlt dem TIKM, was das FAST System bietet? ;)
Gruß
Stoiker
Dr. Ralf
04-06-2008, 16:22
@Stoiker
Ich hab gewusst, dass diese Frage kommt. :)
Im technischen Bereich ist Fast Defense nichts anderes, als die konsequente Umsetzung weniger, primärer Grundtechniken des TiKM.
Der technische Bereich macht deshalb auch (zumindest für mich) nicht den Reiz dieses Systems aus. Was für mich interessant ist, ist der wirklich sehr gute Ansatz SV unter dem Aspekt eines sehr limitierten Zeitaufwands zu vermitteln.
D.h. für den Standardkurs hat man sich folgender Fragestellung gewidmet:
Wie unterrichte ich SV für jemanden, der z.B. nur einen Tag Zeit aufbringen kann und danach nicht einem regelmäßigen Training zugänglich ist. Hier hat Bill Kipp wirklich Pionierarbeit geleistet, in dem er die wesentlichsten Komponenten der SV so sinnvoll gekoppelt hat, dass daraus ein absolut vernünftiges und seriöses Gesamtpaket entstanden ist, welches dem Übenden ein dem Zeitaufwand angemessenes Instrumentarium zum Selbstschutz bietet.
D.h. das wirklich gute an Fast Defense ist die gelungene Kombination aus Vorkampfverhalten, verbalem Agieren in Abhängigkeit der Aggressionsstufe und dem kompromisslosen Umsetzen einfacher körperlicher Aktionen unter Stressbedingungen.
Was mich persönlich auch am Fast Defense gereizt hat ist (neben dem Fakt, dass ich jetzt noch zusätzlich 3 Bulletmananzüge im KM Training einsetzen kann :D ) vor allem die Methodik, d.h. die Art und Weise, wie die Sache unter dem Aspekt der Kurzzeitausbildung an den Mann/ die Frau gebracht wird. Hier (das gebe ich gerne zu) habe ich einiges von Bill gelernt, was ja auch Sinn des Unterfangens war.
Bezüglich des Vergleichs TiKM und Fast Defense würde ich folgendes sagen. Für mich ist Fast Defense eine optimierte Ausbildungsform für die Ultrakurzausbildung. Die Techniken und Taktiken der Fast Defense Ausbildung finden sich eigentlich alle auch im TiKM wieder, wobei das TiKM natürlich wesentlich umfangreicher ist, da hier eine Ausbildungszeit von deutlich mehr als einem Tag angesetzt wird.
Für mich bedeutet das, dass ich mit Fast Defense ein annähernd perfektes Konzept für die Ultrakurzzeitausbildung von Erwachsenen und Kindern habe und in TiKM ein System, welches nahtlos daran anknüpft, aber sich aufgrund des längeren zeitlichen Ansatzes weitergehender und tiefer mit der Materie auseinandersetzten kann.
Gruß Ralf
@Stoiker
Ich hab gewusst, dass diese Frage kommt. :)
Danke;)
Hallo zusammen,
da Ralf alle Fragen sehr gut beantwortet hat, sei mir eine Frage (oder mehr) erlaubt die etwas abweicht.
Kann man den Schutzanzug vom original MODEL MUGGING (der mit dem zylinderförmigen Kopfschutz) irgendwo kaufen??
Hat schonmal jemand an einem Eigenbau gedacht??
Wie schütz ihr euren Hals beim Messersparring.
Gruß
Likas
Dr. Ralf
10-06-2008, 08:25
Hallo Likas,
die Bulletman Anzüge sind spezielle Anfertigungen für den jeweiligen Ausbilder. D.h. diese Anzüge gibt es nur in Kombination mit der Fast Defense Ausbildung und sie können auch nicht zwischen mehreren Personen ausgetauscht werden.
Wir haben in Freiburg auch schon ein eigenes Kopfschutzsystem für unser Training in Freiburg und Karlsruhe entwickelt, welches auch Knie und Ellbogenstöße mit vollem Kontakt zum Kopf ermöglicht ohne dass dem Menschen im Anzug hinterher der Schädel brummt. Obwohl wir schon sehr gute Erfahrungen damit haben, sind wir noch ständig am Verbessern und ich denke dass wir Ende des Jahres ein System haben, welches sich sehen lassen kann.
Einen Prototyp aus der Frühphase der Entwicklung sieht man in einer kurzen Sequenz des Y-Day Trailers.
Gruß Ralf
Hallo und danke Dr.Ralf
Wollt ihr das Schutzsystem auf den Markt bringen ?
Da es bei uns keinen Fast Defense-Instruktor gibt würde ich Dir gerne noch zwei Fragen stellen.
a) Bill Kipp sagt, im Bezug zum Fast-Defense, im gefällt der Rhythmus der phillippinischen Kampfkünste.
Wie passt soetwas wie ein Rhythmus in eine turbulente SV-Situation ??? Was ist hier mit Rhythmus gemeint ?
b) Bill bezieht sich auf Studien, welche sagen, dass der Teil des Gehirns der unter Adrenalineinfluss arbeit, nur aus max. 5 Elementen (Techniken) auswählen kann. Ich denke das ist auch so.
Kennst Du oder jemand anderes die Primärquelle dieser Studien (evtl.Verkehrspsychologie) ?
Gruß
Likas
Dr. Ralf
16-06-2008, 15:27
Wollt ihr das Schutzsystem auf den Markt bringen ?
Mal schauen, zuerst möchte ich Erfahrung mit der endgültigen Version sammeln und die Erfahrungen auswerten, bevor ich an so was denke. Eine Kommerzialisierung hat ja auch was mit Garantie und Haftung zu tun.
Bill Kipp sagt, im Bezug zum Fast-Defense, im gefällt der Rhythmus der phillippinischen Kampfkünste.
Wie passt soetwas wie ein Rhythmus in eine turbulente SV-Situation ??? Was ist hier mit Rhythmus gemeint ?
Ein Rhythmus im Sinne philippinischer Kampfkünste spielt in der primären Fast Defense Ausbildung keine Rolle.
Lediglich im Bereich Stock gegen Stock kommen Dinge zum Tragen die ihre Herkunft aus dem philippinischen Bereich nicht leugnen können. Dies ist aber keine primäre SV mehr.
Bill bezieht sich auf Studien, welche sagen, dass der Teil des Gehirns der unter Adrenalineinfluss arbeit, nur aus max. 5 Elementen (Techniken) auswählen kann. Ich denke das ist auch so.
Kennst Du oder jemand anderes die Primärquelle dieser Studien (evtl.Verkehrspsychologie) ?
Gute Frage, Nächste Frage.:)
Tut mir Leid, aber ich kenne die Primärquelle dazu nicht. Ich schau mal inwieweit ich Infos zu der Aussage auftreiben kann.
Gruß Ralf
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