Sparring im Systema? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Sparring im Systema?



Sebastian
25-04-2003, 23:47
Hi,

mich würde interessieren inwiefern im Systema sparringsmäßig trainiert wird? Liegt es überhaupt in den Prinzipien des Systema kampforientiert zu trainieren. Trainiert ihr dann mit Schutzausstattung?

Grüße

KK

Andreas Weitzel
26-04-2003, 14:25
Hallo, KarateKid,

im Systema wird grundsätzlich sehr viel Sparring gemacht. Ein Anfänger kämpft dabei nur langsam, und ohne große Wirkung zu erzielen. Die Fortgeschrittenen variieren das Kämpfen: Schnell, langsam, hart, weich, mit ständigem Druck, mit ständigem Nachgeben, mit kurzen oder langen Bewegungen, im Stand, auf dem Boden, sitzend, liegend, mit und ohne Waffen usw. Es wird dabei keine Schutzausrüstung verwendet.

Gruß
Andreas

DieKlette
26-04-2003, 15:15
Grüss Dich Andreas,
dann gestatte mir die Frage, wie Du sparren willst, wenn Du ohne Schutzausrüstung keinen realen Kontakt zum Kopf und damit der befindlichen Distanz haben kannst. Eine gestoppte Technik die vor dem Gesicht gebremst wird ist im Gegensatz zu einer realen Technik die 30 cm hinter den Kopf zielt, meines Erachtens, kein Ersatz.

Luggage
26-04-2003, 15:40
Also, was ich bislang an Systema-Sparring gesehen habe (was natürlich nur verschwindend wenig war und außerdem Anfänger-Stoff) unterschied sich sehr von "normalem" Sparring. Man durfte eigendlich alles machen, nur relativ langsam und vorallem mit der selben Geschwindigkeit wie der Gegner. Die Treffer waren dabei schon relativ hart, allerdings kontrolliert. Mit steigenden Fähigkeiten wurde das ganze dann eben schneller.

mfg,
Luggage

Andreas Weitzel
26-04-2003, 16:15
Hallo,

@ DieKlette:

Was ist denn ein realer Kontakt? Ich möchte folgendes Beispiel bringen: Es war in einem Training von Michail Ryabko (mein Trainer). Ein paar Studenten von ihm wollten unbedingt wissen, wie sich sein Schlag anfühlt, wenn man eine oder zwei Turnmatten vor dem Körper stellt. Michail antwortete auf ihre Bitte nur mit einem Lächeln. Die Jungs ließen aber nicht locker. Da sie alle fortgeschritten waren, und Schläge eigentlich gut aufnehmen konnten, gab Michail dann doch nach. Er verlangte aber, daß der "Glückliche" doch zwei Matten nimmt. Dann schlug er zu. Der Schlag sah recht locker und kraftlos aus. Aber der "Versuchsmann" fiel bewußtlos und (wie sich das später herausstellte) mit zwei gebrochenen Rippen um.

Jetzt mal die Frage: Was sollte ihm in diesem Fall die Schutzausrüstung bringen?

Bei uns wird hart zugeschlagen. Die Trefferstellen und die Schlagintensität im Sparring werden aber so gewählt, daß der "Gegner" zwar auf dem Boden landet, sein Gleichgewicht verliert, keinen Angriff mehr führen kann, aber nicht verletzt wird. Das geht bei gewisser Körperbeherrschung.

Gruß
Andreas

Mr.Fister
26-04-2003, 16:19
Original geschrieben von DieKlette
Eine gestoppte Technik die vor dem Gesicht gebremst wird ist im Gegensatz zu einer realen Technik die 30 cm hinter den Kopf zielt, meines Erachtens, kein Ersatz.

1. das ausgerechnet von nem karateka zu hören is ziemlich ulkig [um gleich ner leidigen diskussion vorzubeugen : ja, offensichtlich stoppen nicht alle karateka ihre schläge kurz vorm ziel ab, zumindest scheint die klette es als positive ausnahme nicht zu tun... diskussion damit hoffentlich verhindert :cool: ]

2. ...hat doch keiner was davon gesagt/geschrieben, dass die techniken abgebremst werden ...

fister

MisterX
26-04-2003, 16:42
@Andreas
Du da gibs nen ganz schönen unterschied, ob sich das ziel bewegt oder ob das ziel steht, wenn man mal auf irgendwas schlägt.
Bei Boxern funktionniert das schon ein paar jährchen, ich mein das Sparring.
Warum solls nicht im Systema gehen ?

Mfg

DieKlette
26-04-2003, 17:25
@Andreas
da muss ich MisterX zustimmen. Wenn man flüssig kämpft und dabei beide Kämpfer ihre Deckungsarbeit beherrschen und eine ausreichende Reaktion haben gibt es äußerst selten wirkliche Volltreffer. Meist sind das nur "Streifschläge" denen durch eine Blockbewegung schon die gröbste Kraft genommen wurde. Ein unbewegliches Ziel hingegen ist natürlich mit maximaler Krafteinwirkung zu treffen ( siehe Bruchtest ).
Wenn wir mal einen Kyokushin Karateka nehmen, der in seiner Freizeit Ziegel zerschlägt, so wird auch jener in einem Vollkontaktkampf einen solchen Treffer wahrscheinlich nicht landen, da der Gegner sich bewegt. Der Beweis dafür ist schlichtweg, dass die Kämpfe nicht kurz sind.

@Fister
Es gibt Kampfkunst und es gibt SV. Für mich ist das untrennbar. Ich lerne weiterhin traditionelles Karate und merke sichtlich wie es sich positiv auf Sparring auswirkt.
Somit haben diese Techniken ihren Sinn, der aber ohne Kenntnis eines Sparring nicht zu erkennen ist. Was nützt mir eine Technik, die ich auf die Anwendung nicht übertragen kann ? Kenne ich aber die Regeln des Kampfes so kann ich Karate optimal darauf übertragen. Das ist alles eine Frage des Horizontes.

Andreas Weitzel
26-04-2003, 19:33
Hallo,

bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen :) MisterX und DieKlette sprechen von dem Unterschied zwischen einem beweglichen und einem unbeweglichen Ziel. Ich rede aber von dem Unterschied in der Schlagqualität.

Nach Eueren Worten klappt es weder im Boxen, noch im Vollkontaktkarate, also darf es auch in den anderen Kampfkünsten nicht klappen, oder?

In vielen Kampfkunst/-sportarten hängt die Wirkung eines Schlages, wenn ich micht richtig entsinne, von der Geschwindigkeit, Muskelkraft und -einsatz und der Körperspannung ab. Das ist die eine Qualität. Sie ist auch gut und bringt ihre Ergebnisse im Kampf. Aber ich zitiere DieKlette: "... gibt es äußerst selten wirkliche Volltreffer. Meist sind das nur "Streifschläge..."

Auf der anderen Seite gibt es eine andere Art zu schlagen, bei der ein Schlag langsam, locker und ohne größeren Krafteinsatz ausgeführt werden KANN. Die Wirkung KANN aber um ein Mehrfaches stärker sein.

Außerdem kann dabei die erwünschte Wirkung gezielt hervorgerufen werden, und zwar nicht eine direkte, grobe Gewalt (z.B. auf den Knochen hauen, damit er bricht). Ein Beispiel: Man schlägt so auf den Bauch, daß die Wirbelsäule sich um die senkrechte Achse verdreht, oder daß die Rückenmuskulatur sich zu stark anspannt und die Sehnen reißen, oder daß die Lungen platzen.

Das hört sich womöglich brutal an, aber das sind REALE Möglichkeiten des Menschen. Deswegen gehen wir im Sparring auch etwas vorsichtiger vor. Und aus dem gleichen Grund schenken wir so eine große Aufmerksamkeit der richtigen Aufnahme der Schläge, dem Umgang mit den Treffern und der damit verbundenen Atmung.

Gruß
Andreas

MMunsei
26-04-2003, 20:20
Hallo,

bei Unterricht in Augsburg habe ich das erste mal erlebt, wie ich durch richtige Atmung und Aufnahme von Schlägen mehr aushalte wie in meinen ganzen Jahren als KKler.

Es ist sehr erstaunlich, was ein Schlag verursachen kann.

Diesen Dreheffekt habe ich auch schon mal gespürt und das ist
sehr komisch.

Das Sparring ohne Schutzausrüstung ist sehr gut zur Disziplienierung. Man achtet mehr auf den anderen. Und zum erstauen passieren nicht mehr unfälle sondern weniger!

MMunsei

MisterX
26-04-2003, 21:10
@Andreas
Sind die schläge jetzt im Sparring einsetztbar oder nicht ?
Oder nur begrentzt nutzbar ?
Also nur in bestimmten Situationen/Distanzen ?

Für mich klingt das immer noch, wie das rad neu erfinden.
Ich kann mir nicht vorstellen, das die Menschheit im laufe der evolution jetzt eine neue Schlagmethode rausbringt.

Was is neu ? Die treffer fläche ? Der drall ?
Oder wird das als neu verkauft ?

Kann man sich die Schlagmethode im Sparring irgendwo ansehen ?

Mfg

Andreas Weitzel
26-04-2003, 21:53
Hallo, MisterX,

keiner erfindet hier das Rad neu. Diese Schläge sind weder neu, noch unübertroffen. Sie sind lediglich anders, als z.B. beim Boxen oder Karate.

Sie wirken nicht, weil sie schnell oder fest sind. Auch nicht durch eine Spannung. Die Besonderheit liegt in der Stabilität, Anpassungsfähigkeit, Präzision und Lockerheit dieser Schläge.

Hier sind die wichtigsten Regel:

1) Die Faust muß eine stabile Position an dem gegnerischen Körper haben, sie soll sich an den Körper "ansaugen", sie soll immer eine Fläche besetzen, die nur für sie "bestimmt" ist, und die sie voll ausfüllt.

2) Das Handgelenk muß immer gerade und fest bleiben. Zwischen der Faust und dem Ellenbogen befindet sich immer eine Gerade.

3) Die Verlängerung dieser Gerade (Rückstoß) darf nicht durch den eigenen Körper des Schlagenden gehen, sondern immer an ihm vorbei.

Und natürlich sind diese Schläge im Sparring einsetzbar, aber dosiert. Das ist eben das Gute: Man kann eine gewünschte Wirkung (z.B. daß der Gegner auf dem Boden landet) erzielen, ohne einen festen Schlag auszuführen, viel Kraft anzuwenden und den Gegner zu verletzen.

Das Ziel unseres Sparrings ist, nicht zu gewinnen, sondern u.a. zu lernen, wieviel Kraft wann und an welcher Stelle man anwenden muß, um bestimmte Wirkung zu erreichen.

Gruß
Andreas

DieKlette
27-04-2003, 15:36
Grüß Dich Andreas,
diese Trefferwirkung findest Du in vielen Stilen, in denen der ausführende seine Technik einfach beherrscht und sich mit absoluter Entschlossenheit ausführt. Ich erinnere mich da z.B. an ein Video indem Oyama mehrere Steinplatten mit einem äußerst langsamen direkten Fauststoss zerlegt obwohl diese Bewegung rein optisch kaum hätte für kraftvoll erklärt werden können. Es gibt genug Menschen, denen ich eine solche Trefferwirkung zusprechen würde. Dennoch ist dies nicht neu. Ich denke zwar auch, dass Systema, nach dem was ich gehört und gesehen habe, eine gute Lösung für den Kampf bietet, diese sich aber den selben Prinzipien des menschlichen Körpers zu unterwerfen hat wie jeder andere Stil. Und der Mensch engt die Bewegungen ein. Ein Schlag bleibt für mich immernoch ein Schlag. Der einzige Unterschied besteht in dem Menschen der ihn ausführt.

MMunsei
27-04-2003, 18:14
Hallo,

warum meint jeder das wir was neues machen????

Wir machen nichts neues, wir erfinden die Räder nicht neu, wir
sind nicht die besten der Besten!!!

Wir machen einige Dinge nur ANDERS!!!!

:confused:

MMunsei

Andreas Weitzel
29-04-2003, 23:11
Hallo,

@ DieKlette:

Ich erlaube mir, Dich nochmal zu zitieren:
... dann gestatte mir die Frage, wie Du sparren willst, wenn Du ohne Schutzausrüstung keinen realen Kontakt zum Kopf und damit der befindlichen Distanz haben kannst. Hier liegt bereits die Antwort auf Deine Frage. Das ist eben der Unterschied zu manchen anderen Kampfkünsten.

Man lernt, mit wenig Aufwand viel zu erreichen. Damit braucht man auch nicht, mit voller Kraft und dem "Vollkontakt" zuzuschlagen und sich selbst, sowie den anderen zu verletzen. Aber man erreicht trotzdem die gewünschte Wirkung und bleibt demnach realistisch in seinem Training. Parallel lernt man auch, mit verschiedenen Treffern umzugehen und ihre Wirkung zu "neutralisieren". Somit fällt auch die Notwendigkeit der Schutzausrüstung weg.

Gruß
Andreas

neo1
19-05-2003, 21:58
Wer sich für das Langsame Sparring im SYSTEMA interessiert, kann mir eine email schreiben und schicke ihm einen interessanten Text zu, der zu lang ist, um ihn hier herei zu stellen!

Oder ihr lest Euch unter:
http://www.russianmartialart.net/RMA_SSG.htm

das Original in Englisch durch!

Gruß neo1

MisterX
19-05-2003, 22:01
Ist glaub ich, der Falsche weg. Man kommt ums anschauen nicht drum herum. Trotzdem Danke.

Andreas Weitzel
19-05-2003, 22:04
Hallo,

@ MisterX,

was ist der falsche Weg? Und vor allem warum?

@ neo1:

Danke für die Übersetzung!

Gruß
Andreas

MisterX
19-05-2003, 22:35
@Andreas
na lesen ist der Falsche weg, für mich
Ich geh immer den schweren weg, erst machen , ausprobieren, dann lesen.
mfg

Andreas Weitzel
19-05-2003, 22:39
@ MisterX:

Diesen Weg, den Du beschreibst, finde ich gut :)

Lesen kann einen aber trotzdem auf bestimmte Punkte aufmerksam oder neugierig machen :D

Gruß
Andreas