Grundsäulen des Systema (2): Form [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Grundsäulen des Systema (2): Form



Andreas Weitzel
07-05-2003, 23:27
Hallo an alle,

hier ist also die nächste "Säule", auf der die Russische Kampfkunst Systema basiert.

Die Form:

Damit meint man die Körperhaltung, die Bewegungskultur und Körperbeherrschung.

Zur Körperhaltung: Das Zauberwort hier ist GLEICHGEWICHT. Am wichtigsten ist, daß der Rücken stets gerade bleibt. Der Kopf wird nicht nach unten gesenkt, sondern gerade gehalten. Die Schulter- und die Hüftenlinie sind stets horizontal und parallel zum Boden. Die Wirbelsäulenlinie ist dagegen immer vertikal und senkrecht zum Boden. Die Muskeln sind immer entspannt und locker. Die Knie sind leicht angewinkelt. Die Füße stehen vorzugsweise schulterbreit und auf der gesamten Fußsohle.

Die Bewegungskultur beinhaltet viele Aspekte. Am wichtigsten ist wieder das Gleichgewicht. Man achtet immer darauf, daß die Bewegung mit der Atmung übereinstimmt (siehe Atmung). Alle Bewegungen sind ununterbrochen, gleichmäßig, fließend, ruhig, entspannt, locker.

Die Schritte sind kurz, um nicht aus der Form zu fallen. Die Füße sollen dabei möglichst unter dem Körper bleiben. Wenn man Schritte macht, bewegt sich jeder Fuß selbständig und wird nicht nachgezogen. Dabei bewegt sich der gesamte Körper als ein Ganzes. Bei den Schritten ist immer darauf zu achten, daß die Fußsohlen möglichst viel Kontakt mit dem Boden haben. Wenn man z.B. geht, läuft oder rollt, soll das Gefühl und der Eindruck entstehn, daß das eine einzige Bewegung ist. Die Bewegungen werden niemals ruckartig ausgeführt.

Beim Rollen und Fallen ist stets darauf zu achten, daß man absolut leise bleibt. Dies zwingt einen, die Rollen sehr entspannt und weich auszuführen, und sichert, daß man sich beim Fallen nicht verletzt.

Falsch ist, wenn man versucht, etwas (z.B. Schlagen, Treten, Werfen etc.) mit Kraft auszuführen. Kraft und Schnelligkeit sind Fähigkeiten, die sehr schnell verloren gehen können, z.B. durch Krankheit, Verletzung, Verwundung, Erschöpfung usw. Daher wird empfohlen, zu lernen, wie man seine Bewegungen ohne diese Fähigkeiten effektiv ausführt (was natürlich nicht heißt, daß man sie nicht trainieren soll). Bei jeder Bewegung soll man möglichst wenig Muskeln einsetzen; das heißt, daß alle Bewegungen äußerst ökonomisch und sparsam sein sollen.

Zur Körperbeherrschung: Nicht der Körper soll bestimmen, was wir tun, sondern umgekehrt. Als Erstes lernt man, die An- und Entspannung der Muskeln bewußt zu steuern. Das heißt, daß man fähig sein soll, die Reihenfolge und die Geschwindigkeit der An-/Entspannung zu bestimmen. Diese Fähigkeit kann man soweit entwickeln, daß man dies sogar innerhalb von einem einzelnen Muskeln machen kann.

Diese Fähigkeit baut man in der Bewegung aus, so daß der Körper sich in jede Richtung bewegen (auch auf dem Boden) und diese auch jederzeit ändern kann. Ohne das Gleichgewicht und die Qualität der Bewegung zu verlieren. Der Körper muß fähig sein, sich als ein Ganzes zu bewegen. Gleichzeitig muß sich jedes einzelne Körperteil selbständig bewegen können.

Alle Bewegungen werden so ausgeführt, daß man weder sich selbst, noch den Gegner belastet bzw. unter Druck setzt.

Gruß
Andreas

Dao
08-05-2003, 22:26
Hi Andreas,

@Anderas
Falsch ist, wenn man versucht, etwas (z.B. Schlagen, Treten, Werfen etc.) mit Kraft auszuführen. Kraft und Schnelligkeit sind Fähigkeiten, die sehr schnell verloren gehen können, z.B. durch Krankheit, Verletzung, Verwundung, Erschöpfung usw. Daher wird empfohlen, zu lernen, wie man seine Bewegungen ohne diese Fähigkeiten effektiv ausführt (was natürlich nicht heißt, daß man sie nicht trainieren soll). Bei jeder Bewegung soll man möglichst wenig Muskeln einsetzen; das heißt, daß alle Bewegungen äußerst ökonomisch und sparsam sein sollen.

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Den Gedanken finde ich aus der Idee heraus sehr wichtig und interessant. Auch das Bewegung aus der Entspannung heraus absolut effektiv sind und eine hohen Flexibilität gewährleisten.
Hört sich gut an!

Andreas Weitzel
09-05-2003, 01:08
Mir gefällt die Idee auch :)

Gruß
Andreas

christoph
18-05-2003, 22:13
Ist nicht überhaupt das einsetzen von möglichst wenigen Muskeln, d.h. die Ökonomie in einer Bewegung, das was den Grobmotoriker von einem Bewegungskünstler unterscheidet.
Ist aber schwer "extra" zu trainieren, ergibt sich einfach aus der häufigen wiederholung von Bewegungsabläufen oder?

Andreas Weitzel
19-05-2003, 07:58
Hallo, christoph,

die erste Aussage stimmt auf jeden Fall. Bei der zweiten kann ich Dir nicht zustimmen, weil wir es sehr wohl trainieren. Das geht, wenn man weßt wie. Aus dem einfachen Wiederholen der Bewegungen ergeben sich eher Verspannungen, an die man sich gewöhnt. Und das ist nicht der Sinn der Sache.

Gruß
Andreas

Dao
19-05-2003, 12:21
Hi Andreas,
versuch doch mal zu beschreiben, wie ihr das übt.
Das einsetzen von wenig Muskeln, würde ich gerne noch einmal genauer beschreiben. Aus meiner Sicht geht es darum die Bewegung aus den tieferen Muskelschichten anzuleiten.
Diese sind kleiner meist in Verbänden aktiv. Der Vorteil das du gut trainierte kleine und tiefe Muskelschichten sensibler ansprechen kannst. Außerdem ziehen die großen oberflächlichen Muskeln weitaus mehr an den Gelenken.
Und da steigt das Verletzungsrisiko weitaus mehr.
Flexibilität, Sensibilität, Verletzungsrisiko, ... sind Grund genug sein Training zu optimieren.
Würde mich schon interessieren, wie ihr dies trainiert.
Im Taijiquan benutzt man das Bild, das nach langjährigem Training die Kraft ganz stark aus dem Knochenmark kommt, in Verbindung mit dem Qi und der Jin Kraft!

Andreas Weitzel
19-05-2003, 16:55
Hallo, Peter,

es würde mir schwer fallen, die Übungen zu beschreiben. Prinzipiel passiert folgendes: Man macht z.B. eine Kraftübung, wobei man sämtliche Muskeln bewußt entspannt. Was erreicht man dadurch? Die Muskeln, die sich anspannen müssen, um die Bewegung überhaupt zu machen, werden sich anspannen. Aber die resitlichen bleiben locker.

Dabei wird jede Bewegung von der Atmung geleitet und entscheidend unterstützt. Jede Übung wird außerdem langsam bis extrem langsam gemacht, so daß Bänder, Sehnen, Gelenke und die tiefsten Muskelschichten besonders intensiv trainiert werden.

Um unsere Methode mit der Taichi-Methode zu vergleichen, sollte man relax (er ist auch KKB-Mitglied) fragen. Er ist Taichi-Lehrer unter und macht außerdem Systema seit ein paar Jahren. Er kennt beide Methoden.

Gruß
Andreas

Dao
19-05-2003, 18:23
Hi Andreas,
gib doch mal ein Bspl. für eine Kraftübung, so wie du sie anleitest.

Andreas Weitzel
19-05-2003, 18:54
Ein Beispiel?.. Langsame Liegestützen. Man geht 30 Sekunden bis ... Minuten nach unten, dann genauso lang nach oben. Dabei werden sowohl die Muskeln, als auch die Sehnen enorm belastet. Also spannt man die ganze Muskulatur an, um dieser Belastung standzuhalten, und bewegt sich stufenweise. Und das ist ein Fehler. Desweiteren unterbricht man die Atmung und hält die Luft an. Das ist ein noch schlimmerer Fehler.

Das heißt, daß man seine Muskeln bei dieser Übung entspannen soll, und daß man gleichmäßig und ununterbrochen atmen soll. Wenn man das lernt, kann man größere Belastungen ohne Schaden für seine Gesundheit und ohne bemerkenswerten Kraftaufwand überstehen.

Gruß
Andreas

Dao
19-05-2003, 19:20
Hi Andreas,
das ist gut bei mei angekommen.
Werde da noch etwas nachdenken und dich da sicher noch fragen zu
@andreas
Die Muskeln, die sich anspannen müssen, um die Bewegung überhaupt zu machen, werden sich anspannen. Aber die resitlichen bleiben locker.

Andreas Weitzel
09-07-2003, 10:28
Das Thema wird ab jetzt oben festgehalten.

Gruß
Andreas