PDA

Vollständige Version anzeigen : Beshara XSF-1 und andere neue militärische Hightech-Nahkampfwaffen



TrangleC
15-09-2008, 12:19
Ich hab in letzter Zeit öffter mal gehört dass klassische Stiefelmesser, "Dagger" und ähnliche Messer und Dolche mit dünnen Spitzen als Waffen weit weniger taugen als man eigentlich annimmt. Gerade im militärischen Bereich scheint man auf breiter Front von der klassischen Dagger-Form abzukommen, weil die bisher oft verwendeten Messer sich angeblich nicht bewährt haben.
Das neue Kampfmesser der Bundeswehr hat ja eine tanto-artige Klinge, angeblich tragen viele amerikanische Soldaten im Irak und Afghanistan inzwischen moderne Tomahawks mit sich rum, die britische Armee soll wohl auch gerade auf andere, neue Messer umsteigen (*) und die kanadische Armee übernimmt jetzt wohl das besonders "spacige" und seltsame "Beshara XSF-1" als neues Standard-Kampfmesser.

Hierbei handelt es sich um ein ziemlich seltsames Konzept von einer im Querschnitt parallelogramm-förmigen, viereckigen Klinge die nicht in einer klassischen Spitze endet, sondern in einer kleinen, dritten Schneide, die nicht nur stablier ist als eine schlanke Spitze, sondern angeblich auch eine bessere "Stichleistung", selbst gegen moderne Schutzkleidung und kugelsichere Westen bringt.

Realfighting Site - Brent Beshara's Extreme Dagger: The XSF-1 (http://www.beshknives.com/besh_article.htm)

YouTube - BLACKHAWK! XSF-1 (http://www.youtube.com/watch?v=YTScmBlHUkw)

Ich finde das sehr interessant, erstens weil ich es generell interessant finde wenn wissenschaftliche Methoden zur Entwickung von solchen seltsamen Konzepten führen, die anders sind als das was man kennt und gewohnt ist und zweitens weil ich so rein gefühlsmäßig nicht gedacht hätte dass man mit sowas besser durch Schutzkleidung kommt als mit einer spitzen Klinge.

(*) In einem Artikel hab ich gelesen dass die Briten sogar überlegen ganz auf klassische Kampfmesser für ihre Soldaten zu verzichten und statdessen ein "vielseitiges, modernes Selbstverteidigungsutensil" anzuschaffen, dass "nicht viel mit einem normalen Dolch gemein haben muss", wie es in dem Artikel (sinngemäß und von mir aus dem Englischen übersetzt) hiess.
Dabei würde wohl an sowas wie den "Urban Dart" von Cold Steel gedacht:

URBAN DART (http://www.coldsteel.com/53jd.html)
YouTube - Cold Steel Urban Dart on a CRKT MercHarness (http://www.youtube.com/watch?v=C-o8R1vpcZM)
(Auf dem Bild sieht es nach einem relativ normalen Messer aus, aber in dem Video sieht man dass es das nicht ist.)

Auch hier ist man vom klassischen, symmetrischen Dolchklingen-Querschnitt abgekommen, diesesmal zugunsten eines asymetrischen Dreiecks-Querschnitts der mehr Stabilität, Bruchsicherheit und "Durchdringungsleistung" bringt, ähnlich einer modernen Jagdpfeilspitze.



Generell find ich es seltsam dass diese ganzen neuen militärischen Nahkampf-Spielzeuge jetzt entwickelt werden und rauskommen und vorallem bei den Armeen die im Irak oder Afghanistan präsent sind. Machen die Soldaten dort wirklich so viel Erfahrungen mit Nah- und Messerkämpfen dass alle Welt plötzlich merkt dass die seit 100 Jahren kaum veränderten Messer die so viele Soldaten unbenuzt mit sich rumgetragen haben nichts taugen und man neue, bessere Ideen braucht?


Den XSF-1 Dolch kann man übrigens auch bei deutschen Händlern kaufen (Beispiel: Wolfster's Knife Shop (http://www.wolfster.de/index.php?disp=shop&show=29)), ist aber sau-teuer. Die beiden Versionen aus Werkzeugstahl kosten schon fast 300 Euro und die aus Titanium über 400. Für Sammler wäre sowas eben interessant und ich wünschte ich könnt mir einen leisten.

TacHead
15-09-2008, 13:12
Hm, schwer zu sagen, ohne das Ding mal ausprobiert zu haben. Vieles klingt mir sehr nach einer Fortsetzung des abgeflachten "Tactical"-Hypes (was zum Teufel will ich mit einer Titanversion???) und die Idee an sich ist nicht neu – es gibt eine ganze Reihe Messer mit ebenfalls de facto dreieckiger, allerdings symmetrischer "(american) Tanto"-Spitze. Auch die Spitze des Spyderco Police soll auf Stichleistung auch durch Westen optimiert sein etc. – also irgendwie alter Wein in neuen Schläuchen.
Und zum Thema Messer und ihre Verwendung gibt es dann doch andere Autoritäten als Janich, der – imnsho – mit Buch, MBC-Programm und eigenem Messer-Design dann doch eher aus der Ecke der Selbstvermarkter als der richtig Guten kommt (Schnittmengen fließen). ;)
Wird jetzt halt viel gemauschelt und entworfen, um einen vorhandenen Markt und Budgets abzuschöpfen, was nicht immer heißt, dass wirklich sinnvoll und praktisch ist, was da rauskommt. Die große Mehrheit der Soldaten, selbst der meisten Spezialeinheiten, hat nach wie vor keine oder kaum spezifische Messerausbildung und sicher keine Lust, Tausenderlei spezialisiertes Kleinzeug mitzuschleppen. Da ist ein mittelgroßes Messer, das für die meisten Verwendungen einen guten Kompromiss darstellt, immer noch das Mittel der Wahl.
Interessant finde ich allerdings tatsächlich das Wiederaufleben des Tomahawks (läuft ja auch schon seit ein paar Jahren), habe aber noch nie damit trainiert.

Wasinte
15-09-2008, 13:20
"These tests revealed that the XSF-1 consistently penetrated on par with single-edged tantos and traditional Bowie designs, but not quite as well as conventional double-edged daggers"

Aus deinem Link.
Also schlechtere Stichleistung als ein herkömmlicher Dolch.
Und wenn der gut gemacht ist, bricht die Spitze im "normalen Gebrauch" :D auch nicht ab.

Der Urban Dart ist einfach billiger in der Herstellung, da kein zweiseitig symmetrischer Anschliff zu machen ist.
Der Rest zu der Klingenform ist übliches Marketing-Geblubber.

TrangleC
15-09-2008, 13:37
Interessant finde ich allerdings tatsächlich das Wiederaufleben des Tomahawks (läuft ja auch schon seit ein paar Jahren), habe aber noch nie damit trainiert.
Ja. Als ich zum ersten mal davon gehört habe, hiess es in dem TV-Bericht auch dass das gerade in Afghanistan auch aus psychologischen Gründen eingeführt wurde. Weil dort ja traditionell jeder erwachsene Mann mit Kaiber-Messer, oder einem Säbel, oder was ähnlichem rumläuft und die ausländischen Soldaten mehr Respekt von den Einheimischen bekommen wenn sie nicht nur Schusswaffen, sondern auch große, auffällige Hieb- und Stichwaffen mit sich rumtragen.


"These tests revealed that the XSF-1 consistently penetrated on par with single-edged tantos and traditional Bowie designs, but not quite as well as conventional double-edged daggers"

Aus deinem Link.
Also schlechtere Stichleistung als ein herkömmlicher Dolch.
Und wenn der gut gemacht ist, bricht die Spitze im "normalen Gebrauch" :D auch nicht ab.

Der Urban Dart ist einfach billiger in der Herstellung, da kein zweiseitig symmetrischer Anschliff zu machen ist.
Der Rest zu der Klingenform ist übliches Marketing-Geblubber.
Ich bin eben nicht durch diese Links auf das XSF-1 aufmerksam geworden, sondern durch einen Artikel über neue Nahkampfausrüstung und da ich einen kanadischen Soldaten kenne, hab ich den gefragt ob er davon was weiß und er hat mir dann gesagt dass sie diese neuen Messer bekommen und dass die besser wären um Schutzkleidung zu durchstechen usw.
Die Links hier hab ich eben rausgekramt damit ich für den Thread hier was hab, um zu zeigen wovon ich rede. Viel Beachtung hab ich dem was da steht oder im Video gesagt wird, wirklich nicht geschenkt, das geb ich zu.

Wie gesagt, es hätte mich ja auch gewundert wenn man mit so einer Meissel-Spitze besser zustechen kann als mit einer Punkt-Spitze, aber ich hab eben gesagt bekommen das hätte man getestet und sich deshalb dafür entschieden.

Halbarad
15-09-2008, 15:47
Hm... was ich nicht ganz verstehe, ist die Degradierung des Messers zur alleinigen Waffe. Lassen sich diese Messer noch gut einsetzen, wenn man mal was durchschneiden bzw. absägen muss oder sich was zurechtschnitzen soll? Ich denke, dass das Messer eines Soldaten um einiges häufiger für solche Aufgaben verwendet wird.

Lars´n Roll
15-09-2008, 16:50
Ja. Als ich zum ersten mal davon gehört habe, hiess es in dem TV-Bericht auch dass das gerade in Afghanistan auch aus psychologischen Gründen eingeführt wurde. Weil dort ja traditionell jeder erwachsene Mann mit Kaiber-Messer, oder einem Säbel, oder was ähnlichem rumläuft und die ausländischen Soldaten mehr Respekt von den Einheimischen bekommen wenn sie nicht nur Schusswaffen, sondern auch große, auffällige Hieb- und Stichwaffen mit sich rumtragen.


Ehrlich gesagt - glaub ich nicht. Journalisten reden auch gerne mal viel Quatsch wenn der Tag lang ist.
Diese Tomahawks sind auch nix anderes als Spielzeug für spinnerte GIs und durchgeknallte Zivilisten, die´s halt geil finden. Im übrigen hab ich in den Nachrichten noch nie´n Afghanen mit nem Schwert/Säbel oder nem riesigen Krummdolch oder dergleichen gesehen. :rolleyes:
Und dieses neue kanadische Kampfmesser ist IMHO größerer Blödsinn als das KM 2000.
Ein Soldat braucht wenn er mal´n Messer braucht, das mehr kann, als´n Taschenmesser, ein robustes, outdoortaugliches Teil. Keinen komischen Dolch und kein blödes Tanto. Sowas brauchen normalerweise nich mal Spezialeinheiten... mit nem Fahrtenmesser kann man schließlich auch wen abstechen.
Und bevor einer sagt, dass das Militär ja nicht irgendwas ohne Grund einführt, sollte sich dieser jemand erstmal mit´m altgedienten Soldaten unterhalten. :p


Hm... was ich nicht ganz verstehe, ist die Degradierung des Messers zur alleinigen Waffe. Lassen sich diese Messer noch gut einsetzen, wenn man mal was durchschneiden bzw. absägen muss oder sich was zurechtschnitzen soll? Ich denke, dass das Messer eines Soldaten um einiges häufiger für solche Aufgaben verwendet wird.

So schaut´s aus.

Killer Joghurt
15-09-2008, 21:30
die dinger sind nur zum stechen da ne?
irgendwie wenn ich mal zelten gehe ists nichts ne^^

TrangleC
15-09-2008, 23:13
Hm... was ich nicht ganz verstehe, ist die Degradierung des Messers zur alleinigen Waffe. Lassen sich diese Messer noch gut einsetzen, wenn man mal was durchschneiden bzw. absägen muss oder sich was zurechtschnitzen soll? Ich denke, dass das Messer eines Soldaten um einiges häufiger für solche Aufgaben verwendet wird.
Naja, für alle Werkzeug-Funktionen taugt ein vielseitiges, einfach zu verstauendes Klappmesser natürlich mehr als ein Dolch. Nur in den seltenen Situationen in denen ein Soldat mal ein Kampfmesser brauchen könnte, sollte es schon was sein das man nicht erst aus der Brusttasche kramen und dann aufklappen muss.

Was ich jetzt sage hat mir vor langem hier im Forum schonmal viel Schelte eingebracht, aber ich hab mal ein Interview mit dem Typen der das Nahkampfsystem für die amerikanischen Navy Seals (könnten auch Green Barrays oder irgendein anderer dieser Vereine gewesen sein, weiß ich nicht mehr genau) entwickelt hat und der hat sich da zu Themen wie Messerattacken und Krav Maga usw. ausgelassen.
Der Kern seiner Aussage war dass ein militärisches Nahkampfsystem nicht wirklich effektiver ist als eine traditionelle Kampfkunst, wie viele Fans von krav Maga es ja behaupten. Der Sinn hinter so einem System sei es nicht die Soldaten wirklich zu Nahkampfmonstern zu machen, das ginge ja in der kurzen Zeit der Ausbildung (die bei Spezialeinheiten natürlich länger ist, aber immernoch bei weitem nicht lang genug) garnicht. Vielmehr ginge es eher um psychologisches Training. Die Soldaten sollen denken sie seien gut für den Nahkampf ausgebildet und könnten mit blosen Händen töten und all das. Weil wenn es wirklich mal so ist dass es innerhalb eines Feuergefechts (wofür Soldaten nunmal wirklich ausgebildet werden) zu einer Situation kommt wo sich plötzlich zwei feindliche Soldaten so nah gegenüber stehen dass es zum Nahkampf kommen kann/muss, dann ist das für beide ein Schock. Derjenige von beiden der dann als erstes aus dem Schrecken aufwacht und was macht - egal was und sei es nur "buh!" schreien, der wird höchstwahrscheinlich überleben. Nahkampftraining soll die Soldaten so konditionieren und selbstbewusst machen, dass sie in solchen Situationen eine Sekunde schneller reagieren als der andere und was sie dann machen ist eher zweitrangig.
Deshalb sei es Unsinn wenn jemand sagt ein System sei besonders effektiv oder tödlich weil es für irgendeine Armee oder Spezialeinheit entwickelt wurde, meinte er.

(Vielleicht ist er ja auch nur missgünstig weil er sein eigenes System nie so erfolgreich vermarkten konnte, hehe.)

Wenn der gute Mann aber Recht hat (und vieles von dem was ich in Krav Maga Videos gesehen habe, scheint ihn zu bestätigen), dann ist es wohl mit dem Tragen von Dolchen und anderen Nahkampfwaffen bei modernen Soldaten das Gleiche. So ein Ding griffbereit zu haben gibt wohl einfach etwas das Gefühl für alle Fälle gerüstet zu sein, selbst wenn man in einer Situation in der man es benutzen könnte vermutlich dem Gegner schon lange den Gewehrkolben übergezogen hat, oder selbst von 'nem Stahlhelm (oder heutzutage eher Plastikhelm) die Nase pürriert bekommen hat, bevor einer von beiden an sein Kampfmesser denkt.


die dinger sind nur zum stechen da ne?
irgendwie wenn ich mal zelten gehe ists nichts ne^^
Richtig erkannt.
Anonsten wär es ja auch etwas off-topic, hier, wo es um Waffen geht und nicht um Campingbesteck und Dosenöffner.

Lars´n Roll
16-09-2008, 11:56
Was ich jetzt sage hat mir vor langem hier im Forum schonmal viel Schelte eingebracht,

Hab ich aber auch schon gelesen und ist IMHO auch schlüssig. Aber dann würde ich den Leuten lieber Bajonette mitgeben, als nen 007-Linzenz-zum-Töten-Attentäter-Dolch. :cool: