Stellenwert des Kampfes und der Selbstverteidigung [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : Stellenwert des Kampfes und der Selbstverteidigung



Andreas Weitzel
30-05-2003, 15:08
Hallo,

hier möchte ich etwas mehr Aufmerksamkeit dem Stellenwert des Kampfes und der Selbstverteidigung im Systema schenken, denn in diesem Punkt unterscheidet sich die Russische Kampfkunst von manchen anderen erheblich.

Die Philisophie des Systema besagt, daß nur das gut und richtig sein kann, was dem Schöpfen, dem Schaffen, dem Erbauen dient. Nicht aber dem Zestören und Vernichten. Und gleichzeitig bietet die Russische Kampfkunst Möglichkeiten, sich gegen das Zestören zu wehren.

Was versteht man aber unter "Zestörung"? Das können viele Dinge sein: Negative emotionale und psychische Zustände und Charaktereigenschaften (Wut, Neid, Stolz, Angst, Zorn, Panik, Habgier etc.), Krankheiten und Verletzungen, psychische und körperliche Angriffe, Unfälle, Hunger, Durst, gesundheits- und lebensgefährliche Schmerzen, Beleidigungen, Vergiftungen, Naturkatastrofen usw. usf. Diese Liste kann man unendlich fortsetzen.

Wenn man sieht, sind körperliche Übergriffe nur ein von vielen Punkten. Deswegen wird eine SV-Situation (Straßenschlägerei, Raubüberfall, Vergewaltigung, Tötungsversuch etc.) oder überhaupt ein Kampf (z.B. Übungskampf) gegen andere Menschen im Systema "nur" als eine (wenn auch äußerst gefährliche) der vielen Notsituationen betrachtet, in die ein Mensch geraten kann.

Die Aufgabe ist aber, dem Menschen beizubringen, wie er aus Notsituationen grundsätzlich herauskommen kann. Deswegen wird im Systema mit größter Aufmersamkeit nicht nur der Asperkt der Selbstverteidigung behandelt, sondern auch Gesundheitserhaltung, Heilung, Psychologie, Überleben in Extremsituationen und vieles mehr. Und das alles unter Einhaltung der gemeinsamen Prinzipien und Strategien.

Gruß
Andreas

Shi Luo De
09-06-2003, 13:23
Original geschrieben von Andreas Weitzel

Die Philisophie des Systema besagt, daß nur das gut und richtig sein kann, was dem Schöpfen, dem Schaffen, dem Erbauen dient. Nicht aber dem Zestören und Vernichten. Und gleichzeitig bietet die Russische Kampfkunst Möglichkeiten, sich gegen das Zestören zu wehren.

Hallo Andreas!

Welche Lösung findet Systema denn dann für die Problemstellung, dass das, was erbaut, geschaffen werden soll, untrennbar davon ist, dass etwas anderes dabei zerstört wird?

Gruß
Florian

Andreas Weitzel
10-06-2003, 13:49
Hallo, Florian,

warum soll man etwas zerstören, um etwas zu schaffen?

Gruß
Andreas

Shi Luo De
10-06-2003, 15:41
Hallo Andreas,

ich meine damit, dass oft, wenn etwas erschaffen wird, etwas anderes dafür oder damit zerstört werden muss.
Mal von einer SV-Situation abgesehen, bei der man, um sich oder andere zu schützen, dem „Angreifer“ weh tun bzw. ihn verletzen muss, bei der man also, um sich gegen Zerstören zu wehren, meist selbst etwas zerstören muss. So ähnlich ist es auch in anderen Lebenssituationen, zum Beispiel:
Um „negative emotionale und psychische Zustände und Charaktereigenschaften...“ loszuwerden, d.h. um etwas Positives zu schaffen, muss man die negativen Eigenschaften „zerstören“.
Um einen guten Staat aufzubauen, muss davor ein anderer zerstört bzw. besiegt werden, wie das beim Ende des Dritten Reiches des Fall war.
„Hunger“: um seinen Hunger zu befrieden, muss man irgendetwas zerstören, eine Pflanze oder einen anderen lebenden Organismus.
„Schmerzen“: um schmerzfrei zu werden musst man die Schmerzen „vernichten“, sie „zerstören“.
Und so weiter, auf fast alle deine oben genannten Beispiele anwendbar.

Ich hoffe das Problem ist nicht zu abstrakt, aber ich sehe das als eine Art „Teufelskreis“; dass man um etwas zu erschaffen, etwas anderes verzichten, weglassen bzw. wirklich „zerstören muss.
Und so betrachtet würde sich die Systemaphilosophie mit Erschaffen=gut und Zerstören=schlecht in gewisser Weise widersprechen, was ich aber nicht glaube, deswegen war meine Frage nach der Lösung des Systema für dieses (philosophische) Problem.


Gruß
Florian

MMunsei
10-06-2003, 16:10
@Shi Luo De

Ich verstehe Dich nicht??

Erkläre mal wie Du dieses erschaffte Problem für dich löst?
Leides Du Hunger, bleibst Du lieber Krank, läßt Du dich ausrauben,


Ich habe kein Probelm mit Deim Probelm!

MMunsei

Shi Luo De
10-06-2003, 17:21
Nein, das hab ich nicht gemeint und nicht gesagt.
Andreas hat geschrieben, die Philosophie des Systema sieht alles was erschafft etc. als gut an, alles was zerstört etc. als schlecht.
Das ist kein praktisches Problem, "nur" ein philosophisches, weil es sich eben scheinbar widerspricht.
Die Sachen mit dem Hunger etc. waren nur Beispiele, die Andreas auch gebracht hat, um zu verdeutlichen, was ich meine.

Ich weiß auch, was Andreas mit seinem Beitrag erreichen wollte, jedenfalls glaube ich dass ich es weiß, aber zu Anfang stand eben der Satz mit dem erschaffen/zerstören, und allein darauf bezieht sich meine Frage.

Ich hab natürlich nichts gegen was Gutes zum Grillen, MMunsei :D

Lg
Shi Luo De

MMunsei
11-06-2003, 07:52
Hallo,

also ich verstehe Dich und Deine Gedankengänge. Aber wenn Du die Frage so stellst, kannst du alles in Frage stelle was Menschen je geleistet haben. Ebenfalls kannst Du damit alle Weltreligionen und Gesellschaftsformen in Frage stellen.

Ich sehe das aus der Sicht des einfachen Menschens. ( Da ich mich selbst als einer ansehe!)

Wut, Haß, Angst, Hunger usw. sind negative Gefühle oder Zustände die es zu vermeinden geht. Probelme lassen sich besser lösen, wenn man es schafft diese von meheren Seiten zu erfassen und nicht frontal angreift!

Wenn man sich beim üben in Situationen bringt, die einem unüberwindbar vorkommen und es nach einer weil doch geschaft hat, merkt man das es immer ein Weg gibt! Nur finden muß man Ihn alleine.

MMunsei

Andreas Weitzel
11-06-2003, 11:07
Hallo, Shi Luo De,

ich verstehe sehr gut , was Du meinst :) Es ist in diesem Fall wirklich ein rein philosophisches Problem, wie ich denke.

Meine Meinung dazu: Es kommt auf das Ziel und den Zweck an. Und ich denke, daß man nicht unbedingt zerstören muß, um zu erschaffen.
Um „negative emotionale und psychische Zustände und Charaktereigenschaften...“ loszuwerden, d.h. um etwas Positives zu schaffen, muss man die negativen Eigenschaften „zerstören“.Nein. Man soll sie einfach loswerden. Sie durch positive Eigenschaften "austauschen". Oder die negativen in die positiven "umwandeln". Im ungünstigsten Fall wird sich derjenige Mensch selbst zerstören.
Um einen guten Staat aufzubauen, muss davor ein anderer zerstört bzw. besiegt werden, wie das beim Ende des Dritten Reiches des Fall war. Meine Meinung: Nein. Der Dritte Reich hat sich selbst zerstört, weil er für die Zerstörung geschaffen wurde.
„Hunger“: um seinen Hunger zu befrieden, muss man irgendetwas zerstören, eine Pflanze oder einen anderen lebenden Organismus.Hier sind wir Glieder einer natürlichen Nahrungskette :)
„Schmerzen“: um schmerzfrei zu werden musst man die Schmerzen „vernichten“, sie „zerstören“.Muß man nicht. Man muß sie lediglich vermeiden oder "umwandeln".

Gruß
Andreas

Tengu
11-06-2003, 13:48
Hach herjei, jetzt sind wir aber wirklich in die totalen Tiefen der Philosophie abgetaucht. ;)

Andreas, wenn Du sagst, man muß die negativen Eigenschaften durch positive austauschen ist dies ja eine rein subjektive Ansicht. Wie immer gibt es aber kein reines Gut oder Schlecht. Was für den Einen oder für eine Gruppe, ja selbst für die Mehrheit aller gut sein mag, kann durchaus für die anderen Schlecht sein.Weil es in der Natur des Menschen liegt, unterschiedlich auf Ereignisse zu reagieren. Es ist alles relativ. Die Welt ist heutzutage zu klein, um sich einen "Guten" Lebensraum zu schaffen (und an das "Paradies" glaube ich irgendwie nicht). Aber das alles bezieht sich nur auf Deine Aussage "Die Philisophie des Systema besagt, daß nur das gut und richtig sein kann, was dem Schöpfen, dem Schaffen, dem Erbauen dient. Nicht aber dem Zestören und Vernichten. Und gleichzeitig bietet die Russische Kampfkunst Möglichkeiten, sich gegen das Zestören zu wehren." Mit den anderen Aussagen gehe ich konform.

Obwohl ich auch der Meinung bin, bei zu viel philosophischen Betrachtungen kann man Dinge in so eine KK hineininterpretieren, die ursprünglich nicht so gesehen wurden oder die vollkommen nebensächlich sind. Ich bin der Auffassung KK´s sind zum Kämpfen da (ob Angriff und/oder Verteidigung). Alles Andere ist entweder verbremendes Beiwerk oder dient der Erhaltung und Steigerung der Kampf- bzw. Lebenskraft.

Aber vielleicht sehe ich es ja auch nur zu schlicht. Auf alle Fälle lohnt es sich mal drüber nachzudenken.


Gruß

Tengu