56er [Archiv] - Kampfkunst-Board

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scarabe
20-01-2009, 13:01
Ha! Hab ich doch endlich mal "unsere" 56er gefunden ohne große Abwandlungen.... und aus lauter Begeisterung und vor allem, damit ich sie auch jederzeit wiederfinde, poste ich sie hier mal... vielleicht können sich auch andere dran erfreuen... (und ich hatte meinen Sifu schon in Verdacht gehabt, gar nicht in Chenjiagou gelernt zu haben... peinlich!)

YouTube - Chen Style Competition in China Zhengzhou City 2006 (http://de.youtube.com/watch?v=c87xcY1a4UU)

Heping
20-01-2009, 15:49
Ich möchte Dich ja nicht enttäuschen, aber die "56er" ist keine Referenz dafür, dass man in Chenjiagou gelernt hat. Die 56er Chen-Stil-Form ist eine so genannte Pflichtform (Guiding Taolu), d.h. sie wurde für Wettkämpfe konzipiert. Die, welche die Form konzipiert haben, orientierten sich dabei stark am Xin Jia und da wiederum an Xin Jia Er Lu.

Hier ein Video, dass den besten Taiji-Athleten in den 90iger Jahren, Wang Erping, an einem Wettkampf mit der "56er" zeigt.

YouTube - Taiji Prince Wang Erping with Chen Style (http://www.youtube.com/watch?v=YcMoNNb1jTY&feature=channel_page)

scarabe
20-01-2009, 16:08
das weiß ich doch selbst alles und ich kenne die 56er auch in verschiedenen Ausführungen, auch das von Dir eingestellte Video, das eindeutig zu den besseren Ausführungen zählt.
Aber da in meiner Ausführung und bei unserem Sifu einige typische Details (fast schon Marotten) gleich sind, gehe ich doch davon aus, daß er tatsächlich - wie er uns erzählt hat- dort gelernt hat. Denn leider hatte ich mich von einigen Besserwissern kirre machen lassen, so unter dem Motto " die Chinesen machen doch sowieso kein gescheites Taiji und es ist üblich, daß sie in ihren Lebenslöufen maßlos übertreiben..." (was manche ja zweifelsohne auch tun...)

Das mit der Orientierung an den klassischen Chen-Formen stimmt natürlich, nur leider wird die 56er allzu oft von Schülern gelernt, die die innere Energiearbeit vor allem der Xinja nie erreicht haben und deshalb zwar eine optisch sehr ansprechende, aber leider auch "leere" Form zeigen. (Ich fürchte, was letzteres betrifft, kann ich mich auch dazuzählen...)

bluemonkey
20-01-2009, 16:32
und ich hatte meinen Sifu schon in Verdacht gehabt, gar nicht in Chenjiagou gelernt zu haben... peinlich!

Würde das einen Unterschied machen?

Heping
20-01-2009, 23:08
das weiß ich doch selbst alles und ich kenne die 56er auch in verschiedenen Ausführungen, auch das von Dir eingestellte Video, das eindeutig zu den besseren Ausführungen zählt.


Nun, dann hatte ich das missverstanden. Ich stelle leider immer wieder fest, dass in Europa die Taiji-Standardformen Yang (40), Wu (45), Wu(46) und Sun (73) gleich wie de 56er als traditionelle Formen verkauft werden. Sie basieren - das ist immerhin richtig - tatsächlich auf traditionellen Stilen, sie müssen aber gemäss Standard ausgeführt werden, damit die Athleten an Wettkämpfen entsprechende Resultate zu erzielen. Der Standard wurde von der IWuF in Form von Büchern definiert. Ich bin aber durchaus der Meinung, dass diese Formen, richtig gelernt und ausgeführt den gleichen Gehalt haben, wie eine traditionelle Taiji-Form. Ich selbst bevorzuge aber nach wie vor die traditionellen Formen, einfach weil die mir besser liegen.

scarabe
21-01-2009, 11:38
Das sehen wir ähnlich.
Ich machen nur Chen und das mir entsprechender Begeisterung, d.h., man lernt eigentlich zuerst die erste Laojia oder 19er und macht dann weiter mit der L. Erlu und den Xinjas, ggf. noch die 38er (oder 18er, 13er... von den entsprechenden Meistern...), bevor man Waffen oder die 56er macht.
Aber leider ist das heute nicht überall so, weshalb ich auch nur halb freiwillig die 56er eigentlich etwas zu früh gelernt habe.

@ Bluemonkey: Ja, es würde einen Unterschied machen: wäre der Meister nicht in Chenjiagou gewesen, hätte er uns angelogen. Meister, die ihre Schüler anlügen, mag ich aber nicht.

Pumuckl2009
24-01-2009, 17:21
Wir haben heute die Show im Shaolintempel gesehen.
Tai Chi war ja auch dabei, aber ich fands nicht berauschend. Es war ja wohl Chen, aber was für eine Form? Und die Ausführung manchmal auch etwas ungewöhnlich. Sind das Schüler von dem Meister, der in Chenjiagou gewesen sein soll? Würde mich mal interessieren, wieso sich die Frage überhaupt stellt, gibt es jetzt im Shaolintempel auch Chen Tai Chi Meister?

Pumuckl2009
24-01-2009, 17:25
@ scarabe: Hast Du bei der Vorführung auch mitgemacht?

scarabe
24-01-2009, 18:59
Nein, da hab ich nicht mitgemacht!!!
Woher weißt Du das mit dem Tempel, davon hatte ich hier aber nichts geschrieben???

Also zu Deinen Fragen, damit KLarheit herrscht- ist vielleicht sowieso überfällig.

Die Form: 19er. Nicht die offizielle 19er der Chen-Familie. Ich finde, diese ähnelt eher der 38er und keiner weiß, ob der Meister sie frei erfunden oder von einem seiner Lehrer übernommen hat.
Die 19er der Chen Familie hat sich im Lauf der Zeit ja auch immer wieder verändert, aber so stark doch wohl kaum???

Ich fand es übrigens auch nicht berauschend, da unsauber und rein äußerlich ausgeführt.
Das Problem ist, daß im Unterricht weder auf Innere Energiearbeit, noch auf die einzelnen Bewegngen und deren korrekte Ausführung geachtet wird- oder zumindest kaum.

Das ist auch der Grund, warum ich seit einiger Zeit auch bei einem WCTAG Trainer lerne und in HH bei GM CXW war usw. Ich hole mir dort sozusagen das, was mir im Tempel fehlt.
Bei der WCTAG korrektes Lernen und Innere Arbeit, beim Tempel so eine Art Formensammeln und Ausdauertraining, da im Unterricht fast permenent immer wieder die ganze Form gelaufen wird und das meist in etwas zügigerem Tempo ohne große Pausen dazwischen.

Deine Meisterfrage ist für mich eher peinlich, verlangt aber vielleicht auch Klarstellung:

NAch meiner China-Reise 2007 mit dem Dt. shaolintempel, bei der uns der Meister erstmals unterrichtete, der jetzt hier im Tempel unterrichtet, kam dieser Meister nach D.

Ich wurde gebeten, für ihn ein Seminar in Bayern auszurichten.
Da sein Unterricht in China gut war (Zhan Zhuang, Seidenfaden, 75er) und er selbst auch schönes Taiji macht, hatte ich damit kein Problem. Um genau zu klären, wer oder was er ist, arrangierte ich eine chinesische Übersetzerin, die diese Fragen mit dem Management des dt. Tempels am Telefon klärte. Ergebnis: Er sei Shaolin-Großmeister und Meister im Chen Taiji, gelernt haben sollte er Taiji bei Chen Xiao Xing , dem Bruder von CXW, in Chenjiagou.

Erst als ich regelmäßig im Tempel bei ihm trainierte und mir auffiel, daß seine Formen entweder deutlich anders als die üblichen Formen der Chen-Familie sind oder durch allerlei zusätzliche Armkreise u.a. ausgeschmückt, wurde ich skeptisch.
Das lag auch daran, daß fast nur auf Äußeres geachtet wurde, nur wenig und kurz Seidenfaden gemacht wurde, Zhan Zhuang völlig fehlte- und erklärt wurde so gut wie überhaupt nichts. Statt langsamen Lernens Bewegung für Bewegung wurden große Blöcke zügig gelernt und dann ebenso zügig und schlampig immer wieder gelaufen- da den Teilnehmern einfach die Basis fehlte, die man für derart zügiges Lernen braucht.

Korrekte Ausführung schien dabei - shaolin-typisch?- weniger wichtig als tief und schnell und alle Versuche, den Meister oder die Tempelleitung dazu zu bewegen, wie in China etwas langsameren, detaillierteren Unterricht zu machen, der auch Wert auf die entsprechenden Prinzipien des Chen-Taiji legt, waren vergeblich.
(Allerdings- und da kam dann wieder der Meister durch- gab es schon interessante Erlebnisse aus dem Dan Tian heraus, wie plötzlicher Kraftzuwachs, ein durch-die Form-bewegt-werden, wie man es selbst nicht könnte, u.a.)

Antwort (des Managements, da der Meister noch nicht genug Deutsch spricht): Das wollen die Deutschen nicht, die haben keine Geduld.
Nachfrage bei verschiedenen Mitschülern ergab tatsächlich: Sie wollten nicht intensiv und langsam lernen, sondern sich ein bißchen austoben und möglichst viele Formen lernen. Sie fanden sich und ihr Taiji gut- aber woher soll man sowas wissen, wenn man nie etwas anderes kennengelernt hat?

Ich ging also zur WCTAG, um mir dort das zu holen, was im Tempel fehlte, korrigierte- hurra, endlich auch wieder ein Spiegel!- erst mal eine Menge Schlampereien, die ich mir in dieser Zeit angewöhnt hatte, und fand so endlich das für mich passende Training.
Der Meister merkte auch, daß sich mein Taiji wieder verändert hatte und unterstützte mich zunächst sogar dabei, die Gruppe dazu zu bringen, die Formen nicht mehr ganz so schnell zu rennen und die einzelnen Bewegungen sauberer zu machen. (Inzwischen habe ich im Tempel allerdings erzählt, daß ich auch anderweitig lerne, was sich dann mir gegenüber in skeptischer Distanz u.a. äußert. Naja, irgendwie keine Überraschung).

Offen blieb aber immer noch die Frage, wieso ein Meister für Chen Taiji, der bei der Chen Familie gelernt haben soll, einen Unterricht macht, der sich von dem, was wir hier als Chen Taiji kennen (auch von Gasttrainern der Chen Familie), so deutlich unterscheidet.
Wir baten ihn also, uns seinen Namen zu nennen (wir kennen ja nur den Shaolin-Meisternamen), um überprüfen zu können, ob er tatsächlich bei Chen XX gelernt hatte.

Hier weigerte sich nun der Tempel, den richtigen Namen herauszugeben und es folgten Erklärungen darüber, daß nciht jeder Schüler gleich ein Meisterschüler und in die Familienlinie aufgenommen wird usw.
Gleichzeitig wurde auch darauf hingewiesen, daß Großmeister Chen Xiao Wang ja auch nicht so hervorragend sei im Chen Taiji, in Peking gäbe es viel bessere Meister... dies sagte allerdings nicht unser Meister, der ist in diesen Dingen glücklicherweise anständiger, sondern jemand von der Tempelleitung- der muß es ja wissen!)

Es stellte sich nach längerem Nachfragen heraus, daß unser Meister keinen Meistertitel von der Chen-Familie bekommen hat. Daß er dort war, "bewies" er anhand der üblichen Fotos, Schüler in irgendeiner Stellung und Meister korrigierend dahinter- wir kennen diese Fotos ja, haben wir ja fast alle selbst so ein Foto von uns und einem Meister.
Sicher ist also, daß unser Meister irgendwann, als er noch deutlich jünger war, bei Chen Xiao Xing Unterricht genommen hat. Leider sagen die Fotos aber nichts über die Dauer und Intensität aus, worüber wir ebenso nichts erfahren haben.

Also regte sich der Verdacht, daß es sich vielleicht nur um ein Wochendseminar gehandelt haben könne.
Dem entgegen spricht, daß das Chen Taiji des Meisters abgesehen von einigen Armbewegungen, die aus dem Rahmen fallen (doppeldeut, hähä), eigentlich sehr schöne und sauber ist, er die Bedeutungen der Bewegungen zumindest selber kennt, sein "Anschleichen" beim Tuishou ist der Hammer und dann eben das schon Genannte über oben gezeigte 56er Form.
Das ist doch anders als das sonst bei Shaolin übliche Taiji.

Mißtrauisch macht hingegen seine starke Neigung, andere Formen bis zur Unkenntlichkeit zu verändern und den Unterricht fast nur aufs äußere Formenlaufen zu beschränken.

Fazit: Mein Vertrag läuft noch ein paar Monate, die ich vermutlich noch bleibe, wenn ich nicht vorher wegen meiner "Untreue" und kritischer Nachfragen hinausfliege.
Fragen beantwortet?

Hengli
24-01-2009, 19:38
Hi
ich hab die 56er mal 3 Jahre neben den klassischen Formen trainiert. Eine wirklich furchtbare Form finde ich.
Kein Wunder das Wang Xiangcai sich schon in den 1920er Jahren beklagt hat daß das chinesische Wushu im Verfall begriffen ist und die Essence verloren geht.

Und auch nicht schön zu sehen wie Chen Taiji rein auf tiefe Stände und blumige Bewegungen reduziert wird. Das hat mit dem Chen Familienstil fast nichts mehr zu tun. Der Energiefluss der von den Buddhawächtern entwickelten Formen ist völlig anders.

Und mit Taiji "Quan" hat das ganze Formentraining eh nichts zu tun.

Die Leute haben reihenweise Knieschäden fürs Leben, Herzrythmusstörungen, Hitzeschäden in den Meridianen, Schlafstörungen etc.etc. von diesen Wettkampf Formen, hab ich bei vielen Mitschülern erlebt und auch in China immer wieder gesehen.

Man sieht ja nur die Schüler die das extreme trainieren dieser Formen für den Wettkampf "noch" unbeschadet überstanden haben auf den Wettkämpfen.

Man kann von Gu Liuxin halten was man will aber bei dieser Form sind ein paar echt ungute Wechsel dabei. Hätte er anders choreograhpieren sollen...

Für die Wettkämpfe braucht man diese Formen auch nicht, man kann auch ein Stück der Yilu, oder die 18er, 19er, 36er oder 38er
zeigen. Ganz abgesehen davon das Bewegungsformen mit Taiji sowieso nichts zu tun haben und jeder Schiedrichter echtes Taiji Gongfu sofort erkennt und entsprechend prämiert.

gruss he

Heping
24-01-2009, 20:10
Wahrscheinlich meintest du Wang Xiangzhai, den Begründer des Yiquan.

Deine Meinung zur 56er Form kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn sie wurde auf Basis von Xin Jia Yi Lu und Er Lu kreiert, wobei die Form sich von der Struktur her stark an Er Lu orientiert. In der 56er findest Du keine Bewegung, die nicht auch in den genannten beiden Formen enthalten ist. Um meine Behauptung zu untermauern, hier ein Video von Lei Muni, einem Schüler Chen Fake's:

YouTube - Lei MuNi (http://www.youtube.com/watch?v=hrWdC-TiTUQ)

Ganz interessant finde ich Deine Ausführungen zu den gesundheitlichen Folgen die diese "böse Form" verursacht... unglaublich. Ich denke jedem ist es freigestellt, wie er die Form übt, ob tief für den Wettkampf oder in traditioneller Weise wie die anderen Formen.

Und schliesslich: Gu Liuxin ist bekannt als Historiker nicht jedoch für die 56er Wettkampfform. Die wurde nämlich von Kan Guixiang kreiert, die eine Schülerin von Chen Fake war.

scarabe
24-01-2009, 20:12
Ich mag die anderen Formen auch lieber, aber es war eine Herausforderung. War irgendwie interessant, sich damit auseinanderzusetzen und durchzubeissen und irgendwann tatsächlich sowas wie einen (Energie-)Fluß festzustellen. Der sich immer dann am deutlichsten bemerknar macht, wenn ich nicht verkrampft tief und toll laufen will, sondern eher dann, wenn ich sauber und gemütlich einfach nur entspannt vor mich hin mache, reinfühle, ausprobiere, zulasse...

Wobei witzigerweise (oder interessanterweise) sich energiemäßig bei mir in der einfachen 19er, die ich direkt bei CXW gelernt habe, bedeutend am meisten tut, gefolgt von der Laojia. Jetzt mal abgesehen von Zhan Zhuang oder Chansigong.

Hengli
24-01-2009, 21:36
Ja ich meine WXC, den Begründer des Yiquan welches ich selber praktiziere.

Das mit Kan Guixiang ist mir ganz neu. Noch nie gehört.
Mir wurde von Gu Liuxin, Professor Men Huifeng und Professor Cai Longyun erzählt, angeblich mit noch 2 anderen Wushu Grossmeistern.

Gu Liuxin war nicht (nur) Historiker sondern vor allem auch Schüler von Chen Fake und in mehreren Kampfkünsten bewandert.
Mir ist aber die Historie eh egal, interessiert mich nicht wirklich.

Die Wettkampfform ist vom Energiefluss mit Xinjia Yilu oder Xinjia Arlu überhaupt nicht vergleichbar. (Finde ich zumindest)

Es geht vor allem um den Rythmus der Formen und nicht um die Bewegungen. Es geht auch nicht um die Tiefe.
In Chenjiagou wurden die Formen ja auch sehr tief geübt. Aber tief muss aus Skill kommen und nicht aus Zwang.
Gesund ist diese Form nach den Wushu Anforderungen ausgeführt, definitv nicht.
(Wie schon erwähnt, meine persönliche Meinung)

Aber es soll ja jeder machen was ihm Spass macht.

Diese leere Formtanzerei hat auf jeden Fall nichts mit Taiji Gongfu zu tun und führt nicht zu Taiji Fähigkeiten, so sehr sich das auch viele wünschen mögen. Langjährige Arbeit an der Basis, Pushhands und den 4 Handformen muss da schon sein. :-)

Echtes Taiji Gongfu sieht so aus (ab 0:50):http://de.youtube.com/watch?v=uFhkDe9x0Jk

Innere Kraft unsichtbar, unspektakulär, kleine Schritte, hohe Stände, klares Chan Si Gong, geschlossene Körperhaltung

gr he

Hengli
24-01-2009, 22:09
...

scarabe
24-01-2009, 23:20
GM CXW hat das Laufen von der Laojia Erlu angeblich mal mit normalen Pistolenschüssen verglichen, die Xinjia Formen dagegen mit Maschinengewehrslaven, was dann wesentlich höhere Anforderungen an den Spieler stellt- ich denke mal, er meinte in Bezug auf Fajin und vor allem die entsprechend in den Formen vorkommenden Punches.

Von einem Maschinengewehr oder ähnlich anspruchsvollen inneren Anforderungen habe ich bei der 56er allerdings eher wenig bemerkt,auch wenn es ein paar Stellen gäbe, die sich theoretisch dafür eignen würden- daß das aber in der Regel nicht stattfindet (hab u.a. Stunden auf youtube mit den diversen 56ern verbracht...), sagt doch viel über die Form aus- ich bin wirklich geneigt, die 56er als Form "aus der Retorte" zu bezeichnen, wenn ich mir dagegen einen Großmeister der Chen-Familie (oder andere) bei der Xinjia ansehe. Außerdem ist sie wirklich ein Zusammenschnitt, so richtig schön fließend von Bewegung zu Bewegung wie die traditionellen Formen ist sie nicht.

Und tatsächlich wurde meines wissens diese Form vor einigen Jahrzehnten als Wettkampfform "designt" mit dem längst von der chin. Regierung vorgegebenen Hintergrund: Taiji sollte schön, evt. gesundheitsfördernd, ggf. auch akrobatisch sein, aber die Entwicklung wirklicher Kampfstärke oder Innerer Kraft war eher unerwünscht, um keine breiten, kampfsporterfahrenen Massen heranzuziehen, die für die Regierung unbequem werden könnten.

Feine Videos

scarabe
24-01-2009, 23:41
Ganz interessant finde ich Deine Ausführungen zu den gesundheitlichen Folgen die diese "böse Form" verursacht... unglaublich. Ich denke jedem ist es freigestellt, wie er die Form übt, ob tief für den Wettkampf oder in traditioneller Weise wie die anderen Formen.

.

Haha, sag das mal einem modern orientiertem Meister samt kritikloser Schülerschar, die meint, alles,w as tief ist, ist gut, egal, wie...!!!
Da hilft nur ein sehr dickes Fell....ein Schulwechsel- oder üben alleine im Park!

Heping
25-01-2009, 00:23
Mich nervt einfach, wenn Dinge behauptet werden, die dann so nicht korrekt sind. Ja es ist richtig, dass Gu Liuxin auch ein Schüler von Chen Fake war, aber mit der 56er hat er schlicht nichts zu tun. Als die veröffentlicht wurde, war er leider nicht mehr unter uns. Die von mir erwähnte Kan Guixiang hat die Form entworfen, wie auch die 36er, die allerdings etwas weniger bekannt ist. Ihr Mann Men Huifang, den Du ebenfalls erwähnst, hat die 73er Sun-Stil-Form entworfen.

Was mich auch stört ist, dass die chinesische Regierung für Alles verantwortlich gemacht wird. Man stelle sich Mao Zedong oder Deng Xiaoping beim Befehlen von Taiji-Formen vor... seid doch mal realistisch Leute!

Was das Ausüben von Formen betrifft, bin ich selbst Anhänger der alten überlieferten Traditionen, deswegen verteufle ich aber nicht das moderne Taiji. Oder glaubt ihr tatsächlich, dass die Lao Jia Yi Lu noch so aussieht, wie Chen Changxing sie zusammen gestellt hat?

scarabe
25-01-2009, 10:28
Na ja, wenn die Regierung nicht dahintersteckt, dann wäre es schon sehr peinlich für diejenigen, die solche Formen entworfen haben- weg von dem, was jahrzehntelang gewachsen ist und sich gut entwickelt hat hin zu vermeintlichen Verbesserungen, die siich dann im Lauf der Zeit ja doch als mehr oder weniger unzureichend herausgestellt haben.
Ich habe aber zufällig auch aus erster Hand (bei einem Chen-Seminar) gehört, daß die Regierung tatsächlich Vorschriften gemacht hat, was Taiji betreffend umzusetzen ist.
Denn was treibt ein Ehepaar, wie das von Dir erwähnte, dazu, gleich mehrere "neue" Formen zu basteln- und das auch noch in verschiedenen Stilen, wenn nicht Kommerz, Geltungsdrang- oder aber die Regierung?

Ich verteufle auch die neuen Formen keineswegs, dazu bin ich wohl auch nicht berechtigt, habe aber selbst einfach positivere Erlebnisse , wenn ich bei den klassischen Chen-Formen bleibe.
Und z.B. an der relativ Neuen 19er von CXW (die sich in den letzten Jahren auch nochmal weiterentwickelt hat), sieht man ja auch, daß es durchaus möglich ist, auch eine neue Form so zusammenzustellen, daß sowohl guter Fluß von Bewegung zu Bewegung, als auch im Inneren des Körpers berücksichtigt werden können (wenn auch weniger spektakulär).
Ist ja auch bezeichnend, daß die 38er von CXW, die er in China begann, aber in Australien fertigstellte, anders endet, als die in China fertiggestellte 38er....

Hengli
25-01-2009, 15:45
Hi all
es geht hier ja nicht um verteufeln. :rolleyes:

Ich hab lediglich Feststellungen getroffen die ich aus eigenen Erfahrungen und Beobachtungen gewonnen habe. ;)

Mittlerweile gibt es soviele 36/38/19 usw. Jeder Meister kreiert sein eigenes Zeug.

Zu Gu Liuxin:Tja dann hat wohl ein Wushu Professor mir etwas falsches erzählt oder ich hab sein Chinesisch wohl nicht richtig verstanden.
Von wem die 56er Form ist, ist doch auch schlicht wurscht oder? Dadurch wird sie auch nicht besser. :D
Die Chinesen erzählen ja auch gerne Geschichten, gerad uns Langnasen :-)

Du wirst dann wohl schon recht haben mit der 56er. Gerne auch mit Zucker oben drauf :)

Deswegen wird unser Taiji auch nicht besser. Selbst wenn man noch soviel Stammbäume, Linien etc. aufzählen kann, noch soviel Namen korrigieren oder richtig schreiben kann.

Ich mach die Regierung für garnichts verantwortlich, ich kenne mehrere sehr gute 7.Duan Professoren z.B ist mein Bagua Meister Professor Zhang Zhiyong ein 7ter.Duan Wushu und ist von der Regierung beauftragt das traditionelle Wushu zu sichern und das alte Wissen zu dokumentieren. Und sein Bagua ist wirklich knallhart und anwendungsorientiert.

Also was die Formen von CXW angeht, die finde ich nur gelungen, die 38er ist super um mit Schülern ins Xinjia zu starten und die 19er ist auch einfach genial. Der Mann weiss wirklich was er tut und zwar auch auf energetischer Ebene.
Tolle Formen, gefallen mir auch besser als die der anderen Buddhawächter.

Als mein Lehrer Chen Xili als Kind bei CXW lernte, unterrichtete ihn CXW bei jedem Besuch die Bewegungen wieder anders. Das gibt wohl zu denken.

Man muss wohl auch selber forschen und in die Bewegungen eindringen, verstehen was da für eine "Architektur" und Sinngebung dahintersteckt. Sonst kopiert man ja nur Bewegungen und alles andere erfährt man nicht. Ich kann nicht über "kopieren" oder "nachahmen" Taiji Meisterschaft erreichen. Die Mathematik des Taiji will verstanden werden. Was hilft es mir wenn eine Wirkung da ist, ich aber nicht weiss wie ich dahin gekommen bin? Wie will ich den "Quan" Aspekt umsetzen wenn ich nicht die "Idee" des Chen Taiji verstanden habe? Wie führe ich die Bewegungen mit "Yi" wie es in den klassischen Texten heisst?

Taiji ist in Deutschland genau deswegen in so einem schlechten Zustand weil die Formen mit Taiji gleichgesetzt werden. Als Kampfkunst wird Taiji belächelt, eine Kampfkunst die mal als eine der effektivsten überhaupt galt.

Bei der 56er merkt man das die einfach nur so zusammengepfriemelt ist. Selbst bei wirklich ernsthaften Versuche diese Form gut zu trainieren ist die Wirkung echt mau, der Rythmus ist einfach komplett ungut. Also ich will sie nicht und ich unterrichte sie auch nicht.

Die 38er ist eine meiner Lieblingsformen, man wird richtig Smooth und die Känale machen auf, diese Form empfehle ich trotz meiner bescheidenen Erfahrung uneingeschränkt :D

grüss euch
He

Heping
25-01-2009, 21:09
Ist ja auch bezeichnend, daß die 38er von CXW, die er in China begann, aber in Australien fertigstellte, anders endet, als die in China fertiggestellte 38er....

Ich will mich ja wirklich nicht mit euch streiten, ob die 56er gut zum trainieren ist, muss halt jeder für sich selbst herausfinden. So schlecht, wie sie gemacht wird, ist sie definitiv nicht, zumal sie ja ganze Sequenzen aus den bereits mehrfach erwähnten Formen übernommen hat und somit ein gewisser Fluss erhalten geblieben sein muss.

Aber nun doch noch ein Wort zur obigen Bemerkung. Das ist wieder so etwas, dass schlicht nicht sein kann. Ich habe 1989 auf meiner 1. Chinareise ein Buch gekauft ("Chen Style Taijiquan" von Feng Zhiqiang und Chen Xiaowang, erschienen 1984) in dem auch die 38er Form enthalten ist. Auf besagter Reise habe ich auch Chen Xiaowang getroffen, der damals Cheftrainer des Wushu-Provinzteams von Henan war (ich trainierte dort während einer Woche mit dem Provinzteam). Er lebte damals noch in China und wanderte nach meinen Informationen (ich war das nächste Mal 1991 dort) 1990 aus. Um deine Aussage zu überprüfen, habe ich deshalb die 38 Bewegungen mit denjenigen verglichen, die Jan Silberstorff in seinem Buch "Chen - Lebendiges Taijiquan im klassischen Stil" aufgeführt hat. Nicht überraschend für mich, dass die Bewegungen übereinstimmen, denn es war das erste Mal, dass ich gehört habe, dass die Form später, als Chen Xiaowang nach Australien gezogen ist, geändert haben soll. Ihr könnt mich kleinkariert nennen, aber ich finde, die geneigten Leser in diesem Forum haben Anrecht auf korrekte Angaben.

scarabe
25-01-2009, 21:55
ich finde das nicht kleinkariert, sondern eine wichtige Anregung, das Ganze nochmal zu überprüfen, man will ja selbst auch nichts Falsches verbreiten.
Was ich allerdings eher geschrieben habe über gewisse Einmischungen, habe ich sozusagen aus erster Hand "direkt von der "Quelle"- wenn es auch vorsichtig ausgedrückt war...

Hengli
26-01-2009, 15:49
ich hab das besagte Buch auch und seit dem stehen die Moves der 38er fest, wär mir auch neu das er da in Australien noch mal was geändert hätte. Wie gesagt es wird viel fantasiert.

und wie gesagt die 56er muss halt jeder für sich wissen, ich denke für wettkampf ist sie ok, aber als kultivierungsform dann doch lieber eine andere.

wie gesagt es wird auch akzeptiert wenn man ein stück xinjia yilu zeigt und dann in die xinjia arlu schwenkt, dazu muss man nicht diese Form laufen.

oder gleich nur Laojia, siehe z. b. meinen Gongfu Bruder Wuyingfeng auf einem Wettkampf Shaanxi Provinz: YouTube - wuyingfeng chen taiji(Competition) (http://de.youtube.com/watch?v=2KFYfpo24Uw)

gr he

scarabe
26-01-2009, 22:12
Na, ich denke, besser die Laojia gut gelaufen als die 56er schlecht. Wenn jemand die Xinjias beherrscht und Spaß an der 56er hat, warum nicht. Für mich gilt betreffend die 56er aber vorerst noch für lange Zeit: weiterüben...und wieder rauskramen, wenn die Xinjias wirklich "da" sind.

Das mit der 38er hab ich kürzlich von einem (fremden) Lehrer gehört, der gerade zwei Wochen bei CXW hinter sich hatte, aber das heißt natürlich nicht, daß es deswegen auch stimmen muß- da war ich vielleicht zu leichtgläubig.

PS: feines Video, interessante Ausführung


PS: Das hier finde ich auch einen zweiten Blick wert...
http://www.youtube.com/watch?v=8zEbnN2f2TI&feature=related

scarabe
01-06-2009, 23:34
Offen blieb aber immer noch die Frage, wieso ein Meister für Chen Taiji, der bei der Chen Familie gelernt haben soll, einen Unterricht macht, der sich von dem, was wir hier als Chen Taiji kennen (auch von Gasttrainern der Chen Familie), so deutlich unterscheidet.
Wir baten ihn also, uns seinen Namen zu nennen (wir kennen ja nur den Shaolin-Meisternamen), um überprüfen zu können, ob er tatsächlich bei Chen XX gelernt hatte.

Hier weigerte sich nun der Tempel, den richtigen Namen herauszugeben und es folgten Erklärungen darüber, daß nciht jeder Schüler gleich ein Meisterschüler und in die Familienlinie aufgenommen wird usw.


Es stellte sich nach längerem Nachfragen heraus, daß unser Meister keinen Meistertitel von der Chen-Familie bekommen hat. Daß er dort war, "bewies" er anhand der üblichen Fotos, Schüler in irgendeiner Stellung und Meister korrigierend dahinter- wir kennen diese Fotos ja, haben wir ja fast alle selbst so ein Foto von uns und einem Meister.
Sicher ist also, daß unser Meister irgendwann, als er noch deutlich jünger war, bei Chen Xiao Xing Unterricht genommen hat. Leider sagen die Fotos aber nichts über die Dauer und Intensität aus, worüber wir ebenso nichts erfahren haben.

Also regte sich der Verdacht, daß es sich vielleicht nur um ein Wochendseminar gehandelt haben könne.
Dem entgegen spricht, daß das Chen Taiji des Meisters abgesehen von einigen Armbewegungen, die aus dem Rahmen fallen (doppeldeut, hähä), eigentlich sehr schöne und sauber ist, er die Bedeutungen der Bewegungen zumindest selber kennt, sein "Anschleichen" beim Tuishou ist der Hammer und dann eben das schon Genannte über oben gezeigte 56er Form.
Das ist doch anders als das sonst bei Shaolin übliche Taiji.



Ist schon eine Weile her, aber wenn ich Kritik anbringe, muß ich diese natürlich auch mildern, wenn sich der entsprechende Anlaß aufdrängt.

In diesem Fall fühle ich mich dazu verpflichtet, weil ich derzeit an einem Seminar von Chen Ziqiang teilnehme, der Cheftrainer in Chenjiagou ist und Sohn von Chen Xiaoxing, also dem ehemaligen Lehrer meines o.g. Lehrers.

Ich tue mir mit dem, was CZq unterrichtet (sowas wie Fajin-Entwicklung), im Gegensatz zu manch anderen Teilnehmern relativ leicht, da es fast alles Bewegungsabläufe sind, die wir im Unterricht bei o.g. Lehrer ebenfalls gelernt haben.
Da dies hierzulande so nicht üblich zu sein scheint, muß ich davon ausgehen, daß die Ausbildung des og Lehrers in Chenjiagou doch eine gewisse Dauer und Intensität hatte, sonst hätte er uns darin ja nicht so effektiv unterrichten können.
(auch wenn er zu meinem Leidwesen immer noch nonchalant über viele Details hinwegsieht, wie ja oben ebenfalls beklagt).
Nix für ungut!