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Vollständige Version anzeigen : Kakie und Bodenkampf im Shotokan



chrisdz
18-07-2008, 20:10
Kakie wird im Shotokan sehr wohl gelehrt und vermittelt, aber eben nur von wenigen und die stehen abseits des offiziellen Wettkampfgeschehens.

Anbei eine herzliche Einladung zu einem solchem LG.

Osu Ch.

Yabu_Kentsu
19-07-2008, 15:48
Kakie wird im Shotokan sehr wohl gelehrt und vermittelt, aber eben nur von wenigen und die stehen abseits des offiziellen Wettkampfgeschehens.

Anbei eine herzliche Einladung zu einem solchem LG.


Ich weiß nicht, ob es wirklich ein Shotokan-Konzept ist. Vor Werner Lind habe ich es nie in Verbindung mit dem Shotokan gesehen. Kennt einer von euch irgendwelche japanischen Shotokan-Lehrer, die das unterrichten? Eigentlich passt es nämlich eher zu den Naha-Te-Stilen und wird dort auch viel stärker vermittelt. Zu den Shuri-Te Stilen und Kata passt es meiner Meinung nach nicht richtig. Dafür sind die Konzepte zu unterschiedlich. Aber natürlich könne die Shotokan-Leute das gerne machen, wenn sie wollen. :rolleyes:

tensho
22-07-2008, 08:19
halb off topic :cool::

lehrgänge mit lothar ratschke würd ich mir (wenn irgend möglich) nicht entgehen lassen!

hab den mann dieses jahr in kamen erlebt und sowohl das training als auch die person haben mich echt beeindruckt! - zu guter letzt noch zum thema, "was ist shotokan und was nicht":

wer schon mal mit eben ratschke oder auch zum beispiel martin nienhaus trainiert hat kommt da aus dem staunen nicht mehr raus, was alles auch shotokan ist/sein kann... respekt!

oss, tensho

chrisdz
22-07-2008, 16:27
Wieso sollte etwas, das nun eher mal dem Goju- oder einem anderen Ryu zugehörig ist, nicht auch seinen Platz im Shotokan haben und umgekehrt?

Wenn Kakie aus dem Tui shou des Quan Fa stammt und seinen festen Platz im okinawanischen Karate hat, dann sollte damit doch alles gesagt sein, oder?

Und im Shotokan gibt es Kata sowohl des Shuri-, wie Naha- und Tomari-Te.

Osu Ch.

Yabu_Kentsu
22-07-2008, 17:20
Wieso sollte etwas, das nun eher mal dem Goju- oder einem anderen Ryu zugehörig ist, nicht auch seinen Platz im Shotokan haben und umgekehrt?

Wenn Kakie aus dem Tui shou des Quan Fa stammt und seinen festen Platz im okinawanischen Karate hat, dann sollte damit doch alles gesagt sein, oder?


Wer sagt das denn? Kakie-Übungen kommen aus den Qunafa-Stilen Südchinas und diese haben besonders die Naha-Stile des Karate beeinflusst. Im Uechi-Ryu oder Goju-Ryu kann man dies noch ganz deutlich sehen. Das Kämpfen in der Nahdistanz, Greifen und Hebel des Gegner usw. findet sich in allen diesen Stilen sehr stark ausgeprägt. Ebenso gibt es entsprechende Techniken (Tuite, Kake-Uke usw.) auch in allen Kata. Da muss man im Goju-Ryu auch nicht viel konstruieren, diese Techniken sind seit Jahren in der Standardbunkai drin. Für diese Distanz und diese Techniken macht Kakie dann auch Sinn. Entsprechend wird es dort auch geübt.
Zum Shotokan passt es aber nur bedingt, da die technische und strategische Ausrichtung eine andere ist. Die Betonung liegt viel mehr auf der Langdistanz. Das sieht man auch deutlich an den Kata. Sogar die genannten Naha-Kata wurden dahingehend angepasst.
Seit in den letzten Jahren MMA und Nahkampf, Hebel und alles in sind, wird sowas auch immer für das Shotokan in Anspruch genommen. Ist ja auch okay, aber man sollte es dann nicht als traditionell verkaufen. Leider muss man das im Karate aber oft, weil es sonst keiner hören will. :rolleyes:
Wenn Kakie also auch zum Shotokan gehört, muss es ja irgendein Japaner mal unterrichtet haben, oder? Vielleicht ist es ja auch unterwegs verloren gegangen, wie die ganzen tollen traditionellen Anwendungen die es mal gegeben haben soll? Zeigt mir doch mal einen Shotokan-Meister, der das vor Werner Lind unterrichtet hat. Dürfte schwer werden, da einen zu finden. Und Linds Kakie war übrigens aus dem Chi-Sao des WT geklaut.
Trainiert alle wie ihr wollt. Aber sagt nicht, dass etwas schon immer in Shotokan drin war, wenn ihr es selbst im Goju-Ryu, Ju-Jutsu, Aikido oder sonst wo gelernt habt. Da verarscht ihr nur die Leute.

Michael1
22-07-2008, 17:42
Das liefe dann wieder auf die Schiene "Hat Funakoshi das unterrichtet?" hinaus - und da sind die Shotokan-Karateka doch in der Regel sowieso schon ewig weit weg. Dazu gibt es doch jede Menge Beiträge in den verschiedensten Foren.

Vielleicht hat es weniger Konfliktpotential wenn man sagt "Für einen Teil der heute Aktiven Karateka gehört Kakie zum Shotokan dazu und sie leiten das Konzept aus Kata ab die zum heutigen Shotokan gehören" oder sowas in die Richtung... :rolleyes:

chrisdz
22-07-2008, 20:29
Wer sagt das denn? Kakie-Übungen kommen aus den Qunafa-Stilen Südchinas und diese haben besonders die Naha-Stile des Karate beeinflusst. ....

??? Habe ich irgendetwas anderes gesagt oder behauptet???

Yabu_Kentsu
22-07-2008, 21:17
Das liefe dann wieder auf die Schiene "Hat Funakoshi das unterrichtet?" hinaus - und da sind die Shotokan-Karateka doch in der Regel sowieso schon ewig weit weg. Dazu gibt es doch jede Menge Beiträge in den verschiedensten Foren.
Wie die Shotokan-Leute ihr Shotokan abgrenzen ist mir egal. Ich würde den Stil schon etwas weiter fassen. Ist aber nicht mein Thema.


Vielleicht hat es weniger Konfliktpotential wenn man sagt "Für einen Teil der heute Aktiven Karateka gehört Kakie zum Shotokan dazu und sie leiten das Konzept aus Kata ab die zum heutigen Shotokan gehören" oder sowas in die Richtung... :rolleyes:
Wie man das politisch korrekt ausdrückt interessiert mich nicht. Mein Punkt ist, dass Kakie technisch gesehen nicht richtig ins Shotokan passt. Dafür sind die geübten Techniken, Distanzen, Kata und Partnerübungen einfach zu unterschiedlich. Das ist keine Kritik am Shotokan oder so.
Ich finde es auch gut solche Dinge einzubauen. Egal welchen Stil man betreibt. Aber Kakie dann als traditionelles Shotokan-Konzept zu verkaufen finde ich einfach verlogen.

Yabu_Kentsu
22-07-2008, 21:23
??? Habe ich irgendetwas anderes gesagt oder behauptet???

Nee, aber um deinem Beitrag gerecht zu werden, muss man überlgen in wie weit das Shotokan wirklich vom Naha-Te beeinflusst wurde. Ich meine jetzt nicht die paar Kata die Funakoshi dem Naha-Te zuordnet, sondern das Stilkonzept an sich. Betrachtet man nämlich hier die späten aber intensiven Einflüsse von Miyagi, Higaonna oder Uechi bleibt da nämlich nicht mehr viel gemeinsames. Die einzelnen Karatestile habe alle ihre Tradition und Entstehungsgeschichte. Sie sind nicht ohne Gurnd so wie sie heute sind. Die alten Meister haben die Formen und Stile mit Bedacht verändert. Einfach Dinge zu vermengen und zusammenzupacken ohne den eigenen Stil richtig zu verstehen, finde ich bedenklich.

Michael1
23-07-2008, 09:52
Es finden sich aber in diversen Kata die heute zum Shotokan gehören Ansätze die (zumindest für mich und unabhängig davon offenbar auch für andere) die Interpretation als Kakie nahelegen. Wenn man nun Kata als elementares Bauteil des Stils sieht folgt daraus dass das Technikkonzept Kakie zum Stil Shotokan gehört.
Welches Gewicht es im gesamten Stil hat ist sicher wieder eine andere Frage.

Yabu_Kentsu
23-07-2008, 16:28
Es finden sich aber in diversen Kata die heute zum Shotokan gehören Ansätze die (zumindest für mich und unabhängig davon offenbar auch für andere) die Interpretation als Kakie nahelegen. Wenn man nun Kata als elementares Bauteil des Stils sieht folgt daraus dass das Technikkonzept Kakie zum Stil Shotokan gehört.
Welches Gewicht es im gesamten Stil hat ist sicher wieder eine andere Frage.

Was denn für Ansätze? Ein Kakiwake-Uke oder Tate-Shuto-Uke reicht da nicht aus. Schau dir mal eine Kata wie die Tensho im Goju-Ryu oder die Siu Nim Tao im Wing Chun an (plus der entsprechenden Partnerübungen) und du erkennst, was ich meine wenn ich sage, dass Kakie in den Stil eingebunden sein muss. Shotokan war schon immer auf die lange und mittlere Distanz ausgelegt. Das zeigt das Kihon, die Kata, die Bunkai, das Kumite und jedes klassische Buch und Video. Seit es jetzt MMA und sowas gibt, wollen auch im Shotokan alle Hebel und Nahdistanz machen. Auf einmal ist "alles schon immer drin gewesen" und die Lehrer unterrichten Zeug, das sie selber nicht richtig kennen. Da werden ohne Sinn und Verstand irgendwelche Übungen aufgenommen, um den Stil irgendwie aufzuwerten.
Shotokan ist ein großartiger Stil. Da muss man nix reinschieben. Ich habe früher so tolle Shotokan-Kämpfer gesehen. Super Jungs mit richtig gefährlichen Tritten und Schlägen. Und heute unterrichten die irgendwelche Hebel, die Orangegurte in meinem Jujutsu-Verein besser können. Beim Kakie ist es ähnlich. Wenn man Kakie oder Chi-Sao mal bei einem guten Lehrer gelernt hat, lacht man sich über das Training mancher Shotokan-Leute echt schlapp. Tut mir leid.

Vegeto
23-07-2008, 16:39
Jetzt bin ich etwas verdudzt Yabu. Ich dachte immer du wärst auch der Meinung das man Karate in seiner Gesamtheit betrachten sollte anstatt sich auf Stilrichtungen zu beschränken. Ist doch gut wenn man Element aus dem Naha-Te und aus dem Shuri-Te trainiert.


Wenn man Kakie oder Chi-Sao mal bei einem guten Lehrer gelernt hat, lacht man sich über das Training mancher Shotokan-Leute echt schlapp. Gute und schlechte Leute gibts überall :p Einfach was abgucken und zusammenwurschteln ist natürlich nicht das wahre. Besser wäre es wenn diese Shotokan'ler dann bei einem Goju Dojo trainieren würden. Et vice versa.

Yabu_Kentsu
23-07-2008, 17:01
Jetzt bin ich etwas verdudzt Yabu. Ich dachte immer du wärst auch der Meinung das man Karate in seiner Gesamtheit betrachten sollte anstatt sich auf Stilrichtungen zu beschränken. Ist doch gut wenn man Element aus dem Naha-Te und aus dem Shuri-Te trainiert.

Finde ich auf jeden Fall! Gerade deshalb bin ich ja dafür, dass nicht alles einfach stumpf vermischt wird. Wenn ich meinen Schülern sage: "Diese tolle Übung habe ich im Shotokan gelernt und die passt gut zur Seenchin." Macht das doch mein Goju-Ryu nicht schlechter. Aber wenn ich sage "Eine tolle Übung der alten Meister bla bla" nehme ich dadurch meinen Schülern die Chance das demnächst mal selbst mit einem Experten zu vertiefen.
Genau diese Tendenz sieht man aber laufend im Shotokan. Es wird einfach alles übernommen und mit Shotokan-Etikett versehen. Ratschke und Lind machen Kakie, Kanazawa und Asai nehmen Kata aus dem Goju-Ryu oder Shito-Ryu usw. Manche Shotokan-Kids können die Empi nicht richtig aber lernen auf den Lehrgängen lieber die Seenchin, "weil Mester Kanazawa die auch macht". Das macht doch keinen Sinn.



Gute und schlechte Leute gibts überall :p Einfach was abgucken und zusammenwurschteln ist natürlich nicht das wahre. Besser wäre es wenn diese Shotokan'ler dann bei einem Goju Dojo trainieren würden. Et vice versa.
Das ist genau was ich meine! Viele Lehrgangstrainer stehen heute unter dem Druck immer was neues zeigen zu müssen. Und dann denken die "Schwarzgurt hier heißt Schwarzgurt überall" und unterrichten irgendwas. Beispiel Sanchin Dachi: "Im Shotokan gibt's den auch" ohne Frage sind die Goju-Ryu-Ka hier aber die Experten. Es ist ein Unterschied, ob man das ein mal pro Kata oder jedes Training 250mal macht. Wenn ich Sanchin-Dachi richtig lernen will, gehe ich doch lieber zum Experten. So ist das überall. Manche denken, wir müssen alles anbieten, sonst laufen die Leute weg. Das ist aber total verkehrt. Man muss gute Sachen anbieten, sonst laufen die Leute weg. Und da ist das eigentliche Problem mancher Shotokan-Trainer. Die können ihr eigenes Zeug nicht und versuchen sich dann anders abzugrenzen.

Vegeto
23-07-2008, 17:38
Ah sehr gut, dann ist das geklärt.
Wenn ich Sanchin-Dachi richtig lernen will, gehe ich doch lieber zum Experten.
An das Beispiel hab ich heute morgen gerade gedacht. Wenn ich manche Shotokan Bekannte den Sanchin Dachi machen sehe dann macht jeder einen anderen. Nur fast keiner einen Richtigen! Umgekehrt beobachte ich so Sachen allerdings auch. Beispiel Kokutsu Dachi.

Yabu_Kentsu
23-07-2008, 18:31
An das Beispiel hab ich heute morgen gerade gedacht. Wenn ich manche Shotokan Bekannte den Sanchin Dachi machen sehe dann macht jeder einen anderen. Nur fast keiner einen Richtigen! Umgekehrt beobachte ich so Sachen allerdings auch. Beispiel Kokutsu Dachi.

Sowas gibt es immer. Und da setzt stilübergreifendes Training an. Dinge von anderen lernen, um das eigene zu verbessern. Und nicht Sachen von anderen nehmen und als eigenes ausgeben.
Leider haben mit der Benennung im Shotokan manche Probleme. Sagt man, "das ist aus dem XY" bleiben die Leute weg. Von einem Shotokan-Lehrer will man Shotokan lernen. :o Deshalb wird der ganze Stil immer mehr aufgeblasen. Je mehr Kritik es gibt, desto mehr kommt rein. Hebel, Würfe, Bodenkampf, Shiatsu, Schwertkampf, Hanbo... Was auch immer. Am Ende ist alles Shotokan. :rolleyes:

Michael1
23-07-2008, 19:57
Was denn für Ansätze? Ein Kakiwake-Uke oder Tate-Shuto-Uke reicht da nicht aus. Schau dir mal eine Kata wie die Tensho im Goju-Ryu oder die Siu Nim Tao im Wing Chun an (plus der entsprechenden Partnerübungen) und du erkennst, was ich meine wenn ich sage, dass Kakie in den Stil eingebunden sein muss. Shotokan war schon immer auf die lange und mittlere Distanz ausgelegt. Das zeigt das Kihon, die Kata, die Bunkai, das Kumite und jedes klassische Buch und Video. Seit es jetzt MMA und sowas gibt, wollen auch im Shotokan alle Hebel und Nahdistanz machen. Auf einmal ist "alles schon immer drin gewesen" und die Lehrer unterrichten Zeug, das sie selber nicht richtig kennen. Da werden ohne Sinn und Verstand irgendwelche Übungen aufgenommen, um den Stil irgendwie aufzuwerten.
Shotokan ist ein großartiger Stil. Da muss man nix reinschieben. Ich habe früher so tolle Shotokan-Kämpfer gesehen. Super Jungs mit richtig gefährlichen Tritten und Schlägen. Und heute unterrichten die irgendwelche Hebel, die Orangegurte in meinem Jujutsu-Verein besser können. Beim Kakie ist es ähnlich. Wenn man Kakie oder Chi-Sao mal bei einem guten Lehrer gelernt hat, lacht man sich über das Training mancher Shotokan-Leute echt schlapp. Tut mir leid.

Andere Ansätze als Kakiwake-Uke und Tate-Shuto-Uke z.B. in Gankaku oder Gojushiho.

Tensho und Siu Nim Tao sind mir bekannt, wenn auch nicht so präsent. Die eine oder andere Anwendung auch (ob es "die" Zugehörige weiß ich natürlich nicht).

Und dann der Grund warum ich auf das Problem der Shotokan-Definition verwies:
"Shotokan wurde schon immer[...]", "Jedes klassische Buch oder Video[...]"
Was meinst du mit "schon immer" oder "klassisch"? Welchem Zeitraum, welchen Lehrer?
Shotokan ist "schon immer" ein Hybrid-Stil - war es unter Funakoshi und auch unter Teilen seiner Schüler. Auch wenn sich das in den "Reinheitsgeboten" verschiedener Verbände evt. nicht so wiederspiegelt.

Aus der nachfolgenden Diskussion entnehme ich aber das du nicht ausschließlich Inhalte kritisierst sondern nicht zuletzt die Art wie die Inhalte von den Lehrern vermittelt werden, oder?

Yabu_Kentsu
23-07-2008, 21:34
Und dann der Grund warum ich auf das Problem der Shotokan-Definition verwies:
"Shotokan wurde schon immer[...]", "Jedes klassische Buch oder Video[...]"
Was meinst du mit "schon immer" oder "klassisch"? Welchem Zeitraum, welchen Lehrer?
Shotokan ist "schon immer" ein Hybrid-Stil - war es unter Funakoshi und auch unter Teilen seiner Schüler. Auch wenn sich das in den "Reinheitsgeboten" verschiedener Verbände evt. nicht so wiederspiegelt.

Aus der nachfolgenden Diskussion entnehme ich aber das du nicht ausschließlich Inhalte kritisierst sondern nicht zuletzt die Art wie die Inhalte von den Lehrern vermittelt werden, oder?

Eure Shotokan-Abregrenzung ist mir egal. Das muss jeder selbst rausfinden. Ich denke schon, dass man durch Funakoshis Schriften und seine Schüler einen guten Eindruck vom Shotokan bekommen kann. Wenn da z.B. nirgendwo Bodenkampf auftaucht, würde ich Bodenkampf auch nicht als 'stilspezifisch' definieren wollen oder sagen, dass es schon immer drin war. Das soll aber jeder für sich entscheiden. Wenn du dein Shotokan vor anderen rechtfertigen musst indem du sagst, das Shotokan schon immer ein Hybrid-Stil war, ist das auch deine Sache.
Inhaltlich finde ich, dass Kakie konzeptionell nicht richtig in den Shotokan-Stil passt. Und das sage ich als jemand, der Kakie oder Chi-Sao in verschiedenen Stilen gelernt hat. Aber wie gesagt, wenn ihr das machen wollt, macht es. Sucht euch dann bitte nur einen guten Lehrer.
Was micht wirklich stört ist die Vermittlung solcher Inhalte. In jedem guten Hybridsystem geben die Leute ganz klar zu, was woher stammt. Nur im Shotokan war "immer schon alles drin". Komischerweise sind dann immer die neuen Themen der Lehrgänge irgendwo verloren gegangen. Aber für den alten Kram von früher gibt's Bücher und Videos. :rolleyes:
Shotokan ist in den letzten 15 Jahren in einer Sinnkrise. Irgendwie haben viele Shotokaner wohl den Eindruck alles wichtige im Karate verpasst zu haben. Und dann wird gerade Shotokan irgendwie zum "tödlichen aber trotzdem gesunden Allkampfsystem mit Spaßfaktor" ausgebaut. Die eierlegende Woll-Milch-Sau des Kampfsports... :o Trainiert doch einfach und macht euch nicht immer so viele Sorgen um euren Stil.

Michael1
23-07-2008, 23:15
Die Abgrenzung von Shotokan ist egal, aber Kakie passt nicht rein. Dich interessieren die Abgrenzungen von Shotokan nicht, aber Kakie liegt auf jeden Fall außerhalb der Grenzen.

Hmm....

Die im Shotokan-Lager immer wieder geführten Grabenkämpfe darüber was Shotokan ist und was nicht füllen sicher ganze Bücher und ich kann verstehen das es dich nicht wirklich interessiert - die Spannweite dessen was Shotokan historisch möglicherweise einmal war und dem was heute Shotokan genannt wird ist einfach riesig.
Vielleicht doch ein kleiner Ausflug in das was da immer mal wieder auftaucht - wenn auch Teilweise sehr Kontrovers diskutiert ...
Funakoshi hat sich gegen die Aufsplitterung des Karate in Stile geäußert. Schon Ironie wenn man selbst als Namensgeber für einen solchen fungiert. Er lehrte etwa ein Dutzend Kata. Heute, sogar fast "schon immer" haben wir mehr als doppelt so viele. Und es gibt Gerüchte das es demnächst noch ein paar mehr werden (die werden z.T. auch schon in D-Land gelehrt). Wettkampf gab es ursprünglich nicht, Kampfübungen wohl auch nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher das Funakoshi irgendwo Bunkai-Training erwähnt. Dafür aber Bodenkampfelemente, vermutlich wie auch schon bei Graduierung und Gi durch Kano (Judo) inspiriert. Und natürlich die viel diskutierten Stände über die im Shotokan immer so schön gestritten wird - es gibt Fotos auf denen zu sehen ist das sie zumindest nicht immer so ausgesehen haben wie man sie heute manchmal sieht. Yokogeri mit parallel zum Boden geführten Fuß gab es bei Funakoshi möglicherweise auch nicht... und den Mawashi-Geri schon gar nicht.

Passt also ein Konzept wie Kakie zum Wettkampfkarate wie es heute z.B. im WKF auch von Shotokan'lern praktiziert wird? Kaum.
Passt es zu dem statischen Karate mit langen Ständen und tiefem Schwerpunkt wie es heute in einigen Shotokan-Dojo praktiziert wird? Wohl auch nicht.
Aber beides ist eben nicht "das" Shotokan, es repräsentiert lediglich heute vorhandenen "Spielformen". Und bei all diesem "Durcheinander" siehst du dich in der Lage sicher zu sagen das Kakie da auf keinen Fall passt und auch nie gepasst hat??

Wie gesagt, es gibt Leute die meinen es sei Bestandteil der Shotokan-Kata (welche wie oben schon geschrieben irgendwo "geklaut" sind). Aus den Kata leitet sich das Kihon ab weil es auf diese vorbereiten soll. Aus dem Bunkai leitet sich Kata-Kumite und Partnerübungen ab weil sie darauf vorbereiten sollen.

Aber man kann das alles sicher auch anders sehen.

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 14:15
Die Abgrenzung von Shotokan ist egal, aber Kakie passt nicht rein. Dich interessieren die Abgrenzungen von Shotokan nicht, aber Kakie liegt auf jeden Fall außerhalb der Grenzen.

Hmm....

Die im Shotokan-Lager immer wieder geführten Grabenkämpfe darüber was Shotokan ist und was nicht füllen sicher ganze Bücher und ich kann verstehen das es dich nicht wirklich interessiert - die Spannweite dessen was Shotokan historisch möglicherweise einmal war und dem was heute Shotokan genannt wird ist einfach riesig.


Also, wenn ich mich auf einen Stil berufe, dann geht es doch damit auch um eine bestimmte Lehrmeinung. Im Falle des Shotokan also um das was Funakoshi in Japan unterrichtet hat bzw. um das was später von seinen diversen Schülern unterrichtet wurde. Soweit kann man auch Shotokan schon eingrenzen. Wenn jetzt bestimmte Inhalte da nirgendwo auftauchen, sind sie wohl auch nicht Teil des Stils. Keiner von Funakoshis Schülern unterrichtet Kakie oder Bodenkampf. Und in artverwandten Stilen kenne ich auch niemanden. Ganz einfach, weil es technisch nicht richtig zur Struktur des Shuri-Te passt.
Wenn du sagt, "Karate war schon immer ein Hybridsystem" mag das stimmen, Shotokan aber nicht. Stile sind immer individuelle Einschränkungen des Karate. Deshalb gibt es auch so viele. ;) Wenn du jetzt Bodenkampf und Kakie und was auch immer machen willst, ist das doch total okay. Aber du kannst doch nicht sagen, es sei alles Shotokan.
Das ist dieser Komplex den ich meine. Ich unterrichte im Karate eine Vielzahl von Techniken aus dem Jujutsu, WT, Boxen etc. Trotzdem sage ich nicht es sei alles Goju-Ryu, sondern es ist mein Karate auf Basis des Goju-Ryu.
Jon Bluming lernte Kyokushin und Judo. Dann gründete er daraus das Kyokushin Budokai. Er sagt auch nicht, dass sei das Karate von Oyama, weil Oyama auch Judo gemacht hat oder so. Ihr könnt euch entwickeln un dtrainieren wie ihr wollt. Doch irgendwann kann man das einfach nicht mehr Shotokan nennen.
Als ich vor über 30 Jahren mit Karate angefangen habe, gab es auch diese Diskussionen. "Was machst du denn gegen einen Judoka" usw. Da haben die Karateka gesagt, "der kriegt einen Gyaku-Zuki oder Mae-Geri, bevor der mich werfen kann". Heute durch MMA wollen die Shotokan-Leute den Judoka lieber beim Werfen oder am Boden besiegen. Verstehst du was ich meine? Die Shotokan-Leute unterrichten aus Verlegenheit heraus irgenwelche Sachen, von denen sie keine Ahnung haben. Weil alles im Shotokan drin ist, gibt es immer mehr Techniken, mehr Kata usw. Was muss Goju-Ryu mit unseren 12 Kata für ein armer Stil sein?!


Dafür aber Bodenkampfelemente, vermutlich wie auch schon bei Graduierung und Gi durch Kano (Judo) inspiriert.
Wo hast du das denn gefunden? Würde mich echt mal interessieren.

bodycheck
24-07-2008, 15:41
Shotokan ist in den letzten 15 Jahren in einer Sinnkrise. Irgendwie haben viele Shotokaner wohl den Eindruck alles wichtige im Karate verpasst zu haben. Und dann wird gerade Shotokan irgendwie zum "tödlichen aber trotzdem gesunden Allkampfsystem mit Spaßfaktor" ausgebaut. Die eierlegende Woll-Milch-Sau des Kampfsports...

Du sprichst mir aus der Seele! Das ist genau das, was ich hier und woanders schon immer gesagt habe.

Das haben wir alles den Ratschkes, Linds und sonstigen Gernegrossen und Kohlemachern zu verdanken. Aber lass die mal einen Zuki machen oder einen Mae Geri. Schlecht, schlechter bahh!

die Chisau
24-07-2008, 15:57
Lind ist schlecht? Hab ich das sinngemäß richtig verstanden?
Ich kenn ihn nur aus Büchern bzw. ist mir der Budo Studienkreis ein Begriff.

Was ich nicht nachvollziehen kann ist Kritik an jenen ,die neue Techniken und Konzepte einzubringen versuchen.
Natürlich kann man kritisieren,wenn dies schlecht gemacht wird.

Die Idee aber, eine degenerierte Kampfkunst, zu verbessern und Verlorenes, Vergessenes wiederzubeleben ist doch das einzig sinnvolle das man machen kann,wenn diese Art von Karate wieder ernst genommen werden will.

"Die Zeiten ändern sich, die Welt ändert sich, und die Kampfkünste müssen sich ebenfalls ändern."
Ginchin Funakoshi

Vielleicht jetzt wieder weg von der Versportlichung?

Diskussionen darüber, ob dies oder das noch Shotokan sein, zielen meines Erachtens voll am Kernproblem vorbei.
Die Frage ist doch vielmehr- wie kann ich das System verbessern und nicht " Fallen wir da nicht vom wahren Glauben ab?" als ob Shotokan nicht ein moderner Stil wäre (ca. 30er Jahre des 20 Jh ) , das dann als authentisch betrachten zu wollen..., das Karate wurde zur militärischen Grundausbildung genutzt und so verändert ,dass es einer breiten Masse unterrichtet werden konnte...nichts mehr mit Feinheiten..,wie denn auch ,wenn ein Lehrer 50 Schüler auf einmal durch die Gegend turnen lässt.
Wenn ihr nach Authenzität sucht geht ein paar hundert Jahre zurück! Und dann dürft ihr auch ruhigen Gewissens Chi Sao ...üben...

Michael1
24-07-2008, 16:02
Ich finde schon das es zwei Baustellen sind ob man zum einen darüber Diskutiert was Shotokan ist und was nicht und zum anderen darüber ob Trainer qualifiziert und gut unterrichten oder nicht.
Und beides sind nun wirklich sehr umfangreiche Themen. Die Lehrmeinungen darüber was Shotokan ist ... der DKV beruft sich bei der Technikausführung z.B. gar nicht auf Funakoshi sondern auf Nakayama. Hat sich allerdings von der Organisation die Nakayama maßgeblich geprägt hat schon lange gelöst. Und es gibt neue Stilrichtungen/Organisationen die für sich in Anspruch nehmen das "originalere" Shotokan zu betreiben.
Das was sich unter dem Begriff Shotokan findet ist wirklich mehr als breit gefächert... und das nicht erst seit es MMA und ähnliches gibt.

Ich bin nicht unbedingt der Meinung das "mehr" auch "besser" ist. Ein Vorteil den Goju-Ryu imho mit sich bringt ist eben das bei 12 Kata tatsächlich auch Gelegenheit bleibt sich damit auseinander zu setzen wofür die Bewegungen da sind und nicht nur wie sie gehen. Ausserdem scheint mir vieles das ich kennenlernen durfte weniger der Standardisierung zum Opfer gefallen zu sein. Allerdings habe ich fast ausschließlich Vertreter des Yuishinkan Goju-Ryu erlebt.

Ich wehre mich nur gegen die -in meinen Augen- grobe Vereinfachung die zu dem Schluss "Kakie ist kein Shotokan" führt.




Wo hast du das denn gefunden? Würde mich echt mal interessieren.

Eines seiner Bücher ... To-Te Jitsu, Karate-Do Kyohan, Karate-Do Nyomon... ? Wie gesagt, einiges wird durchaus kontrovers und umfangreich diskutiert ... eine imho recht informative Diskussion lässt sich z.B. hier nachlesen:
Karate wie es G. Funakoshi sah (http://www.karate-news.de/smf/index.php?topic=2045.0)

ZoMa
24-07-2008, 18:16
Wo hast du das denn gefunden? Würde mich echt mal interessieren.

Was mir spontan einfällt, auch wenn es nicht direkt ein "Bodenkampfelement" ist, dass er mal erwähnte, dass man seinen Gegener "mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden festlegen soll" weil es ihn "demoralisieren" würde.

Nachzulesen in: Rentan Goshin Toudi Jutsu / Karate Jutsu

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 19:14
Du sprichst mir aus der Seele! Das ist genau das, was ich hier und woanders schon immer gesagt habe.

Das haben wir alles den Ratschkes, Linds und sonstigen Gernegrossen und Kohlemachern zu verdanken. Aber lass die mal einen Zuki machen oder einen Mae Geri. Schlecht, schlechter bahh!

Ich will bestimmt nicht zurück zum Oi-Zuki/Mae-Geri Karate der 60er. Aber die lange und mittlere Distanz war früher die Domäne der Shotokan-Leute. Heute wird der Stil auf Nah- und Bodenkampf umgebogen. Nur ist ein guter Gyaku-Zuki in der SV oft mehr wert als ein komischer Hebel.

Das Problem sind nicht die neuen Lehrgangsinhalte. Das Problem ist, dass die Lehrer das selbst oft vom Video oder über Dritte lernen. Und dann wird das noch als "traditionell" verkauft. Da wird es peinlich. Fragt doch mal einen Ratschke oder Lind, warum er solche traditionellen Inhalte nicht schon vor 25 Jahren unterrichtet hat. Und wer das sagt "hab ich doch", der lügt!

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 19:21
Was ich nicht nachvollziehen kann ist Kritik an jenen ,die neue Techniken und Konzepte einzubringen versuchen.
Natürlich kann man kritisieren,wenn dies schlecht gemacht wird.
Das Problem ist, dass die neuen Konzepte als ganz alte verkauft werden. Patrick McCarthy sagt zum Beispiel ganz offen: 'Koryu Uchinadi ist meine Neuinterpretation alter Kata' und nicht 'das ist traditionelles Karate'.



Die Idee aber, eine degenerierte Kampfkunst, zu verbessern und Verlorenes, Vergessenes wiederzubeleben ist doch das einzig sinnvolle das man machen kann,wenn diese Art von Karate wieder ernst genommen werden will.
Insgesamt muss ich leider sagen, dass Shotokan bis zu dem Stilfindungstrip mancher Leute durchaus ernst genommen wurde. Auch wenn hier Wettkampf immer runtergemacht wird, habe ich doch gerade dort die besten Shotokan-Kämpfer gefunden. In den traditionellen Dojo mit ihren tödlichen Bunkai fallen viele schon beim treten um.

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 19:30
Ausserdem scheint mir vieles das ich kennenlernen durfte weniger der Standardisierung zum Opfer gefallen zu sein. Allerdings habe ich fast ausschließlich Vertreter des Yuishinkan Goju-Ryu erlebt.
Es sind doch immer gerade die Techniken weggekommen, die man selbst gerne dringehabt hätte. Von Funakoshis Lehre ist doch mehr übermittelt worden, als bei den meisten anderen Stilen. Man denke nur an seine Bücher und Filme. Das Argument "so viel sei verlorengegangen" ist doch vorgeschoben. Vielleicht war es einfach nie da. :confused: Doch ganz viel von Funakoshis Lehre wird doch heute gar nicht mehr geübt. Sachen die Funakoshi drinhaben wollte. Das interessiert kaum jemanden. Beispiel: Chi no Kata, Ten no Kata, Kumite aus Seiza usw. Warum fängt man bei den traditionellen Inhalten denn nicht da an?




Ich wehre mich nur gegen die -in meinen Augen- grobe Vereinfachung die zu dem Schluss "Kakie ist kein Shotokan" führt.
Ich habe gesagt, dass Kakie technisch nicht richtig reinpasst. Darübe rhaben wir übrigens bisher kaum gesprochen.



Eines seiner Bücher ... To-Te Jitsu, Karate-Do Kyohan, Karate-Do Nyomon... ? Wie gesagt, einiges wird durchaus kontrovers und umfangreich diskutiert ... eine imho recht informative Diskussion lässt sich z.B. hier nachlesen:
Karate wie es G. Funakoshi sah (http://www.karate-news.de/smf/index.php?topic=2045.0)


Was mir spontan einfällt, auch wenn es nicht direkt ein "Bodenkampfelement" ist, dass er mal erwähnte, dass man seinen Gegener "mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden festlegen soll" weil es ihn "demoralisieren" würde.

Nachzulesen in: Rentan Goshin Toudi Jutsu / Karate Jutsu
Merkt ihr selbst, richtig überzeugene Quellen und Aussagen sehen anders aus, oder?! ;)

ZoMa
24-07-2008, 20:36
Merkt ihr selbst, richtig überzeugene Quellen und Aussagen sehen anders aus, oder?! ;)

Hmm, mich kannste wohl eher nicht damit meinen, da du bisher nichts von dem was ich gesagt habe wiederlegen konntest. Aber ich "verkaufe" Kakie auch nicht als traditionelle oder historische Shôtôkan-Übung.

Was ich mich allerdings frage... du behauptest je stets (warum auch immer), dass Shôtôkan ein "Langdistanzsystem" ist / war, aber wie passen Würfe, Hebeltechniken, Festleger, Tuite usw. in ein (reines?) Longfistsystem?

Wäre das nicht paradox?

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 20:53
Hmm, mich kannste wohl eher nicht damit meinen, da du bisher nichts von dem was ich gesagt habe wiederlegen konntest. Aber ich "verkaufe" Kakie auch nicht als traditionelle oder historische Shôtôkan-Übung.

Die Anmerkung bezog sich auf das Thema Bodenkampf. ;)


Was ich mich allerdings frage... du behauptest je stets (warum auch immer), dass Shôtôkan ein "Langdistanzsystem" ist / war, aber wie passen Würfe, Hebeltechniken, Festleger, Tuite usw. in ein (reines?) Longfistsystem?

Wäre das nicht paradox?

Es ist doch kein Geheimnis, dass Shuri-Te Stile überwiegend die lange und mittlere Distanz betonen. Würfe und Hebel werden immer erst nach Schlägen oder Tritten gemacht. Das sieht man in allen Shotokan-Büchern, besonders bei Funakoshi. Natürlich gibt es im Shotokan auch Nahdistanztechniken, aber die werden doch kaum geübt. Kihon, Kata und Kumite sind auf größe Abstände ausgerichtet. Jetzt kann man sagen, "das muss aber nicht sein" oder "das war traditionell nicht so", aber am Ende bleibt es doch ein Fakt. Ich sehe da auch überhaupt kein Problem drin. Bei vielen Kung-fu Stilen oder beim Taekwondo ist das genauso. Nur viele Shotokaner wollen aus dem Stil ein Nahkampfsystem machen.

ZoMa
24-07-2008, 21:36
Um welches Shôtôkan geht es denn hier jetzt eigentlich? Um das "traditionelle" Shôtôkan oder das "historische" Shôtôkan?

Denn gerade diese "Langdistanz Kihon" hab ich im historischen Shôtôkan (bisher) nicht gefunden.

Dass das heute so gemacht wird - keine Frage, aber es wird auch in vielen Dôjô gehoppelt, aber dass ich daraus jetzt ein Shôtôkanprinzip machen würde...naja, wohl eher nicht.

Michael1
24-07-2008, 22:28
Es sind doch immer gerade die Techniken weggekommen, die man selbst gerne dringehabt hätte.

Das ist sicher richtig. Wobei es eben schon so ist das ich heute "von oben" vorgegebene Ausführungen in den Shotokan-Kata mit dem vergleichen kann was ich vor 10 Jahren gelernt habe und mit dem was mir mein Trainer darüber erzählt was er gelernt hat.
Einfaches aktuelles (nicht historisches) Beispiel in der Kata Empi die Handbewegung nach den Age-Zuki.

Ich erinnere mich an Kata im Goju-Ryu bei der mir auch verschiedene Ausführungen gezeigt wurden, dabei war die Anwendung in der (standardisierten) Version für mich nicht so naheliegend.


Merkt ihr selbst, richtig überzeugene Quellen und Aussagen sehen anders aus, oder?!

Ich habe derzeit kein Buch von Funakoshi vorliegen, könnte im Augenblick nur das machen was du auch machen könntest: Das Internet um Auskunft bemühen :).
Ich habe etwas von 12 verschiedenen Übungen im Kopf, vielleicht hilft das bei der Suche...



Um welches Shôtôkan geht es denn hier jetzt eigentlich? Um das "traditionelle" Shôtôkan oder das "historische" Shôtôkan?


Das hatte ich ja auch schon angefragt.


Was Kakie betrifft:
Was ich dazu denke habe ich schon geschrieben. Ich sehe es als Konzept in verschiedenen Kata, für mich ist es also Teil des Shotokan. Einige Beispiele habe ich ebenfalls genannt.
Aber es ist für mich nicht das Element im (meinem) Karate, sondern eines.

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 22:43
Um welches Shôtôkan geht es denn hier jetzt eigentlich? Um das "traditionelle" Shôtôkan oder das "historische" Shôtôkan?

Denn gerade diese "Langdistanz Kihon" hab ich im historischen Shôtôkan (bisher) nicht gefunden.

Dass das heute so gemacht wird - keine Frage, aber es wird auch in vielen Dôjô gehoppelt, aber dass ich daraus jetzt ein Shôtôkanprinzip machen würde...naja, wohl eher nicht.

Was ist denn jetzt bitte das historische Shôtôkan? :confused: Hier haben alle irgendwelche abenteuerlichen Definitionen vom Shotokan. Dabei kann man traditionelles oder historisches Shotokan doch, wie gesagt, gut auf die Lehre Funakoshis in Japan, sowie die Lehre seiner Schüler eingrenzen. Davon gibt es Bücher von Funakoshi selbst, von Nakayama, von Nishiyama, von Kanazawa, von Egami, von Harada usw. Nirgendwo wird Karate als Nahkampfsystem dargestellt. Statt dessen gibt es aber viel Kumite und Kata-Bunkai auf langer und mittlerer Distanz. Ebenso gibt es in den Kata und im Kihon lange Stellungen, was ebenso auf eine längere Kampfdistanz hindeutet. Natürlich gab es vor Funakoshi schon Karate, aber das kann man doch dann nicht Shotokan nennen. :confused:
Eure Bemühungen in allen Ehren, aber was das Shotokan angeht, muss man doch die Fakten auch irgendwie akzeptieren.
Hier ist Funakoshi selbst beim Kumite:
http://www.karate-imst.at/Dateien/karate-do-Dateien/karate-do-Dateien/Funakoshi%20beim%20Training.gif
YouTube - Gichin Funakoshi Kihon kumite (http://de.youtube.com/watch?v=1FxRfd_0mYs&feature=related)

oder Nishiyama:
http://www.budoforum.net/shureido/schlatt/Bild11_Kumite.gif
YouTube - Hidetaka Nishiyama - Karate Do - Shotokan (http://de.youtube.com/watch?v=Q3doBN7ad8U&feature=related)

Nakayama Bunkai:
http://de.youtube.com/watch?v=3YetVJmn06w

Nakayama und co. sogar im Video:
YouTube - Masatoshi Nakayama - Karate Do - Shotokan (http://de.youtube.com/watch?v=visOc8TnU-s)

Natürlich sind da auch Nahkampftechniken bei, aber die Mehrzahl ist doch zweifellos lange und mittlere Distanz. Zum Vergleich mal Yamaguchi
YouTube - G.Yamaguchi (http://de.youtube.com/watch?v=aFZukLU_H6g&feature=related)
Da sieht man sofort den Unterschied. Viele Goju-Ryu Kämpfer hatten damals übrigens enorme Probleme mit der langen Distanz der Shotokaner. :rolleyes:
Für mich zeigen alle Videos großartige Meister, die fantastisches Karate zeigen. Warum wird Shotokan hier immer so klein geredet? Seit doch Stolz auf solche Lehrmeister!

Ich sage auch nicht, dass Higaonna Goju-Ryu gemacht hat. Sondern aus Higaonnas Karate hat sein Schüler Miyagi dann das Goju-Ryu entwickelt. Warum ihr euch so an dem Begriff 'Shotokan' hochzieht. Im Boxen gibt's keine Tritte. Wird Boxen dadurch zu einem schlechten Kampfsport? -Nein. Macht es für Boxer Sinn, Tritte zu üben? Vielleicht ja. Wenn er jetzt Tritte übt, gehören deshalb sofort Tritte zum Boxen, oder macht er dann vielleicht Boxen mit Treten? Vielleicht sogar Kick-Boxen??? :rolleyes:

ZoMa
24-07-2008, 23:49
Eigentlich bist du der Einzige, der sich am Shôtôkan-Begriff hochzieht.. Du springst ständig in den Zeiten hin und her und pickst dir Momentaufnahmen des Shôtôkanheraus, lässt anderes liegen vice versa.

Yabu_Kentsu
24-07-2008, 23:58
Eigentlich bist du der Einzige, der sich am Shôtôkan-Begriff hochzieht.. Du springst ständig in den Zeiten hin und her und pickst dir Momentaufnahmen des Shôtôkanheraus, lässt anderes liegen vice versa.

Ganz einfach, weil ihr Shotokan als Allkampfsystem darstellen wollt. Naja, zahlreiche Momentaufnahmen aus den 30 Jahren, die als Gründungs- und Blütejahre des Shotokan gelten. Was lasse ich denn liegen? Also dass ich als Goju-Mann hier überhaupt die Beispiele anführe(n muss)? Eigentlich solltet ihr doch viel besser Quellen posten können, oder?
Wie wäre es denn, wenn du mal genau schreibst, was historisches oder traditionelles Shotokan für dich bedeutet? Dann könnten wir die Diskussion etwas vorwärts bringen.

Yabu_Kentsu
25-07-2008, 00:07
Ich habe derzeit kein Buch von Funakoshi vorliegen, könnte im Augenblick nur das machen was du auch machen könntest: Das Internet um Auskunft bemühen :).
Ich habe etwas von 12 verschiedenen Übungen im Kopf, vielleicht hilft das bei der Suche...

Da machst du dir das ja jetzt etwas einfach. ;) Ich habe da echt von Funakoshi noch nie was zu gehört. Wir können ja beide nochmal suchen und wer als erstes was findet...
Ansonsten hatte ich aber auch irgendwo mal einen Artikel zu gelesen... Wo war das noch? :confused:



Was Kakie betrifft:
Was ich dazu denke habe ich schon geschrieben. Ich sehe es als Konzept in verschiedenen Kata, für mich ist es also Teil des Shotokan. Einige Beispiele habe ich ebenfalls genannt.
Aber es ist für mich nicht das Element im (meinem) Karate, sondern eines.

Wenn es für dich passt, dann trainiere es doch. kakie ist schon eine tolle Übung, keine Frage.

Michael1
25-07-2008, 00:52
Ok, ich versuche es noch mal...

Es gibt "das" Shotokan so wie du es dir offenbar vorstellst nicht.

Funakoshi unterrichtete möglicherweise sogar unterschiedlichen Leuten unterschiedliches Karate. Zum einen den Stil Itosus, seinem Sohn Yoshitaka auch den Stil seines Hauptlehrers Asato. Später wurde Yoshitaka für das was er unterrichtete von Gichin kritisiert. Yoshitaka schreibt man z.B. die tiefen Stellungen die man im Shotokan findet zu.
An die Verbreitung des Shotokan in der ganzen Welt war die JKA maßgeblich beteiligt. Diese wurde nicht zuletzt durch Nakayama geprägt. Und der hat nun wieder einiges anders gemacht, wie z.B. die Anzahl der Kata etwa verdoppelt. Wobei das so vermutlich nicht ganz richtig ist... Funakoshi beschreibt zu Beginn eine Reihe Kata die man heute anderen Stilen zuordnet wie z.B. auch Suparimpei, legt sich später jedoch auf 15 Kata als Basis fest auf denen er seinen Unterricht aufbaut. Seine Schüler übten jedoch mit Zustimmung Funakoshis weitere Kata. Und einen Teil davon findet man heute "fest" im Shotokan verankert.
Egami den du als Quelle anführst hat zwar bei Funakoshi (und seinen Instruktoren) gelernt, wurde aber auch durch Yositaka beeinflusst und machte irgendwann sein eigens Ding (Shotokai) das mit dem Karate der JKA nicht viel gemein hatte.
Kanazawa betrieb u.a. Judo, Kendo und Boxen bevor (?) er zum Karate kam. Und trennte sich später von der JKA und Nakayama, gründete die Shotokan Karate International und machte dort Shotokan, aber eben sein Shotokan und nicht das Nakayamas. Wobei er Instruktor in der JKA war, also irgendwie ist das doch das gleich... jedenfalls Teilweise.

Das ließe sich jetzt in sicher noch weiter fortführen. Ein Grundproblem dabei bleibt natürlich das es nicht für alles unabhängige und gute Quellen gibt. Bücher von ~1920 sind nicht unbedingt so leicht zugänglich. In neueren Auflagen wurden Veränderungen vorgenommen, je nach dem gibt es auch noch Übersetzungsfehler.... Ob man von Beteiligten eine objektive Schilderung von Abläufen und Entwicklungen erhalten kann ist auch nicht unbedingt klar. Und ob möglicherweise Informationen fehlen in denen sich bekannte Fakten anders darstellen würden ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Vieles ist also mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.

Deswegen immer der Versuch irgenwie festzulegen von "welchem Shotokan" denn möglicherweise die Rede ist. Entweder dadurch das man es einer Zeit oder einer Person zuordnet.

Ist Shotokan jetzt das was Funakoshi zu Beginn, in der Mitte oder am Ende vermittelt hat? (Das war wie gesagt möglicherweise sogar noch bei verschiedenen Personen etwas anderes...).
Oder das was einer seiner Schüler mit seiner Zustimmung (oder zumindest ohne seinen Widerspruch) unter dem Namen Shotokan verbreitet hat? Und wenn ja, welcher Schüler ist da maßgeblich?

Der DKV beruft sich bei der Ausführung von Techniken wie geschrieben auf Nakayama, genauer auf das Buch "Dynamik Karate".



An der einen oder anderen Stelle kann man lesen das Nakayama nicht unbedingt ein herausragender Karateka gewesen sein soll, dafür aber ein herausragender Funktionär.
Und mit ein Mae-Geri wie auf dem Nishiyama-Bild unten gezeigt hätte man heute vermutlich gute Chancen durch eine Shotokan Kyu-Prüfung zu fallen.

Michael1
25-07-2008, 01:11
Da machst du dir das ja jetzt etwas einfach. ;) Ich habe da echt von Funakoshi noch nie was zu gehört. Wir können ja beide nochmal suchen und wer als erstes was findet...
Ansonsten hatte ich aber auch irgendwo mal einen Artikel zu gelesen... Wo war das noch? :confused:

Ich habe im Augenblick wirklich keine Quelle greifbar. Habe vorhin mal kurz gesucht, aber auf die schnelle nichts gefunden.

Ich bin keiner der sich wirklich aktiv mit der historischen Entwicklung um ihrer selbst willen auseinandersetzt und habe auch nur auf das Zugriff was sich in Büchern und Internet findet. Insofern gibt es da sicher auch Leute die da noch deutlich Umfangreicher und Besser Auskunft geben können.
Ich finde es ganz interessant etwas über die Geschichte zu lesen. Für mich ist das alles aber in erster Linie Anregung, nicht Einschränkung. Wenn Funakoshi also keine Falltechnik gemacht haben sollte weil ihn nie jemand geworfen hat bemühe ich mich trotzdem darum möglichst so zu landen das ich heil bleibe, auch wenn das nicht zum Stil passt ;).

Yabu_Kentsu
25-07-2008, 01:38
Ja herzlichen Dank für deine Ausführungen. Hat mir leider nix neues gezeigt. Solche Texte kannst du für jeden Stil schreiben und damit erklären, dass der Stil schwer abzugrenzen ist.
Mein Punkt ist: Selbst wenn du die Lehre von allen diesen Leuten vergleichst. Alle die irgendwie infrage kommen, Funakoshi Gichin, Funakoshi Yoshitaka, Egami, Nakayama, Harada, Nishiyama, Kanazawa usw. und alle davon überwiegend Kumite und Kata-Bunkai auf mittlere und lange Distanz zeigen (auf Videos, Lehrgängen, in Büchern usw.), kannst du doch sagen, dass dann Shotokan bestimmt kein Nahkampfstil ist.
Ebenso, wenn keiner dieser Leute Kakie unterrichtet, gehört es wohl einfach nicht dazu. Wenn mir jemand nur einen aus diesem großen Kreis nennen kann, der sowas damals schon unterrichtet hat. Ich möchte nur einen für Kakie, Bodenkampf, Nahkampfdrills oder tolle Hebel- und Wurf-Bunkai finden. :o Bisher hat mir niemand jemand nennen können. Und dann wird "ist verlorengegangen" oder "der Standardisierung zum Opfer gefallen" zur Märchenerzählerei.
Lernte neue Sachen, macht crosstraining und was weiß ich, aber erzählt dann nicht "war schon immer drin" oder "das ist die traditionelle Anwendung", wenn es keine einzige Quelle gibt. Das ist mein Problem. Und damit machen sich besonders viele hochrangige Vertreter des Shotokan in den letzten Jahren leider total lächerlich.

Yabu_Kentsu
25-07-2008, 01:44
Ich bin keiner der sich wirklich aktiv mit der historischen Entwicklung um ihrer selbst willen auseinandersetzt und habe auch nur auf das Zugriff was sich in Büchern und Internet findet. Insofern gibt es da sicher auch Leute die da noch deutlich Umfangreicher und Besser Auskunft geben können.
Ich finde es ganz interessant etwas über die Geschichte zu lesen. Für mich ist das alles aber in erster Linie Anregung, nicht Einschränkung. Wenn Funakoshi also keine Falltechnik gemacht haben sollte weil ihn nie jemand geworfen hat bemühe ich mich trotzdem darum möglichst so zu landen das ich heil bleibe, auch wenn das nicht zum Stil passt ;).

Ich mag sowas auch. Karategeschichte ist toll. :D Neue Sachen lernen ist auch ganz wichtig. Wenn du es passend machen kannst, ist doch super. ;)

ZoMa
25-07-2008, 07:07
Wenn mir jemand nur einen aus diesem großen Kreis nennen kann, der sowas damals schon unterrichtet hat. Ich möchte nur einen für [...] Hebel- und Wurf-Bunkai finden. :o

Weiß nicht ob dir das areicht, aber ein bsp. wäre hier z.B. Funakoshi Gichin zu dem Wurf Kusariwa (auch: Udewa oder Morote Gari), er sagte dieses wäre eine Anwendung zu einer Bewegung in der Passai (Karate Jutsu). Die selbe Bewegung wird übrigens in "Karate Dô Kyôhan" mit einer anderen Anwendung erklärt.

Gibukai
25-07-2008, 08:23
Hallo,

„Bodenkampf“, wie man ihn z.B. im Jūdō betreibt, wird von G. Funakoshi nicht in seinen Werken (Bücher und Artikel) erwähnt. Kann man daraus schlußfolgern, daß er es nicht lehrte? Allein auf Grund dieser Tatsache wohl nicht, da direkt als Gegenargument angeführt werden könnte, daß er „Bodenkampf“ unterrichtete, aber nicht schriftlich festhielt. Allein, ich kenne kein einziges Zeugnis (Text, Photo, Film, Anektdote usw.), aus dem hervorgeht, daß „Bodenkampf“ jemals ein Bestandteil von G. Funakoshis Lehre war. Wird das weiter oben bereits angeführte Iai („Kampf aus dem Seiza“) als „Bodenkampf“ betrachtet, dann gehörte „Bodenkampf“ zu seinem Karate.

Das obige Zitat, von wegen Kopf auf den Boden drücken, ist zwar mehr oder weniger richtig aufgeführt, stammt aber aus einer englischen Übersetzung von J. Teramoto. Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie diese zustandekam. Ursprünglich stammt diese Maxime aus den „Methoden der Befreiung“ aus einem okinawanischen „Bubishi“ und hier selbstverständlich aus G. Funakoshis Abschrift. Sie liest sich „T'a Tao-Ti Tan T'a-Shêng“. Ich übersetze das so: „Liegt er am Boden, stampfe, um ihn zu bezwingen.“. Eventuell wäre es noch möglich, „Tan“ mit „zögern“ zu übersetzen, d.h. „Liegt er am Boden, warte [kurz] und überwältige ihn.“ G. Funakoshis Version stimmt hier mit der von K. Mabuni überein (der wiederum – nur am Rande – bemerkt, daß er die seine von A. Itosu hat). Es geht augenscheinlich um die Anwendung eines Stampftritts gegen einen am Boden liegenden Gegner. Meiner Meinung nach ist die Vermengung von (jūdōartigem) „Bodenkampf“ und G. Funakoshis Karate Unsinn!

„Kakie“ ist keine Übungsform aus G. Funakoshis Karate. Wer es mit dieser Art von Karate vermengen möchte, soll das tun – es wird ihm aber in keiner Weise helfen, dieses Karate zu verstehen. G. Funakoshi formuliert ganz klar, daß Würfe und Hebel Bestandteil des Karate sind, aber Tritte und Schläge den Vorrang haben. Darüber hinaus formuliert A. Asato, daß ein Karateka u.a. auch vom Jū-Jutsu (ohne eine besondere Strömung zu nennen) lernen sollte. Wären Würfe und Hebel ein dominanter Bestandteil seines Karate gewesen, dann wäre diese Forderung überflüssig... Andererseits ist diese Forderung auch vom strategischen Standpunkt aus zu betrachten: nur wenn ich weiß, was die anderen so treiben, kann ich sinnvoll dagegen vorgehen.

Es gibt genügend Stoff, der nachgewiesener Maßen Bestandteil im sich ausbildenden Lehrgebäude des historischen Shōtōkan (1938-1945) war, der heute nicht geübt und/oder bekannt ist. Dazu zählen Dinge wie Stockkampf usw. Sie werden nicht unterrichtet, weil die Personen, die heute quantitativ das Sagen haben, direkt oder indirekt aus der dem Sport zugeneigten JKA stammen. Dort gibt es nur wenige Schnittmengen mit dem Karate G. Funakoshis. Wer sich für dessen Karate interessiert, muß seine Schriften kennen, alles andere ist Augenwischerei oder Marketing.

Grüße,

Henning Wittwer

chrisdz
25-07-2008, 14:45
Hallo,

...
Es gibt genügend Stoff, der nachgewiesener Maßen Bestandteil im sich ausbildenden Lehrgebäude des historischen Shōtōkan (1938-1945) war, der heute nicht geübt und/oder bekannt ist. Dazu zählen Dinge wie Stockkampf usw. Sie werden nicht unterrichtet, weil die Personen, die heute quantitativ das Sagen haben, direkt oder indirekt aus der dem Sport zugeneigten JKA stammen. Dort gibt es nur wenige Schnittmengen mit dem Karate G. Funakoshis. Wer sich für dessen Karate interessiert, muß seine Schriften kennen, alles andere ist Augenwischerei oder Marketing.

Grüße,

Henning Wittwer


Hallo Henning, mit solchen Aussagen wirst Du Dir nicht unbedingt Freunde in der JKA-hörigen Fraktion machen. Ich find es gut, wenn jemand die Wahrheit sagt. Hoffentlich verzeihst Du mir, daß ich neben Funakoshi auch noch andere "Götter" im (Karate-)Himmel akzeptiere!

Falls Du mal flüchten mußt, bei uns findest Du eine neue Heimat, wir haben nichts gegen Leute, die wahre Dinge von sich geben und damit anecken!

Grüße aus dem tiefen Süden, Ch.

Yabu_Kentsu
25-07-2008, 16:16
Es gibt genügend Stoff, der nachgewiesener Maßen Bestandteil im sich ausbildenden Lehrgebäude des historischen Shōtōkan (1938-1945) war, der heute nicht geübt und/oder bekannt ist. Dazu zählen Dinge wie Stockkampf usw. Sie werden nicht unterrichtet, weil die Personen, die heute quantitativ das Sagen haben, direkt oder indirekt aus der dem Sport zugeneigten JKA stammen. Dort gibt es nur wenige Schnittmengen mit dem Karate G. Funakoshis. Wer sich für dessen Karate interessiert, muß seine Schriften kennen, alles andere ist Augenwischerei oder Marketing.


Man muss schon gucken, wie der Begriff Shotokan heute verwendet wird. Die meisten Karateka weltweit verstehen darunter wohl eher die Lehrmeinung der JKA. Schließlich haben die den Stil weltweit bekannt gemacht. Für die Mehrzahl der Karateka ist wohl Nijushiho eher eine Shtokan-Kata als die Chi no Kata. Da kann man auf die JKA schimpfen, aber die haben die Shotokan-Definition nun einmal geprägt und nebenbei Karate in der Welt verbreitet.

Noch eine Frage an die Tarditionalisten hier: Wer will den ernsthaft heute noch so trainieren, wie Funakoshi damals? Dieses dumme Gerede, als wenn damals alles so toll gewesen wäre. :rolleyes:

Tori
25-07-2008, 21:56
Shotokan kann und muß sich weiterentwickeln. Das man dabei Dinge aus anderen Stilen oder KKs mitnimmt kann nichts schlechtes sein. Ein wenig JJ oder MMA Techniken im Randori sorgen oft für Überraschung. Ist es deshalb kein Karate mehr? Nein..ich denke wir sollten da nicht so engstirnig sein. Aber Shotokan ist sicherlich kein Allkampf-Stil- und ich finde einen Teil seines Charmes sollte Shotokan bewahren. Bodenkampf gehört sicherlich nicht zu Shotokan - aber warum sollten wir es z.B. zumindest in Grenzen nicht mit einführen?

In dieses Sinne bin ich auf Yabus Linie.

Grüsse
Tori

panzerknacker
26-07-2008, 08:35
Mir hat am Shotokan immer der fechterische Aspekt gefallen, aus einer langen
Mensur zuzuschlagen, sich zu lösen, wieder einzutauchen, usw. .
Für andere Distanzen habe ich mir andere Stile angeschaut und zum Teil trainiert.
Warum heute alle meinen, MMA machen zu müssen und dabei dann noch zu
behaupten, daß sei schon immer Teil ihres Systems gewesen ist mir unbegreiflich.
Muß wohl mit diesem SV-Blabla zu tun haben, hat mich nie so richtig interessiert.
Da die meisten der hier erwähnten Stile erst Anfang des 20. Jhd. begründet wurden, ist mir auch etwas unklar, wo hier Eure Traditionen sind, zumal
Funakoshi, Ueshiba, usw. in erster Linie nur strukturiert ihre Vorlieben zusammengefasst haben.
Zum Topic, ein Stil wie Shotokan, der soviel Wert auf lange gerade Techniken mit Schwerpunkt auf Kime legt, kann mit irgendwelchen klebrigen Händen südlicher KungFu Stile wohl nicht so richtig etwas anfangen.
Das, denke ich ´mal überläßt man wohl besser Uechi-Ryu oder Goju-Ryu,
sind auch beides sehr schöne Ryu.
Oder man macht gleich Wing Chun oder Praying Mantis, gilt für das Rumgerolle natürlich auch, wer da Lust zu hat, kann ja die Kollegen vom Judo, Ringen, BJJ,LL, usw. besuchen.
F.

Huangshan
26-07-2008, 11:24
Hy

In Artikeln,einigen Büchern steht das Gichin Funakoshi und der Judo Gründer Jigoro Kano befreundet waren und Wissen gegenseitig ausgetauscht haben!

Inwieweit haben Judo Techniken(Nage Waza,Kansetsu Waza) das Karate Funakoshis beeinflusst?


P.S.: Meines Wissens wurden einige Karate Techniken in Judo Kata übernommen Bsp. SV(Goshin jutsu no Kata).


Gruß
Huangshan

joetokan
26-07-2008, 13:09
Insgesamt muss ich leider sagen, dass Shotokan bis zu dem Stilfindungstrip mancher Leute durchaus ernst genommen wurde. Auch wenn hier Wettkampf immer runtergemacht wird, habe ich doch gerade dort die besten Shotokan-Kämpfer gefunden. In den traditionellen Dojo mit ihren tödlichen Bunkai fallen viele schon beim treten um.

Auf den Punkt gebracht. Dem kann ich aus eigener über 30jähriger Erfahrung im Karate eigentlich nichts hinzufügen - und ich habe in dieser Zeit schon sehr viel gemacht und gesehen. Und genau aus diesem positiven Effekt besteht auch die Weiterentwicklung, die die JKA zum Glück eingeleitet hat.

Aber wer will, soll ruhig so trainieren, wie es vor 100 Jahren gemacht wurde und jedes Wort und Bild aus dieser Zeit als unumstößlichen Maßstab betrachten, von dem abzuweichen als Ketzerei betrachtet wird. Irgendwie erinnert das an bibeltreue Christen, die keine zeitgenössische Interpretation der reinen Lehre zulassen.

Ansonsten: Warum eigentlich sollte Shotokan oder sollten andere traditionellen Karatestile alle möglichen Techniken enthalten, die aus anderen KKs stammen (was nicht dagegen spricht, sie zuweilen zu üben, um darauf vorbereitet zu sein)?.

Kein Mensch macht dem Judo Vorwürfe, dass es keine Fauststöße, dem Boxen Vorwürfe, dass es keine Tritte enthält oder dem Taekwon Do, dass es keine Feger und Würfe kennt. Wer keine "klassische KK" erlernen will, weil ihm etwas fehlt, sollte zum MMA gehen.

Gruß
Joetokan

Someone
28-07-2008, 12:25
Hallo,

mit der Geschichte des Karate habe ich mich bisher nicht in dem Maße beschäftigt, wie es offenbar einige andere hier getan haben. Für mich hat das aber auch keinen besonderen Einfluss auf mein Karate. Ich habe auch keine klare Definition was Karate ist und was nicht zum Karate gehört. Wie von einigen schon angesprochen ist eine Kampfkunst oder ein Stil doch nicht zwingend etwas statisches. Shotokan kann sich doch auch entwickeln und hat sich im Laufe der Zeit entwickelt.
Im Sportkarate (oder jeder anderen Sportart) ist es doch so: Was sich auf Tuniren als erfolgreich durchsetzt bleibt im Training erhalten. Was sich als nicht praktikabel herausstellt wird angepasst. So gibt es doch in jeder Sportart eine Entwicklung.
Warum soll das bei Leuten, die Karate aus anderen Motiven betreiben nicht auch so sein.
Beispiel:
Wenn jemand Karate zur Selbstverteidigung trainiert macht es ja durchaus Sinn sich auch mit anderen Distanzen als der Langdistanz zu beschäftigen, ob das jetzt traditionell ist oder nicht.
Für mich ist das dann noch immer Shotokan und ich muss mir nicht igendeinen Namen ausdenken und ein Hybridsystem gründen.
Ob man den Leuten dann verkauft, ob es traditionell ist oder nicht ist sicher ein anderes Thema. Ich hab mich wie gesagt bisher nicht so stark mit der Geschichte des Karate beschäftigt und kann dazu keine fundierte Aussage treffen. Ist mir einfach nicht so wichtig.
Was Kakie betriff habe ich das bei meinem Lehrer als Bestandteil des Shotokan verkauft bekommen, kann es in Kata wiederfinden und es somit auch guten Gewissens als Karate verkaufen ;)

Gruß Stefan

EinKarateka
31-07-2008, 17:40
Zitat von Yabu_Kentsu
Insgesamt muss ich leider sagen, dass Shotokan bis zu dem Stilfindungstrip mancher Leute durchaus ernst genommen wurde. Auch wenn hier Wettkampf immer runtergemacht wird, habe ich doch gerade dort die besten Shotokan-Kämpfer gefunden. In den traditionellen Dojo mit ihren tödlichen Bunkai fallen viele schon beim treten um.


Auf den Punkt gebracht. Dem kann ich aus eigener über 30jähriger Erfahrung im Karate eigentlich nichts hinzufügen - und ich habe in dieser Zeit schon sehr viel gemacht und gesehen. Und genau aus diesem positiven Effekt besteht auch die Weiterentwicklung, die die JKA zum Glück eingeleitet hat.

Aber wer will, soll ruhig so trainieren, wie es vor 100 Jahren gemacht wurde und jedes Wort und Bild aus dieser Zeit als unumstößlichen Maßstab betrachten, von dem abzuweichen als Ketzerei betrachtet wird. Irgendwie erinnert das an bibeltreue Christen, die keine zeitgenössische Interpretation der reinen Lehre zulassen.

Ansonsten: Warum eigentlich sollte Shotokan oder sollten andere traditionellen Karatestile alle möglichen Techniken enthalten, die aus anderen KKs stammen (was nicht dagegen spricht, sie zuweilen zu üben, um darauf vorbereitet zu sein)?.

Kein Mensch macht dem Judo Vorwürfe, dass es keine Fauststöße, dem Boxen Vorwürfe, dass es keine Tritte enthält oder dem Taekwon Do, dass es keine Feger und Würfe kennt. Wer keine "klassische KK" erlernen will, weil ihm etwas fehlt, sollte zum MMA gehen.

Gruß
Joetokan

Hallo,

ich bin neu hier und habe mit Interesse diesen Themenbereich gelesen. Um es vorweg zu nehmen: ich habe Shotokan gelernt und übe ebenfalls Kakie. Ich gehöre damit wohl zu den "manchen Leuten, die sich auf den Stilrichtungstrip" befinden :)).

Ich musste über das obige Zitat lächeln und denke mal, dass es nicht so ganz ernst gemeint ist: ein jahrelang am Makiwara ausgebildeter tsuki oder auch keri ist schon recht kräftig und kann wohl schon einer Wettkampftechnik ebenbürtig sein .... ;) um es mal vorsichtig auszudrücken.
Deshalb ist es auch nicht "auf den Punkt" gebracht.

Als ich mit Karate anfing, und das ist mittlerweile fast 4 Jahrzehnte her, war der Wettkampf für mich einfach alles und ich möchte diese Zeit nicht missen. Ab einem gewissen Punkt sucht man jedoch einfach mehr in seiner Kampfkunst, auch den Budo-Gedanken (der ein noch umfangreicheres Thema darstellt).
Viele meiner damaligen Mitübenden hörten mit dem Ende ihrer Wettkampflaufbahn auf, und es waren wirklich gute Leute! Die Gründe dafür sehe ich in der oft mangelnden Fähigkeit der Vermittlung einer tiefergehenden Kampfkunst, aber das ist nur meine bescheidene Meinung und sollte nicht als pauschale Aussage über alle Dojos verstanden werden.
Deshalb betrachte ich heute den Wettkampf als einen wichtigen Bestandteil des gesamten Karates, aber nicht als die einzige und richtige Möglichkeit, sich der Kampfkunst zu nähern.

Vor ca. 25 Jahre trainierte ich aus beruflichen Gründen in einem großen Dojo in Hildesheim und oft im Göttinger Studenten-Dojo. In der "Kumite-Einheit" (Hildesheim) wurde über Wochen hinweg Ashi Barai auf das vordere und hintere Bein geübt, dazu der abschließender Tsuki. Damit hatten die Wettkämpfer wirklich Erfolg und sie gewannen mit dieser "Vielfalt" an Techniken viele Turniere. Die Göttinger hingegen konzentrierten sich auf einen starken Mae Geri. Ich glaube der Trainer ging dann nach Australien und trainierte dort das Nationalteam. Er war so ein riesiger schlaksiger Kerl mit einem mörderischen Mae Geri ;)

Viele Kumite-Leute sagten mir damals, dass sie mit Kata nicht viel zu tun hätten. Das wäre eher für die Leute, die auf den Wettkämpfen "rumtanzen" wollen. Nun gut, damals fand ich diese Methode des Kumite-Training noch gut, brachte sie doch Erfolge.

Heute noch, wenn ich manche Wettkampfdojo besuche, weil dort noch bekannte Gesichter aus damaliger zu finden sind, hat sich daran nichts geändert und oft fachsimpeln wir in einer ruhigen und erheiternden Atmosphäre über unsere unterschiedlichen Ansichten. Karate wird wie eh und je nicht als eine Einheit gesehen: an der Spitze die Kata mit der innewohnenden Bunkai, die über ein äußerst umfangreiches und interessantes Übungssystem erlernt werden kann und eine starke SV darstellt. Auch das Kakie ist Bestandteil des Shotokan und ist in den Kata (auch in den okinawanischen Vorgängern) zu finden und wurde hier in einigen Postings schon erwähnt.

Man sollte den Wettkampf nicht verteufeln. Er ist für junge Leute ein guter Einstig in eine Kampfkunst. Wird man jedoch älter, ändert sich die Technik und die Schwerpunkte der Übung. Karate bekommt mehr Tiefe (... wer sie sucht) und es gibt in Deutschland schon "diese Leute", die sich intensiv damit auseinandersetzen und dann Wettkampf und, ich nenne es mal traditionelles Karate, trennen. Ich persönlich halte diese verschiedenen Sichtweisen für lehrreich und wichtig für die weitere Entwicklung eines jeden Karateka. Ich kann übrigens sehr gut diese Trennung nachvollziehen.

Meine, in den Jahren entstandene Sichtweise ist die, dass sich sehr wohl Wettkampf-Karate und ein Karate, dass mehr die Tiefe sucht, durch völlig unterschiedliche Konzepte unterscheidet; egal ob man es traditionell oder sonst wie nennt.

Für die einen ist damit das JKA Karate der richtige Maßstab, für die anderen das Karate vor der JKA oder meinetwegen auch der Einführung in Japan, als es noch nicht als Sport, sondern als Kriegsmethode ect. gesehen wurde. Ich glaube, dass jeder der Karatekas da unterschiedliche Auffassungen hat, aber sich deshalb gleich zu "bekriegen" ist nicht der richtige Weg, denke ich mal. Es gibt nur verschiedene Sichtweisen, die man unaufgeregt diskutieren kann und Ansichten, die man respektieren sollte. Es gibt Karatekas, die einen Budo-Weg suchen und ihn vielleicht in einem (jetzt wieder das Wort) traditionellen Dojo finden, andere wiederum, lehnen das ab und wollen Spaß und Wettkampf in einer großen Sporthalle mit vielen Leuten erleben.

So ist es doch erstaunlich, wie viele Möglichkeiten unsere Kampfkunst bietet, nicht war?

So, mein erstes Posting und gleich so viel.
Gruß

Jibaku
01-08-2008, 13:28
Hallo „Ein Karateka“,

ein interessantes Posting, das ich nach langer Zeit der Enthaltsamkeit einmal wieder zum Gegenstand einer Äußerung nehmen will.
Vorausschickend, als selbst Shotokan betreibender, stehe ich eher auf der Linie von Yabu Kentsu.
Zunächst zu einem, wie ich finde, zentralen Punkt Deines Postings, den ich der Einfachheit halber einmal überspitzt formulieren möchte:
„Spezialisierung bedeutet Oberflächlichkeit und Generalisierung bedeutet (geistige) Tiefe“
Diese Prämisse halte ich für falsch! Gerade vor dem Hintergrund einer „Weglehre“ (Ich stelle hier auch einmal völlig hinten an, ob man an dieses Konzept glaubt oder nicht). Als Beispiel betrachte ich einmal das Chado also die Teezeremonie. Deren Technikspektrum ist gering, es geht äußerlich lediglich um die Zubereitung von Tee in einer ritualisierten Form. Dennoch wird doch wohl niemand ernsthaft bestreiten, daß das Ziel dieser Beschäftigung nahezu ausschließlich in einer geistigen Schulung, also durchaus einer Tiefe im Sinne einer Wegschule liegt. Noch extremer der eine oder andere Zen Mönch, der den halben Tag mit einer Bewegung den Holzboden schrubbt und den anderen halben Tag im Schneidersitz herumhockt. Die Technikvielfalt ist also extrem beschränkt, dennoch glauben diese Leute durchaus, damit sehr viel „Tiefe“ zu erreichen.
Was bei Dir, sehr freundlich formuliert, durchklingt, ist etwas was mir bei vielen „Traditionalisten“ (In Anführungszeichen deswegen, weil ich es für fraglich erachte, ob das tatsächlich DIE Tradition des Shotokan ist) sehr sauer aufstößt. Nämlich der Glaube, daß Ihre Interpretation des Shotokan ein mehr an Tiefe Enthält oder plakativer BESSER ist. Und leider wird eben genau dieser Eindruck oft erweckt. Dem entgegen verdichtet sich bei mir allerdings manches mal der Verdacht, daß eher das Gegenteil richtig ist -Als kleiner Einschub, ich werte nicht wirklich, ich will nicht wirklich sagen, daß dieses oder jenes Karate besser ist als anderes, mir fällt nur manchmal die Diskrepanz zwischendem propagierten Ideal (Und die Sporler sind hier erfreulich leise, ihr Maßstab ist ja auch offensichtlich: Sportlicher Erfolg!) und praktizierter Realität auf. Ich messe also am kolportierten Anspruch-. Und um es extrem zu formulieren, nehme ich sogar den Sportkarateka als Beispiel. Ein solcher, der permanent getroffen wird, wird, wenn er seinen Weg weiter beschreiten will, härter an sich arbeiten, wird Kraft, Schnelligkeit und Technik zu verbessern suchen. Viele Traditionalisten dagegen suchen dann immer noch eine Bewegung(sfolge) aus der Kata zu entschlüsseln und einen weiteren „Trick“ zu lernen. Harte Arbeit ist aber meiner Ansicht nach der Kern jeden Dogedankens. Es ist eben nicht die intellektuelle Durchdringung, sondern der Schweiß im Dojo, der die Basis ist.
Ich weiß, das ist bewußt provokant und überspitzt, es wird auch nicht jedem gerecht, aber es entspricht nur allzu häufig meinen Erfahrungen. Weswegen ich auch die Ansicht von Yabu Kentsu zur Kampfkraft vieler „Traditionalisten“ teile.
Um aber noch einmal zur Ausgangsfrage zu kommen. Schaut man sich die heutigen großen Stilrichtungen an, so kommt man nicht umhin festzustellen, daß der Fundus aus dem sie alle schöpfen zu sehr großen Teilen der gleiche ist. Demnach könnte natürlich jeder Shotokanstilist mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen sich mit den gleichen Dingen zu beschäftigen, wie solche der anderen Stilrichtungen. Gleichwohl, wird doch aber niemand bestreiten, daß es, zum Teil große, Unterschiede in der technischen Ausprägung der verschiedenen Stile gibt.
Woher aber kommen nun diese, wenn doch die Basis eine vergleichbare ist? Meine Antwort ist: Aus der Schwerpunktsetzung!
Das bedeutet die Stile haben sich verschiedene Punkte herausgegriffen, die sie zum Kern ihrer „Kunst“ gemacht haben.
Was ist das aber nun im Shotokan? Für mich folgendes:
-Spezialisierung statt Generalisierung
-Bevorzugung der langen Distanz
-Ikken hisatsu
-Schulung der Körperwaffen im Hinblick auf eine Wirkung möglichst abseits von Vitalpunkten
-Eher gerade Techniken
-Wirkung vor Deckung (Ja die Bundeswehr lässt grüßen)
-1000fache Wiederholung
Dazu kommt, ein (künstlicher) Perfektionierungsgrad, der seine Entsprechung nicht mehr in echter Kampfrelevanz findet, sprich ein Ziel auf das man immer hinarbeiten kann, weil man es nie erreichen wird, ganz westlich: Strebendes Bemühen. Ein körperliche Ausbildung auch abseits des rein Kämpferischen (Negativ: Die (vor)militärische Körperschulung)
Daraus folgt für mich nicht, daß man sich nicht mit Kakie, Bodenkampf oder Vitalpunktlehre auseinander setzen sollte, es ist aber eher ein Randbereich, der nicht zu Lasten des Kernbereichs gehen sollte, will man noch Shotokan betreiben. Das ist keine Wertung, es ist nicht besser oder schlechter, aber so sehe ich Shotokan und glaube mich damit sogar sehr auf der traditionellen Linie. Ich habe mich im Übrigen sehr wohl auch mit Randbereichen beschäftigt. Habe Ju Jutsu, Kickboxen, Boxen und Ringen sowie ein wenig BJJ trainiert. Wir hatten Vertreter solcher Stilrichtungen bei uns im Training und haben regelmäßig zusammen mit den Ju Jutsuka und Judoka unseres Vereins trainiert. Das hat Spaß gemacht und uns sicher auch weiter gebracht, es ist aber meiner Ansicht nach nur ein Randbreich.
Ich sehe diese moderne (Modern deswegen, weil auch ich vor Lind kaum soetwas gesehen habe) Entwicklung mit Bauchschmerzen. Viele arbeiten jetzt eben nicht mehr hart am Kernbereich, weil es vermeintlich einfacher ist, das Problem mit einer neuen Technik zu lösen. Vielfallt macht natürlich oft auch einfach mehr Spaß…. Ich fürchte aber, da geht etwas verloren. Und schaue ich mir z.B. den Werdegang des Herrn Lind an, kann ich nicht umhin, den Verdacht zu hegen es gehe schlicht um monetäre Interessen. Mit der Professionalisierung des WT kommt da plötzlich jemand daher, der behauptet dies auch alles zu haben (Segment SV wird besetzt) und gleichzeitig in Anspruch nimmt sehr traditionell zu sein (Segment DO und Tradition wird besetzt). Das ist er aber nur selektiv, denn der traditionell so wichtige Werdegang, das Lehrer Schülerverhältnis, die Lehrerlaubnis, die für die eigene Schule durchaus in Anspruch genommen werden, bleiben für den Gründer selbst im Dunklen. Unterschwellig die Behauptung –was sich 1000 Jahre auf den Schlachtfeldern und in der SV bewährt hat ist (geprüft) gut!- Eine Behauptung die ich im Übrigen für schlicht falsch halte. Weder das Schlachtfeld noch die SV Fähigkeit sind maßgebliche Selektionsfaktoren der unbewaffneten Kampfkünste.
Und so ist meine Antwort: Kakie und Bodenkampf: Ja, aber nur als Randbereich!

ZoMa
02-08-2008, 00:57
Also, ich sehe das bekannter Maßen etwas anders. Ich denke eher, dass "Stile" tendenzielle in Erster Linie "Karate für Anfänger" ist. Man beginnt irgendwo, schaut dann welche Vorraussetzungen die einzelnen Schüler haben und versucht diese zu stärken. Ein Prinzip für alle geltend zu machen wäre doch ineffektiv, oder? Immer das Gleiche, egal ob klein oder groß? Lang rein, lang raus - Eine Shôtôkan-Domäne..? Wenn ich aber ein Mädel habe, 155cm und Aussicht auch Wachstum ungewiss.. Wenn die "lang raus" geht, so steht sie immer noch nicht unbedingt in einer sicheren Distanz zum Gegner. Irgendeine Distanz (abgesehen von der auserhalb der Reichweite aller gegnerischen Waffen) zu bevorzugen finde ich als Generalaussage kampfkünstlerisch gesehen unsinnig. Die Distanz sollte immer auch vom Standpunkt der persönlichen körperlichen Gegebenheiten und denen des Gegners aus betrachtet werden (sagte schon -mehr oder weniger- ein okinawanischer Karatemeister).
Grundregel ist doch, dass große Leute tendenziell eher raus und kleine eher rein müssen. In der Langdistanz ist besagte Dame deutlich unterlegen, in der nahen allerdings, kann bspw mit Kusariwa (auch: Udewa oder Morote Gari) den Kampf unter Umständen schnell und wirkungsvoll beenden.

EinKarateka
02-08-2008, 08:57
Auf Jibakus Posting,

Erstmal Dank für die nette Darstellung Deiner Meinung. Ich gebe Dir in manchen Dingen recht, manche Sachen sehe ich etwas anders, respektiere aber Deine Meinung dazu. Sicherlich übe ich oft Randbereiche des Stiles aus, und ich mache es nicht zur Hauptsache in der Trainingsführung. Ich bin aber der Meinung, dass es dazugehört.

Vorweg: da Du Herrn Sensei Lind angesprochen hast, so kann ich mir über seine Sichtweise und Dojo kein Urteil bilden, da ich ihn und seine Lehrer nicht persönlich kennengelernt habe; und ICH mache mir grundsätzlich, bevor ich über einen Menschen rede (auch nicht unbedingt öffentlich), ein persönliches Bild und nehme die Meinungen anderer nur wertungsfrei zur Kenntnis. Vielleicht werde ich mal unter ihm trainieren können; um ihn dann wirklich zu verstehen, müssten es dann aber auch Jahre in seinen Dojo sein und nicht nur ein Seminar. So habe ich es in meinem Leben immer gehalten und ich hatte schon oft anfängliche Fehleinschätzungen über andere Menschen korrigieren müssen ;).

Erwähnt sei noch, dass sein Dojo kein reines Shotokan betreibt, sondern Shotokan Kenpo Karate und auf der Homepage die Stilrichtungsdefinition nachgelesen werden kann (die mir völlig einleuchtet). Dieser Definition liegen wohl auch seine Ausführungen über Karate zugrunde. Das kann auf den einen oder anderen polarisierend wirken, zumal er mit seiner Meinung in der Öffentlichkeit steht. Aber seis drum: es ist sein Weg und es ist ein wirklich interessanter Weg.
Seine Homepage halte ich übrigens für sehr informativ. Was mir bekannt ist, sind seine neueren Bücher über Kihon, Grundlagen des Karate ect. Meine Meinung dazu ist, dass er bestimmt kein „Irgendwer“ ist, sondern es zeugt von einen äußerst fundiertem Wissen, was mich nach sehr vielen Jahren meiner Praxis doch sehr beeindruckt hat.

Ebenfalls kann ich mir auch über Goju Ryu oder WT kein Bild machen, was eine genaue Einschätzung der Stile rechtfertigen könnte. Dazu müsste ich mich schon Jahre dieser Kampfkünste nähern. Ich hatte mal die Gelegenheit einem WT Training beizuwohnen und ich fand es sehr interessant. Anschliessend führten wir Lehrer noch ein anregendes, freundliches und sehr lehrreiches Gespräch. Wir respektierten beide unsere Kampfkunst und einander und sahen sogar Parallelen. Jede Kampfkunst ist deshalb auf ihre Weise gut. Man sollte sich nach meiner Meinung und Erfahrung jedoch nur für eine entscheiden und dort aber in die Tiefe gehen, hinterfragen, forschen, sich selbst entwickeln und niemals kopieren.
Aber das sollte hier nicht das Thema sein und ich möchte bestimmt keine Diskussion über einen Lehrer (namentlich und auch noch öffentlich) oder andere Kampfkünste losbrechen.

Noch mal kurz deshalb meine Ausführungen ergänzt: wenn ich das Shotokan nach der Verbreitung über Japan zu Grunde lege, gebe ich Dir sehr wohl recht, dass Bodenkampf, Kakie ect. nicht primär etwas mit dem Stil zu tun hat. Ist ja auch gar nicht die Absicht des Stilkonzepts.
Gehe ich jedoch in der Entwicklung des Karate weiter in der Zeit zurück, finde ich sehr wohl meine Möglichkeiten der von mir genannten Unterschiede. „Es gibt nur ein Karate“; eine Sichtweise, die ich für mich persönlich gut vertreten kann. Das erklärt vielleicht auch mein obiges Posting. Ich betrachte mein Karate deshalb nicht als besser oder schlechter, sondern wertungsfrei als „meinen Weg“ in der Kampfkunst. Deshalb gehöre ich zu diesen "Leuten, die sich auf dem Stilrichtungstrip befinden" ;) Und so sehen es vielleicht viele andere auch. Mein trainierter "Kernbereich" ist einfach Karate mit allen Facetten, der je nach Fortschrittsgrad variiert, und ja, es gehören auch die Vitalpunkte dazu. Und wenn ich einen tsuki täglich über viele Jahre am Makiwara erforsche, trainiere ich sehr wohl im Kernbereich; mit Verlaub mehr machmal, als ich es in den Wettkampfdojos je gesehen habe.
Und wenn ich oft mit anderen Dojoleitern in unserer Nähe darüber fachsimple, stimmen wir in vielen Detailfragen überein. Jedoch wird es so im reinen Shotokan nicht gelehrt und sollte auch nicht. So macht jeder halt sein Ding, und das ist ok so.
Trotzdem besuchen manche wiederum mein Dojo, um auch mal über ihren Tellerrand zu schauen und ein wenig tiefer "einzusteigen" in das stilfremde Konzept ;); so sind wir über Jahre Freunde geworden, die zwar unterschiedliche Auffassungen haben, aber sie respektieren. Beide lernen wir so voneinander und das erhebt unsere Kampfkunst zu etwas Besonderen.

Es ist für mich immer wieder aufregend, im Karate neue Dinge zu erkennen, und das nicht nur „intellektuell“, sondern auch mit sehr viel Schweiß im Dojo :) innerhalb der Übung. Wie ich das Training aufbaue, hatte ich in groben Zügen oben bereits erwähnt. Übrigens gehören auch Dojokämpfe (Regeln legen die Partner für sich fest) bei uns dazu, die oft ziemlich stark zur Sache gehen und bis in den Nahkampf und Bodenkampf geführt werden (wie gesagt: weil es bei uns dazugehört und Annehmen von Treffern ebenfalls ein Übungsmethode darstellt). Trotzdem lehne ich persönlich Wettkämpfe ab (Gründe liegen nach meinem Verständnis in Vermittlung der Weglehre). Also nicht "traditionell" = kuscheliges Karate :)

Vielen Dank für Deine Worte und Entschuldigung an alle für das zu lange Posting. Ich möchte nicht unhöflich und besserwisserisch sein.

Gruß

Damnation
02-08-2008, 10:18
Kakie wird im Shotokan sehr wohl gelehrt und vermittelt, aber eben nur von wenigen und die stehen abseits des offiziellen Wettkampfgeschehens.

Anbei eine herzliche Einladung zu einem solchem LG.

Osu Ch.

Um nochmal auf dieses Seminar zurückzukommen.
Zu dem Zeitpunkt bin ich grad in der Nähe von Neuötting.
Wäre es sinnvoll für mich als Goju-Ryu Betreibender, daran teilzunehmen?

Danke

Damnation

Gürteltier
02-08-2008, 11:20
Hallo „Ein Karateka“,

ein interessantes Posting, das ich nach langer Zeit der Enthaltsamkeit einmal wieder zum Gegenstand einer Äußerung nehmen will.
Vorausschickend, als selbst Shotokan betreibender, stehe ich eher auf der Linie von Yabu Kentsu.
Zunächst zu einem, wie ich finde, zentralen Punkt Deines Postings, den ich der Einfachheit halber einmal überspitzt formulieren möchte:
„Spezialisierung bedeutet Oberflächlichkeit und Generalisierung bedeutet (geistige) Tiefe“
Diese Prämisse halte ich für falsch! Gerade vor dem Hintergrund einer „Weglehre“ (Ich stelle hier auch einmal völlig hinten an, ob man an dieses Konzept glaubt oder nicht). Als Beispiel betrachte ich einmal das Chado also die Teezeremonie. Deren Technikspektrum ist gering, es geht äußerlich lediglich um die Zubereitung von Tee in einer ritualisierten Form. Dennoch wird doch wohl niemand ernsthaft bestreiten, daß das Ziel dieser Beschäftigung nahezu ausschließlich in einer geistigen Schulung, also durchaus einer Tiefe im Sinne einer Wegschule liegt. Noch extremer der eine oder andere Zen Mönch, der den halben Tag mit einer Bewegung den Holzboden schrubbt und den anderen halben Tag im Schneidersitz herumhockt. Die Technikvielfalt ist also extrem beschränkt, dennoch glauben diese Leute durchaus, damit sehr viel „Tiefe“ zu erreichen.
Was bei Dir, sehr freundlich formuliert, durchklingt, ist etwas was mir bei vielen „Traditionalisten“ (In Anführungszeichen deswegen, weil ich es für fraglich erachte, ob das tatsächlich DIE Tradition des Shotokan ist) sehr sauer aufstößt. Nämlich der Glaube, daß Ihre Interpretation des Shotokan ein mehr an Tiefe Enthält oder plakativer BESSER ist. Und leider wird eben genau dieser Eindruck oft erweckt. Dem entgegen verdichtet sich bei mir allerdings manches mal der Verdacht, daß eher das Gegenteil richtig ist -Als kleiner Einschub, ich werte nicht wirklich, ich will nicht wirklich sagen, daß dieses oder jenes Karate besser ist als anderes, mir fällt nur manchmal die Diskrepanz zwischendem propagierten Ideal (Und die Sporler sind hier erfreulich leise, ihr Maßstab ist ja auch offensichtlich: Sportlicher Erfolg!) und praktizierter Realität auf. Ich messe also am kolportierten Anspruch-. Und um es extrem zu formulieren, nehme ich sogar den Sportkarateka als Beispiel. Ein solcher, der permanent getroffen wird, wird, wenn er seinen Weg weiter beschreiten will, härter an sich arbeiten, wird Kraft, Schnelligkeit und Technik zu verbessern suchen. Viele Traditionalisten dagegen suchen dann immer noch eine Bewegung(sfolge) aus der Kata zu entschlüsseln und einen weiteren „Trick“ zu lernen. Harte Arbeit ist aber meiner Ansicht nach der Kern jeden Dogedankens. Es ist eben nicht die intellektuelle Durchdringung, sondern der Schweiß im Dojo, der die Basis ist.
Ich weiß, das ist bewußt provokant und überspitzt, es wird auch nicht jedem gerecht, aber es entspricht nur allzu häufig meinen Erfahrungen. Weswegen ich auch die Ansicht von Yabu Kentsu zur Kampfkraft vieler „Traditionalisten“ teile.
Um aber noch einmal zur Ausgangsfrage zu kommen. Schaut man sich die heutigen großen Stilrichtungen an, so kommt man nicht umhin festzustellen, daß der Fundus aus dem sie alle schöpfen zu sehr großen Teilen der gleiche ist. Demnach könnte natürlich jeder Shotokanstilist mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen sich mit den gleichen Dingen zu beschäftigen, wie solche der anderen Stilrichtungen. Gleichwohl, wird doch aber niemand bestreiten, daß es, zum Teil große, Unterschiede in der technischen Ausprägung der verschiedenen Stile gibt.
Woher aber kommen nun diese, wenn doch die Basis eine vergleichbare ist? Meine Antwort ist: Aus der Schwerpunktsetzung!
Das bedeutet die Stile haben sich verschiedene Punkte herausgegriffen, die sie zum Kern ihrer „Kunst“ gemacht haben.
Was ist das aber nun im Shotokan? Für mich folgendes:
-Spezialisierung statt Generalisierung
-Bevorzugung der langen Distanz
-Ikken hisatsu
-Schulung der Körperwaffen im Hinblick auf eine Wirkung möglichst abseits von Vitalpunkten
-Eher gerade Techniken
-Wirkung vor Deckung (Ja die Bundeswehr lässt grüßen)
-1000fache Wiederholung
Dazu kommt, ein (künstlicher) Perfektionierungsgrad, der seine Entsprechung nicht mehr in echter Kampfrelevanz findet, sprich ein Ziel auf das man immer hinarbeiten kann, weil man es nie erreichen wird, ganz westlich: Strebendes Bemühen. Ein körperliche Ausbildung auch abseits des rein Kämpferischen (Negativ: Die (vor)militärische Körperschulung)
Daraus folgt für mich nicht, daß man sich nicht mit Kakie, Bodenkampf oder Vitalpunktlehre auseinander setzen sollte, es ist aber eher ein Randbereich, der nicht zu Lasten des Kernbereichs gehen sollte, will man noch Shotokan betreiben. Das ist keine Wertung, es ist nicht besser oder schlechter, aber so sehe ich Shotokan und glaube mich damit sogar sehr auf der traditionellen Linie. Ich habe mich im Übrigen sehr wohl auch mit Randbereichen beschäftigt. Habe Ju Jutsu, Kickboxen, Boxen und Ringen sowie ein wenig BJJ trainiert. Wir hatten Vertreter solcher Stilrichtungen bei uns im Training und haben regelmäßig zusammen mit den Ju Jutsuka und Judoka unseres Vereins trainiert. Das hat Spaß gemacht und uns sicher auch weiter gebracht, es ist aber meiner Ansicht nach nur ein Randbreich.
Ich sehe diese moderne (Modern deswegen, weil auch ich vor Lind kaum soetwas gesehen habe) Entwicklung mit Bauchschmerzen. Viele arbeiten jetzt eben nicht mehr hart am Kernbereich, weil es vermeintlich einfacher ist, das Problem mit einer neuen Technik zu lösen. Vielfallt macht natürlich oft auch einfach mehr Spaß…. Ich fürchte aber, da geht etwas verloren. Und schaue ich mir z.B. den Werdegang des Herrn Lind an, kann ich nicht umhin, den Verdacht zu hegen es gehe schlicht um monetäre Interessen. Mit der Professionalisierung des WT kommt da plötzlich jemand daher, der behauptet dies auch alles zu haben (Segment SV wird besetzt) und gleichzeitig in Anspruch nimmt sehr traditionell zu sein (Segment DO und Tradition wird besetzt). Das ist er aber nur selektiv, denn der traditionell so wichtige Werdegang, das Lehrer Schülerverhältnis, die Lehrerlaubnis, die für die eigene Schule durchaus in Anspruch genommen werden, bleiben für den Gründer selbst im Dunklen. Unterschwellig die Behauptung –was sich 1000 Jahre auf den Schlachtfeldern und in der SV bewährt hat ist (geprüft) gut!- Eine Behauptung die ich im Übrigen für schlicht falsch halte. Weder das Schlachtfeld noch die SV Fähigkeit sind maßgebliche Selektionsfaktoren der unbewaffneten Kampfkünste.
Und so ist meine Antwort: Kakie und Bodenkampf: Ja, aber nur als Randbereich!

Wie ich es verstehe : Traditionalisten üben allzuviele Tricks im Trockenschwimmen am Partner und bilden sich zuviel darauf ein.
Kumiteleute bilden sich nicht soviel darauf ein, sind aber ernstzunehmender, weil sie mit dem wenigen, was sie haben, tatsächlich kämpfen.

Ich erlebe eigentlich beide "Lager" häufiger als etwas eingebildet.
Auch wenn oft der Nachsatz kommt " Aber soll es doch jeder machen, wie er es für richtig hält. "

Ich denke, jede Ausprägung von Karate kann nur im möglichst freien Randori geschliffen werden.Wenn Bunkai Prinzipien nur am passiven Partner eingeübt werden, sind sie nutzlos.

Aber Sportkarate reicht auch nur soweit, wie die die Trainingsgwohnheiten beherrschenden Regeln.
Im DKV Kumite müssen optische Kriterien erfüllt werden.
Wichtige Eingangsformen und Annahmen von Angriffen werden schlicht negiert, weil beide Kämpfer im System punkten wollen.

Und so sehr ich auch die neuen Regelungen zum Wurfbereich begrüsse - sie sind immer noch meilenweit von brauchbaren Clinchabhandlungen / dem richtigen Verteidigen von ernsthaften Takedownversuchen entfernt.



Shotokan ist ein von Hauptinseljapanern neu definierter Kampfstil, der wenig an die Prinzipien seiner Mutterinsel Okinawa anknüpft.

Warum dann dennoch eventuell Grappling ( KARATEMÄSSIG, nicht zusammengestoppelt aus Judo, BJJ etc. ) im Shotokan trainieren ?
Weil es - unverstanden - in den Kata drin ist, die zumindest ich in fleissiger Bescheidenheit erlernt habe. Moto : " Erst lange schwitzen, später lernen, wozu. "
Nur habe ich es im gänigen Shotokan eben nie gelernt.

Erst im Okinawa Goju Ryu und auf Lehrgängen anderer Okinawanäheren Stile -
die durchaus auch auf der Hauptinsel gepflegt werden.



Eigentlich finde ich auch, das heutiges Shotokan eben andere Prinzipien hat.
Und es ist besser, die zu beherschen, als Trainingszeit auf nutzlose SV Choreographien zu verschwenden.

Aber dann sollten auch die nutzlosen, unverstandenen höheren Kata nicht mehr trainiert werden.
Trennen in Sportkarate, Katakarate und Sparringslastiges Bunkaiprinzipienkarate ?

Oder jeden seinen Weg wählen lassen ? Jeder fortgeschrittene KKler wird doch eh auswählen, was er trainieren will.
Soll er dann aufhören, das Shotokan zu nennen ?



Immerhin haben sogar die geschäftstüchtigen, Kumiteneudefinierenden JKAler die unverstandenen Kata weitergegeben.
Und so die Möglichkeit erhalten, nach deren Prinzipien zu suchen und DAMIT zu trainieren.

Und mit Prinzipien zu trainieren, bedeutet, Regeln zu finden, nach denen man möglichst verletzungsfrei mit ihnen freies KÄMPFEN üben kann.


Sportkarate lebt mit seiner eigenen künstlichen Definition von Kampf,
Shotokan allgemein lebt mit zu vielen zu wenig verstandenen Kata.
Karate allgemein lebt mit einer Überformalisierung von zuvielen Bewegungsabfolgen solo und am Partner.


Wenn uns das nicht passt, stehen uns heute viel mehr Wege als früher offen,
auf der Basis unserer Shotokanbewegungserfahrungen im eigenen Dojo anders zu trainieren.

Wir müssen es nur nicht dem Nachbardojo unter die Nase reiben - der Wille dazu führt genauso weit von einfachen Karatedo Prinzipien weg, wie das Verhalten vieler Shiai Teilnehmer.



Gruss
Gürteltier

Jibaku
02-08-2008, 11:21
Hallo ZoMa,

ginge es tatsächlich "nur" darum die beste Kampfmethode für den einzelnen Schüler herauszufinden und diese dann zu vermitteln hast Du natürlich vollkommen recht!
Für mich krankt dieses allerdings daran, daß ich eben zum einen Shotokan betreibe und eben nicht eine Art Kampfkunstsichtungsinstanz (Empfehlungen spreche ich natürlich dennoch hin und wieder aus) bin und zum zweiten daran, daß ich das gar nicht könnte.
Was Du schreibst klingt ja in einigen Bereichen auch in der modernen westlichen Sportentwicklung an.
Mal ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich. Ich war Jahre lang auch als Skilehrer tätig. Im Skisport hat man über Jahrzehnte die Schüler in ein eher ästhetisches denn funktionales Schema gepresst und hat im Wettkampfsport die frühe Spezialisierung gesucht.
Heute bietet man gerade den Jugendlichen zunächst eher ein breites Spektrum an. Man möchte, daß sie alle klassischen Disziplinen fahren, Tiefschnee, Skicross etc.. Man verspricht sich davon eine breite Basisausbildung und die Möglichkeit sich seinen Neigungen entsprechend zu entwickeln (Sehr sinnvoll, auch für den Kampfsport!). Sind die Jugendlichen allerdings über die reinen Anfänge hinaus, werden sie (Auch wenn sie noch verschiedenes machen) von Spezialisten unterrichtet....
Und zur Technik selbst, diese ist mittlerweile mehr an den tatsächlichen Anforderungen orientiert als an der Ästhetik. Wann etwas richtig ist, bestimmt sich nicht mehr durch die Nähe zum Ideal sondern man spricht von "funktionalen Bewegungen". Will heißen, es gibt einen Rahmen innerhalb dessen man sinnvol agiert. Die jeweilige Ausprägung bestimmt sich nach den individuellen Voraussetzungen und der Situation.
So habe ich auch unterrichtet.
Dennoch kann ich nur Ski fahren vermitteln und nicht Snowboarden, auch wenn der einzelne Schüler dafür evtl. viel besser geeignet wäre...(Oder um bei zwei Brettern zu bleiben, ich wäre auch nur ein mäßiger Tiefschnee-, Renntechnik- Freestylelehrer, geschweige denn ein Skisprungtrainer)

Was noch dazu kommt, im Shotokan geht es meiner Ansicht nach (s.o.) nicht ausschließlich um die Ausbildung eines möglichst perfekten (allround)Kämpfers, es hat einen Sinn, warum im Kihon und in der Kata ein Ideal angestrebt wird. Im Kampf selbst versuche ich wie oben beschrieben zu agieren/vermitteln. Dennoch, trotz mehrerer Jahre Kickboxen und Ju Jutsu und vieler Blicke auf das was Karate so bietet, bin ich eben vornehmlich Spezialist für den Kernbereich des Shotokan (Der ja durchaus auch einen Spielraum für individuelles agieren hat). Ich kann Bodenkampf nicht im gleichen Maße vermitteln, und ganz ehrlich ich habe nur sehr wenige kennen gelernt die das können!

Im übrigen, wenn ein 165cm großer Junge Spaß am Basketball hat, soll er das machen! Hat er ihn nicht, weil er damit nicht zu recht kommt, muß ein Trainer die Größe haben Alternativen aufzuzeigen.

Ich glaube, ohne Spezialisierung geht viel verloren und schaut man sich Generalisten auch im Profibereich (MMA z.B.) an, so fällt auf, daß sie zur Verbesserung ihres Stils immer noch gerne zu Spezialisten gehen....Es ist für beides Platz, aber Shotokan zu betreiben bedeutet für mich sich zu spezialisieren (Was niemandem den Blick über den Tellerrand verbietet!)

Jibaku
02-08-2008, 12:32
Hallo EinKarateka


Noch mal kurz deshalb meine Ausführungen ergänzt: wenn ich das Shotokan nach der Verbreitung über Japan zu Grunde lege, gebe ich Dir sehr wohl recht, dass Bodenkampf, Kakie ect. nicht primär etwas mit dem Stil zu tun hat. Ist ja auch gar nicht die Absicht des Stilkonzepts.

Gehe ich jedoch in der Entwicklung des Karate weiter in der Zeit zurück, finde ich sehr wohl meine Möglichkeiten der von mir genannten Unterschiede.
Das ist doch genau der Kern! Ich spreche doch niemandem ab sich mit den Wurzeln des Karate zu beschäftigen, ich halte das auch nicht für schlecht, vielmehr sogar für sehr interessant (Zweifel habe ich Allerdings manches mal daran, ob man dadurch tatsächlich eine, durch gewalttätige Jahrhunderte darwinistisch auserlesene, ultimative Kunst freilegt. Dieser Eindruck wird ja manches mal erweckt) nur wenn der Bereich auf den ich mich konzentriere historisch gesehen vor der Entstehung des Begriffes Shotokan liegt, warum nennt man denn das was man macht Shotokan? Wenn mir die Konzepte des Heutigen Wado-, Goju- etc. Ryu oder das Okinawa Te besser gefallen, warum nenn ich es Shotokan?
Wenn ich Mountain Bike fahre, fahr ich auch nicht Rennrad, nur weil sich dessen Schaltungskomponenten aus dem Rennrad entwickelt haben...

Was mir so sauer aufstößt ist das mittlerweile bei vielen fast schon reflexartige: "Hahh, das haben wir auch, in Kata XY"
Der Versuch, Shotokan zu einer omnipotenten Kampfkunst zu stilisieren und dabei das eigentliche Stilkonzept links liegen zu lassen, weils nicht so cool ist? Viel Arbeit am Detail verlangt? Sich nicht so in den Werbeaussagen zu anderen Künsten wiederfindet? Keine Ahnung!

Ich hab die Unterschiedlichkeit der Stile und die Spezialisierung immer als Bereicherung empfunden.

Ganz kurz noch zum von mir angeführten Herrn Lind, den ich nur deswegen erwähnt habe, weil mir tatsächlich erst seit seinem auftauchen in der Karateszene die Aussagen unter gekommen sind, das dieses oder jenes auch zum traditionellen (Shotokan) Karate gehöre.
Natürlich hast Du recht, daß er einen eigenen Stil kreiert hat, dennoch entsteht (bei vielen), liest man seine Publikationen, der Eindruck z.B. Kakie würde zum "richtigen" Shotokan Karate gehören, zumindest aber zum "klassischen Karate" und zum "traditionellen Budo".
Was die Bewertung der Person betrifft, ich habe keine Ahnung ob Herr Lind ein netter Mensch ist, wie gut sein Karate ist, keine Ahnung ob er ein guter Lehrer ist, ich kann nichts zu seinem Charakter sagen, wollte ich das müsste ich ihn näher kennen lernen. Ich kann und darf aber seine öffentlichen Äußerungen und seine Publikationen beurteilen und Rückschlüsse ziehen, auch kann ich ihn an seinen öffentlich gemachten Ansprüchen messen, nur das habe ich getan. Und im vorliegenden Thema kommt ihm sicher eine Rolle zu, denn ohne Zweifel hat er zumindest einen maßgeblichen Teil zur mittlerweile viel größeren Rolle von z.B. Bunkai im Selbstverständnis vieler deutscher Karateka beigetragen.
Ich fand das anfangs ganz hervorragend....

Gürteltier
02-08-2008, 13:39
Hallo EinKarateka


Das ist doch genau der Kern! Ich spreche doch niemandem ab sich mit den Wurzeln des Karate zu beschäftigen, ich halte das auch nicht für schlecht, vielmehr sogar für sehr interessant (Zweifel habe ich Allerdings manches mal daran, ob man dadurch tatsächlich eine, durch gewalttätige Jahrhunderte darwinistisch auserlesene, ultimative Kunst freilegt. Dieser Eindruck wird ja manches mal erweckt) nur wenn der Bereich auf den ich mich konzentriere historisch gesehen vor der Entstehung des Begriffes Shotokan liegt, warum nennt man denn das was man macht Shotokan? Wenn mir die Konzepte des Heutigen Wado-, Goju- etc. Ryu oder das Okinawa Te besser gefallen, warum nenn ich es Shotokan?
Wegen des Beibehaltens der Kata, in denen das Zeug drin ist. Und der Übernahme des Credo " Kata ist die Seele des Karate ".

Der heutige Begriff Shotokan steht für eine Kampfauffassung, die neu und von der Katatechnik fast unabhängig entwickelt wurde - Sportkarate eben.
Manche nennen ihr Karate ja auch mittlerweile genauso und lassen Katatraining weg.

Kata ohne Bunkai gibts auch. Markenname Tae-Bo, glaube ich.

Man braucht die Kata nicht wirklich für die Anwendungen. Aber die Anwendungssammlung einer Kata ist ein sich ergänzendes, recht geschlossenes SV Paket.

Und auch im wahrscheinlich authentischeren Bunkai wird viel mehr geschlagen und getreten, als gehebelt und geworfen.
Griffansätze schaffen oft die Lücken für Atemi.
Aber es wird eben viel Nahdistanz Angriffe abhandeln geübt.

Und statt " Kampf gegen mehrere Gegner " sollte man eher sagen " Kampf gegen einen Gegner mit mehreren Optionen " - die ergeben sich schon, wenn er auf meine Bunkaitechniken seinerseits reagiert.
Weiterführungen für den Fall zeigt mir die gleiche Kata an anderer Stelle.

Aber es sind nicht tausend Techniken. Es ist mehr ein Packen recht simpler Aktionen, die einander ergänzen.

Eine (Tokui-) Kata pro Karateka sollte ja reichen.

Gruss
Gürteltier

Royce Gracie 2
02-08-2008, 13:47
Warum heute alle meinen, MMA machen zu müssen und dabei dann noch zu
behaupten, daß sei schon immer Teil ihres Systems gewesen ist mir unbegreiflich.
Muß wohl mit diesem SV-Blabla zu tun haben, hat mich nie so richtig interessiert.
Da die meisten der hier erwähnten Stile erst Anfang des 20. Jhd. begründet wurden, ist mir auch etwas unklar, wo hier Eure Traditionen sind, zumal
Funakoshi, Ueshiba, usw. in erster Linie nur strukturiert ihre Vorlieben zusammengefasst haben.


:sport006:


Sagenhaft guter Post !
Das ist in letzter Zeit immer mehr in sehr vielen "traditionellen" Stielen zu beobachten. Und ich glaube auch das das an der SV liegt.
Vermutlich haben viele Schwarzgurte traditioneller Systeme irgendwann mal einen MMA lehrgang besucht bzw mit leuten zu tuen gehabt die MMA ausüben.
Erstaunt haben sie dann festgestellt das sie Kämpferisch nicht ansatzweise auch nur irgendetwas gegen die MMA techniken entgegenzusetzen haben und somit auch in einer SV Situation wohl in sekunden zerlegt würden.

Nun kommt die Gewissenskriese -> ich unterrichte als Schwarzgurt meinen Schülern einen Kampfsport mit besonderer Betonung auf das SV System obwohl mich selber jeder MMAler in ner SV situation in sekunden zerlegt.

Was mach ich denn nun ?

1.) Die Tatsache das mein System das ich unterrichte in der SV gegen MMA abstinkt ignorieren und sich belügen indem man sagt : theroetisch wäre sind wir tödlicher , durften aber nicht da ..blablabla

2.) Mein System aufgeben, da ich es nicht für verantworlich halte etwas zu lehren , was offensichtlich nicht die beste SV Lösung ist

3.) Versuchen die MMA techniken in mein System einzubauen und dann einfach behaupten ... die gabs eigentlich schon immer , aber in der gigantisch großen fast 80 jährigen tradition meines systems gingen diese techniken verloren und sind nun wiederentdeckt.


Dem Sportler sollte dies doch relativ egal sein .
Er versucht in seinem Sport , den er ausgewählt hat weil er ihm gefällt Bestleistungen zu erzielen.

ZoMa
02-08-2008, 14:01
Was noch dazu kommt, im Shotokan geht es meiner Ansicht nach (s.o.) nicht ausschließlich um die Ausbildung eines möglichst perfekten (allround)Kämpfers, es hat einen Sinn, warum im Kihon und in der Kata ein Ideal angestrebt wird.

Also mir persönlich geht es schon darum. Was wäre das für eine Kampfkunst (Kampfkunst heißt ja kämpfen können) in der man 10 Jahre braucht um sich einigermaßen verteidigen zu können, wenn überhaupt? Ich zitiere da mal Itosu Ankô:

Karate kann nicht in kurzer Zeit gelernt werden. Ein Bulle, der sehr langsam geht, wird zur rechten Zeit 1000 Meilen gegangen sein. Gleichermaßen wirst du, wenn du fleißig jeden Tag trainierst, den Kern und die Essenz des Karate in 3 oder 4 Jahren verstehen können.



Im übrigen, wenn ein 165cm großer Junge Spaß am Basketball hat, soll er das machen! Hat er ihn nicht, weil er damit nicht zu recht kommt, muß ein Trainer die Größe haben Alternativen aufzuzeigen.


Ja, aber die Alternative sollte nicht unbedingt eine ander Sportart sein. Aber es ist ja schon relativ klar, dass er zwar alles können mag, tendenziell aber eher ein 3-Pointer ist.

Royce Gracie 2
02-08-2008, 14:08
Ja, aber die Alternative sollte nicht unbedingt eine ander Sportart sein. Aber es ist ja schon relativ klar, dass er zwar alles können mag, tendenziell aber eher ein 3-Pointer ist.

Du meinst wohl eher ein Aufbauspieler

Gürteltier
02-08-2008, 22:11
:sport006:


Sagenhaft guter Post !
Das ist in letzter Zeit immer mehr in sehr vielen "traditionellen" Stielen zu beobachten. Und ich glaube auch das das an der SV liegt.
Vermutlich haben viele Schwarzgurte traditioneller Systeme irgendwann mal einen MMA lehrgang besucht bzw mit leuten zu tuen gehabt die MMA ausüben.
Erstaunt haben sie dann festgestellt das sie Kämpferisch nicht ansatzweise auch nur irgendetwas gegen die MMA techniken entgegenzusetzen haben und somit auch in einer SV Situation wohl in sekunden zerlegt würden.

Nun kommt die Gewissenskriese -> ich unterrichte als Schwarzgurt meinen Schülern einen Kampfsport mit besonderer Betonung auf das SV System obwohl mich selber jeder MMAler in ner SV situation in sekunden zerlegt.

Was mach ich denn nun ?

1.) Die Tatsache das mein System das ich unterrichte in der SV gegen MMA abstinkt ignorieren und sich belügen indem man sagt : theroetisch wäre sind wir tödlicher , durften aber nicht da ..blablabla

2.) Mein System aufgeben, da ich es nicht für verantworlich halte etwas zu lehren , was offensichtlich nicht die beste SV Lösung ist

3.) Versuchen die MMA techniken in mein System einzubauen und dann einfach behaupten ... die gabs eigentlich schon immer , aber in der gigantisch großen fast 80 jährigen tradition meines systems gingen diese techniken verloren und sind nun wiederentdeckt.


Dem Sportler sollte dies doch relativ egal sein .
Er versucht in seinem Sport , den er ausgewählt hat weil er ihm gefällt Bestleistungen zu erzielen.

Äh, Kinders, das Bunkai besteht im wesentlichen nicht aus MMA Techniken und wurde auch nicht entworfen, um sich gegen MMAler zu verteidigen.

Auf den Bodenkampf bezogen habt ihr natürlich recht.

Aber Katabewegungen sind nicht für gleichberechtigte aus der Distanz beginnende Zweikämpfe konzipiert, sondern gegen recht unvermittelte Angriffe relativer Amateure.

Hier im Thread geht es um Bodenkampf (gut, das IST seltsam... ) und Kakie im Shotokan.
Über Bodenkampf sind wir uns einig, aber wer von euch hat denn ein paar Jahre Kakie oder älteres Bunkai trainiert ?

Und SV hier, SV da... wer braucht die schon jemals ?
Ich hatte unnötige = vermeidbare Schlägereien, aber nur 1 ernste SV Situation und liege mit diesem einen Mal schon voll über dem Durchschnitt.

Karatedo ist mehr dafür gedacht, sich den unnötigen Teil ganz abzugewöhnen,
statt paranoid auf Tag X zu trainieren.

Katatraining wirft einen auf sich selbst zurück und ist aus Freikampfsicht völlige Zeitverschwendung.
Ich glaube, das ist außer mir auch schon anderen Karateka aufgefallen.


Gruss
Gürteltier

Royce Gracie 2
02-08-2008, 23:35
Ich möchet noch kurz hinzufügen , das in meinem obigen Post ein fiktives Szenario , das möglicherweise häufiger so abläuft dargestellt wird.

Man könnte als Mentor eines Traditionellen Systems auch einfach sagen :
Mein System ist für die SV trotzdem hervorragend geeignet , da man sich ja kaum gegen ausgebildete Kämpfer sondern eher gegen irgednwelche betrunkenen Assis verteidigen muss :D

Und auch ich hatte die letzten 3 Jahre keine einzige SV situation in meinem Alltag :)
Und ich bin auch nicht gerade jemand schüchternes der allem Ärger sofort aus dem weg geht :cool:

Gürteltier
03-08-2008, 02:18
Ich möchet noch kurz hinzufügen , das in meinem obigen Post ein fiktives Szenario , das möglicherweise häufiger so abläuft dargestellt wird.

Man könnte als Mentor eines Traditionellen Systems auch einfach sagen :
Mein System ist für die SV trotzdem hervorragend geeignet , da man sich ja kaum gegen ausgebildete Kämpfer sondern eher gegen irgednwelche betrunkenen Assis verteidigen muss :D



Ja, aber dann würde man nicht nur im Shotokan lügen.

Statt die Egoprobleme, die zu Kloppereien führen oder Medienunterstützte Paranoia anzufüttern, um Schüler zu ziehen, sollte man sich mit dem Klientel begnügen, das man kriegt :
Leute, die lieber nicht im hohen Kontaktmodus trainieren und dafür gerne oft nebeneinander herlaufen.
Das man selber gerade hier Mentor geworden ist, wird auch seine Gründe haben.

Trotzdem darf man aber nach dem Zeug suchen, das diese okinawanischen Freizeitschläger in ihren Kata vor ein paar Jahren mal zu üben meinten.

Die einzige herrvoragende SV ist, nicht da zu sein.
Wer viel Karate macht, ist vielleicht gerade woanders, weil er da Kata übt.:)



Gürteltier

SKA-Student
03-08-2008, 02:30
Die einzige herrvoragende SV ist, nicht da zu sein.
Wer viel Karate macht, ist vielleicht gerade woanders, weil er da Kata übt.:)


Der war aber schön! :)

Ich darf das doch in meine Signatur packen? :D

joetokan
03-08-2008, 07:45
:sport006:
Dem Sportler sollte dies doch relativ egal sein .
Er versucht in seinem Sport , den er ausgewählt hat weil er ihm gefällt Bestleistungen zu erzielen.

Du sprichst mehrere gute Punkte an. Einer findet sich in diesem Zitat.
Würde mir mein System nicht so gut gefallen und vor allem so viel Spaß machen, würde ich es gar nicht betreiben. Denn Spaß ist der wichtigste Motivator für mich, nach einem 10 stündigen Arbeitstag auf die Matte zu gehen und mich auspowern. Ich denke, sehr sehr vielen anderen Leuten, die eine der klassischen Kampfkünste ausüben, geht es genauso (zum "Gefallen gehört übrigens auch die Ästhetik vieler klassischer KKs. Ich traue mich fast nicht, dies in der effizienzdominierten Argumentationsatmosphäre hier zu erwähnen...).

Sich ereifern, und die Diskussionshoheit erringen, läßt es sich mit dieser Überzeugung natürlich nicht.

Das Argument des "Gefallens" wird über die ganzen wilden Effizienzdiskussionen hinweg: SV, welche KK ist hier besser als...Traditionell oder nicht..., Kata oder Kumite..., Kakie oder nicht.., Bodenkampf oder stehend..., gerne vergessen. Am Ende bleiben diese ohnehin sinnlos, da keiner eine empirisch verifizierbare gültige Aussage über die tatsächliche praktische Effizienz treffen, sondern nur subjektive Vermutungen anstellen kann.


Mein System ist für die SV trotzdem hervorragend geeignet, da man sich ja kaum gegen ausgebildete Kämpfer sondern eher gegen irgednwelche betrunkenen Assis verteidigen muss

Mal abgesehen davon, dass letztere oft gerade die gefährlichen sind, werden die meisten kaum einmal in ihrem Leben einem "ausgebildeten Kämpfer" - was immer du damit auch meinst - begegnen. Warum sich also ein ganzes Leben lang auf diese höchst abstrakte, so gut wie nie eintreffende Situation, einem perfekt ausgebildeten Kämpfer zu begegnen, vorbereiten?
Allein unter zeitökonomischen Gesichtspunkten ist eine solche von Panik getriebene Einstellung schon völlig ineffizient.

Und am Wichtigsten: Im Ernstfall kämpfen nicht Systeme gegeneinander, sondern ganz konkrete Menschen.

Gruß
Joetokan