Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Circle Walking Erfahrungen



TQ
13-11-2008, 10:39
Hallo,

Ich praktiziere zurzeit neben anderen Sachen auch das Bagua Circle Walking seit einigen Monaten. Dabei fällt mir auf das ich durch die Wechsel und "vertwistungen" ganz gut meine Körpermitte spüre und gleichzeitig in der MItte fester werde.

Was mich interessieren würde ist:

1. Was für Erfahrungen habt ihr mit Bagua Zhang gemacht ?

2. Was für Stepping Methoden kennt ihr oder praktiziert ihr ?
Ich gehe entweder in Mud Step (tang ni bu) oder normales gehen.

Freu mich auf eure Postings und besonders auf die 2 Frage würde ich mich sehr freuen.

B.Leibt
13-11-2008, 16:47
Hallo,

ich mache kein Bagua, sondern nur Kreislaufen. Ich gehe dabei normal. Meine Balance hat sich verbessert. Du hast ja einige Stile in Deinem Profil, wer sind denn Deine Lehrer?

B.Leibt

TQ
13-11-2008, 20:02
Hallo B.leibt,

Bagua habe ich bei Herrn Zhu an der Sportuni köln gelernt. Fürs Taiji und jkd hab ich andere Lehrer.

Ja, die Balance wird auch geschult. Bei manchen Sachen muss man gut auf das Gleichgewicht achten.^^

Kenst du noch andere Circle Walking Methoden ?

Hongmen
14-11-2008, 21:23
hi tq
versuche die mitte zu halten, auch wenn du schritte veränderst. üb dich erst in dem was dein lehrer dir beibringt. dann experimentiere. nicht nur mit der schritttechnik, auch mit verschiedenen "armen". aber halte die mitte, dann verstehst du pakua.

glaube ich jedenfalls;)

gruß
hongmen

nagual
15-11-2008, 12:21
Die eigentliche Sache fängt man dann an zu verstehen, wenn man die verschiedenen linearen und zirkulären, die radialen, tangentialen und spiraligen Kräfte spürt und in verschiedene dynamisch-paradoxe Spannungsfelder bringt; um es mal so auszudrücken.
Wenn man z.B. die "Fliehkräfte" durch das Drehen, das beim Kreislaufen entsteht, in eine leichte und spezielle Krümmung der Wirbelsäule bringt, und sich dadurch ein Spannung-Entspannung-Muster ergibt, welches auch in die Arme und Beine hinstrahlt und dadurch einzigartig ist, je nach Armhaltung z.B..
Wenn sich die Körper trotz unterschiedlicher Armhaltungen immer gleich anfühlt, und man bei anderen Armhaltungen auch keine anderen Ideen in die gesamte Körperhaltung reinbringt, macht man was falsch, bzw. man übt eben ein äußert oberflächliches Konzept.

Ansonsten macht man nur Taiji im Kreis und bleibt dem eigentlichen Kern gegenüber ignorant.

Andreas23
15-11-2008, 17:31
Uebrigens gibt es auch im Taijiquan im Kreis laufen, naemlich in der Doppelschwertform im Chen-Stil. Siehe z.B.:

YouTube - Chen Taijiquan - Double Swords form (http://www.youtube.com/watch?v=ReHu7BGzFAQ)

so ab 2:05.

nagual
15-11-2008, 17:43
Durch so ein paar Schritte Kreislaufen in einer Form kann der eigentliche Effekt, nämlich diese leicht gebogenen Körperspannungen etc. nicht entstehen.
Das ganze ist wohl ein Teil dieser Mode oder Sitte in China, dass man einzelne Elemente, Ideen und auffällige Merkmale aus anderen Künsten irgendwie Demo-mäßig oder an den eigenen Stil angepasst in seine Formen integriert, so im Sinne, das können wir auch.
Prinzipiell ja auch erlaubt und richtig so, denn man soll ja von allen lernen, wo immer man kann, und niemand hat Wissen oder Methoden auf Dauer gepachtet.
Aber drei Schritte Kreislaufen sind eben nicht 30 Minuten oder 3 Stunden Kreislaufen, sollte man nicht vergessen.

bluemonkey
15-11-2008, 18:03
Die eigentliche Sache fängt man dann an zu verstehen, wenn man die verschiedenen linearen und zirkulären, die radialen, tangentialen und spiraligen Kräfte spürt und in verschiedene dynamisch-paradoxe Spannungsfelder bringt; um es mal so auszudrücken.
Wenn man z.B. die "Fliehkräfte" durch das Drehen, das beim Kreislaufen entsteht, in eine leichte und spezielle Krümmung der Wirbelsäule bringt, und sich dadurch ein Spannung-Entspannung-Muster ergibt, welches auch in die Arme und Beine hinstrahlt und dadurch einzigartig ist, je nach Armhaltung z.B..

Hört sich interessant an.:cool:

Kann man das Kreislaufen auch als losgelöste Übung praktizieren und daraus Nutzen ziehen, oder ist es nur als Teil des System Bagua wirklich wirkungsvoll?

nagual
15-11-2008, 19:37
Kann man das Kreislaufen auch als losgelöste Übung praktizieren und daraus Nutzen ziehen, oder ist es nur als Teil des System Bagua wirklich wirkungsvoll?Nein, das Kreislaufen kann man auch machen, ohne sonstige Bagua-Formen oder -Techniken zu praktizieren, und man hat trotzdem die entscheidenden Effekte. Die Formen und sonstige Übungen (z.B. irgendwelche Spiralübungen, Stellungen usw.) sollen den Weg freimachen, wie man die verschiedenen Handhaltungen und die durch das Kreislaufen trainierten Kräfte/Haltungstrukturen in Anwendungen nutzen kann.

Ursprünglich war Baguazhang nur als Kreislauf-Meditation-Strukturtraining gedacht, und jeder Praktiker sollte sich selbst individuell um sein Technikrepertoire kümmern, um eben die Kreislauftrainingseffekte auch praktisch im Kampf und SV nutzen zu können. (Daraus haben die Leute dann die Formen usw. entwickelt, zuerst nur die Richtungswechsel, die dann immer länger geworden sind, bis es irgendwann komplexe Formen, vor allem auch Demo-Formen waren.)

Also Bagua=Kreislaufen kann nie falsch sein, wobei aber eben nicht jede beliebige Art im Kreis zu laufen alle Effekte bringt, sondern man muss sich um die detaillierten Effekte schon kümmern, indem man bestimmte Details beim Kreislaufen auch realisiert.
Diese Details beschreibe ich hier aber nicht, sondern zeige sie nur manchen Leuten persönlich, wenn ich sie etwas näher kennengelernt habe.

Hongmen
15-11-2008, 23:26
Hört sich interessant an.:cool:

Kann man das Kreislaufen auch als losgelöste Übung praktizieren und daraus Nutzen ziehen, oder ist es nur als Teil des System Bagua wirklich wirkungsvoll?

ja. du musst nur auf dich selbst hören! es gibt vorgaben die als übungen "gemacht" werden sollten. aber wie in allen "inneren" disziplinen musst du vom "äußeren" loslassen. dann wird pakua, für dich, wirkungsvoll.

hongmen

nagual
16-11-2008, 13:43
Es gibt da schon so ein paar Sachen, wo es extrem unwahrscheinlich ist, dass man die herausfindet, indem man "auf sich hört", und alles so macht, wie man glaubt, dass "innerlich" ist. Wie gesagt, ist insbesondere die "Innerlichkeit" vom Taijiquan-Konzept oft eine echte Scheuklappe, die einen hindern kann, das eigentliche Spektrum zu erkennen.
Aber es gibt ja auch Leute, die brauchen z.B. als Klavierspieler keine Sonaten von Chopin durch Abspielen von Notenblättern zu erlernen, sie komponieren oder besser improvisieren sie einfach neu, oder sogar bessere Sonaten. Niemand wird bestreiten können, dass das möglich ist. Chopin hat schießlich auch nichts anderes gemacht, in diesem Sinne, also los.., hört auf euer Innerstes, da sind sicherlich noch viel größere und genialere Kunstwerke und ganze Kampfkünste versteckt, die nur darauf warten, ans Tageslicht geschaufelt zu werden.

bluemonkey
16-11-2008, 18:18
Wie gesagt, ist insbesondere die "Innerlichkeit" vom Taijiquan-Konzept oft eine echte Scheuklappe, die einen hindern kann, das eigentliche Spektrum zu erkennen.

:confused:

nagual
16-11-2008, 20:01
:confused:

Weil es eben zu einfach gedacht ist, in einer Weise im Kreis zu laufen, die zwar Taiji-mäßig innerlich ist, aber sonst keine weiteren Ideen, Regeln und Leitlinien enthält. Wenn man dann glaubt, die taiji-mäßige Innerlichkeit wäre alles, und alles andere könne nur unwichtig oder falsch sein (z.B. weil scheinbar "äußerlich"), dann hat man Scheuklappen auf.
In zweierlei Hinsicht: 1. Die Aspekte, die von der Taiji-mäßigen Innerlichkeit abweichen, werden zu Unrecht ausgeblendet, und 2. die Möglichkeiten, was es 'innerhalb' der Taiji-mäßigen Innerlichkeit gibt, die zwar für das Kreislaufen nicht falsch sein müssen, werden fälschlicher- oder ungünstigerweise als beliebige, weil allesamt nicht wirklich falsche Möglichkeiten betrachtet. Auch dadurch können wichtige Aspekte übersehen werden, bzw. in den Bereich der unwichtigen und beliebigen Aspekte verschoben werden.

Im Taiji wird oft argumentiert, dass man eine Figur so oder so oder noch anders ausführen könnte, und alles wäre richtig, weil eben dem Taiji-Prinzip entsprechend, wenn alles schon sauber innerlich gemacht wird.
Dies Denken ist für Bagua fehl am Platz, und die Variationen im Bagua sollten nach anderen Regeln erfolgen, die man aber kennen muss, und nicht blind und nach eigenem Gutdünken von der eigenen Taiji-Praxis ins Kreislaufen kopieren sollte.
Genau das machen leider viele Leute, auch Chinesen, die neben Taiji noch eine Handvoll andere Neijias praktizieren, und alles läuft nach dem selben Schema F. Das ist es, was ich als oberflächlich bezeichne.

Die Taiji-Kultur hat schon genug Probleme, den Kampfkunst-Charakter ihrer Kunst zu erhalten und konzeptionell in saubere Strukturen zu packen. Genau diese Schwächen werden durch diesen Universal-Neijia-Ansatz-alles-innerliche-ist-gleich-Blödsinn in andere Künste transportiert, obwohl das eigentlich nicht nötig wäre, wenn die inhaltlichen Konzepte der verschiedenen Neijia-KKs genauer betrachtet würden. Diese Konzepte beinhalten nämlich die Unterschiede und überhaupt den Sinn der Übungen, und diese Konzepte erschöpfen sich nicht in allgemeinem blabla über Innerlichkeit und Loslassen des Äußeren und ähnlichen Scheuklappenphrasen.

GuanYu
17-11-2008, 08:05
Guter Beitrag. Ich halte diese Herangehensweise allerdings für Taijiquan genauso problematisch für Bagua, egal wie gängig sie ist.

pilger
17-11-2008, 09:25
....

Im Taiji wird oft argumentiert, dass man eine Figur so oder so oder noch anders ausführen könnte, und alles wäre richtig, weil eben dem Taiji-Prinzip entsprechend, wenn alles schon sauber innerlich gemacht wird.
Dies Denken ist für Bagua fehl am Platz, und die Variationen im Bagua sollten nach anderen Regeln erfolgen, die man aber kennen muss, und nicht blind und nach eigenem Gutdünken von der eigenen Taiji-Praxis ins Kreislaufen kopieren sollte.


Hallo Nagual,

da scheine ich aber Glück mit meinem Lehrer zu haben. Denn er korrigiert die Form "gnadenlos". Wenn man eine Figur etwas anders läuft, selbst wenn sie SCHEINBAR den Prinzipien entspricht, kommt er und sagt: So bitte nicht, weil...
Es folgt dann eine Erklärung, die oft auf die Anwendungen bezogen ist und auch erklärt er, warum man den Effekt der Figur evtl. durch die Abänderung, welche garnicht groß sein muss, zerstören kann.
Natürlich sagt er auch, dass niemand mit seiner Form den Lehrer einfach kopieren soll und dass sie bei jedem individuell etwas anders aussehen wird auf Grund Körperbau usw. Aber die Bewegungen ansich sollen eben NICHT abgeändert werden.

Jedenfalls bin ich froh um diese Tatsache, dass er dies so unterrichtet.

Ich glaube auch , dass es viele Tai Chi Praktiker gibt, die sich dieser Sachen schon bewusst sind, aber sicher magst Du recht haben, dass oft (vielleicht sogar sehr sehr oft) Sachen abgeändert und sich zurechtgeredet werden. Vielleicht eine Krankheit einiger Taiji-Spieler, die glauben, auf diese Art (nämlich Sachen abzuändern) ihre Individualität zu behalten/zu erlangen, was auch immer. Kommt vielleicht ein bißchen aus der Eso-Ecke heraus, wo das ja scheinbar oft ganz groß geschrieben wird, ja nicht sein wie der/die andere. Dass wahre Individualität damit aber nichts zu tun hat und in manchen Dingen, wie eben hier, eine Individualität in Form des anders Machens gar nicht angebracht ist, wird hier scheinbar häufig übersehen.
Eine Individualität im Tai Chi (!!auch ohne Abändern von Bewegungen!!) stellt sich beim REGELMÄSSIGEN Üben sowieso mit der Zeit ein. Da braucht´s keine willentliche Änderung, die ist eher dem Tai Chi und auch der Entwicklung der Person abträglich. So meine kleine bescheidene Meinung.

Grüße
Pilger

Reenster
17-11-2008, 11:55
Hallo!

Praktiziere auch das Kreislaufen zur Stärkung der Balance und der Beweglichkeit in der Hüfte, verbessert generell die Schrittarbeit. Mache allerdings XingYi, kein Bagua.
Ist meiner Meinung und Erfahrung nach eine tolle Ergänzung!

So intensiv, wie meine Hände dabei kribbeln, erlebe ich es selten beim XingYi!


Greetz

bluemonkey
17-11-2008, 20:16
Weil es eben zu einfach gedacht ist, in einer Weise im Kreis zu laufen, die zwar Taiji-mäßig innerlich ist, aber sonst keine weiteren Ideen, Regeln und Leitlinien enthält. Wenn man dann glaubt, die taiji-mäßige Innerlichkeit wäre alles, und alles andere könne nur unwichtig oder falsch sein (z.B. weil scheinbar "äußerlich"), dann hat man Scheuklappen auf.

Ach so, ich dachte das wäre auf das Taijiquan-Spektrum bezogen. Wenn ich dächte, im (Chen-) Taijiquan wäre alles enthalten, dann fände ich Bagua-Kreislaufen ja nicht wirklich interessant.
Es gibt sicherlich Schnittmengen, aber eben sicherlich auch andere Methoden den Körper zu bewegen, die sich ergänzen, aber eventuell auch widersprechen können.

TQ
18-11-2008, 11:13
Hallo,

danke für euren interessanten Postings.

hab da eine frage an nagual: da du dich intensiv mit BGZ beschäftigt hast bzw. dein Stil ist, möchte ich gerne von dir wissen, ob du schonmal vorher andere Sachen wie Taiji trainiert hast ?
Wenn ja, was gefällt dir persönlich so sehr an BGZ oder anders gefragt:
Welche inhaltlichen Konzepte hat das BGZ was das TJQ nicht hat ?
Du muss nicht ganz ins Details gehen. Es reichen ein paar Bsp. :)

Bis jetzt dachte ich immer, dass Neijia Stile alle gleich sind. KLar, die haben unterschiedliche Trainingsmethoden aber im Kern trainieren die doch dasselbe..vllt. kann mich einer mal kurz aufklären...:)

nagual
18-11-2008, 12:54
Hallo,

danke für euren interessanten Postings.

hab da eine frage an nagual: da du dich intensiv mit BGZ beschäftigt hast bzw. dein Stil ist, möchte ich gerne von dir wissen, ob du schonmal vorher andere Sachen wie Taiji trainiert hast ?
Wenn ja, was gefällt dir persönlich so sehr an BGZ oder anders gefragt:
Welche inhaltlichen Konzepte hat das BGZ was das TJQ nicht hat ?
Du muss nicht ganz ins Details gehen. Es reichen ein paar Bsp. :)

Bis jetzt dachte ich immer, dass Neijia Stile alle gleich sind. KLar, die haben unterschiedliche Trainingsmethoden aber im Kern trainieren die doch dasselbe..vllt. kann mich einer mal kurz aufklären...:)

Ich habe von ca. 1995 bis 2002 auch Taiji trainiert, verschiedene Stil. Seit 1997 trainiere ich Baguazhang, seit 2002 nur noch Yin Stil Baguazhang.
Yin Stil Bagua unterscheidet sich von Taiji-Stilen deutlicher als andere Bagua-Stile, aber in prinzipieller Hinsicht sollten die Unterschiede bei allen Bagua-Stilen im Hinblick auf Taiji-Stile vorhanden sein, wenn auch weniger ggf. sichtbar ausgeprägt.
Gemeinsamkeiten gibt es hinsichtlich der allgemeinen Angelegenheit, dass der Körper durch Qigong energetisch aufgeladen werden sollte, die Energie und der Schwerpunkt abgesenkt werden soll, und Bewegungen aus dem Unterbauch geführt werden soll. Im Detail gibt es aber auch hier schon Unterschiede, die sich aus der gesamten ideellen Vernetzung der tragenden Ideen ergeben.
Viele Neijia-ler, auch Chinesen, konzentrieren sich in ihrem Training aber nur auf diese allgemeinen Aspekte, und betrachten die Variationsmöglichkeiten dieser Sache als beliebige Varianten des Taiji-Prinzips. Dadurch werden Künste wie Bagua, Xingyi, Tongbei und andere Neijia-KKs in konzeptioneller Hinsicht zu beliebigen Varianten des Taiji-Prinzips, also zu einer Art Taiji-Unterstile mit etwas kurioserem Charakter. Dieses Denken ist auch in China sehr verbreitet, insbesondere auch in Richtung Varianten, die starke modern-Wushu-mäßige Eigenschaften haben. Das ganze Modern-Wushu-Zeug ist ja auch so eine Sache, wo alle möglichen inneren und äußeren traditionellen Künste in Richtung schickes Aussehen, extrem schnelle und teils akrobatische Bewegungen, kurze Renn-Einlagen u.ä. gestyled werden.
Erst wenn man bereit ist, diese Kulturphänomene, d.h. dieses Modern Wushu und auch dieses Neijia-Wushu (also alle Neijia-KKs wären nichts als beliebige Varianten des Taiji-Prinzips) als eine Art kulturelle Degenerierung zu betrachten, kann man sich den einzelnen Details der einzelnen Künste widmen, ohne sie durch dieses vorurteilsmäßige Denken zu sehen, und zu glauben, man verstehe sie bereits ohne sich jemals wirklich mit ihnen auseinandergesetzt zu haben.

Für die Unterschiede zwischen Bagua und Taiji ist u.a. folgendes relevant:
1. Das Denken ist unterschiedlich: Im Taiji wird in Yin und Yang sowie in den zentralen Anwendungs- und Kontaktmethoden/prinzipien Peng-Lü-An-Ji gedacht. Das Denken in Yin und Yang sowie Peng-Lü-An-Ji dient als mentaler und übungsmäßiger Angelpunkt der Praxis und der Anwendung.
Im Bagua denkt man traditioneller Weise NICHT so schwerpunktartig in Yin und Yang, sondern zumindest seit die Yijing-Theorie der acht Trigramme an das Kreislaufen drangeheftet wurde, denkt man eben in den Trigramm-Kategorien und dazugehörigen Assoziationen. Das Denken ist dadurch insgesamt komplexer, variantenreichen und teilweise chaotischer, oder scheinbar chaotischer, je nachdem wieviel Mühe sich ein Praktiker bei seiner mentalen Organisation der Sache gibt.
2. Die Inhalte sind unterschiedlich: Wie gesagt, die Anwendungsinhalte des Taiji orientieren sich an den Methoden/Prinzipien Peng-Lü-Ji-An und den ergänzenden Sachen wie Jie, Kao, Cai usw., und erst danach an den Inhalten der einzelnen Formfiguren. Es exisitert also eine Hierarchie: (1) Peng, (2) Lü-An-Ji, (3) Jie, Kao, Cai usw., (4) Form-Figuren mit zahlreichen einzelnen Methoden.
Im Bagua existieren anderen Methoden und Anwendungsideen, die sich zwar zum Teil mit den Methoden im Taiji überschneiden, aber eben auch anders organisiert sind. Eine Hierarchie könnte man hier folgendermaßen aufstellen:
(1) Kreislaufen (welches anstelle des Peng vor allem die flexibilität der Schrittarbeit betont, während eine Peng-artige Struktur nur nachrangig vorhanden ist), (2) Armhaltung beim Kreislaufen, die Armhaltungen sind hier der Ausgangspunkt für Anwendungen und Kraftentfaltungen, für die eben diese Arm- und Handhaltungen besonders geeignet sind, (3) Anwendungsmethoden/Prinzipien (heißen z.B. Tui, Ban, Dai usw., es gibt sehr viele davon), die den Armhaltungen zugeordnet sind. Hieraus entsteht dann eine vergleichbare, aber eben generell andere/andersartige Vielfalt als in den Formfiguren in den Taiji-Stilen. (also so, wie auch Boxer was anders machen als Ringer, vom Prinzip her, d.h. eben ein anderer Stil, anderer Stil=anderer Inhalt!!!)

Weil eben ENTWEDER das Kreislaufen und das Denken in Armhaltungen im Bagua ODER im Taiji das Denken in Yin und Yang etc. und den Taiji-Formfiguren der ZENTRALE Angelpunkt der mentalen Organisation sind, ist es äußerst wichtig, diese Arten der Organisation nicht nach Belieben zu vermischen, sondern sauber zu trennen, damit sich eben diese Organisation der Sache auch in der intuitiven Anwendung irgendwann entfalten kann.

Wenn man Bagua nur als irgendeine kuriose stylische Variante des angeblich ober-universalen Taiji-Prinzips betrachtet, verschließt man sich dadurch dem eigentlichen Kern des Bagua; das ist vergleichbar damit, als würde man versuchen die ganze Mathematik zu verstehen, in dem man grundsätzlich nur im kleinen Einmaleins rechnet, begründet damit, die Mathematik würde ja nur aus Zahlen bestehen und die kämen im kleinen Einmaleins schon alle vor, und dahinter könnte also nichts relevantes mehr zu finden sein (=Scheuklappendenken).

Konkret ist es so, dass die Armhaltungen und die Körperhaltungen beim Kreislaufen und überhaupt die Oberkörperdynamik der bagua-typischen Übungen andere körperliche Kräfte, Muskelstrukturen und einen anderen Bewegungsmodus schulen als Taiji-Formen und Figuren. Wer aber in der Art des Taiji denkt und sich ausschließlich von seinen Erfahrungen mit Taiji-Formfiguren leiten lässt, wird nicht in der Lage sein, die Bagua-Übungen so auszuführen, dass sich diese Kräfte, Kraftentfaltungsmethoden und Körperstrukturen wirklich sauber entwickeln und entfalten.

Ich kann das alles konkret zeigen, und nicht nur theoretisch beschreiben, aber in einem Forum bleibt ja bekanntermaßen nur die Theorie.

Wer sich diesem Modern-Wushu-Trend und dem All-Neijia-Taiji-Xingyi-Bagua-alles-is-eins-Mainstream anschließen will, kann sich natürlich auch darin wohlfühlen, oder von mir aus auch in die kommunistische Partei Chinas eintreten, die ja bekanntermaßen den wahren Willen des chin. Volkes verkörpert, und deren Erzählungen über historische Wahrheiten glauben. Alles eine Frage der Perspektive, um es mal etwas krass auszudrücken.

TQ
19-11-2008, 17:40
Danke Nagual für deine sehr gute und schnelle Antwort. Wenn ich mich noch tiefer in die Materie einsteigen werde, wende ich mich mal an dich. :)