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Vollständige Version anzeigen : Überlieferte Taiji-Anwendungen noch zeitgemäß?



Freier Geist
15-10-2008, 15:29
Auf der Netzseite eines Taiji-Anbieters stieß ich auf die Aussage, die überlieferten Taiji-Anwendungen seien heute nicht mehr zeitgemäß, weil sie auf Angriffe ausgelegt gewesen seien, die so im Jahr 2008 nicht oder kaum mehr vorkämen.

Ich halte dies für einen sehr interessanten Aspekt, über den ich zwar schon bei dem einen oder anderen SV-System gestolpert bin – richtig beschäftigt habe ich mich damit jedoch bisher noch nicht, und auf diesem Level leuchtet mir das auch noch nicht richtig ein.

Bei Angriffen mit neuen Waffen oder im Hinblick auf Waffen, die heute nicht mehr zum Einsatz kommen, ist es mir natürlich klar, bei den noch vorkommenden Waffen und beim waffenlosen Kampf weniger.

Machen Angreifer heute anderes als vor 200 Jahren?

Unterliegen Angriffe der Mode?

Sind die Veränderungen gegebenenfalls wirklich signifikant?

Und zu guter Letzt: Sind Anwendungen/Techniken ohnehin nicht immer lediglich Beispiele, die dem Schüler ein Gefühl von Möglichkeiten vermitteln sollen, um schließlich komplett frei von ihnen spontan wirksam agieren zu können?

Bin gespannt auf eure Ansichten (inklusive derjenigen obigen Anbieters :)).

Gruß

Freier Geist

Ronny Wolf
15-10-2008, 16:29
Wer spricht von Anwendungen und Techniken beim Taijiquan? Das Ziel ist doch Energie zu verstehen und anzuwenden/umzulenken/abzuleiten/etc., oder nicht? Und wenn man dieses Ziel erreicht hat, braucht man doch keine spezielle Anwendung/Technik mehr, denn dann reagiert man vollkommen natürlich. Dann ist es auch völlig egal, mit was der Gegner im Nahkampf angreift.
Und was sollen denn Angreifer jetzt anders machen? Die Menschen haben noch immer zwei Arme und zwei Beine.

john_doe
15-10-2008, 16:30
Hallo, Freier Geist!



Auf der Netzseite eines Taiji-Anbieters stieß ich auf die Aussage, die überlieferten Taiji-Anwendungen seien heute nicht mehr zeitgemäß, weil sie auf Angriffe ausgelegt gewesen seien, die so im Jahr 2008 nicht oder kaum mehr vorkämen.

Ich halte dies für einen sehr interessanten Aspekt, über den ich zwar schon bei dem einen oder anderen SV-System gestolpert bin – richtig beschäftigt habe ich mich damit jedoch bisher noch nicht, und auf diesem Level leuchtet mir das auch noch nicht richtig ein.

In der Tat, eine interessante Behauptung.


Bei Angriffen mit neuen Waffen oder im Hinblick auf Waffen, die heute nicht mehr zum Einsatz kommen, ist es mir natürlich klar,

Einverstanden, das erklärt sich von selbst.


bei den noch vorkommenden Waffen und beim waffenlosen Kampf weniger.

Das seh' ich ebenfalls wie Du, denn ...


Machen Angreifer heute anderes als vor 200 Jahren?

... wenn wir die Ausnahme oben beiseite lassen, glaube ich z.B. auch nicht, daß Menschen früherer Zeit sich allgemein grundsätzlich anders bewegt haben als wir bzw. unsere Zeitgenossen. So grundlegend hat sich die menschliche Anatomie in den letzten 2000 Jahren auch nicht geändert.


Unterliegen Angriffe der Mode?

Nun, das mag schon sein - zu meiner Grundschulzeit (damals hieß es noch Volksschule) gab es beispielsweise in den Pausen fast ausschließlich nur Ringkämpfe mit "Schwitzkasten" und dann war's auch schon gut und Ende; Prügeleien, in denen geboxt/geschlagen (und geblutet) wurden, kamen erst viel später auf und Tritte noch viel später.


Sind die Veränderungen gegebenenfalls wirklich signifikant?

Imho und unter dem o.a. Aspekt in gewisser Hinsicht schon - allerdings will ich die Signifikanz meines obigen Beispiels nicht verallgemeinern.


Und zu guter Letzt: Sind Anwendungen/Techniken ohnehin nicht immer lediglich Beispiele, die dem Schüler ein Gefühl von Möglichkeiten vermitteln sollen, um schließlich komplett frei von ihnen spontan wirksam agieren zu können?

Bingo - es geht doch im Taijiquan speziell wie in den Neijias überhaupt doch primär um den Erwerb der Fertigkeit, die jeweiligen Prinzipien zur Anwendung zu bringen und nicht darum, an Techniken zu kleben.

Ein Pangjin z.B. läßt sich imho auf eine Vielzahl von Angriffen anbringen - egal, ob sie "modern" oder "von Anno Schnee" sein mögen - denn ich bin der Ansicht, daß das Verstehen (= auch umsetzen können) von Pangjin auch das Verstehen des Angriffs beinhaltet, und da spielt die äußere Form des Angriffs keine wesentliche Rolle.

Allenfalls in durch Regelwerke eingeschränkte Sportarten kann ich Veränderungen feststellen - nehmen wir einfach das Boxen. Da hat es eine Menge an "Neuem" gegeben und dennoch - wie schon oben erwähnt - ein Hieb ist ein Hieb; ob er in der Ming-Dynastie ausgeführt wurde oder heute stattfindet.


Schöne Grüße,
john_doe

nagual
15-10-2008, 17:10
Wer spricht von Anwendungen und Techniken beim Taijiquan? Das Ziel ist doch Energie zu verstehen und anzuwenden/umzulenken/abzuleiten/etc., oder nicht? Und wenn man dieses Ziel erreicht hat, braucht man doch keine spezielle Anwendung/Technik mehr, denn dann reagiert man vollkommen natürlich. Dann ist es auch völlig egal, mit was der Gegner im Nahkampf angreift.
Und was sollen denn Angreifer jetzt anders machen? Die Menschen haben noch immer zwei Arme und zwei Beine.

Ob es in einer KK wie Taiji als hohes Ideal gilt, alles intuitiv zu machen, oder ob man die Sachen als Techniken beschreibt und übt, finde ich vollkommen nebensächlich. Genau das, was Taijiler im IDEALFALL (!!!) intuitiv machen, üben andere als Technik. Und wenn man sich viele Taijiler anschaut, auch "Profis", dann stellt man bei genauem Hinsehen schnell fest, dass das intuitive Repertoire meistens auf eine relativ enge Bandbreite von Möglichkeiten festgelegt ist, d.h. es ist im Grunde ebenfalls nur eine Reihe von Techniken, aber es wird eben nicht zugegeben, dass es eigentlich nur Techniken sind, weil dieser allumfassende Intuitiv-Firlefanz eben gnadenlos überlegener klingt, als wenn jemand dann automatisch alle Techniken können würde. Das ist aber keineswegs der Fall.
Einen intuitiven Spielraum an Variationen haben auch Leute, die das, was sie üben, auch Technik nennen, anstatt ein "überlegenes" Intuitionsprinzip darüber zu legen.

Was "früher" und heute angeht, wird man sicherlich gewisse Unterschiede feststellen können. Fragt sich auch, wann "früher" überhaupt gewesen ist.

Grundsätzlich sollte man meiner Meinung nach unterscheiden zwischen echten gewalttätigen Überfällen, z.B. zwecks Raub oder gezieltem Mord, und Gewaltverhalten, welches mehr dem Posen und Abreagieren dienen soll, sprich Hooliganismus und Strassenschlägerei nach Provokationen.
Gewalt nach Provokation und Gepose wird es in den Gassen der Großstädte immer schon gegeben haben, dementsprechend dürften die Methoden, damit fertig zu werden, auch über Jahrhunderte ungefähr gleich bleiben.

Raubüberfälle und Mordattacken sind aber in der heutigen Zeit sehr selten, während Wegelagerei z.B. früher recht üblich war, und dafür kommen u.U. andere Methoden der Verteidigung in Frage.

Recht unterschiedlich dürfte auch die Bedeutung von Waffen (bei Angriff und Verteidigung) früher und heute gewesen sein.

Insgesamt dürfte eine Behauptung, die Methoden von früher wären heute nicht mehr geeignet, völlig übertrieben sein, und mehr der Diffamierung der traditionellen KK dienen. Kein Grund, sich darauf einzulassen.

Ronny Wolf
15-10-2008, 17:39
Ok, um Mißverständnisse zu vermeiden, müßte man ersteinmal definieren, was man als Technik/Anwendung bezeichnet. Im weitesten Sinne kann man jede Bewegung als Technik/Anwendung bezeichnen. In diesem Sinne kann ich nagual natürlich nur rechtgeben.
Ich fasse aber die Begriffe Technik und Anwendung etwas enger auf. Je nach Tradition gibt es in den überlieferten Formen unterschiedliche Stellungen/Bewegungen, die ich als Techniken/Anwendungen bezeichnen würde. Würde man aber versuchen, diese in einem Kampf so anzuwenden, wie sie in der Form vorkommen, so wäre das viel zu einschränkend. Wenn man mal einem Großmeister bei einem freien "Kampf" zuschaut, sieht das überhaupt nicht mehr nach Taiji aus, so wie man das aus der Form her kennt. Das meinte ich mit man kämpft "ohne" Technik/Anwendung.
Es gibt unzählige Geschichten, wo sehr gute Kämpfer aus anderen Systemen eine Taji-Meister herausgefordert haben. Soweit ich weiß, haben sie nicht verloren, weil der Taji-Meister diese oder jene Technik angewendet hat, sondern weil der Taji-Meister verstanden hat, wie die Energie auf ihn gewirkt hat. Sicherlich sind einige dieser Geschichten auch übertrieben, aber ich denke dennoch, dass da etwas dran ist.

bluemonkey
15-10-2008, 19:25
Genau das, was Taijiler im IDEALFALL (!!!) intuitiv machen, üben andere als Technik. Und wenn man sich viele Taijiler anschaut, auch "Profis", dann stellt man bei genauem Hinsehen schnell fest, dass das intuitive Repertoire meistens auf eine relativ enge Bandbreite von Möglichkeiten festgelegt ist, d.h. es ist im Grunde ebenfalls nur eine Reihe von Techniken, aber es wird eben nicht zugegeben, dass es eigentlich nur Techniken sind, weil dieser allumfassende Intuitiv-Firlefanz eben gnadenlos überlegener klingt, als wenn jemand dann automatisch alle Techniken können würde.

Es wird weniger behauptet, dass man intuitiv alle möglichen Techniken erfindet, sondern viel mehr, dass man eventuelle Techniken, die man eben aus irgendwelchen Gründen kann (sei es, weil sie Formbewegungen ähneln, sei es, dass man sie anderweitig geübt hat..) wirkungsvoller anwenden kann.
Beispiel Hebel:
Man lernt nicht 100 verschiedene Hebelvarianten, sondern eher im einstelligen Bereich.
Allerdings lernt man (im Idealfall:D) beim Hebeln den Körper des Gegners zu kontrollieren bzw. beim Gehebeltwerden sich der Kontrolle des Gegners zu entziehen.
In der Anwendung hat man dann auch keine einstudiertes Reiz-Reaktions-Verhalten, sondern wenn sich ein Hebel ergibt, dann hebelt man halt, sonst macht man etwas anderes.
Es soll auch schon vorgekommen sein, dass Taijimeister Herausforderer mit ungewohnter Technik einfach wegeschubst haben, bis denen die Lust vergangen ist.
(Diese Art von Intuition findet sich natürlich mehr oder weniger bei vielen fortgeschrittenen Kampfkünstlern.)
So wie ich es mitbekommen habe, bekommt man zwar Anwendungen gezeigt, aber ist, wie bei dem Rest des Taijiquantrainings, aufgefordert, weniger stumpf Techniken auswendigzulernen und zu automatisieren, sondern vielmehr die Bewegungsmöglichkeiten und die dahinterstehenden Gesetzmäßigkeiten zu erforschen und damit auch einen persönlichen Stil zu entwickeln.
Wenn das auf diese Art und Weise geschieht, bleibt die Kunst lebendig, da die Anwendungen immer wieder neu gefunden werden.

bluemonkey
15-10-2008, 19:28
Wenn man mal einem Großmeister bei einem freien "Kampf" zuschaut, sieht das überhaupt nicht mehr nach Taiji aus, so wie man das aus der Form her kennt.

Das würde ich allerdings gerne mal sehen, ich kenne nur die Geschichten:D

nagual
15-10-2008, 20:17
Es wird weniger behauptet, dass man intuitiv alle möglichen Techniken erfindet, sondern viel mehr, dass man eventuelle Techniken, die man eben aus irgendwelchen Gründen kann (sei es, weil sie Formbewegungen ähneln, sei es, dass man sie anderweitig geübt hat..) wirkungsvoller anwenden kann.

In diesem Sinne finde ich das auch vernünftig und angemessen.


Wenn man mal einem Großmeister bei einem freien "Kampf" zuschaut, sieht das überhaupt nicht mehr nach Taiji aus, so wie man das aus der Form her kennt.

Ich bin davon überzeugt, dass die Anwendungen in bestimmten Aspekten sehr wohl wie in der Form aussehen sollen, meistens jedoch nur kleiner, so dass man das nicht unbedingt erkennt, bzw. nur dann, wenn man die Form in der gleichen Art entschlüsselt hat wie der beobachtete Kämpfer. Dann müsste man es bei genauem Hinsehen erkennen.

GilesTCC
15-10-2008, 22:07
Mehr oder weniger alle offensive "Techniken" in Tai Chi Chuan sind in vielen anderen Kampfkünsten oder einfach Kloppereien enthalten. Ein Faustschlag zum Bauch oder Rippen, oder eine Handfläche ins Gesicht - gibt's überall. Was Tai Chi in diesem Hinsicht ausmacht ist nicht so sehr das was, sondern das wie. Wie nützt man die (kinetische) Energie des anderen und die eigene Energie, um eine bestimmte Technik in dem Moment entstehen zu lassen? Und wie nutzt man diese Energien und wie setzt man den eigenen Körper ein ("neijia-Körpermechanik"), um diese Technik dann zu "füllen"? Das ist es, meiner Meinung nach, was offensive "Tai Chi-Techniken" ausmacht.

Es sind die verteidigenden "Tai Chi-Techniken", die wirklich das Besondere von Tai Chi Chuan ausmachen. Das taichitypische Wechselspiel von Peng-jin und Lü-jin erzeugt die Konterangriffe. Natürlich sind Peng-jin und Lü-jin keine "Techniken" im Sinne von Figuren, die man photographisch wiedergeben kann. Und auch die Figuren in (Yang-Stil)Formen, die diese Namen manchmal tragen, sind nur einigermaßen repräsentative Beispiele von den eigentlichen "Techniken", die eher "Settings" vom eigenen Körper und seine Reaktionsmöglichkeiten sind. Die äusserlichen Techniken entstehen dann (mit genug Training) automatisch aus diesen Settings.
Und diese sind wirklich nicht modeverbunden. Ob jemand mich schlagen, ins Schwitzkasten nehmen, treten, den Arm verdrehen, die Beine wegreissen, einen Kopfnuß verpassen oder ein Messer in den Körper rammen will (Gott verhüte, daß so was wirklich vorkommen sollte!), dann bleiben Peng-jin und Lü-jin bzw. ihr Zusammenspiel genauso gültig. Was nicht bedeutet, daß ich behaupte, alles locker abwehren zu können...!!

NB. "Peng-jin" hier natürlich im Kontext von Training mit eher "realistischen" Angriffen zu verstehen, nicht mit den Demos à la: Ich halte zuerst einen runden Arm hin, woraufhin mein Partner so nett ist, gegen diesen Arm geradeaus zu drücken. Als Übung nicht falsch, aber nicht mit SV zu verwechseln...

Schöne Grüsse,

Giles

Hongmen
15-10-2008, 22:23
Auf der Netzseite eines Taiji-Anbieters stieß ich auf die Aussage, die überlieferten Taiji-Anwendungen seien heute nicht mehr zeitgemäß, weil sie auf Angriffe ausgelegt gewesen seien, die so im Jahr 2008 nicht oder kaum mehr vorkämen.

Ich halte dies für einen sehr interessanten Aspekt, über den ich zwar schon bei dem einen oder anderen SV-System gestolpert bin – richtig beschäftigt habe ich mich damit jedoch bisher noch nicht, und auf diesem Level leuchtet mir das auch noch nicht richtig ein.

Bei Angriffen mit neuen Waffen oder im Hinblick auf Waffen, die heute nicht mehr zum Einsatz kommen, ist es mir natürlich klar, bei den noch vorkommenden Waffen und beim waffenlosen Kampf weniger.

Machen Angreifer heute anderes als vor 200 Jahren?

Unterliegen Angriffe der Mode?

Sind die Veränderungen gegebenenfalls wirklich signifikant?

Und zu guter Letzt: Sind Anwendungen/Techniken ohnehin nicht immer lediglich Beispiele, die dem Schüler ein Gefühl von Möglichkeiten vermitteln sollen, um schließlich komplett frei von ihnen spontan wirksam agieren zu können?

Bin gespannt auf eure Ansichten (inklusive derjenigen obigen Anbieters :)).

Gruß

Freier Geist

hallo geist
ich denke du meinst meine site? oder?
wenn ja, müsstest du auch meine persönliche antwort dazu, in dem weiterführenden text gefunden haben?

gruß
hongmen

Dao
16-10-2008, 07:35
Hallo,
erst einmal denke für deine Frage!
Aus der Fragestellung erschließen sich mir schon eigene Gedankengänge, die mir dazu einfallen.
Viel interessanter wäre in welchen Kontext der "Texter" oder Ideengeber seine Behauptung stellt.
Ich sehe schon Unterschiede, wie ein Kind heute reagieren sollte, wenn es am Pausenhof angemacht wird (heute und vor 30/50 Jahren). Du kannst es dir gar nicht mehr leisten das die dich auf den Boden bringen und dann dir die Kopf bestiefeln. Ich sehe schon einen Unterschied wenn eine kleine Gruppe Kidz von einer größeren Gang angemacht wird. Da schreibe ich aus meiner Erfahrung mit meinen Kindern. Die wurden angemacht von Kindern aus dem Ostblock, die ihre älteren Brüder, Cousins, ... dabei hatten. Die Nicklichkeiten nahmen da kein Ende. Unsere Kids waren zahlenmäßig, vom Alter her und auch von der Reaktion her unterlegen. Meine Söhne hatten da bereits 10 Jahre Judo Leistungssport gemacht. Die wollten sich nur wehren und haben mit den aggressiven Angriffen der Ghetto-Kidz gar nicht gerechnet. Die kamen sofort mit den Beinen voraus gesprungen. Das war in ihrem "naiven" Spektrum gar nicht existent. Gut war das die Gang vor Gericht eine richtig verbraten bekam, da auch hier wie schon oft geschrieben einer gestiefelt wurde.
Gleichzeitig kenne ich Erzählungen von meinem Onkel, das sie auf dem Schulweg häufig von den Dorfkindern (sie wohnten etwas außerhalb) angemacht wurden. Auch hier viel mehr Kidz gegen ein Hand voll. Mein Onkel erzählt das sich vor allem mein Vater dabei als wesentlich jüngerer Respekt verschafft hat. Da hat er zu einem Stein, Stock, ... gegriffen. Und irgendwann war Ruhe, weil sie wussten mit denen ist nicht zu spaßen. Wenn du das heute machst, hast du sofort die Gerichtsbarkeit am Hals. Die Wahl der Mittel ist heute schon eine sehr elementare Frage.
Und natürlich haben wir Menschen uns nicht wirklich verändert und doch würde ich schon noch Zeit haben zu überlegen, was könnte hinter der Frage stecken.

Freier Geist
16-10-2008, 09:59
hallo geist
ich denke du meinst meine site? oder?
wenn ja, müsstest du auch meine persönliche antwort dazu, in dem weiterführenden text gefunden haben?

gruß
hongmen

Hallo, Hongmen!

Genau. Und ich hab's mir jetzt auch nochmal durchgelesen. Aber ich häng da irgendwo ...

"Darüber hinaus wandeln wir die Ideen, die den einzelnen Sequenzen zugrunde liegen, in zeitgemäße Anwendungen um. Zwar gibt es durchaus Taiji Lehrer, die den Kampfkunstaspekt beachten und trainieren, aber die alten überlieferten Techniken sind nicht mehr „up to date“ -wurden sie doch vor Jahrhunderten gegen Shaolin-Techniken u.a. entwickelt. Auch die Kunst der effektiven Selbstverteidigung hat sich im Lauf der Zeit verändert"

Auf diesen Absatz finde ich irgendwie keine für mich stimmige Antwort, sorry. Und auch nichts, was andere ohnehin auch sagen (Prinzipien und so).

Mich interessiert deine mich zum Nachdenken gebracht habende Aussage inzwischen aber auch ganz allgemein, denn ich bin über solche Aussagen, wie erwähnt, auch schon bei einigen SV-Systemen gestoßen, die "zeitgemäße", adäquate Antworten nicht nur in Prizipien sehen.

Allen bisherigen Antwortgebern, die am Thema geblieben sind, danke ich jedenfalls schon mal für ihre Überlegungen. Insbesondere Dao hat meines Erachtens einen hochinteressanten Aspekt aufgeworfen, den ich noch auf mich wirken lassen möchte, um dann später noch auf ihn einzugehen.

Gruß

Freier Geist

bluemonkey
16-10-2008, 10:45
Hallo,
Ich sehe schon Unterschiede, wie ein Kind heute reagieren sollte, wenn es am Pausenhof angemacht wird (heute und vor 30/50 Jahren). Du kannst es dir gar nicht mehr leisten das die dich auf den Boden bringen und dann dir die Kopf bestiefeln. Ich sehe schon einen Unterschied wenn eine kleine Gruppe Kidz von einer größeren Gang angemacht wird...

Ich fass mal zusammen:
Ganz früher ging es brutal her und man konnte sich mit Brutalität Respekt verschaffen. Vor 30 bis 50 Jahren gab's nur Schwitzkasten, heute geht's wieder brutal zu, aber die Proleten holen die Polizei, wenn man gewinnt.
Ergibt sich dadurch die Notwendigkeit für neue, zeitgemäße Kampftechniken?
Die Gründer von Taijiquan mussten sich Ihrer Haut tatsächlich wehren, vornehmlich unter Zuhilfenahme von Waffen.
Es ging schon damals darum, stehenzubleiben und - wenn man doch mal zu Boden ging - so schnell wie möglich wieder aufzustehen. Langes Rollen auf dem Boden wurde eher nicht trainiert. Tritte auf am Boden liegende Personen sind vorgesehen.
Man sollte damit (sofern man das System beherrscht) also auch auf zeitgenössischen Schulhöfen klarkommen, solange die Angreifer keine Waffen benutzen, aber dann hat man auch mit moderenen Systemen schlechte Karten. Die bekannten modernen Systeme sind auch eher brutal und kompromisslos, ähnlich wie Taijiquan, d.h. mit den Gesetzeshütern kommt eventuell auch mit diesen in Konflikt.
Darüberhinaus führt Taijiquan, über längere Zeit trainiert, tendenziell dazu, dass man weniger körperliche Auseinandersetzungen hat, während manche moderne Systeme eher die Kriegerträume des domestizierten Bürgers von heute befriedigen.
Gute Praktiker kommen auch mit KFS klar. Ansonsten sehe ich nicht, wo man sich technisch heute anders schlägt, stößt, tritt, wirft, hebelt, hält oder würgt, als vor 200 Jahren?
Vielleicht kann ja mal einer ein Beispiel bringen:)

GilesTCC
16-10-2008, 11:14
Ich fass mal zusammen:
Darüberhinaus führt Taijiquan, über längere Zeit trainiert, eher dazu, dass man weniger körperliche Auseinandersetzungen hat, während manche moderne Systeme eher die Kriegerträume des domestizierten Bürgers von heute befriedigen.


Hallelujah! Danke Blue Monkey, das kann nicht oft genug gesagt worden - weil es nämlich immer wieder nicht verstanden, vergessen, ignoriert wird. Vor allem anscheinend von denjenigen, die tatsächlich Kriegerträume mit echter "Selbstverteidigung" verwechseln (wollen).
Man spricht doch auch z.B. von einem "entwaffnenden Auftritt" oder einem "entwaffnenden Lächeln", was ja überhaupt nichts mit Schwäche zu tun hat. Man kann ganz locker, freundlich, wach und nicht anbiedernd auftreten, und zugleich - wenn es keine andere Möglichkeit gibt - sofort aufdrehen können. Es ist sogar die gleiche Körperspannung und -struktur in Taijiquan, die die Basis für ein nicht aggressives und nicht "flüchtendes" Auftreten und zugleich für effiziente Kampfreaktion bildet.

Schöne Grüsse,

Giles

Freier Geist
16-10-2008, 11:57
Kurzer Einschub: Das sagt sich natürlich ganz locker, wenn man schon längst nicht mehr zur gefährdeten Zielgruppe à la Dao's Kinder gehört. Und je länger man davon selbst weg ist (Stichwort "domestizierter Bürger"), verfestigt sich der Glaube, das alles sei primär nur eine Frage der Haltung. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an die Zeit Anfang der 80er-Jahre als ich in England mit Freunden über längere Zeit von einer ortsansässigen Gang regelrecht gejagt wurde, nur weil wir nicht zum Dorf gehört haben. Die Ängste wünsche ich keinem. Von wegen Haltung und entwaffnendem Lächeln - derjenige, der in solchen Situationen am ehesten seine Ruhe hatte, war ganz im Gegenteil der Nicht-Lächler, derjenige vor dem man aufgrund Statur und "Sage" einen Heiden-Respekt hatte. Schmächtige Lächler und Minderheiten sind für diese Gruppen geradezu ein Fressen!

Gruß

Freier Geist

Pu Bär
16-10-2008, 12:30
Techniken, die nur den Sinn hatten einen schneidenden Hellebardenangriff abzuwehren sind tatsächlich nicht mehr zeitgemäß.

Die Frage ist: Sind die Techniken (und ich meine nicht die xxx-jins) denn so spezialisiert? Oder sind sie vielmehr adaptierbar?
Wobei die Frage auch nicht stimmt. Vielmehr sollte ich mich fragen: Kann ich die alte Technik auch in neuen Situationen anwenden? Falls ja, dann vermutlich deshalb, weil ich das Grundprinzip verstanden habe.
(Muss ja keine Hellebarde sein. Ein Stuhlbein reicht völlig.)

Wenn ich heute so trainiere, als hätte mein Gegner eine Rüstung an (wie früher), dann trainiere ich auch den energetischen Einsatz, den ich brauche um einen schweren kräftigen Fleischberg zu bewegen. Bei zunehmender Fettleibigkeit (bis auf Giles) vielleicht kein schlechter Ansatz?! ;)

Was die zugrundeliegenden Energien (xxx-jins) angeht, sollten diese ohnehin universal sein, bzw. adaptierbar bzw. formlos.

Absorbieren bleibt absorbieren.

Zum Thema örtlich/zeitliche Differenzen:
on your street... - Martial Arts Planet (http://www.martialartsplanet.com/forums/showthread.php?t=82496)
Wer Englisch kann, sollte sich das mal anschauen. "Glassings", pfui.

GilesTCC
16-10-2008, 13:07
Kurzer Einschub: Das sagt sich natürlich ganz locker, wenn man schon längst nicht mehr zur gefährdeten Zielgruppe à la Dao's Kinder gehört. Und je länger man davon selbst weg ist (Stichwort "domestizierter Bürger"), verfestigt sich der Glaube, das alles sei primär nur eine Frage der Haltung. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an die Zeit Anfang der 80er-Jahre als ich in England mit Freunden über längere Zeit von einer ortsansässigen Gang regelrecht gejagt wurde, nur weil wir nicht zum Dorf gehört haben. Die Ängste wünsche ich keinem. Von wegen Haltung und entwaffnendem Lächeln - derjenige, der in solchen Situationen am ehesten seine Ruhe hatte, war ganz im Gegenteil der Nicht-Lächler, derjenige vor dem man aufgrund Statur und "Sage" einen Heiden-Respekt hatte. Schmächtige Lächler und Minderheiten sind für diese Gruppen geradezu ein Fressen!


Es gibt viele Wahrheiten, viele Möglichkeiten. Die schliessen sich nicht gegenseitig aus. Besser gesagt, sie sollten sich nicht gegenseitig ausschliessen. Es gibt Momente und Zeiten, wo man am Besten so oder so agiert und auftritt, und andere Momenten und Zeiten, wo es besser anders geht. Wir haben wohl alle unsere Erfahrungen mit Angst, Verfolgung usw. gemacht und werden noch weitere machen.
Falls du meine letzte Posting mißverstanden hast: Es geht hier nicht darum, debil grinsend durch die Gegend zu laufen. Das mit dem Lächeln war eine Nebenbemerkung. Und natürlich ist ein Lächeln oft gar nicht angesagt. Es kommt darauf an. Aber der Versuch, sich einen Allzweckpanzerung, ob körperlich und/oder seelisch anzulegen, ist genauso verfehlt. Was ich dir nicht unterstellen will, natürlich; es geht darum, vom absolutistischen Denken wegzukommen.

Wenn man auch mit Statur aufwarten kann, um sich Respekt zu schaffen, dann schön. Es muß aber auch anderen Wege geben. Die meisten können sich nicht bei Bedarf schnell 20 kilo und 30 cm zulegen ;)

Eine innere Zentriertheit und Geerdetsein, weder "aufgepumpt" noch "zusammensackend", ist eine sehr gute Basis für den Umgang mit Konflikt und Aggression. Man ist nicht dadurch schwach, nicht "entblösst", aber man bietet weniger Reibungsflächen an. Reden und zuhören können, und zugleich körperlich und geistig zum Kämpfen in der Lage sein, wird zumindest unbewusst auch von menschlichen Raubtieren verstanden. Das haben auch verschiedene Experimente und Studien gezeigt, falls dieser Ansicht zu eigenbrötlerisch erscheint. Und dadurch fällt man weniger in die Kategorie "Opfer". Natürlich ist das kein probates Mittel. Es gibt keine probaten Mittel. Aber es kann trotzdem effektiv sein. Es hat diesem 'domestizierten Bürger' in Situationen wie z.B. Bedrohung mit Messer oder nachts eingekreist werden von einer Billstedter Bande relativ gut geholfen. Ein anderes Mal vielleicht nicht. Deswegen ist es gut, viele sich ergänzende Ressourcen zu haben.

Schöne Grüsse,

Giles

pilger
16-10-2008, 15:17
Hallo,
erst einmal denke für deine Frage!
Aus der Fragestellung erschließen sich mir schon eigene Gedankengänge, die mir dazu einfallen.
Viel interessanter wäre in welchen Kontext der "Texter" oder Ideengeber seine Behauptung stellt.
Ich sehe schon Unterschiede, wie ein Kind heute reagieren sollte, wenn es am Pausenhof angemacht wird (heute und vor 30/50 Jahren). Du kannst es dir gar nicht mehr leisten das die dich auf den Boden bringen und dann dir die Kopf bestiefeln. Ich sehe schon einen Unterschied wenn eine kleine Gruppe Kidz von einer größeren Gang angemacht wird. Da schreibe ich aus meiner Erfahrung mit meinen Kindern. Die wurden angemacht von Kindern aus dem Ostblock, die ihre älteren Brüder, Cousins, ... dabei hatten. Die Nicklichkeiten nahmen da kein Ende. Unsere Kids waren zahlenmäßig, vom Alter her und auch von der Reaktion her unterlegen. Meine Söhne hatten da bereits 10 Jahre Judo Leistungssport gemacht. Die wollten sich nur wehren und haben mit den aggressiven Angriffen der Ghetto-Kidz gar nicht gerechnet. Die kamen sofort mit den Beinen voraus gesprungen. Das war in ihrem "naiven" Spektrum gar nicht existent. Gut war das die Gang vor Gericht eine richtig verbraten bekam, da auch hier wie schon oft geschrieben einer gestiefelt wurde.
...

Hallo Dao,
hallo alle,

auch wenn´s vielleicht ein wenig Off-Topic ist. Mein Sohnemann, 8 1/2 Jahre, 3. Klasse Grundschule auf nem eigentlich friedlichen Dorf, macht(e) seit ca. 2 Jahren Karate.
Tja, neulich kam er zu mir, sagte, dass es da jemanden gibt, der ihn auf dem Schulhof immer schubst und doof anmacht. Ich fragte ihn, wie er reagiert. Er sagte: "Papa, ich mach eigentlich gar nichts, ich sag immer nur er soll mich in Ruhe lassen. Und hoffe dass er geht. Das macht er aber nicht immer, erst, wenn die Pause zu Ende ist"
Ich sagte ihm dann, dass ich es toll finde, dass er friedlich bleibt, meinte aber im gleichen Atemzug zu ihm, dass er, wenn er wieder von ihm geschubst wird, sich dann auch körperlich wehren darf, um ihm zu zeigen: Mit mir nicht. Sonst mache der andere vielleicht immer (doller) weiter.
Und dann sagte mein Sohn: "Tja Papa, weißt Du, im Karate lernen wir nur zu schlagen oder zu treten. Das ist mir dafür einfach zu brutal. Ich will den nicht gleich umboxen. Deshalb möchte ich lieber solche Sachen lernen, wie Du sie immer mit deinem Bekannten trainierst. Das sieht so weich aus und trotzdem landet jemand von Euch auf dem Boden."

Und jetzt wird´s ON-TOPIC :)
Ich sagte ihm, dass es im Tai Chi Chuan eben sowohl diese weich (aussehenden) Sachen, aber auch eben (sehr hart wirkende) Schläge und Tritte gibt.

DANN SAGTE ER:"Papi, das ist ja toll, dann hat Tai Chi ja alles, was man braucht. Man kann immer das richtige wählen! Das möchte ich auch lernen."

Und diesen Satz fand ich treffend, denn in der Tat ist es auch das, was ich empfinde. Von daher denke ich, dass Tai Chi Chuan auch heute noch zeitgemäß ist. Zwei Arme zwei Beine, sowohl das Gegenüber als auch ich. Viel ändert sich da nicht.

OK, wenn´s auf die unfaire Schiene läuft, vonwegen Überzahl an Gegnern, äußerste Brutalität, Waffen etc gibt´s ein Problem, aber das gibt´s dann in vielen anderen Kampfkünsten wohl auch. Da hängt´s dann in der Tat von der eigenen Dynamik und der Fähigkeit ab, eben wenn´s hart auf hart kommt, ebenso brutal zu agieren. Mag sein dass es Arten der SV gibt, in denen dies speziell gelehrt wird, aber dorthin werde weder ich noch mein Sohn gehen um zu "lernen". Denn seine Einstellung mag ich sehr und hoffe, er behält sie sich bei. Eine Einstellung, für die ich lange brauchte sie zu bekommen ;)

Grüße
Pilger

bluemonkey
16-10-2008, 17:44
Das sagt sich natürlich ganz locker, wenn man schon längst nicht mehr zur gefährdeten Zielgruppe à la Dao's Kinder gehört. Und je länger man davon selbst weg ist (Stichwort "domestizierter Bürger"), verfestigt sich der Glaube, das alles sei primär nur eine Frage der Haltung. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an die Zeit Anfang der 80er-Jahre als ich in England mit Freunden über längere Zeit von einer ortsansässigen Gang regelrecht gejagt wurde, nur weil wir nicht zum Dorf gehört haben. Die Ängste wünsche ich keinem. Von wegen Haltung und entwaffnendem Lächeln - derjenige, der in solchen Situationen am ehesten seine Ruhe hatte, war ganz im Gegenteil der Nicht-Lächler, derjenige vor dem man aufgrund Statur und "Sage" einen Heiden-Respekt hatte. Schmächtige Lächler und Minderheiten sind für diese Gruppen geradezu ein Fressen!


Nicht alles ist primär eine Frage der "Haltung".
Es geht auch nicht um eine aufgesetzte oder Selbstsicherheit, oder ein unterwürfiges Lächeln, sondern eine Ausstrahlung, die von innen heraus nicht zuletzt auch durch das Wissen um das eigene Können (sofern man es hat) ensteht. Einige Frauen neigen z.B. dazu, bei Übergriffen zu lange freundlich zu Lächeln, um den Angreifer nicht zu verärgern (ein Übergriff beginnt für mich weit vor einem körperlichen Angriff), anstatt frühzeitig die Grenzen zu ziehen.
Jemand der gejagt wird, läuft weg, jemand der Angst hat, bei dem ist ein eventuelles Lächeln nur eine Beschwichtigungs-Geste.
Wenn sich der Angreifer in Sicherheit wiegt (Überzahl, körperliche Überlegenheit, Waffen...) wird's schwer.
Wenn jedoch ein einzelner ein Opfer sucht, dann wird er ein Opfer suchen, keinen möglicherweise schweren Gegner (Statur, Legende oder eben Ausstrahlung).
Helio Gracie hat in einem Interview erzählt, dass er früher eher wenige körperliche Auseinandersetzungen auf der Straße hatte, weil er, obwohl recht schmächtig, sehr selbstsicher aufgetreten ist.
Er führt das darauf zurück, dass es die potentiellen Gegner verunsicherte, dass jemand seiner Statur derartig auftrat ("da stimmt etwas nicht").
Aber es ist das Gleiche wie mit dem kontaktlosen Zeug: es sollte sich auf eine handfeste Fähigkeit gründen, falls es Doch noch zu einem Kontakt kommt.

hkghost
16-10-2008, 17:58
Das würde ich allerdings gerne mal sehen, ich kenne nur die Geschichten:D

Da:

Tai Chi gegen Kranich (http://hk.youtube.com/watch?v=M1KQefb7UnU)

Das sieht selbst in Zeitlupe nicht wie Tai Chi aus. Der Typ ist aber seinerzeit Grossmeister gewesen (was immer das bedeuten mag). Der Kranich-Stil enthaelt viele Elemente von Tai Chi, ein Laie kann eventuell keinen Unterschied sehen.

GilesTCC
16-10-2008, 18:24
Da:

Tai Chi gegen Kranich (http://hk.youtube.com/watch?v=M1KQefb7UnU)

Das sieht selbst in Zeitlupe nicht wie Tai Chi aus. Der Typ ist aber seinerzeit Grossmeister gewesen (was immer das bedeuten mag). Der Kranich-Stil enthaelt viele Elemente von Tai Chi, ein Laie kann eventuell keinen Unterschied sehen.

Nix für ungut, hkghost, aber auf diese zum wiederholten mal aufgetischte und nicht repräsentative Peinlichkeit kann man besser verzichten.

Schöne Grüsse,

Giles

hkghost
16-10-2008, 18:45
Nix für ungut, hkghost, aber auf diese zum wiederholten mal aufgetischte und nicht repräsentative Peinlichkeit kann man besser verzichten.

Schöne Grüsse,

Giles


Ich hab vor ca. einem Jahr genauso ueber dieses Video gedacht wie du. Mittlerweile habe ich aber ein paar Dinge dazu gelernt und schaue aufmerksamer hin, speziell bei den Zeitlupen. Ich habe das Video mehrmals mit meinem Sifu angesehen und mit einigen meiner chinesischen Bekannten, die seit Jahren, z.T. Dekaden Tai Chi taeglich praktizieren und zuweilen auch 'anwenden'.

Du unterrichtest Tai Chi? Was genau ist denn peinlich an dem Kampf? Die Soundeffekte?

Primo
16-10-2008, 19:47
Zu was für Erkenntnissen bist du denn bei den Zeitlupenstudien des Videos gekommen ?

GilesTCC
16-10-2008, 20:18
Da würde ich mich dem Primo in seiner Frage anschliessen. Ich bin jedenfalls bereit, mir eines besseren zu lehren, obwohl ich im Moment dem Video sehr wenig abgewinnen kann. :)

Für meinen Teil hat sich einer bei YouTube das gut zusammengefasst:

"I believe that by the 1950's rules like no locks, no grappling, no open hand strikes and no kicking were in place. I know too many died in the 1920's and 1930's. And I know that open hand palm strikes became illegal and that none of these fighters threw one kick or attempted to grapple or lock or even connect with each other as a Tai Chi or Crane fighter normaly would. I wonder what were the exact rules of this match. It would help us understand what the hell is going on there."

Vielleicht war also sehr viel in den Regeln abgesprochen bzw. ausgeklammert. Vielleicht ist es auch für mich sehr merkwürdig, was sie da machen, weil die Trainingsmethoden bei unserem Lehrer ganz anders aussehen. Tuishou ist für das "Spielerische", in dem Sinne daß man über einen längeren Zeitraum mit dem anderen beschäftigt bleibt, um "Techniken" ;) auszutauschen. Das kann durchaus Schläge, Tritte, Würfe usw. beeinhalten und ein bisschen heisser (aber freundlich) hergehen. Wenn der andere aber unkooperativ auf dich eingschlägt usw. ankommt, dann heisst es, notfalls 'rausgehen und ansonsten 'reingehen. Und so schnell wie möglich abschliessen. Dieses auf Mitteldistanz bleiben und - wie es mir scheint - 'traditionell schulhofmäßig' die Fäuste aufeinander schwingen, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn es wirklich "Grossmeister" wären, hätten der einer oder andere bei der Trefferquote spätestens schon nach einer Minute zum Boden gehen müssen. Op heute oder vor 100 Jahren.
Aber nochmals, ich bleibe offen für Input!

Schöne Grüsse,

Giles

PS. Und bin jetzt vorerst verreist, also bis in ein paar Tagen..

hkghost
16-10-2008, 20:48
Zu was für Erkenntnissen bist du denn bei den Zeitlupenstudien des Videos gekommen ?

Kann ich dir sagen...

Beide Kaempfer haben ausgezeichtete Balance, Geschwindigkeit und Kraft. Das Ganze wirkt etwas unbeholfen, weil sie enorme Kraefte aufeinander uebertragen - unsereins wuerde einfach umfallen oder ernsthafte Verletzungen, z.B. Knochenbrueche davontragen.

Lenke mal deine Aufmerksamkeit auf Zeitindex 3:05

Der Angreifer (von rechts) schlaegt eine Serie von Fauststoessen. Dabei verbindet er Ellenbogen und Huefte und bezieht Kraft aus dem Boden. Der ganze Koerper kommt dabei zum Einsatz. Der Verteidiger versucht, zu kontern, scheitert aber an der besseren Struktur des Angreifers - dieser durchschlaegt seine Verteidigung. Sowas kann man bei fortgeschrittenem Wing Chun auch sehen. Oder bei jedem sogenannten 'inneren Stil'. Ich habe mittlerweile eine ganze Reihe Leute kennengelernt, die solche 'unstoppbaren' Bewegungen ausfuehren koennen - schnell oder langsam.

Zweites Beispiel: 6:34

Check mal, wie enspannt die Arme beider Kaempfer sind. Das sieht vielleicht etwas albern aus fuer unsere Augen, Fakt ist aber, dass man mit entspannten Muskeln hoehere Geschwindigkeiten und mehr Bewegungsmoment erreichen kann als mit angespannten. Die Bewegung aehnelt der einer Peitsche. Wieviel Kraft das ist, kannst du jedesmal sehen wenn einer einen Treffer kassiert.

Dabei muss man im Hinterkopf haben, dass die Kerle nur schaetzungsweise zwischen 55 und 65 Kilo wiegen. Das kann man nicht mit einem 95 Kilo Boxer vergleichen. Die Tatsache dass beide am Ende des Kampfes noch stehen, verdanken sie der Faehigkeit, hereinkommende Energie abzuleiten bzw. zurueck zu geben. Ich waere nach den ersten Treffern wahrscheinlich k.o. oder tot.

Als ich das Video zum ersten mal gesehen habe, fiel mir sofort die mangelnde Deckung auf. Zumindest hielt ich es fuer mangelnde Deckung. Mittlerweile denke ich, dass Schlaege dieser Geschwindigkeit gar nicht vernuenftig zu blocken sind. Im besten Falle holt man sich dabei ein paar Schmerzen und verliert seine Struktur. Beide versuchen also, entweder auszuweichen, oder die Kraft des gegnerischen Angriffs in einen eigenen Konter zu integrieren. Manchmal funktioniert das ganz gut. Zumeist trifft eine Attacke aber ungebremst das Ziel - fast immer den Kopf. Dummerweise sind beide etwa gleich effektiv, weshalb viele Bewegungen ungeschickt wirken. Ich halte das vorallem fuer ein Resultat der Treffer, die beide einstecken muessen. Sowas stoert ungemein, denke ich.

Dieser Kampf in meinen Augen unglaublich brutal. Moegliche schwere Verletzungen des Gegners bis hin zum eventuellen Tod werden offenbar in Kauf genommen. So sieht das wohl aus, wenn zwei innere Stile gegeneinander gestellt sind. Und das ist vermutlich der Grund, warum man das recht selten im Fernsehen sieht.

Waerend ich das hier geschrieben habe, ist mir aber mehr und mehr egal geworden, was irgendwer darueber denkt. Ich habs nur fuer Bluemonkey gepostet, weil der sowas mal in der Anwendung sehen wollte - da ist mir halt dieses olle verstaubte Video eingefallen.

@giles:

Du magst mit der Vermutung recht haben, dass vielleicht seltsame Reglementierungen in Kraft waren. Vielleicht fuerchten aber Beide auch den engen Kontakt, weil man aus kurzer Distanz so gut wie nichts mehr gegen eine Attacke dieser Geschwindigkeit unternehmen kann. Deshalb bewegen sich beide am Rande der Distanz, bei der die eigene Wahrnehmung noch eine Rolle spielt.

Vielleicht ist der Grund auch ein ganz anderer, z.B. der hoehere Unterhaltungswert einer Schlaegerei. Keine Ahnung.

Auf jeden Fall sind die Typen keine Anfaenger... und peinlich ist das sicher auch nicht. Man sollte nicht erwarten, dass ein Kampf einer Form oder Uebung aehnelt. Das hab ich noch nie gesehen. Auch Wing Chun sieht in der Anwendung weder aus wie Chi Sao, noch wie die Form.

Aber Ansaetze der White Crane Form und Tai Chi Form sieht man in fast allen Angriffen dieses Kampfes. Es laesst sich jederzeit sagen, wer von den Beiden welchen Stil anwendet.

Ansonsten einen schoenen Urlaub, Giles! Nix fuer ungut... die Sache ist ueber 50 Jahre her - kein Grund zu streiten. Unsere westlichen Boxkaempfe dieser Zeit wirken heute auch extrem albern.

bluemonkey
16-10-2008, 23:14
Da:

Tai Chi gegen Kranich (http://hk.youtube.com/watch?v=M1KQefb7UnU)

Das sieht selbst in Zeitlupe nicht wie Tai Chi aus. Der Typ ist aber seinerzeit Grossmeister gewesen (was immer das bedeuten mag). Der Kranich-Stil enthaelt viele Elemente von Tai Chi, ein Laie kann eventuell keinen Unterschied sehen.

Ich meinte die Geschichten, die berichten, wie ein Meister oder Großmeister (Großmeister ist einfach Meister eines Meisters, so wie Großvater der Vater eines Vaters ist) unerwartet angegriffen wird und der Angreifer derartig in's Eck oder auf einen hohen Balken fliegt, dass er die Lust verliert...
Wenn ich zwei Typen sehen will, die sich ohne Deckung in die Fresse schlagen, guck ich mir einen Rocky-Film an:p.

hkghost
17-10-2008, 00:05
Ich meinte die Geschichten, die berichten, wie ein Meister oder Großmeister (Großmeister ist einfach Meister eines Meisters, so wie Großvater der Vater eines Vaters ist) unerwartet angegriffen wird und der Angreifer derartig in's Eck oder auf einen hohen Balken fliegt, dass er die Lust verliert...


Sorry, mit sowas kann ich nicht dienen. Diese beiden Herren sind wohl Grossmeister, aber von 'unerwartet angegriffen' kann man nicht sprechen.



Wenn ich zwei Typen sehen will, die sich ohne Deckung in die Fresse schlagen, guck ich mir einen Rocky-Film an:p.

Ist sicher unterhaltsamer und man kann auch nicht darueber streiten. :)

Klaus
17-10-2008, 01:16
Man kann sich den Kampf auch irgendwie schön reden. Der eine war alt und lange ohne Training wie es aussah, der andere konnte nix und wollte trotzdem auf sich aufmerksam machen. Und damit auch gar nichts schief gehen kann wurde dem Taiji-Menschen dann auch das Ringen verboten. Toll. Wo da enorme Kräfte übertragen wurden erschliesst sich mir nicht, ich kann nur sagen, selbst jetzt noch würde ich mich mit diesem Typen in einen Ring stellen. Voraussetzung allerdings, Boxhandschuhe, und ich darf auch zurückschlagen. Es nervt einfach nur noch, wenn ungelenke Typen als Grossmeister verkauft werden weil sie sich selbst als solche bezeichnen, oder genügend Blöde gefunden haben die sie für solche halten.

bluemonkey
17-10-2008, 07:39
Check mal, wie enspannt die Arme beider Kaempfer sind. Das sieht vielleicht etwas albern aus fuer unsere Augen, Fakt ist aber, dass man mit entspannten Muskeln hoehere Geschwindigkeiten und mehr Bewegungsmoment erreichen kann als mit angespannten. Die Bewegung aehnelt der einer Peitsche. Wieviel Kraft das ist, kannst du jedesmal sehen wenn einer einen Treffer kassiert.


Der hier hat auch schön entspannte Arme: YouTube - Jerome Le Banner VS Yong Soo Park (http://de.youtube.com/watch?v=FjLvoycXQfA)

Ich würde mal behaupten, die sind einfach platt, hätten sie vorher eine Deckung gehabt, würden sie die wahrscheinlich nicht mehr hochhalten können. Der Schnauzertyp macht nur noch Hammerschläge, die er vorher sekundenlang ankündigt und fällt durch den Schwung teilweise fast selber um.
Einmal ist er nach einem Kick des anderen in einer Position, in der ihm jeder halbwegs gute Boxer, Thaiboxer oder MMA-Kämpfer einen oder zwei Haken verpasst hätte, von denen er sich wahrscheinlich nicht mehr erholt hätte.
Sein Gegner macht aber nix und wartet ab, bis er sich erholt hat. Wude?



Du magst mit der Vermutung recht haben, dass vielleicht seltsame Reglementierungen in Kraft waren. Vielleicht fuerchten aber Beide auch den engen Kontakt, weil man aus kurzer Distanz so gut wie nichts mehr gegen eine Attacke dieser Geschwindigkeit unternehmen kann. Deshalb bewegen sich beide am Rande der Distanz, bei der die eigene Wahrnehmung noch eine Rolle spielt.


Das erinnert mich an Aussagen von Taijiquan-Lehrern, die nur mit fortgeschrittenen Schülern pushen, weil Anfänger noch nicht mit der Energie umgehen können:rolleyes:.
Ich hab mir gestern noch alte westliche Boxkämpfe von Jack Johnson und Rocky Marciano angesehen (also von vor 50 und vor 100 Jahren). Erstens find ich die nicht albern (ist aber sicher Geschmacksache) zweitens retten sich die Unterlegenen da eher in den Clinch, als dass sie sich umdrehen und wegrennen, wie einer der GMs. Taijiquan ist eine KK die gerade im engen Kontakt eine gute Wahrnehmung gewährleisten sollte (Tingjin). Ob einer der beiden auf kurze Distanz härter schlagen kann, als Rocky Marciano wage ich zu bezweifeln:D.
Darüberhinaus fällt auf, dass die beiden Protagonisten teilweise auch während sie Schlagkombinationen anbringen noch rumhüpfen. das ist nicht gerade Taijitypisch.




Aber Ansaetze der White Crane Form und Tai Chi Form sieht man in fast allen Angriffen dieses Kampfes. Es laesst sich jederzeit sagen, wer von den Beiden welchen Stil anwendet.


Das ist ja das Problem: Die scheinen mehr mit damit beschäftigt, ihr Ding zu machen ("Ich mach jetzt mal einen Hammerschlag, vielleicht läuft er mir ja rein"), anstatt Situationsgerecht zu agieren, was ich von einem Taijiquan-GM erwarten würde.
Das erinnert mich an den Bericht eines KungFu-Meisters, der bei Vollkontaktkämpfen in Asien zunächst Prügel bezogen hat, weil er unbedingt seine KungFu-Techniken einbringen wollte. Als er sich dann darauf verlegte, die anderen einfach umzuhauen (worin er wohl schon Erfahrungswerte besaß) sah die Sache ganz anders aus.
Mir wird erzählt, dass bei einer Herausfoderung eines guten Taijiquanmeisters durch Praktizierende anderer Stile teilweise weder Taijiquan noch der andere Stil zu sehen war, weil der Taijimann auf die Anfangsbewegung des Herausforderers reagierte, bevor sich dessen Stil entfalten konnte. Und bei einem Schlag auf in's Gesicht oder einem Fingerstich in's Auge muss man schon genau hingucken um eine Taijiquan-Formfigur zu erkennen.
(Allerdings hab ich das noch nie selbst gesehen, und selber machen kann ich's nicht :()

Freier Geist
17-10-2008, 14:34
Mir wird erzählt, dass ... (Allerdings hab ich das noch nie selbst gesehen, und selber machen kann ich's nicht :()

Den Eindruck habe ich öfter. Ansonsten frage ich mich, was das mit dem Thema dieses Threads zu tun hat.

Gruß

Freier Geist

Hengli
17-10-2008, 15:04
Wer spricht von Anwendungen und Techniken beim Taijiquan? Das Ziel ist doch Energie zu verstehen und anzuwenden/umzulenken/abzuleiten/etc., oder nicht? Und wenn man dieses Ziel erreicht hat, braucht man doch keine spezielle Anwendung/Technik mehr, denn dann reagiert man vollkommen natürlich. Dann ist es auch völlig egal, mit was der Gegner im Nahkampf angreift.
Und was sollen denn Angreifer jetzt anders machen? Die Menschen haben noch immer zwei Arme und zwei Beine.
volle zustimmung. zu sagen die anwendungen von damals wären nicht mehr blabla.. das zeugt von wirklich nicht vorhandenem verständnis um was es bei taiji als kampfkunst geht. etwas viel fundamentaleres als "techniken" oder "brinsipien" ;-)
gruss he

bluemonkey
17-10-2008, 17:42
Den Eindruck habe ich öfter. Ansonsten frage ich mich, was das mit dem Thema dieses Threads zu tun hat.


ganz einfach: Thread: Taijitechniken veraltet? -> Antwort: es gibt keine taijispezifischen Techniken, Beispiel: Meister werden angegriffen und reagieren, ohne dass man taijispezifische Techniken sieht :) es geht um den Inhalt, nicht um die Verpackung

Klaus
17-10-2008, 18:47
Das ist aber ein ganz schlechtes Beispiel, auch für "Meister". Wobei die Regeln (alles ausser Hauen verboten) nichts anderes zugelassen haben, aber das geht besser.

wfn.j
21-10-2008, 00:46
Hat eigentlich schon mal einer der aktuellen Taijiquan-Meister eine Form für eine heutige Waffe (oder Alltagsgegenstand) entwickelt?

Gruß,
Wolfgang

bluemonkey
21-10-2008, 01:36
Hat eigentlich schon mal einer der aktuellen Taijiquan-Meister eine Form für eine heutige Waffe (oder Alltagsgegenstand) entwickelt?

Gruß,
Wolfgang

Passend zum Rentnerkarate:

Spazierstockform (http://www.tai-chi-westerkappeln.de/Bilder/Spazierstockform/thumbs.html)

john_doe
21-10-2008, 08:10
Hallo zusammen!



Hat eigentlich schon mal einer der aktuellen Taijiquan-Meister eine Form für eine heutige Waffe (oder Alltagsgegenstand) entwickelt?

Das würde mich auch interessieren - außer den wie von bluemonkey schon beispielhaft aufgeführten Spazierstock- und den meines Wissens existierenden Regenschirmformen (wiewohl ich nicht weiß, ob es die auch im Taijiquan gibt) kenne ich auch nichts "Zeitgenössisches".

Abgesehen davon ließ sich noch darüber diskutieren, inwieweit Spazierstock-/Regenschirmformen nicht auf z.B. älteren Säbel-/Schwertformen basieren.

Ich denke, daß die Einführung der Feuerwaffen die entscheidende Zäsur war, die das Entwickeln von Formen mit "modernen" (Alltags-)Gegenständen überflüssig machte.

Dennoch halte ich das Üben mit "alten" Waffen bzw. von überlieferten Formen nicht für sinnlos - ich bin der Auffassung, daß sich die Prinzipien durchaus auch auf heutige Gegenstände - wenn auch sicher nicht auf alle - übertragen lassen.


Schöne Grüße,
john_doe

Lindo
21-10-2008, 18:04
wär das nicht mal ne Aufgabe für ein Meisterstück???
Ne Form entwickeln für z.B. nen Palmstick oder ne 6er Maglite oder(aber das lasst mal sein, weil hab ich mir feste vorgenommen:D) ne Tapetenschere. Es gibt soviel was man da nutzen könnte: Küchenbeil, kurze Kette, Zimmermannsbleistift, Flasche, rock-in-a-sock, Besen, Tonfa, Pizzaschneider, Handy (obwohl das ist genau wie palmstick), oder mal ganz freaky- EC-Karte. Jetzt hab ich zwar ein bißchen weit ausgeholt, aber in anderen Künsten gibts so ne Auswahl.

In Bas Ruttens Worten: take everything, the world is yours.

Solls nicht auch ne Dolchform geben? Die wäre ja auf fast jedes schneidwerkzeug zu übertragen.

Ahoi
Lindo

"GZA"
21-10-2008, 19:40
Es gibt auch Bagua Formen die mit den Emei-Nadeln arbeiten das müsste auch übertragbar auf Palmsticks,Kugelschreiber etc sein

Huangshan
21-10-2008, 19:56
Hy

Hier sind ein paar Video mit dem Regenschirm , zwar aus dem Waijia sind jedoch auch auf andere Stile übertragbar(Improvisation)!

YouTube - Umbrella Form Hong Kong July 2008 (http://de.youtube.com/watch?v=1EIZJUddRbc&feature=related)

YouTube - Taiji Umbrella Form (http://de.youtube.com/watch?v=AMX0vwUtQq8)


Meiner Meinung nach gilt die Ausgangsfrage für alle chinesischen Stile.
Die früheren Kampfkünstler haben auch die Kampfkünste ihren Zeiten oft angepasst.
Man kann Prinzipien,Techniken usw. aus dem traditionellen Stilen nach einigen Modifizierungen auch z.B. auf moderne Waffen,Gegenstände übertragen(Kreativität) und sich damit modernen Kampfsituationen anpassen.(Szenarien Training)

YouTube - Self Defense Using Your Environment (http://de.youtube.com/watch?v=EnG7pDvSPdA);)

wfn.j
21-10-2008, 20:44
Dennoch halte ich das Üben mit "alten" Waffen bzw. von überlieferten Formen nicht für sinnlos - ich bin der Auffassung, daß sich die Prinzipien durchaus auch auf heutige Gegenstände - wenn auch sicher nicht auf alle - übertragen lassen.
Dazu kommt noch: Das Training von Formen mit einigermaßen schweren Waffen wie Schwert, Speer usw. hilft dabei, zu lernen wie man den Körper als Einheit bewegt. Und ob man dazu ein Schwert oder einen Regenschirm als Trainingsgerät benutzt, spielt ja keine Rolle.

Gruß,
Wolfgang

bluemonkey
21-10-2008, 20:49
YouTube - Self Defense Using Your Environment (http://de.youtube.com/watch?v=EnG7pDvSPdA);)

Wieviele Leute hat der Lehrer schon auf dem Gewissen? Ich meine Schüler, die geglaubt haben, dass der Quatsch funktioniert:D.

bluemonkey
21-10-2008, 20:57
Selbstverteidigung mit Tisch, Stuhl, Jacke, Gibskartonplatten, Besen und... einer Klappleiter (http://www.youtube.com/watch?v=rpbWoIun6vg&feature=related):p

Drachin
21-10-2008, 21:13
Nichts geht über die Leiterform. Oh Mann, cool. :respekt:

Huangshan
21-10-2008, 22:06
Die Leute waren schon früher kreativ!

YouTube - ??? ?? (http://de.youtube.com/watch?v=q_UV9ysGxNw&feature=related)

YouTube - ???? - Hung Fut Hoe (http://de.youtube.com/watch?v=tuFerDNzmyE)

http://de.youtube.com/watch?v=2cEjgPiiTn8&feature=related

:zwinkern:

bluemonkey
21-10-2008, 22:17
Die Leute waren schon früher kreativ!

YouTube - ??? ?? (http://de.youtube.com/watch?v=q_UV9ysGxNw&feature=related)


:cool: "China trainiert für das Oktoberfest":D